19.06.2017, 12:02 | #1 |
Gast
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Der Baum und der Bach
Der Baum und der Bach
Am steilen Hang hat Schicksal dich gepflanzt. Du wölbst dein Haupt wie schützend einem Bach. Ihm zugewachsen ist dein Blätterdach, als locke er dein Laub, das mit ihm tanzt, das neckisch spielt im unschuldsvollen Klar vor einem Umland, von der Welt verschlissen, am neuen Morgen schon in sich zerrissen um das, was wäre und doch niemals war. Nun dräut der Himmel, Wolken jagen wild. Es peitscht der Sturm den Bach zum großen Fluss. Du schweigst und deine Krone wiegt sich mild, denn immer noch, als wär es dir ein Muss, reichst du die Zweige ihm wie einem Kind, derweil der Himmel Regenbogen spinnt. Geändert von Kokochanel (20.06.2017 um 10:09 Uhr) |
19.06.2017, 15:30 | #2 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Koko,
Ein schönes Gedicht über Symbiose, wie und wie die Natur sich bereichert. Früher habe ich als Kind in flachen Bachläufen gespielt. Du hast mich in die Vergangenheit versetzt und gute Erinnerungen kommen in mir hoch. Die 1 S Zeile 1 würde ich so schreiben, dann ist das Schicksal nicht so alleine Am Hang hat dich das Schicksal hingepflanzt Sehr gerne gelesen und Llebe Grüße sy |
19.06.2017, 18:25 | #3 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Hi Koko!
Ein sprachlich besonders fein und eloquent gesponnenes Sonett. Besonders das 2. Quartett empfinde ich als stilistisch/sprachtechnisch überaus gelungen! Tipps: S1Z2 - "wölbst" in diesem Zusammenhang allein stehen zu lassen, empfinde ich als suboptimal. Normal sagt man doch "wolbt ... sich über" oder "überwölbt". Sich etwas (zu)neigen wäre das Wort, nicht "zuwölben". Statt "wölbst" plädiere ich also für "neigst". S1Z4 - "löcke" habe ich noch nie gehört! Ist das regional? Dudengecheckt? - Für mich ist die hier einzig passende Form "lockte". S2Z1 - Über "unschuldsvoll" haben wir schon mal geredet. Ich finde das unnötig kompliziert formuliert, da man ja einfach "unschuldig" sagen könnte - es wirkt wie Silbenschinden. Die einzige Inkonsequenz des Sonetts liegt in den Kadenzen: Alle sind männlich, bis auf die umarmten Zeilen des 2. Quartetts (verschlissen/zerrissen), die sind als einzige weiblich. Dank der sprachlichen Eleganz dieser Stelle fällt das aber kaum auf. Sehr gern gelesen! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
20.06.2017, 10:08 | #4 |
Gast
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Liebe Syri, lieber Erich,
ich wusste nicht mehr genau, ob ich es schon eingestellt hatte, aber scheinbar hatte ich das. Da ich im Moment wenig Sonette schreibe, sondern mehr Prosa, wollte ich nach der Trash-Diskussion kein Prosagedicht einstellen, um nicht den Eindruck zu erwecken, es wäre "Vernutse". Drum habe ich auf ein etwas älteres Sonett zurückgegriffen. Es ist ein Gedicht über Freundschaft, für den anderen da sein... Das wölben ergibt sich aus dem mir vorschwebenden Bild, dass ein am Hang wachsender Baum seine große Krone hin wölbt zum Bachlauf. Sicherlich ohne "über" eine Neuschöpfung, aber über wölben würde so vereinnahmend klingen. Es soll ja nur beschützend wirken. Neigen würde das "teilweise bedecken und beschützen"nicht ausdrücken. Ein feiner Sinnunterschied. Das Löcke als Konjunktiv ist ein Phänomen. Laut Google hieße es in der Tat lockte , wäre auch logisch hockte, stockte... Irgendwie kam es mir falsch vor, da es ja auch Imperfekt ist. Löcke odr locke kam mir direkt, vielleicht eine alte Form, die es heute nicht mehr gibt, siehe buk, wusch...Höckte allerdings käme mir auch falsch vor. Irgendwie stehe ich mit dem Werk auf Kriegsfuß, gefiel mir nie wirklich. Vielleicht werfe ich es in den Müll... LG und danke euch beiden von Koko PS. Erich, ich wollte nochal in deinen zahlreichen Sonetten zu den Gemälden stöbern. Wo finde ich die noch? |
20.06.2017, 17:40 | #5 | |
ADäquat
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Beiträge: 13.004
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Liebe Koko,
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20.06.2017, 20:39 | #6 |
TENEBRAE
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Sag ich auch! Viel zu schön für den Kübel! WEHE!!!
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21.06.2017, 13:03 | #7 |
Gast
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naja, eure Ermunterung freut mich jedenfalls.Danke und lG von Koko, die heute bei der Hitze mal wieder ganz früh morgens ihre Runden im Freibad gezogen hat. Wunderbar!
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21.06.2017, 14:47 | #8 |
TENEBRAE
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Hi Koko!
Wasser! - Schlimm genug, dass man es trinken und darin baden muss ... aber Schwimmen!? - Nö, muss nicht ... Wasserscheue Grüße, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
21.06.2017, 19:01 | #9 |
heimkehrerin
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Beiträge: 389
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Großartig, liebe Koko!
Einfach nur großartig! Begeisterte Grüße, fee
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x x x x x x x x "Du musst, wenn du unser Glück beschreiben willst, ganz viele kleine Punkte machen wie Seurat. Und dass es Glück war, wird man erst aus der Distanz sehen.” ― Peter Stamm, Agnes |
21.06.2017, 20:59 | #10 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Liebe Koko,
ich mache es kurz, nachdem ich alles gelesen habe. Wunderschön in Sprache und Deutung. Sichtbare, fühlbare Bilder - einfach nur große Klasse. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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