15.03.2010, 22:05 | #1 |
Gelegenheitsdichter
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Lose Lose
Lose Lose
Sie brechen Versprechungen Und die Vögel singen wie immer Die Sonne scheint auch Wenn der Tag anbricht Nach diesen Nächten Schlaflosigkeit spricht aus Seelen Von diesen Brechungen Aufgefächert die Schmerzen In Schwerelose nach Farblosigkeiten Keine Leichtigkeiten mehr Aber Leichtgewichte Besprechen die Verbrechen Ahnungslose fallen dabei zu Sprechen Bände Zeigen immer ihre Rücken Ja die Regale ja die Ordnung Verheißen so voller Glaube Liebe Hoffnung Wer zieht die Lose Wer verzeiht sie und Wer geht im Frühling doch zu Grunde
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt Alle Beiträge (c) Walther Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt |
16.03.2010, 00:07 | #2 |
Lyrische Emotion
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Guten Abend Walther,
ein interessanter Text, den du hier eingestellt hast. In der freien Form, ohne Satzzeichen muss man schon mehrere Male lesen und sich darauf einlassen. Ich habe es mir einfach gemacht, denn im Titel gibst du ja schon etwas preis. Es geht um Lose. Genauer, um lose Lose. Ich sehe es vor mir, wenn ich abends über die Kirmes (den Rummel) gehe, diese glitzernden und lockenden Schaubuden, wo ich tolle Sachen gewinnen kann. Dort gibt es viele schöne Dinge zu gewinnen, fast für jeden ist etwas Verlockendes dabei. Und so kaufe ich mir ein paar Lose und reiße sie gespannt auf, denn es könnte ja ein Hauptgewinn dabei sein. Doch das ist meist nicht der Fall. Manchmal kauft man nach, gewinnt einen kleinen Trostpreis und alles geht weiter, wie bisher. Und so ist das ganze Leben. Es gibt so viele Schicksale und solche werden auch als (persönliches) Los bezeichnet. Du kannst alles gewinnen oder du bleibst der ewige Looser und musst dich mit dem begnügen, was du meinst erreichen zu können. Oder du hast etwas für dich Wertvolles erreicht und du verlierst es wieder. Es gibt so viele Möglichkeiten. Doch der Text zielt natürlich tiefer, denn das Los eines einzelnen berührt die Welt nicht. Die Sonne wird wieder aufgehen, die Vögel werden wieder singen, ganz egal wie schlaflos eine Nacht für viele Seelen war, die nicht wissen, wie es am nächsten Tag weitergehen soll. Und ab jetzt könnten wir zweigleisig fahren. Denn jetzt taucht die Frage nach den Drahtziehern des Ganzen auf. Wer bestimmt darüber, welches Los eine Seele bekommt? Sind es die himmlischen Mächte? Nach welchem Schlüssel verteilen sie und wie können sie das rechtfertigen? Müssen sie das überhaupt? Oder sind es nicht doch die irdischen Mächte, die Mächtigen aus Wirtschaft, Politik, Religion usw.? Sie bedienen sich der Medien als Manipulationsmaschinerie um das Los der Menschen zu bestimmen. Da bleibt natürlich viel Raum für eine Interpretation. Auf jeden Fall sind die Lose ganz schön lose. Ach ja, da bleibt noch die Frage, wer im Frühling doch zu Grunde geht. Wenn ich jetzt zynisch wäre, würde ich sagen, die Bundesregierung, weil nach der NRW-Wahl wahrscheinlich ein anderes Kräfteverhältnis im Bundesrat entsteht... Aber ich denke eher, es ist die Hoffnung, die auf der Strecke bleibt. Zumindest für die meisten. Denn eine Verlosung funktioniert immer auf dem Rücken von vielen, die eine solche tragen müssen, um die Träume einiger wenigen erfüllen zu können. Das Leben ist also ein bisschen wie Lotto... Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
16.03.2010, 19:01 | #3 |
Gelegenheitsdichter
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Lb. Helene,
