Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Stammtisch

Stammtisch Gesellschaft, Politik und Alltag

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 09.01.2015, 23:10   #1
AAAAAZ
Wortgespielin
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: NRW
Beiträge: 664
Standard

Hi Erich alias Charlie,

erbsenzählerisch muss man da doch nicht sein, um sich für eine differenzierte Sicht zu bemühen und einzusetzen, besonders im Detail und in der Sprache.

Klar, da sind dort die Aggressoren, und hier die Geschädigten, ein bisschen religiöser Zauber drumrum und fertig ist die Meinungssoße. Aber wir sitzen doch hier bei einem Intellektuellen Stammtisch mit echten Dichtern und Denkern zusammen. Da darf als Botschaft schon etwas mehr bei rauskommen.

Beunruhigend ist mEa, dass sich die ,,Gotteskrieger" aus islamischen Kreisen rekrutieren lassen.
Wasser auf die Mühlen aller, die noch eine Abrechnung vorzunehmen haben, die nun ihre Fremdenfeindlichkeit bestätigt sehen, die in der Angst vor Überfremdung bombensichere Argumente geliefert bekommen, und natürlich auch für Atheisten, die mit einer sauberen Generalabrechnung durchstarten können.
Beunruhigend in sofern, dass übergriffige und eskalierende Mechanismen in Gang geraten können, und sich nun für Vorurteile Bestätigungen finden lassen.
Gefragt sind jetzt die Intellektuellen, die Künstler, die Politiker, Querdenker und Brückenbauer, weniger die Scharfmacher.
Wer wollte vor einem Bombenleger stehen bleiben, und sich mit einer simplen Liquidation dieses bedrohlichen Zeitgenossens ernsthaft des Problems entledigt fühlen? Welches Guantanamo soll die Isistruppen aufnehmen? Ein Märthyrer zieht zig neue hinterher. Wer wollte auf Sieg setzen und ernsthaft glauben, dass eine neue gewonnene Weltordnung mit Unterdrückung oder Domestizierung des Islams dauerhaft den Weltfrieden sichern könnte.
Der Entwicklung des Islams fehlt die Zeit der Aufklärung, welche eine Trennung von Staat und Religion hier zur Selbstverständlichkeit hat werden lassen, für viele lange noch nicht genug. Wir müssen in der intellektuellen Auseinandersetzung auf Stärkung des vorhandenen Respekts, Toleranz und Mindeststandarts setzen.

