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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 03.06.2016, 18:36   #1
charis
/ Bil-ly /
 
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Beiträge: 435
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Lieber Eky,

Bedrückend!

Zitat:
Das erste Quartett beschreibt die Harten. Das zweite jene, die an jenen selbst hart werden mussten, um mitspielen zu dürfen oder einfach nur nicht mehr gepiesackt zu werden.
Ja, und so geht das Spiel weiter! Es stellt sich die Frage, gibt es wirklich Harte von Natur aus?

Das letzte Terzett, das mir sehr gut gefällt, zeigt leider auch keinen Ausweg!

Vielleicht "nie entrannen" statt "spät entrannen"?

Mit "Ach je" habe ich irgendwie auch ein Problem.

Sehr gerne gelesen!

Lieben Gruß
charis
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Alt 03.06.2016, 19:02   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi Charis!

Keine Frage, die wirklich Harten gibt es - Psychopathen (die verfolgen nur ihre eigene Befriedigung, andere sind für sie nur entbehrliches Werkzeug zu deren Erfüllung), Soziopathen (die empfinden nichts für andere Wesen), Sadisten (die empfinden Freude daran, andere zu unterwerfen, zu quälen und zu manipulieren), einfach nur Menschen, bei denen das Böse überwiegt oder die sich dafür entschieden haben, warum auch immer (die von allem bisher Aufgezähltem etwas haben, mal hiervon mehr, mal davon ...).

Was du meinst, ist wahrscheinlich die Schuldfrage: Werden die Harten alle "gemacht" oder gibt es sie einfach?
Sowohl als auch - möchte ich intuitiv sagen.
Manche werden mit dem Hang zur Grausamkeit geboren, und ihre Erziehung kann ihren Charakter verstärken oder abmildern, je nachdem.
Manche grundsätzlich guten Geister werden durch die Umstände ihres Lebens hart und grausam, davon manche ganz bewusst, die meisten aber wohl eher, ohne es zu merken. Alle Facetten sind möglich.
Wie schuldig ist nun einer, der mal gut war, nun böse ist ohne es zu merken - oder auch nur anderen gegenüber gleichgültig und empfindungslos - oder zumindest von seinen "Opfern" als gemein empfunden wird - der andere Gute verletzt und bei ihnen womöglich die gleiche Entwicklung auslöst?

Der Vater, der seinen Sohn schlägt und seinen Willen bricht, weil er denkt, das "sei zu seinem Besten", weil sein eigener Vater es mit ihm auch schon so gemacht hatte?
Der Lehrer, der seine Schüler demütigt und verachtet, weil ihn die Jahre der Abnutzung an der menschlichen Unreife zum Spötter und Zyniker gemacht haben?
Der Prediger, der die Naiven und Bedürftigen rekrutiert, aufhetzt und instrumentalisiert, um im Namen seines einzig wahren Gottes zu morden, weil sein eigenes Leben ihn inbrünstig davon überzeugt hat, damit das Richtige zu tun?
Der Diktator, der sein Volk "säubert" und unter eiserner Knute hält, weil er sich ganz einer wahnhaften Idee des größeren Ganzen zum Wohle Aller verschrieben hat?

Der Beispiele sind Unzählige, ob man es nun im Kleinen oder Großen betrachtet - was ist noch "normal", was schon "wahnsinnig"? Auch hier kein einheitliches Bild - je nachdem, wer es sich malt ...

Schon wir selbst sind uns oft genug ein Rätsel, überraschen uns noch nach Jahren immer wieder, erweitern und erforschen uns selbst bis ans Lebensende! Wie erst im großen Miteinander:
Gesellschaft, Zivilisation, Kultur usw. sind ein dermaßen komplexer Vorgang, bei dem so viele Interessen wie Rädchen ineinandergreifen, einander bedingen, voneinander abhängen, so viele mögliche Wege einschlagen können, dass wohl keiner da wirklich den Überblick, geschweige denn die Kontrolle haben kann!
Wir können nur mitspielen, Gesetze und moralische Paradigmen befolgen oder formen und hoffen, damit bei den "Guten" zu sein, auch später noch, wenn ferne Generationen mit dem Abstand der Geschichte dereinst darüber urteilen werden ...

