01.05.2011, 20:09 | #101 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo, an larin und alle anderen Diskussionsliebhaber,
ich denke, mittlerweile ist der Teppich fertig, schön bunt geworden und das Muster finde ich auch sehr interessant. Ich würde gern ein neues Thema vorschlagen. Irgendwie fiel mir ein, dass sicher alle hier ein "persönliches" Lieblingsgedicht haben. Für mich wäre es interessant, da mal zu vergleichen. (Nicht ganz uneigennützig, dabei lerne ich sicher auch unbekannte Dichter/innen und Werke kennen ) Ich lege also mal ordentlich Holz nach und lade ein zur "nächsten Runde". Kaffee muss ich wohl nicht erwähnen, der ist immer dabei, also wenn jemand eine Tasse möchte ... Ach so, ja, Tee gibt es auch, falls jemand keinen Kaffee mag. Hier also mein "Favorit", selbstverständlich von meinem Lieblingsdichter: Zitat:
Für mich ist dieses Gedicht einfach nur zum Schwärmen schön. Liebe Grüße Stimme der Zeit
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01.05.2011, 23:35 | #102 |
Slawische Seele
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Liebe Stimme,
natürlich können wir uns am Lagerfeuer auch an Lieblingsgedichten laben. Hast du noch nicht gesehen, dass wir dafür ein Extra-Zimmer haben? Das Gedicht ist wunderschön, es läßt fast erschauern. Ich sah es im Vorübergehn, auf dem Wege zur Nachtruhe. Morgen bringe ich Holz mit und sehe dann, ob wir beim Thema bleiben. Bis denne, Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
02.05.2011, 18:04 | #103 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Dieses mag ich besonders gern:
Erich Fried: Leilied bei Ungewinster Tschill tschill mein möhliges Krieb Draußen schwirrt höhliges Stieb Draußen schwirrt kreinige Trucht Du aber bist meine Jucht Du aber bist was mich tröhlt Dir bin ich immer gefröhlt Du bist mein einziges Schnülp Du bist mein Holp und mein Hülp Wenn ich allein lieg im Schnieb denk ich an Dich, mein Krieb! Besser, finde ich, kann man es gar nicht sagen..... |
02.05.2011, 18:58 | #104 | |
ADäquat
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Chavali
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02.05.2011, 22:11 | #105 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo und guten Abend an Alle,
dann lege ich jetzt mal Holz nach und setze Tee auf. Ausnahmsweise trinke ich mal ein Tässchen mit, für Kaffee ist es schon ein wenig spät. Auf die Idee für ein neues Diskussionsthema brachte mich ein Gedicht von ginTon. Beim Kommentieren ergab sich für mich der Gedanke, was bedeutet das Gedichte schreiben im Sinne von Kunst, was ist das "Geheimnis" das aus Worten weit mehr als nur Worte macht. Ein Beispiel: Das Wort Angst. Angst. Wenn es so dasteht, wirkt es nicht sonderlich. Ich erfasse eher nur seine Bedeutung: Ah ja, da steht das Wort Angst. Angst! Jetzt kommt mir das Wort schon etwas "bedeutsamer" vor. Zitat:
Es ist in jedem Fall das gleiche Wort, aber es bewirkt hier etwas vollkommen Anderes - es weckt Gefühle, erzeugt Assoziationen. Ja, natürlich nur in "Verbindung" mit anderen Worten. Mich würden die Meinungen interessieren, woran es liegt, dass ein Gedicht im Zuge der "Verdichtung" gerade emotional eine so starke Wirkung ausüben kann, mehr noch als bei Prosa, wie ich finde. Es sind, im elementarsten Sinn betrachtet, nur Worte - aber mit großer Wirkung ... Hat jemand Lust, sich darüber zu unterhalten? Liebe Grüße Stimme der Zeit
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06.05.2011, 21:34 | #106 |
Lyrische Emotion
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Hi Stimme,