auf manche Texte muß man sich einlassen wollen. Sie sind möglicherweise sperrig und bedürfen der Betrachtung der Bedeutungsebenen der Wörter und Worte, die der Autor nicht ganz ohne Hintergedanken genau so geschrieben haben könnte. Meine Art Vers libre ist in der Tat "gewöhnungsbedürftig". Hier wird mit bestimmten Wörtern und Wortbestandteilen gespielt; allein die verschiebenen Bedeutungsebenen des Worts / Wortteils "los" laden zum Assoziieren ein. Das muß der Leser wollen. Wenn es das nicht will, funktioniert das Gedicht nicht. Ich lebe also mit Deiner Einschätzung, daß wenigstens Dir dieser Text genau gar nichts sagt, relativ gut, da ich dieses Ergebnis meines Schreibens billigend in Kauf genommen habe. Allerdings erscheint mir Deine Bewertung, die "Quartette" seien konkav, etwas problematisch, da es sich um ein Quartett von Quintetten handelt, da die Strophen (vier an der Zahl) jeweils 5 Verse haben. Auch in Deiner Schreibweise ist jedenfalls nichts "konkav" sondern eher Flattersatz, der konkave und konvexe Formen hat. Wie gesagt: Ich lebe damit gut, Du aber anscheinend nicht, wie man einem Spottgedicht weiter oben, das diesen Text zum Inhalt hat, entnehmen kann. Dazu werde ich in Deinem Faden ein paar Sätze verlieren. LG W. Lieber Falderwald, an Deinem Beitrag kann ich entnehmen, daß bei Dir das gezündet hat, was ich beabsichtigt habe: Das sich Einlassen auf den Text und das Ausleuchten seiner Bedeutungsebenen und Zwischenräume. Vieles von dem, was Du herausgearbeitet hast, war tatsächlich so gemeint. Nun habe ich bewußt mit verschachtelten Bedeutungsebenen, die aus mehrfachen Teekesselchen und Teilen bekannter Wortfetzen entstehen, eben genau das Spekulieren und Fabulieren anregen und zulassen wollen. Das Gedicht soll so im Kopf des Lesenden sich vervollständigen, quasi weitergesponnen werden. Ich habe diese Technik aus der Haikudichtung in meine Vers libre Versuche übernommen und zugleich um den Aspekt der Sprachcollage erweitert. Das ist weder jedermanns Sache noch Geschmack. Ich danke Dir sehr für Deine einfühlsamen Überlegungen und werde weiterhin immer wieder einmal einen solchen Versuch zur Debatte stellen. LG W.
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16.03.2010, 22:42 | #4 | |
Slawische Seele
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Zitat:
Ich gestehe, dass sich mir dein Werk erst nach der erfolgten Besprechung weiter aufgetan hat. Den Vergleich zum "Jahrmarkt" in Falderwalds Kommentar finde ich sehr gut. Gerade die "Licht- und Glitzerwelt" unterstreicht des Lebens Losziehung stark, ohne ihr den tiefen Ernst zu nehmen. Meine Bilder sind mehr auf andere Scheinwelten ausgerichtet, auf die der "Macher", die skrupellos werben, anbieten und verkaufen. Ohne Rücksicht darauf, ob sie damit Seelen verletzen, Existenzen ruinieren. Auch einen Teil der großen Politik (nicht nur in unserem Land) habe ich darin gesehen. Versprechungen, Verblendungen, die angeblich dem Volkswohl dienen. Von Religionen ganz zu schweigen. Sehr interessant, gerade durch diese andere Technik. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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18.03.2010, 19:16 | #5 |
Gelegenheitsdichter
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Lb. Dana,
in der Tat ist Sprache mindestens so verletzlich wie die Seelen, die sie gebären. Sprache ist einerseits heilend und andererseits tödlich verletztend. Sie selbst ist ein wunderbarer, aber auch wunderlicher, immer jedoch verwundbarer Stoff, aus dem Gedichte und unsere Träume sind. Der Versuch, mit Mitteln der Lyrik Gedankenräume zu schaffen, läuft gegen unsere schnellebige, explizite Zeit. Diese zum hastigen Konsum dargebotenen Äußerlichkeiten stehen im Widerspruch zu Texten, die implizite Kommunikation enthalten. Das muß erarbeitet und sich erschlossen werden. Mich freut es, daß manchmal bei manchen Lesern meine Sprachexperimente als Anregung empfunden werden. Daher bin ich sehr dankbar über jeden, auch den ablehnenden, Kommentar; denn nur so kann ich daran arbeiten, meine Überlegungen und Zielsetzungen mit solchen Texten besser zu erreichen. Danke für Deine Gedanken. LG W.
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