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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 19.09.2014, 19:10   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard Selbstwertgefühl

.
.

Als hätt ich einen Hund geweckt,
der gar nicht böse, nur erschreckt
mir an die Kehle sprang und biss,
und mit den Krallen einen Riss

mir vom Gesicht bis hin zur Hand
verpasste und dann stille stand.
Ich sah ihn an und war entsetzt,
mit welchem Blick er, tief verletzt,

sich abgewandt hat und doch blieb.
Gefühle flossen durch ein Sieb.
Ich habe doch nur nachgefragt,
dich nie und nimmer angeklagt.
.
.
.
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.09.2014, 10:35   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Dana!

Ein interessantes Bild - diese Selbstzerfleischung durch Versinnbildlichung des Schuldbewusstseins in Gestalt eines angstbeißenden Hundes.

Vorschläge:

S2Z2 - warum der Zeitwechsel? Viel schöner und runder: "verpasste und dann stille stand."

S3Z1 - Für eine flüssigere Sprachmelodie: "sich von mir wandte und doch blieb."

Wäre es, gemessen am emotionalen Pegel der Conclusio, nicht schlüssiger, das Gedicht mit einem Ausrufezeichen zu beenden?


Man muss erst ein wenig im Kopf sortieren, was womit gemeint sein könnte, aber wenn man alles an die richtige Stelle gerückt hat, ist es ein bewegendes, nachdenklich stimmendes Gedicht: Man gräbt automatisch in der eigenen Erinnerungen nach ähnlich Gefühltem!

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 20.09.2014, 11:42   #3
AAAAAZ
Wortgespielin
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: NRW
Beiträge: 664
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Hi Dana,

klasse der Biss. Bis auf das Sieb. Das passt für mich in kein Bild.
Vorschlag: ,,Gefühle folgten einem Trieb" weil der irrationale Gefühlsausbruch ja nicht mehr der Ratio folgt.
l. Gruß, AZ
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Alt 21.09.2014, 07:44   #4
Sidgrani
Von Raben umkreist
 
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Beiträge: 1.051
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Hei Dana,

auch mir gefällt dein Vergleich mit dem hündischen Angstbeißer. Wehe, wenn bei einem Tier unverhofft die Fluchtdistanz unterschritten wird. Wir Menschen reagieren manchmal sehr ähnlich.

Mein Vorschlag für die Zeile mit dem Sieb:

"Gefühle flossen wie durchs Sieb."


Gerne gelesen und besenft.
LG Sid
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Alle meine Texte: © Sidgrani

"Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"

»Erich Kästner«
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Alt 21.09.2014, 19:14   #5
Dana
Slawische Seele
 
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Herzlichen Dank, Ihr DREI

@eKy

habe deine Vorschläge (nicht alle) gern übernommen.
"sich von mir wandte" ist mir in der Situation zu weich. In dieser empfundenen Kränkung steckt auch eine Portion Sturheit. Der/die Befragte reagiert bissig und ruckartig, um den eigenen Anteil an "Schuld" mit Biss zu vertuschen.

Da der/die Fragesteller(in) erkennt, bleibt er/sie ruhig. Ein Ausrufezeichen am Schlussvers wirkt mir zu "kämpferisch".

@AZ
ich möchte die Gefühle durch ein Sieb fließen lassen.
Der Hund ist ja ein Mensch mit mangelndem Selbstwertgefühl. Den Menschen dahinter habe ich mit dem gekränkten Blick noch unterstreichen wollen.
Er wurde zwar verbal bissig ob der gekränkten Gefühle, aber "verstanden" haben sich die beiden schon.
Einverstanden?

@Sidgranie
Ja, so sind wir Menschen. Aus dem Titel sollte sich ergeben, dass sie am Selbstwert leiden und darum die ruhige Fragestellung in der letzten Strophe.
Es ist ja nicht so, dass nur der Befragte so ist. Der Frgestelle kennt es ja auch, darum hat er so gefolgert.
"Durchs Sieb" mag ich nicht so gern wegen der aufeinander folgenden "Zischlaute".

Herzlichen Dank nochmals für Lob und Mitdenken.

Liebe Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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Alt 23.09.2014, 17:24   #6
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.001
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Liebe Dana,

dein Gedicht hat mich sehr berührt!

Die Hund-Metapher passt perfekt für einen aufbrausenden Menschen, der sein schlechtes Gewissen
- warum auch immer - zu verbergen sucht.

Man sagt: Getroffene Hunde bellen.

Und auch die Sieb-Metapher ist klasse ausgedacht.
Wie sollen zärtliche und freundschaftliche Gefühle halten, wenn sie weggebissen werden...?
Sie laufen wie durch ein Sieb davon.

Sehr gern gelesen und meine eignen Gedanken hinzugefügt.
Liebe Grüße,
Chavali


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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Alt 25.09.2014, 19:57   #7
Dana
Slawische Seele
 
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Liebe Chavali,

danke für deine Gedanken.

Bei meinem langjährigen Yogakurs lernte ich:

Beobachte Reaktionen und erkläre sie für dich erst pro Gegenüber.
Dabei ging es speziell um gestellte Fragen und die Reaktion darauf.
Springt dir jemand fast an die "Gurgel", dann hat er mit einem eigenen Problem zu tun. Er fühlt sich "ertappt" und kann es noch nicht zulassen, sich darüber auszutauschen. Das gilt ebenso für die eigene Person.
Ich habe mich schon mehrfach dabei erwischt. Allerdings nicht als beißender Hund - aber ich habe wie ein Hund gelitten.
Aus der Situation heraus zu kommen, ist ein behutsamer und langer Weg.

Liebe und "winselnde"() Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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Alt 25.09.2014, 21:54   #8
momo
Gast
 
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Liebe Dana,
hier spricht eine Lebenserfahrung, die direkt aus der Weisheit-Quelle schöpft.
Und die Wahrheit, die dein Gedicht so behutsam anspricht, dringt sehr, sehr tief.

Dieses Gedicht sollte auf dem Schulplan stehen und alle Kinder sollten es als Pflicht-Lektüre tagtäglich rezitieren.

Danke für diese wunderbaren Zeilen!

LG momo
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Alt 30.09.2014, 19:48   #9
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Liebe momo,

ich habe deinen Kommentar nicht übersehen - er tat mir so gut, dass ich ihn vor einer Antwort regelmäßig genossen habe. Danke dafür.
Dass du darin "Erfahrung und Weisheit" erkennst, hat mir geschmeichelt.
Ich gebe das Kompliment an die "Versteherin" zurück.

Liebe Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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