ja, so sind die Frauen, das eine Thema noch nicht beendet, schon wird ein anderes Feuerchen geschürt... Trotzdem, gute Idee, auf die ich gerne eingehe. Ich denke, Worte sind zunächst einmal bloße Begriffe, die etwas bezeichnen oder beschreiben. Man kann sie denken, schreiben und sie sind unser direktes Kommunikationsmittel untereinander. Man könnte vielleicht sagen, Worte sind die kleinste Einheit einer Sprache. Diese Einheiten müssen nun in einen sinnvollen, also geordneten Zusammenhang gebracht werden, um jemand anderem etwas mitzuteilen. Bloße, aneinandergereihte Worte ergeben keinen Sinn, bzw. nur einen sehr schwer vermittelbaren Endruck, von dem, was der Sprecher aussagen will. Soweit so klar, es bedarf also bestimmter Regeln, die jeder in seiner (Umgangs)Sprache normalerweise lernt und so die Möglichkeit hat, zu kommunizieren. Nun hat jeder seine eigene Vorstellung von einem Begriff und da fangen die Probleme an. Wir können direkt dein genanntes Beispiel hier einmal näher betrachten. Angst Du hast Recht, sonderlich imposant wirkt dieses Wort alleine nicht. Also nochmal: Angst Ja, ich habe nachgedacht und ich erinnere mich eines unangenehmen Gefühls. Doch schon fange ich an, es mit in diesem Sinne bedeutsamen Ereignissen aus meiner Vergangenheit zu verknüpfen, oder aber sogar mit persönlichen Ängsten, die in die Zukunft greifen, noch nicht geschehen, aber im Bereiche des Möglichen. Ich habe jetzt nicht einmal ein konkretes Beispiel gegeben, sondern bin sehr allgemein geblieben, aber ich bin mir sicher, daß du und ich im Sinne der oben geführten Aussage nun völlig verschiedene Erlebnisse in unsere individuelle Gedankenwelt rufen. Es könnte durchaus sein, daß wir beide gegenseitig über unsere Ängste schmunzeln würden, wenn wir diese wechselseitig auf unser Subjekt übertragen, womit eine persönliche Wertung und damit ein Vorurteil ins Spiel kommt. Beispiel: Jemand hat eine Spinnenphobie. Drohe ihm an, ihn in einen Raum mit vielen dieser Tiere zu sperren und er würde vor Angst fast wahnsinnig. Ein anderer hingegen lacht über diese Drohung und spielt anschließend mit diesen netten kleinen Wesen, wohingegen dieser sich aber in die Hose machen würde, müsste er in einen Aufzug steigen und so lieber 26 Stockwerke die Treppe hochläuft, wo ihn, oben angekommen, der Angsthase der Krabbeltiere lächelnd empfängt und ihm für diese sportliche Leistung seine Hochachtung ausspricht. Deshalb wird manch dargestellte Situation nicht im Sinne des Autoren entsprechend interpretiert werden können. Wer es aber schafft, sich von seinen Vorurteilen zu lösen und einen Begriff in eine Idee überträgt, die in vielen Menschen vom Verständnis her eine breite Zustimmung findet, der hat seine Absichten vermitteln können und ist am Ziel, denn je größer die gemeinsame Schnittmenge der einzelnen Interpretationen, desto größer das Verständnis. Und wenn das alles noch in schönen Versen, möglichst gereimt, wegen des ästhetischen Gleichklangs, wie Akkorde in der Musik, und metrisch sauber, damit nur der Autor bestimmt, was betont werden soll, daher kommt, dann ist es auch klar, was die Lyrik von der Prosa eindeutig abhebt und somit auch verdient die Bezeichung "Geflügelte Worte" trägt. Das gilt zumindest für die "gebundene Lyrik". Und ich denke, das ist im Sinne der Kunst das ganze Geheimnis... Ist doch eigentlich ganz einfach, oder? Liebe Grüße Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
07.05.2011, 11:51 | #107 | ||
Erfahrener Eiland-Dichter
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*Holz nachleg, Feuer schür*