,,Es hat keinen Sinn, gegen eine Islamisierung Europas zu protestieren, denn Europa ist bereits so islamisch, wie Saudi-Arabien es in naher Zukunft kaum werden kann."
so wird Professor Hossein Askari von der George Washington University in der SZ vom 07. Januar 2014 in einem Beitrag von Tim Neshitov zitiert. Untersucht wurde, inwiefern Länder in ihrer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik mit den Geboten des Koran in Einklang stehen. Ausgehend vom Ideal einer gerechten islamischen Gesellschaft untersucht er, wie das Nationaleinkommen verteilt und die Armut bekämpft wird, ob Verträge eingehalten und Gesetze respektiert werden, wie viel Schmiergeld fließt, wie gut Schulen und Krankenhäuser ausgestattet sind. Ausgehend von diesem "Islamicity"-Index wurden von ihm Gerechtigkeitsaspekte innerhalb einer Gesellschaftsform untersucht.
Wenn wir uns einen Blick und Vergleich zwischen den Staaten bzw. Kontinenten erlauben, wissen wir längst, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander geht, was auch in naher Zukunft noch für eine Menge Zündstoff sorgen wird.
Bombenanschläge sind unmenschlich, ungerecht, zynisch und indiskutabel, keine Frage.
Wie groß unser Anteil an der Bombenstimmung ist, inwieweit wir mit unserer Denke und Einstellung zum Gralshüter von Wohlstand geworden sind und um unsere Pfründe bangen, will ich nur einmal so dahingestellt lassen. Ob und inwieweit wir selbst bereit sind, für eine gerechtere Verteilung zu sorgen, und dafür wirtschaftliche Großinteresssen aufs Spiel setzen, wage ich zu bezweifeln.
Damit will ich nicht gegen westliche Demokratien reden, ist mir allemal lieber als ein saudi arabisches Konstrukt mit seinen verkrusteten Strukturen.
Damit will ich nur sagen, dass uns allen schon längst vorher klar gewesen ist, dass der Weltfriede durch ungerechte Verteilung von Ressourcen, durch Umweltzerstörung, Entindividualisierung etc. gefährdet gewesen ist, und wir uns zwischenzeitlich auf der Insel der Glückseligen mit unseren Wohlstandsproblemen herumgeschlagen haben. Über den Tellerrand hat kaum jemand hinausgeschaut.
Jetzt, wo die ersten Bomben fallen, sollen wir nichts besseres zu tun haben, als auf den ,,bildungsfernen Idioten" zu zeigen um uns darüber zu echauffieren, wie bildungsfern doch dieser ist? ? Wie idiotisch ist das denn bitteschön.
Es sind nicht diese verblendeten Angsthorden, die uns Angst machen sollten. Für mich sind unsere Ignoranz, unser Besitzdenken, unser Konsumismus, unsere Scheuklappen und unsere Entsolidarisierung die eigentlichen Feinde. Und mit uns meine ich den Westen, (zugegebenermaßen auch recht undifferenziert betrachtet).
Wir müssen ein gemeinsames Interesse entwickeln, dass es Bildungschancen für Menschen in aller Welt gibt, bevor wir unsere realitätsfernen Kraftmeiersprüche gegen Menschen richten, deren bildungsferne Saat später blindwütig ganze Schneisen in die Weltgemeinschaft bomben werden. Wir kennen doch heute schon das Pulverfass welches uns morgen um die Ohren fliegt.
Dialog ist für mich immer der erste Schritt, natürlich konfessionsübergreifend dh. auch mit den Nichtgott- Gläubigen an einen Tisch.
Die ,,Zwangsenttheisierung" der Welt mag manchem Atheisten als einzige Lösung vorschweben, und der Isis Kämpfer bombt für seinen Gottesstaat, der ihm die Zukunft und das gelobte Land verspricht.
In beidem kann ich keinen realistischen Lösungsansatz für eine Welt von morgen entdecken. LG Az

Geändert von AAAAAZ (11.01.2015 um 14:42 Uhr)
AAAAAZ ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 14:26   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Az!

"Realistische Lösungsansätze" hat es unzählige gegeben - und doch keinen einzigen!

Denn für jeden ist "Realität" eben etwas anderes. Religionskonflikte entstehen genau daraus, dass Menschen sich das nicht klar machen - oder allen anderen die eigene Ansicht von Wirklichkeit aufzwingen wollen!

Daran ist weder ein bestimmter Glaube schuld oder eine bestimmte Idee - es liegt an der allgemeinen Undifferenziertheit menschlichen Denkens und Fühlens, die überhaupt erst zu so etwas Abstrusem wie Religion führt - oder der kranken Vorstellung, eine bestimmte Realität müsse die absolut richtige und "ewig bestehende" sein!

Alles mag es im Universum geben - bloß keine Ewigkeit!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 18:13   #3
AAAAAZ
Wortgespielin
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: NRW
Beiträge: 664
Standard

Hi Erich,

ja, es bedarf manchmal solch großer Worte der konkreten Weitsicht. Und es scheint in der Tat sinnig, darauf zu schauen, dass nichts von Ewigkeit ist. Ein solch differenzierter Blick könnte denn auch der Schlüssel sein: Gott wird sich bald von ganz alleine totgelaufen und erledigt haben, das steht jetzt schon fest, und dann ist alles wieder auf normal resettet.
Bin mal gespannt, ob wir beide das noch erleben werden. Wir könnten ja drum beten, solange er noch nicht ganz weg vom Fenster ist, und solange uns die Rübe noch nicht weggepustet worden ist. LG AZ
AAAAAZ ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 21:08   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, AZ!

