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Alt 07.09.2011, 23:13   #1
Odiumediae
Neuer Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 03.09.2011
Beiträge: 15
Standard Faden und Schere

Der Spiegel zeigt im Licht das Abbild eines Toren.
Es ist dein Lebensdocht kaum einen Zoll mehr lang,
auch ist dir, mehr als je, um diesen angst und bang,
so hast du in der Furcht das Haupt dir kahl geschoren.

Dein Weib ist lang schon fort, die Säfte sind vergoren;
Bedrückung, Wehmut, Gram, der Sinne steter Zwang.
Dein Augenlicht ist trüb, den Ohren darbt nach Klang,
dein dereinst weicher Kern ist heute starr gefroren.

Es hat des Menschen Garn, ob wollen oder seiden,
Beginn und Ende nur, die er nicht koppeln kann.
Was folgt, ist keine Qual, nur sanfte Liderschwere,

so nützt das Klagen nichts, sei weise, sei bescheiden:
ein letzter Schluck vom Wein, ein Lebewohl – und dann
die Ruhe nach dem Schnitt der Atropos'schen Schere.

Geändert von Odiumediae (21.09.2011 um 09:53 Uhr)
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