Guten Morgen, Falderwald, Zitat:
Oder besser gesagt, wenn ich im Leben etwas "gelernt" habe, dann dieses: Wenn ich eine Antwort finde (oder bekomme), dann erwachsen mir daraus beinahe unwillkürlich ein Dutzend neue Fragen. Ich musste tatsächlich schmunzeln, als ich deine "Ängste-Beispiele" las. Aber, stell dir mal im Bezug darauf ein Kind vor, das in ein Wespennest im Wald tritt - und der ganze Schwarm schwirrt hoch - ? Es geht ja nicht nur um die Angst an sich, sondern auch um die Ursachen. Diese kann ein Leser nicht kennen bzw. davon wissen. Also bedarf es der "Wortkunst" - ein Gefühl muss so deutlich übertragen werden, dass der Leser / die Leserin es "nachempfinden" kann. Prosa braucht dafür sehr viele Worte, um z. B. ein Ereignis deutlich zu schildern, damit es zu dieser Empfindung kommen kann. Was mich vor ein Rätsel stellt, ist: Wie funktioniert die "Verdichtung" der Worte innerhalb eines Gedichts? Wie ist es möglich, damit so deutlich Gefühle zu übermitteln? Damit meine ich, dass ich das für ein Phänomen halte - im Geiste operieren wir auf der "Gefühlsbasis" meines Erachtens nach eher mit Bildern, Gerüchen, erinnerten Sinnesempfindungen als mit Worten. Wie also kann mit oft sehr wenigen Worten genau dieser Effekt ausgelöst werden? Das stellt mich vor ein Rätsel. Die "Übertragung" funktioniert - aber wie genau? Was läuft dabei in meinem Gehirn (bzw. Erinnerungsvermögen) ab? Dass es stattfindet, ist klar, aber was findet da statt, wie findet es statt und warum? Wie du siehst, sorgt deine "einfache" Antwort bei mir prompt für eine Menge Fragen. In dieser Hinsicht bin ich "unverbesserlich", mein "Geist" fragt ständig nach dem "Warum, Wie, Was" hinter den "Dingen", unermüdlich am "Werkeln". Mutter Natur hat mich mit einem ständig suchenden und fragenden Hirn ausgestattet, das sich einfach nicht mit der Oberfläche zufrieden geben kann (ist manchmal auch ganz schön nervig!). Zitat:
Tja, nun warst du so freundlich, mir zu antworten, und ich stelle lauter Fragen nach dem "Dahinter" ... So bin ich, ein Patentmuster, quergestrickt. Liebe Grüße Stimme der Zeit und für dich gerne extra Tee:
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07.05.2011, 23:49 | #108 |
Lyrische Emotion
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Guten Abend Stimme,
boah, du schaffst mich. Du kannst vielleicht Fragen stellen. Glaubst du die Philosophie findet wirklich auf alles eine Antwort? Nun gut, schauen wir mal... Der "gefühlte Bereich" ist bei einem unbekannten Leser schwer einzuschätzen. Wie ich am Beispiel der Angst schon darlegte, lebt jeder mit seinen individuellen Erfahrungen. Der Autor muss sich zunächst einmal ein Thema ausdenken, was angstauslösend sein könnte. Sodann muss er sich eine entsprechende Handlung dazu vorstellen und diese, wie oben beschrieben, umsetzen. Die Wirkung jedoch kommt umso besser, je deutlicher das Geschehen vor Augen geführt wird. Wenn ich schreibe oder sage, ein Mensch wurde vor meinen Augen enthauptet, dann ist das erst einmal eine reale Aussage, die eine Reaktion auslöst. Wie real muss aber diese Szene in einem Film vorgeführt wirken? So geht es also auch mit der Lyrik. Es muss ein reales Bild beim Leser entstehen, das wie hypnotisch auf ihn einwirkt und ihm keine andere Möglichkeit lässt, als das, was der Dichter beschreiben will, vor seinem inneren Auge entstehen zu lassen. Der Dichter muss also seine Vorstellung zu der des Lesers machen. Und je besser das gelingt, desto besser trifft er ins Ziel. Eine Patentlösung zur Erreichung desselben, kann