Ich bin überzeugt, dass weder wir noch viele kommende Gernerationen das Ende der Religionen erleben werden - dazu sind einerseits zu große Teile der Welt noch in mitelalterlichen Sozialstrukturen befangen, mit allen regressiven Einflüssen wie Bildungsmangel oder verzerrter Weltsicht, andererseits wird es immer Menschen geben, die arrogant, selbstverliebt und machtgierig genug sind, um sich mit Hilfe "absoluter Wahrheiten" zu Einfluss und Herrschaft aufzuschwingen.
Das geht mit Religion am leichtesten, denn wo es um Glaube als sozialen Kitt einer Gesellschaft geht, schalten die meisten freiwillig das Hirn auf Durchzug, um Teil der Gemeinschaft bleiben zu können - vor allem, wenn die Alternativen Unterdrückung, Erniedrigung, Entrechtung, Vertreibung und Ermordung bedeuten!!!
Es wird noch unsäglich lange dauern und unzählige sinnlos geopferte Leben, bis sich die Menschheit von diesem steinzeitlichen Erbe zu lösen vermag!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 23:16   #5
AAAAAZ
Wortgespielin
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: NRW
Beiträge: 664
Standard

Hi Erich,

Danke für deine Antwort, dennoch bleiben mir die unbeantworteten Fragen an einen Atheisten.
Interessant sind ja die Lösungsansätze der Intelligentia oder zumindest von denen, die sich nicht bildungsfern wähnen, damit vielleicht doch noch ein bisschen Paradiesluft zu Lebzeiten geschnuppert werden kann, wenn die Menschheit endlich von ihrem Joch und ihrer Geißel befreit ist.
Interessant wäre in diesem Zusammenhang denn auch der Motivationsansatz eines Atheisten, wenn der doch weiß, dass nach ihm zunächst die Sintflut kommt, und ihm alles egal sein könnte in seiner langsfristigen Denke. Geht eh alles seinen Weg mit seiner eigenen ihr innewohnenden Dynamik.
Sucht man sich da nicht schleunigst seine Insel der Glückseligkeit, um apolitisch seinen Lebensabend abzufeiern? Mit der realistischen Erkenntnis, dass hier zu Lebzeiten eh nichts mehr zu reißen ist, weil die Vorstellung von Gott eine längere Halbwertzeit hat? Müsste seine konsequente ,,Strategie" nicht die eines Realpolitikers sein, welche auf kurzfristigen maximalen Harmonie- und Glücksgewinn abzielt, anstatt sich mit einem Konfrontationskurs unnötig seine Nerven zu strapazieren? Er vermag ja eh nichts auszurichten im Kampf gegen die Windmühlen seiner Zeit, wie du oben andeutest.
Wie begründet sich sein sinnhaftes Tun? Welche konkreten Vorschläge hat der Atheist zu unterbreiten, damit sein kurzer Aufenthalt für ihn und für alle anderen auf der Erde so angenehm wie möglich wird. Ein Schuss für die Bösen ins Köpfchen, für die Guten ein Tröpfchen?
Ist es seine Aufgabe herumzupoltern und permanent missionarisch in seinem Sinne unterwegs zu sein? Aber für wen? Warum genügt es ihm nicht, sich auf der richtigen Seite zu wähnen, und den Rest der Welt einfach für bildungsferne Idioten zu halten?
Denkt der Atheist für seine Kinder und Kindeskinder mit, und wenn ja, warum? Hat er doch eh nichts mehr von. Was sollte ihn daran befriedigen? Hat er der Vernunft zu dienen, der Zukunft zu dienen? ist die Vernunft sein Gott? Darf er einer Intuition folgen? ist die Irrationalität sein Verderb?
Ist natürlich etwas überspitzt formuliert, aber dennoch von hohem interesse für mich. Was hältst du von momentanen Gesprächsbemühungen und ursächlichen differenzierten Lösungsansätzen in diesen Zeiten? Oder interessieren dich die Lösungsansätze im Grunde überhaupt nicht, weil du sie realistisch betrachtest nicht erleben wirst? LG AZ

Geändert von AAAAAZ (12.01.2015 um 01:59 Uhr)
AAAAAZ ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 00:21   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Az!

Welcher Irrglaube treibt die Menschen doch anzunehmen, Religionen würden echte Antworten geben! Letztlich sind es Gemeinplätze im Namen der jeweiligen Gottheit, soziale Regeln, die die meisten auch ohne offizielles Kirchendiktat einhalten würden, einfach weil menschliches Miteinander eben nur so dauerhaft funktioniert.
Die Kirchen haben sie aber für sich vereinnahmt, als könnte es ohne sie und ihren Kodex keine sündenfreie Welt geben (als ob es die je geben könnte!).
Soziale Regeln ändern sich mitunter, aber die wirklich wichtigen sind überall dieselben, auch wenn manche durchglühte Fanatiker glauben, sie im Namen ihres Herrn ignorieren oder nur auf wahre Gläubige anwenden zu dürfen.

