27.07.2017, 22:53 | #1 |
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Opernbesuch
Sinnverwirrend, disharmonisch
tönts aus dem Orchestergraben, Chaos herrscht und peinigt Ohren, alle Instrumente haben jeden Ordnungssinn verloren. Befrackt und frisch geföhnt, verfolgt von tausend Blicken, betritt der Dirigent applausumwogt die Bühne, Und schon wirds still im dunklen Saal; mit ernster Miene bestraft der Maestro Hüsteln, Räuspern, Stühlerücken, dem Chor und ersten Geiger gilt sein kurzes Nicken. Das Stück heut Abend heißt: Die neue Melusine. Paukenschlag und Hörnerklänge, sieghaft laut Trompeten schmettern, Zimbeln klingen, Geigen singen, großer Auftritt jetzt des Chors! Der Takstock fliegt, er flieht davon, liegt nun zwischen Bühnenbrettern. Musikekstase! Alle warten auf das Solo des Tenors: Ansatzlos sein hoher Ton, Sopran im Arm, die Augen glutig, betört mit Liebesschwur er seinen Schatz, ganz imposant und mutig! "Ach, du schöne Melusine, meiner Augen holder Stern, rastlos ritt ich hundert Meilen, scheute weder Müh noch Not, wehrte Räubern, querte Flüsse, überwand sogar den Tod. Steh jetzt unter deinem Fenster, bist so nah und doch so fern, ich schenk Granatäpfel dir, bitte zähle die Kerne inmitten: Einen Kuss! Für jedes Kernchen! Mehr wage ich nicht erbitten!" Des Mädchens Vater hört alsbald das nächtge Flehen, er greift zum Degen, flucht mit Basses Urgewalt. Die Mutter, Mezzo, will den fremden Freier sehen - erfreut erblickt Mama des Jünglings Wohlgestalt; der Bariton versöhnlich tönt: Nun lasst die Schwester gehen! Man singt Quintett und einig sind sich alle bald. Wie gut, dass den Stab des Maestro die Requisiteurin bald scharfäugig fand! Nun jauchzen die Geigen gen Himmel mit lieblicher, reizender Tönung, die Harfen, sie klingen fröhlich in sphärischem, lichtem Gewand. Die Protagonisten des Abends begießen mit Schampus die große Versöhnung. Melusine hat den Knaben, der Edelmann bekommt zum Schluss für jedes Kernchen seinen Kuss. Alle Opernfreunde haben die Uraufführung sehr genossen. Was noch geschieht? Der Vorhang ist geschlossen. |
29.07.2017, 19:13 | #2 |
Gast
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Lieber Felix,
Das Eiland ist eine Oper! Die langen Zeilen singen und lassen mich beim Lesen in jedes Wort versinken. Der Sprachtakt ist weich und die Wortwahl prunkvoll und üppig. Wie in der Oper. Es ist etwas Besonderes. Du hast einen unverwechselbaren Stil entwickelt. Die Inszeni̱e̱rung deines Stückes sehe ich auf dem Balkon. Ich habe mal Melusine gekugelt, weil ich sie nicht kenne. https://de.wikipedia.org/wiki/Melusine Ich frage naiv: meinst du diese Geschichte Auf jeden Fall ist dieses Gedicht ein Genuß. Ich war sehr gerne bei dir in der Oper und habe zugehört. Liebe Grüße sy |
29.07.2017, 19:33 | #3 |
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Liebe Syranie,
zuerst einmal herzlichen Dank für Dein überbordendes Lob! Ich gebe zu: Ich genieße es. Der Titel birgt keine großen Geheimnisse. Ich habe ihn "geklaut" - bei Goethe: "Die neue Melusine" ist eine Erzählung aus Wilhelm Meisters Wanderjahre und der Inhalt hat rein gar nichts mit meinem Gedicht zu tun. Ich suchte nur nach einem Operntitel, den es gar nicht gibt. Eingeflossen sind natürlich diverse Opernerfahrungen und ich freue mich, dass ich Dich mindestens auf den Balkon mitnehmen konnte. Liebe Grüße, Felix |
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