ich leider nicht anbieten, da jeder nur nach seinen eigenen Fähigkeiten, Erfahrungen und Gefühlen die Macht der Worte und Sprache einsetzen und verwenden kann. Hilfreich wäre vielleicht noch anzumerken, sich von der Subjektivität so weit wie irgendst möglich zu lösen und persönliche Wertungen aus der Beschreibung heraus zu lassen, damit das Ding möglichst objektiv betrachtet werden kann, so als wäre es das Natürlichste der Welt (was selbstverständlich in der romantischen Dichtung nicht immer gelingen kann). An welcher Stelle im Gehirn sich das nun genau abspielt, kann ich ad hoc nicht beantworten. Das ist auch m. E. nicht ausschlaggebend. Wichtig ist viel mehr die Glaubwürdigkeit des Textes, der sinnlich fassbar sein muss, um Wirkung zu erzielen. Die Augen sind unser direktestes Sinnesorgan und wir können uns in Gedanken Bilder vorstellen, das macht der Dichter sich zu Nutze. Zudem erzielen die wohlklingenden Reime und der getragene Rhythmus eine Art akkustischen, inneren Wohlklang. Die Bilder werden so zu geordneten Harmonien, denen man folgen kann und erwecken im besten Fall das erwünschte Gefühl im Leser. So weit erst mal? Liebe Grüße Falderwald
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08.05.2011, 09:10 | #109 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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hallo ihr beiden,
also ich löse das problem - und zwar sehr schnell und kurz (womit widerlegt wäre, dass frauen immer nur uferlos faseln) ein wort allein sagt noch nicht viel. ihr habt recht : jeder mischt dazu noch seinen erfahrungshintergrund dazu. aber das braucht er gar nicht immer zu tun. denn bereits das umfeld eines wortes ,will sagen: der kontext, in dem es in einem gedicht steht, löst bereits assoziationen in die eine oder andere richtung aus. ich nehme jetzt mal das wort "blau". alleine und für sich betrachtet ist es bloß eine bezeichnung für farbe (wobei der nuancenreichtum hier noch außer acht gelassen ist - immerhin gibt es ja von blassblau über meeresblaugrün nach schwarzblau auch noch so einiges an varientenbreite) also bleiben wir beim simplen blau und verknüpfen es einmal so: blau + Rittersporn oder so: blau + Schnapsflasche oder so: blau + Urlaubstag ich nehme an, ihr habt jetzt drei unterschiedliche bilder im kopf. das gleiche passiert auch mit der angst: eine giftgrüne angst eine schwarzgraue angst eine feuerrote angst lenken die hirnmaschine des lesers in andere bahnen. da braucht man gar nicht auf eigene erfahrung zurückzugreifen. schließlich kann man sich ja auch gut vorstellen, wie manches ist. der hund beißt mir das bein ab ist auch ohne eigenen erfahrungshintergrund kein angenehmer gedanke, hingegen erfreut man sich in jedem fall an: und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans ende ihrer tage....... alles klar? na bitte! liebe grüße, larin |
08.05.2011, 22:26 | #110 |
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*Holz nachleg*
Guten Abend, liebe larin, (und guten Abend, allen Anderen (Lesern und Diskussionsteilnehmern)). Ja, du hast mit deinen Beispielen natürlich recht, allerdings gingen meine Überlegungen mehr ins "Detail". Der Kontext, in dem ein Wort sich befindet, bestimmt die beim Leser erzeugten Assoziationen, richtig. Das Problem ist aber: Jeder Lesende wird zwangsläufig die gleichen Worte lesen - aber sicher nicht das gleiche Bild sehen - denn dieses wird geformt von eigenen Erinnerungen und Erfahrungen. Da aber jedes Individuum unterschiedliche Erinnerungen besitzt, kann faktisch niemand exakt