Was soll nun der Außenstehende, frei Denkende tun? Ich schätze, was die meisten tun: Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, sich im Leben möglichst sicher und stressfrei einzurichten und möglichst alt dabei zu werden!
Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich fand die ethischen Werte, nach denen ich lebe, stets in mir selbst, geprägt durch Elternhaus, Jugendliteratur, persönliche Erlebnisse usw.
Das führt zu der Frage, warum das so war und nicht anders. Ich weiß es nicht. Vielleicht hätte nur eine einzige andere Entscheidung mein Leben ganz woanders hingeführt, und ich wäre heute irgendetwas anderes zwischen Mönch und verurteiltem Verbrecher (wobei man in Betracht ziehen sollte, dass dies durchaus auch schon mal ein und dasselbe sein könnte...).
Letztlich wird es keine Rolle spielen. Alles vergeht - die Entropie der Materie nivelliert alles zur Bedeutungslosigkeit. Es spielt nur eine Rolle, solang wir unsere Rollen spielen - so lange wir leben und versuchen, dieses Leben "sinnvoll" zu gestalten.

Nenne es Fatalismus oder Opportunismus. Ich "poltere" nur herum, wenn mir jemand persönlich ans Bein pinkelt - für den Rest der Welt fühle ich mich weder verantwortlich noch zu Verbesserungsbemühungen berufen.
Ich halte nichts für "sinnhaft", schon gar nicht das Bedürfnis, seinem Leben "Bedeutung" geben zu müssen - das ist zumeist einem ungesunden Geltungsdrang geschuldet, mit dem man andere Mängel oder Versagen zu kompensieren versucht.
Soweit es nicht mich persönlich oder meine wenigen Interessen betrifft, halte ich mich aus der Welt heraus - zu beiderseitigem Vorteil, wie ich glaube. Hier in einem kleinen, vergleichsweise beinah isolierten Forum ab und zu meine Ansichten kund zu tun, ist dabei eigentlich schon die höchste Form persönlicher Einmischung für mich. Ein schlechtes Gewissen habe ich mit dieser Einstellung zum Weltgeschehen übrigens nicht - und lasse mir von Gut- oder Tatmenschen auch keins einreden.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (12.07.2018 um 21:46 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 01:48   #7
AAAAAZ
Wortgespielin
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: NRW
Beiträge: 664
Standard

Hi Erich,

Danke für deine eher ernüchternden aber ehrlichen Einblicke. Zeigen sich deine Gedichte für mich doch so oft in dem edlen Gewand von einem Schneider, der Sprachidealist sein muss. Jemand, der seiner Welt alles andere als mit dieser inneren Gleichgültigkeit verbunden ist, die du gerade so vollmundig postulierst. Worte bilden für mich immer auch so etwas wie Einstellungen ab, und weisen auf die Grundmotivation seines Urhebers hin. Vielleicht habe ich dieses zu sehr erhöht, mag sein, dann wäre das Gedicht aber eher so etwas wie Blendwerk und Effekthascherei.
Man könnte für einen kurzen Moment meinen, gerade im letzten Kommentar die Worte eines dumben apolitischen Spieljunkies vernommen zu haben: mich geht die Welt überhaupt nichts an, solange ich meine Ruhe habe, basta.
OK, dann sind von dir auch keine konstruktiven Gedanken zum Weltgeschehen zu erwarten und ich will auch nicht weiter hinterfragen, welche Lösungsansätze dir als Atheist vorschweben. Und ich weiß auch, wie ich Äußerungen künftig einzuordnen habe: apolitisch und im Grunde aus einem gleichgültigen gelangweilten Herzen.
Aber egal, das ist deine Sache, und nur mein subjektives Feed back. Denn das Gedicht klingt wesentlich engagierter und interessanter als sein um schnoddrige Coolness bemühter Autor. Habe es gerne gelesen,, und ich glaube dir sowieso nur die Hälfte.
Die Fragen zur ,,Ewigkeit" hattest du schon an anderer Stelle verdichtet, sehe ich gerade. Es klingt interessant, und betrifft auch die ähnlichen Fragen hier. Ja, darüber stolpere ich auch regelmäßig, wenn ich sie mit der herrschenden ,,Ethik" der goßen Religionen versuche in Verbindung zu bringen. Hier haben wir bestimmt sogar einige kongruente Schnittmengen bei der Ansicht auf diese Welt. Vielleicht an anderer Stelle mehr dazu.
LG AZ.

