Heute nicht

[Falderwald]

Heute nicht


Du sonnenbankgegrillte Knusperhexe
mit silikongepfropften Spielzeugtitten,
du dürrer Hungerlatz aus vielen Schnitten,
gespritztes Lippenbiest und multiplexe

Verkörperung der eigenen Komplexe,
verbrauchst dich auf dem Weg mit Riesenschritten
zum Lustsubjekt, denn du bist unbestritten
das Opfer deiner Schönheitswahnreflexe.

Wie malerisch, es färbt dich bunt, dein Puder,
dein Blick lockt unter den Schneewittchen Wimpern,
doch heute nicht, es läuft noch rund mein Ruder.

Da kannst du mit den Plastiktittchen klimpern,
du bist ein Barbiepüppchen und kein Luder,
ich möchte kein perfektes Flittchen pimpern.


Falderwald
. .. .

[Terrapin]

Hallo Falderwald,

Schön wie du diesen sonderlichen Typ Frau beschreibst, der mich genau das gleich denken macht. Zu der Art Gedicht passen auch die herrlichen Wortschöpfungen in den beiden Vierzeilern. Schön gekünstelt wie die hier angeprangerte Weiblichkeit selbst. Klasse!
Besonders will ich auch die spielerischen Mehrfachreime in den Terzetten anmerken, die meinem wachen Auge nicht entgangen sind. Ich bin selbst ein großer Liebhaber dieser Kunst und probiere mich immer gerne daran. Weiß somit auch um die Schwierigkeit, dies elegant in Worte und Vers zu bringen, ohne dass es unfreiwillig komisch klingt. Kommt natürlich auf das Thema des Inhalts an.
Herzlich gerne gelesen.

Liebe Grüße, Terrapin.

[Thomas]

Lieber Falderwald,

du beschreibst perfekt den männlichen Reflex. Vermutlich will das "perfekte Flittchen" nicht unbedingt "gepimpert" werden. Am Ende der zweiten Strophe klingt an, das es sich hier um bedauernswerte, verunsicherte Menschen handelt, die du in deinem Sonett zeichnest. Mich stimmt ihr Anblick immer traurig. Die Verschleierung, so sehr sie abzulehnen ist, ist ja nur eine über den Körper gezogene Hülle, aber wenn der Körper selbst zur Verschleierung wird… Es gibt natürlich auch die männliche Ausformung, welche sich meist zusätzlich mit Utensilien wie Autos, Karriere und eben solchen perfekten Flittchen ausstaffiert.

Liebe Grüße
Thomas

[Erich Kykal]

Hi, Faldi!

Ich hab einen Aufkleber "Achtung - Frauenfeindlich!" - den könnt ich dir borgen!

"Schneewittchenwimpern" würde ich zusammen oder zumindest mit Bindestrich schreiben.
Und die nächste Zeile würde ich beginnen mit "mich heute nicht, ...", und gehört zwischen "rund" und "mein" nicht ein Komma rein?

Da die "Tittchen" weiter oben schon mal vorkommen, würde ich in S4Z1 "Da kannst du mit geschminkten Lidern klimpern," schreiben, es spricht sich auch viel runder. Obendrein hättest du diesen Aspekt (Schminkopfer: Lippenstift und Lidschattenschmiere) zusätzlich zum Puder dann auch noch mit drin!

Sehr gern gelesen! Ob ich die holde Barbie von der Bettkante schubsen würde? HMMMMM.....

LG, eKy

[Terrapin]

Erich, in S4Z1 muss ...tittchen klimpern stehen, da die anderen Reime wie folgt lauten...

Schneewittchen Wimpern
Plastiktittchen klimpern
Flittchen pimpern.

Sowie dazwischen...

Bunt, dein Puder
Rund mein Rüder
Und kein Luder

Schöne zweitaktige Reime.

Gruß, Pinni.

[Erich Kykal]

Immer diese Spitzfindigkeiten ...

Ja, okay, sollst recht haben. Aber sprachlich schön isses weniger!

LG, eKy

[Falderwald]

Hallo Terrapin,

was hast du denn da ausgegraben?

Hier hätte ich gar nicht mehr mit einem Kommentar gerechnet, nachdem dieser Text schon über ein halbes Jahr im Nirwana verschollen war.

Auf jeden Fall freue ich mich darüber, dass dir die Mehrfachreime in den Terzetten aufgefallen sind und die Wortschöpfungen gefallen konnten.
Ich habe hier einmal experimentiert und wie es scheint, ist dies, trotz der teilweise ordinären Sprache, durchaus gelungen.

Schön, dass du diesem Textlein noch einmal zu Ehren verholfen hast...


Moin Thomas,

du hast recht, solche Menschen sind teilweise zu bedauern, doch ich denke mir manchmal, jeder ist seines Glückes eigener Schmied.

Mir ging es hier eigentlich auch mehr um die sogenannte "Schickimicki". Wenn man sieht, was Menschen, die es sich leisten können, alles mit ihrem Körper anstellen, um ihn sich so zu schaffen, wie sie sich das vorstellen, dann kann einem manchmal schlecht werden.

Und gerade die Damen aus den "vornehmen Kreisen der Gesellschaft" machen sich damit manches Mal so was von lächerlich, das spottet jeglicher Beschreibung. Auch sie können dem Altern und somit der Abnahme der Attraktivität nichts entgegensetzen.
Sie können lediglich diesen Prozess etwas verlangsamen, die Rechnung kommt aber dann meist ziemlich abrupt.

Und selbstverständlich gibt es auch unter den Herren ganz bestimmte Dandys, die sogenannten Lackaffen, aber das wäre dann ein anderes Thema.

Vielen Dank für deine Gedanken zum Thema...


Servus Erich,

frauenfeindlich?

Ach nee, eigentlich nicht, sogar ganz im Gegenteil. Ich habe in meinem Leben viele Frauen geliebt.

Ich kann nur den künstlich aufgepeppten und ausgebesserten nichts abgewinnen, denn wer nicht zu seinen individuellen Merkmalen steht, der steht auch nicht zu sich selbst, jedenfalls meiner Meinung nach.
Und wie soll der/diejenige dann zu einem anderen Menschen stehen können?
Es sind doch gerade die kleinen Makel, die einen Menschen ausmachen, die ihm seine Individualität geben und die ihn liebenswert machen.

"Schneewittchenwimpern" werde ich zusammenschreiben. "Mich heute nicht" wäre m. E. eine unschöne Inversion, deshalb mag ich mich damit nicht recht anfreunden.

Zu dem anderen Vorschlag hat Terrapin ja schon Stellung bezogen, das muss wohl so stehen bleiben, weil es mir sonst das beabsichtigte Reimschema zerstört.

Zitat von Erich

Ob ich die holde Barbie von der Bettkante schubsen würde? HMMMMM.....

Tja, wer weiß? Wenn mir nach einer genormten Sexpuppe der Sinn stünde vielleicht nicht. Aber das ist doch langweilig und deshalb: "Heute nicht"

Vielen Dank für deine Antwort...


Ich bedanke mich für eure Kommentare...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald