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Der Tag beginnt mit Spaß Humor und Übermut

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Alt 19.08.2015, 21:39   #1
Bodo Neumann
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Standard Ode des Stahlwerkers

Ode des Stahlwerkers

Nicht alles, was man riecht, ist Moder
in Brandenburg. Am Flüsschen Oder
schaut aus der Landschaft kurz vor Polen
ein wenig zaghaft und verstohlen,
fast wie ertappt auf frischer Tat,
ein Eisenhüttenkombinat.

Vor sechs Jahrzehnten sah man hier
nur Gras, Morast und Wildgetier.
Wie diese Gegend damals roch,
war furchtbar grauenhaft. Jedoch,
der Duft der Industriemoderne
lag nicht in allzu weiter Ferne.

Mit Sachverstand und starker Hand
errichteten auf diesem Land
die Menschen, statt sich faul zu wälzen,
ein Paradies zum Eisenschmelzen.
Und wer’s noch nie erblicket hat -
der komm nach Eisenhüttenstadt.
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Alt 29.08.2015, 00:52   #2
Mr. @
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Oh Wand’rer, kamst du nicht auch neulich
ins Münsterland, wo – wie abscheulich ! -
(in Südlohn-Öding beispielsweise)
Gevatter Hein als breite Schneise
den Kahlschlag Influenza brachte,
weshalb arg fiebernd jeder Achte

(Vielleicht sogar schon jeder Zehnte)
sich tot alsbald im Jenseits wähnte?
Du sahst nicht jene schlimmen Ecken,
wo selbst die Bauern zum Verrecken
kein Vieh mehr auf die Wiesen trieben?
Kein Mensch ist lange dort geblieben.

Drum ehr ihn, jenen Samariter,
der tausend Kälbern zwei, drei Liter
Clenbuterol dem Trunk beimengte,
und so dem Fleische unbeschränkte
Potenz verlieh und heile machte.
Und jeder Zehnte, sowie Achte,


verweilt vor Kalbmastkathedralen,
die grau in Südlohn heut' erstrahlen,
um's blässlich-güldne Kalb zu ehren,
das wir beim Abendmahl verzehren.
Gesundheit Flügel und auch Kraft
verleiht WHITE CALF aus Hustensaft.

Hallo Bodo,

erst, nachdem mich ein guter Freund zum 2.Lesen aufforderte, erkannte ich die bissige Ironie deines Werkes.
Eine Ode, ein Lobpreis auf ein Stahlwerk, das ja bekanntlich schon eine ziemliche Dreckschleuder ist (oder zumindest früher war) und dann dieses Werk noch in Bezug auf die "schlimmen" Zustände in der Natur vor dessen "erblühen" zu setzen, ist schon krass.
Die beste Szene ist für mich diese:

Zitat:
schaut aus der Landschaft kurz vor Polen
ein wenig zaghaft und verstohlen,
fast wie ertappt auf frischer Tat,
ein Eisenhüttenkombinat.
Erinnert mich fast ein wenig an Loriots Adventsgedicht.
Ach, wie süß. Ein kleines Eisenhüttenpflänzchen sprießt putzigbunt aus Mutter Brandenburgs trostloser Tundra.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Ja, und zum Schluss wird es dann noch richtig patriotisch. Ich sehe praktisch die FDJ bunte Fähnchen schwingend und singend in die graue Trostlosigkeit einmarschieren.

Mein Rat: Unbedingt noch einmal lesen und genießen.

Grüße

Mr.@

Geändert von Mr. @ (29.08.2015 um 12:07 Uhr)
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Alt 29.08.2015, 10:11   #3
plotzn
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Lieber Bodo,

wie konnte ich diese Ode nur übersehen? Da muss erst ein Influenza-geschädigter Münsteraner Aufklärer kommen und sie wieder nach oben heben. Ohne ihn wäre mir auch fast die subtile Ironie entgangen, die Dein Loblied auf die Schwerindustrie durchzieht.

Nicht alles, was man liest, ist Moder,
im Dichtereiland auf Niveau der
berühmten Meister reimt ein Bodo
in feinem Wechsel, quasi modo-
lationsreisch*, sticht so aus der Masse
heraus mit einer Ode. Klassenfeindlich angehaucht, aber durchaus ökologisch wertvoll...

*des Reimes wegen angesächselt

Liebe Grüße, Stefan
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Alt 29.08.2015, 14:31   #4
Bodo Neumann
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Hallo Herr* @,

du hast das tatsächlich zweimal(!) gelesen? Die meisten meiner Texte werden lt. einer NSA-unterstützten Googlestatistik durchschnittlich 0,71-mal gelesen. Pro Klick. Dein exzentrisches Leseverhalten scheint mir die Werte ordentlich zu verfälschen - versuche bitte, es nicht zu übertreiben.

Wie auch bitte nicht mit einem Loriot-Vergleich. Der hinkt schon deshalb, weil Loriot seinerzeit (ich hab mal gegoogelt: 1978) kaum auf Vorbilder in Sachen absurder Komik (evtl. Ringelnatz?) zurückgreifen konnte und ergo als innovativ gelten muss.

Auch muss ich dich für deine Antwortverse schelten. So erfrischend locker und pointiert hast du lange nichts mehr getextet. Die gehören eigentlich in einen selbstständigen Faden - hier sind sie Perlen vor weiße Kälber!
Allein schon "Südlohn-Öding"! Ich stelle mir vor, du fliehst aus Eisenhüttenstatt. So weit wie es nur geht vom äußersten Osten in den tiefsten Westen der Republik, um den Industriemuff loszuwerden. Und landest in Südlohn-Öding. Da möchte man fast zurück.

Mögen sich von mir aus Mathematiker darüber auslassen, dass jeder zehnte viel weniger sind als jeder achte; hier passt die Falschannahme wunderbar zum Bild von Südlohn-Öding. Auch die Wiederaufnahme dieser Phrase am Ende der dritten Strophe kommt gut. Habe mich sehr amüsiert - der Stil liegt dir.

Hallo plotzn,

vielen Dank für dein Feedback. Obwohl der Dank vor allem dem gelten muss, der dich mit der Nase in den Duft der Industriemoderne drücken musste... Allerdings,
Zitat:
in feinem Wechsel, quasi modo-
lationsreisch*, sticht so aus der Masse
mein Sächsisch ist leider einigermaßen eingerostet, was heißt, ich verstehe den Vers wirklich nicht. Wie muss ich ihn lesen?

lg Bodo


*(ich habe mir vorgenommen weniger Anglizismen zu usen)
Bodo Neumann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.08.2015, 16:29   #5
plotzn
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Zitat:
Zitat von Rostbratwurst

mein Sächsisch ist leider einigermaßen eingerostet, was heißt, ich verstehe den Vers wirklich nicht. Wie muss ich ihn lesen?
Echt jetzt? Du veräppelst mich, gell?! Was soll ich da sagen? Mein Sächsisch sitzt so fest, dass kein Rostschutzmittel der Welt es je wieder lockern könnte.
Ich werde Olaf Schubert fragen, wie "modulationsreich" korrekt ausgesprochen wird...

Dank Du nur dem Herrn*! Nur weil er Dich mit einem, sagen wir mal, ganz passablen Antwortgedicht aus der Versenkung geholt hat. Das kann doch fast jeder Südlohn-Ödinger... Pah!

Trotzig-liebe Grüße!
Stefan
plotzn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.08.2015, 17:11   #6
Bodo Neumann
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Lieber Stefan,

Zitat:
Zitat von beleidigte Leberwurst
Dank Du nur dem Herrn*! Nur weil er Dich mit einem, sagen wir mal, ganz passablen Antwortgedicht aus der Versenkung geholt hat. Das kann doch fast jeder Südlohn-Ödinger... Pah!
Das tut mir leid. Natürlich hast du das auch ganz fein gemacht, aber was soll ich sagen... im letzten Vers scheint mir eine Hebung zu viel zu sein.
Außerdem sagt Olaf eben (wir stricken zufällig gerade gemeinsam Karopullis), dass es "das Sächsisch" so nicht gebe, sondern unzählige Formen. Deine sei übrigens keine davon.

Kopf hoch!
Bodo
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