Geändert von AAAAAZ (12.01.2015 um 02:34 Uhr)
AAAAAZ ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 13:16   #8
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Az!

Idealismus ist oft genug eine Altersangelegenheit. Ich war immer schon eher träge und phlegmatisch, aber ich entsinne mich einer Zeit, da ich noch gerne am Leben teilnahm und etwas erreichen wollte. Das bedeutete (für mich), Menschen in meinem Interesse zu manipulieren.
Irgendwann wollte ich das nicht mehr, weil ich immer öfter erkannte, dass auch ich selbst manipuliert worden war - und letztlich wofür? Unsere Interessen und Ziele sterben mit uns, und dem Universum ist es herzlich egal, ob es überhaupt Menschen gibt oder nicht.
Da ich mich nicht als Teil einer "Gemeinschaft" betrachte, kümmert mich ihr Wohl und Wehe eher wenig, solang es meine persönliche Befindlichkeit nicht berührt. Wenn aber wilde Horden drohen, die Welt mit Gewalt wieder ins Mittelalter zu zerren, bin ich sehr wohl bereit, für mein Stückchen Freiheit zu kämpfen.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 16:56   #9
AAAAAZ
Wortgespielin
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: NRW
Beiträge: 664
Standard

Ja, Erich,

Kämpfen? - das war mir schon irgendwie klar, blieb ja nur noch die Frage wofür, wenn es vom atheistischen Standpunkt heraus keine langfristige Sichtweise zu geben scheint, und damit verbunden auch keine nachhaltige bzw. generationsübergreifende Sinnhaftigkeit. Die Gotteskämpfer konnten ja aus ähnlicher Lethargie und depressiver Sinnlosigkeit ins feurige Handeln gebracht werden, weil sie plötzlich Ziele hatten, und sich gewertschätzt fühlten. Wenn die Vernunft dagegen halten, mitreißen und überzeugen soll, braucht sie ebensolche begeisternde Vertreter.
Deiner Beschreibung nach scheint es sich beim Kampf also nur um die Freiheit, den Platz und die Ruhe im eigenen warmen Sessel zu handeln, weil du mit alledem eh nichts zu tun hast oder zu tun haben willst...,
oder meinst du damit den Kampf um eine ausgleichende Gerechtigkeit in der Welt, ein Kampf um gleiche Bildungschancen, Kampf um Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen, Kampf um Dialog etc. ? Welcher Geist schwebt dir vor?
oder meintst du gar den Kampf gegen die eigene Bequemlichkeit.
Wie willst du mit deiner Weltanschauung punkten oder gar überzeugen, wenn sich daraus nur egozentrischer Stumpfsinn ableiten ließe, der das Gemeinwohl oder das Menschsein außer acht lässt. Deine Grundpositionierung zu Gläubigen scheint ja für dich immerhin eine immense zentrale Bedeutung zu haben und dir sehr wichtig zu sein. Bis hierhin ist sie aber vom reinem Besitzdenken nicht zu unterscheiden.
Da wäre mir ein um Gerechtigkeit, um Nächtstenliebe oder um Gastfreundschaft bemühter offener Zeitgeist schon etwas mehr zugetan, das kann ich empfangen und als Wohltat weitergeben. Da steckt zumindest ein Geist dahinter, der freundlich und zugewand ist, und sich von eigenem Idealismus nährt.
Aber sowenig wie du natürlich Atheismus bist oder vertreten kannst, sowenig ist Bombenleger Islam, und die individuellen Antworten und Konsequenzen im persönlichen Kampf können sehr bunt ausfallen. Dort, wo Atheismus oder Glaube positives Tun verstärken kann, soll es mir im Grunde recht sein, habe ich ja mehr von, als von einem ignoranten Sesselpupser der lediglich Gott nicht ausstehen kann.
Unser eigentliches Tun und Mühen können wir uns aber eh nicht im Internet präsentieren, und das mag die Sache hinter den Kulissen schon ganz anders aussehen und meine Worte zum hohlen nichtsahnenden Geschwätz werden lassen.
So bleibe ich also vor dem Phänomen stehen, dass ich deinem grundsätzlichen Ansinnen eine tiefere Bedeutung beimesse und dieses auch nachspüre, und ich respektiere, dass weiteres nicht hier zur Disposition bzw. Diskussion stehen soll, sonst hättest du dich dahingehend längst geäußert. Insofern bleibt dieses bloße Stammtischgespräch mit seinen Parolen letztendlich ohne Nährwert, weil reine Unmutsäußeungen und Zustandsbeschreibungen keine lösungsorientierten Ansätze bieten können, aber dieser Anspruch war ja auch überhaupt nie gegeben.
L.G. AZ