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 03.06.2016, 22:29   #3
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Lieber eKy,

allein der Titel ist schon Poesie. Zartheit lässt sich leicht begraben. Schriebe man ein Requiem für die Härte, ergäbe diese eine unendliche philosophische und geschichtliche Folge. Die Harten und die Zarten sind Ideologen mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die der Harten lassen noch auf sich warten, die der Zarten gehen unter.
Deine Antwort an charis ist noch aufschlussreicher und zeigt auf, wie unmöglich es ist, etwas zu finden, was für alle gut ist.
Doch bereits darin steckt ein "Verbrechen". Sobald ich handele, weil ich weiß, was für meine Familie, speziell für meine Kinder "gut" ist, nehme ich ihnen eine Entscheidung ab. Noch schlimmer, ich entscheide für sie, meine es gut und hinterfrage nicht. Genau damit erziehe ich sie zu einer Härte, die einmal gegen mich verwendet wird - etwas, was ich nie gewollt habe.

Ich liebe Philosophie und ihre "Unendlichkeit" in Antworten. Die "Kunst" besteht darin, sich den Sichtweisen zu öffnen, abzuwägen, gelten zu lassen.
Einzelschicksale, vielleicht ein wenig die "unfähig unphilosophischen" gehen unter. Weiß man aus lauter Ideologie nicht weiter, antwortet die Schuld an die anderen.
Oft habe ich das Gefühl, dass Interessen, Bequemlichkeiten, Vorteile in zu großen Massen Anhänger finden, die gar nicht gemeint sind. Sie sind aber in Massen da!!!
Ein Kreis, der sich noch lange nicht schliesst.
Das ist unendliche Philosophie. Ich bin hart, ich bin zart - weil ...

Wem soll sich der Einzelne noch mitteilen? Dem Politiker, dem Banker, dem Konzern????
Wir Denker und Dichter üben uns noch im Unterscheiden - die Obigen begraben "Zartheiten" wegen eigener Schadensbegrenzung.

Wir streben etwas an und wenden uns an Macher, die längst darüber stehen.
Als ob eine neue Philosophie gilt.

Immer wieder: Das Universum des Einzelnen hat mit dem, in dem wir leben, wenig gemein.

Finster und tief philosophisch,
liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 03.06.2016, 22:44   #4
Erich Kykal
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Hi Dana!

Du beleuchtest die Thematik von der philosophischen Seite, mir standen beim Schreiben "handfeste" Beispiele aus meinem Leben vor Augen, und zwar von jeder Seite aus: als weiches Opfer, das nicht wusste, wie ihm geschah - und als harter Täter, der nicht wusste, was er anrichtete ...

Aber danke für dein Durchleuchten von einem anderen Standpunkt aus!

Das Sonett ist zum Teil selbstreflexiv, beruht auf meinen letztjährigen Erfahrungen - aber auch auf jenen meiner Jugend, als ich jahrelang von Gleichaltrigen wie Dreck behandelt wurde und in Gegenreaktion eine Art zynischen Überlegenheitskomplex aufbaute: "Die verstehen mich nicht, weil ich besser bin als sie! VIEL besser!" Der sich ergebende redundante Teufelskreis bedarf keiner näheren Erläuterung ...

Erst spät vermochte ich mich daraus zu lösen, aber da war ich schon abgehärtet wider alle Kritik oder besseres Wissen: In hermetischer Arroganz führ ich jedem über den Mund, der mich kritisierte (so empfand ich es), nicht mehr unterscheidend zwischen Wohlmeinenden und echten Mistkerlen, und argumentierte ihn in Grund und Boden, mit glasklarer Logik und raumgreifender Eloquenz - ein echter fetter kleiner "Mr. Spock" mit Minderwertigkeitskomplex! : Schuld waren immer die andern!

Ich bin ein sozialer Krüppel, teils der Umstände halber (isoliertes Einzelkind, gemobbter Sonderling), teils aus eigenem Verschulden (arroganter Besserwisser, unsensibler Gesprächspartner). Zuerst habe ich die Menschen gemieden, weil ich sie für bösartig und unverständig hielt, später deshalb, weil ich um meine Defizite wusste und niemanden verletzen wollte mit meiner immer noch leicht soziopathischen Art.
Ich mache immer noch, sogar nach so vielen Jahren, schlimme Fehler im Umgang mit anderen Menschen - aber ich bemühe mich zumindest danach, es aus ihrer Sicht zu sehen und zu wachsen.

Dieses Gedicht reflektiert diese Erfahrungen, sowohl an mir selbst erkannt wie auch an anderen. Wer sich wider andere verhärtet - egal weshalb - wird selbst andere verhärten und auf den gleichen Weg schicken. Meine ganze Lebensgeschichte und -erfahrung stecken in diesen Zeilen ...

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (05.06.2016 um 14:04 Uhr)
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