das Gleiche assoziieren - ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb frage ich mich, wie es überhaupt zum Prozess des "Verstehens" und damit der Kommunikation kommen kann ... Ich möchte zu meinen Fragen zurückkehren, was nun das "Wesen" eines Gedichts eigentlich ist. Selbstverständlich kommt es immer wieder zu "Übertragungsfehlern", deshalb auch meine obige Ausführung. Aber manchmal ist die Übereinstimmung verblüffend, dann erhält man auf den Kommentar eine entsprechende Antwort, z. B. "Du hast meine Intention genau getroffen" oder "Genau das wollte ich ausdrücken". Eigentlich ist das sehr unwahrscheinlich und müsste dementsprechend wesentlich seltener der Fall sein, als es tatsächlich ist. Denn ein Gedicht ist (im Normalfall) eine "kurze" Sache, es werden im Grunde genommen sehr wenige Worte benutzt. Häufig wird nur eine Minimalanzahl beschreibender Adjektive verwendet, was den Inhalt noch "sparsamer" macht. Als Gegenbeispiel könnte ein Roman dienen, absichtlich postuliere ich ein Exemplar mit 1000 Seiten. Das bietet sehr viel Raum für Erklärungen und detaillierte Beschreibungen, wodurch ein Leser viel leichter in die Gedanken- und Gefühlswelt des Autors "eintauchen" kann. Diese Ausführlichkeit ist bei Gedichten eindeutig nicht gegeben - es ist, im Zuge der "Verdichtung", sogar das genaue Gegenteil der Fall. Man könnte hier anführen, dass die "Gemeinsamkeiten" überwiegen, d. h. innerhalb eines kulturellen Systems und/oder einer Gesellschaft, die beispielsweise schulisch (relativ!) einheitliche Lehrpläne hat, eine Kultur mit "bestimmten, gängigen" Werten lässt die Menschen zwar nicht genau die gleichen Erfahrungen machen, aber vieles "ähnelt" sich. Sind also "Ähnlichkeiten" genug, trotz der zweifellos großen Unterschiede der jeweiligen Lebenssituation? Eine Gemeinschaft bezieht ihren "Zusammenhalt" sicher aus Gemeinsamkeiten, Unterschiede sind ja im Grunde unerwünscht. Mich würde interessieren, wie ein "angepasstes" Mitglied der Gesellschaft und ein "sozialer Außenseiter" ein und dasselbe Gedicht jeweils interpretieren würden. Wie weit würden ihre jeweiligen Assoziationen differieren? Nichts desto trotz kann auch ein Mensch, der kulturell und gesellschaftlich in einem völlig anderen System "aufwuchs" mit seiner Interpretation den Gedanken des Autors treffen - wie viele Gemeinsamkeiten sind nötig damit es "funkt", wie viele Unterschiede "zulässig", damit trotzdem ein Verstehen möglich wird? Ich möchte hier wirklich keine "wissenschaftliche" Diskussion beginnen, aber es ist für mich einfach immer wieder faszinierend, wie oft ein Kommentar ins Schwarze trifft und wie oft er völlig danebenliegt (in Letzterem bin ich nicht unbegabt ...). Der Autor legt Gedanken, Gefühle und Bilder in sein Werk. Jemand Anderes liest und versteht genau, was damit gemeint ist, ein Zweiter teilweise, - und ein Dritter dagegen überhaupt nicht. Wobei ich merke, dass ich jetzt vom Thema abschweife, denn zu klären, was "Verstehen" eigentlich ist, wäre der Stoff für einen weiteren Diskurs. Zurück zum Anfang: Weshalb kann ein Gedicht, kurz wie es ist, dennoch eine "Geschichte", bestehend aus Bildern, Gefühlen und Gedanken von Autor zu Leser "übertragen", denn Fakt ist: Es funktioniert, zwar nicht immer, aber es klappt doch erstaunlich oft. Warum? Liebe "Möchte jemand Kaffee oder Tee" - Grüße Stimme der Zeit (Die um Entschuldigung für ihr gelegentliches "Abschweifen" bittet, aber das Thema ist zu interessant, und führt ständig zu "Neben-Überlegungen".)
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