Geändert von AAAAAZ (12.01.2015 um 18:40 Uhr)
AAAAAZ ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 19:42   #10
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Az!

Mal nebenbei gefragt: Warum erscheint es dir wichtig, so viel über andere Leute zu erfahren und was sie antreibt?

Ich schreibe nicht, um zu "punkten" oder zu "überzeugen", sondern bloß, um ein inneres Bedürfnis zu stillen. Was andere da herauslesen, ist ihre Sache und kratzt mich nicht.
Ich denke nicht politisch, und andere zu etwas zu "bekehren", ist mir schon als Vorstellung zuwider. (zB, wenn ich bedenke, wie lästig mir die Zeugen Jehovas sind, wenn sie wieder mal anklingeln und völlig schmerzfrei über Gott reden wollen! - der Gedanke, dass ich andere mit meinen Überzeugungen ähnlich belästigen könnte, ohne es zu bemerken, macht mich schaudern!)

Auch meine Gedichte und Kommis sind eher Psychohygiene, also Frustabbau, als der Versuch, andere von meiner Weltsicht zu überzeugen.
Für dich ist man als Mensch vielleicht nur "wertig", wenn man Überzeugungen hat und lautstark versucht, sie zu verbreiten und allgemein durchzusetzen. Es klingt für mich so unterschwellig aus deinen Kommentaren heraus ...
Nun, mit ersterem kann ich dienen: Überzeugungen habe ich. Aber ich gehe nicht ostentativ damit hausieren, und wenn mir einer sagt, dass er etwas anders sieht, zucke ich die Achseln und hab kein Problem damit.
Bei Fanatikern, den wahren "Überzeugungstätern", ist genau das anders - und das stört mich. Das und die offensichtliche Dummheit hinter jedem Glauben, die permanente Verweigerung logischen Denkens und der objektiven Beschau von Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit.
Das ärgert mich - und dann will ich mich drüber auskotzen! Danach ist mir wohler, und ich kann wieder gelangweilt und dumb sein. Oder um schnoddrige Coolness bemüht (keine Ahnung, wo du sowas hernimmst - nichts könnte mir ferner liegen!)
Zudem bin ich irgendwas zwischen Atheist und Agnostiker: Ich sage so: Ich glaube nicht, dass es Götter gibt - aber falls ich widerlegt werde, sehe ich noch lange nicht ein, warum ich sie anbeten oder mich vor ihnen demütigen sollte!

Meine "Lösungsansätze" habe ich durch objektive Reflektion der eigenen Befindlichkeit gefunden und nicht durch irgendwelche Diskussionen. Von Diskussionen halte ich ohnehin wenig, denn meist sieht das so aus, dass jeder Teilnehmer die anderen von seiner Sicht der Dinge zu überzeugen sucht - was per se schon wieder manipulativ ist.
Oft ist so wenig Respekt für das vorhanden, was andere vorbringen, dass man sich unterbricht, das Wort abschneidet oder überbrüllt. Nein, ich habe kaum je eine Diskussion erlebt, in der man wirklich bewusst zugehört und sich bemüht hätte, zu einem wirklich für alle fruchtbaren Konsens zu gelangen.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 11:35 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg