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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 09.12.2012, 15:17   #1
Suzette
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 30.10.2012
Beiträge: 136
Standard Silbertränen

Zu müde zum Weinen
sitzt sie in ergebener
Abendapathie

Musik dreht sich
im Kreis
durch die Ohren
ins traurige
Abendnichts

Schuldig spricht
dein Blick
während du
schweigend deiner
Passivität den Raum
überlässt

Zu müde zum Weinen
atmet sie für
den
Morgen

Geändert von Suzette (26.02.2013 um 20:00 Uhr)
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Alt 28.01.2013, 18:21   #2
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard

lb. suzette,

es gibt eine methode, die jede lyrik umbringt: adjektive, adjektive und adverbien, adverbien. dadurch verkrampft die sprache, und die bilder sprengen ihre rahmen. am ende bleibt ein gestelztes sprachgeschnurre, dem man vor allem eines ansieht: bemühtheit.

nun wissen wir aus unserer lebenserfahrung, daß sich-bemühen nur ein erster schritt in richtung auf gut-machen ist. derjenige, der sich bemüht, aber nichts erreicht, ist sozusagen auf halbem wege stecken geblieben.

genauso geht es diesem text: er steckt im bemühen fest, richtig gut sein zu wollen. leider hat er so das gegenteil von gut erreicht.

mein tip: dichten ist schwer, will aber ein leichtfüßiges etwas zum ergebnis haben. also mach deine sprache leicht. das allein ist an und für sich schon schwer genug, aber nichts weniger als das geheimnis eines guten gedichts.

lg w.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Alt 30.01.2013, 13:48   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.908
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Hallo Suzette,

wie ich schon öfter schrieb, bin ich eigentlich mehr ein Anhänger der gereimten und gebundenen Lyrik.
Als sogenannten "freie Lyrik" finde ich diesen Text aber gar nicht übel, denn eine übermäßge Überladung mit Adjektiven und Adverbien kann ich - im Gegensatz zu Walther - hier eigentlich gar nicht feststellen.

Eigenschafts- und Umstandswörter gehören nun einmal zu unserer Sprache und besitzen die Aufgabe, allgemeine Begriffe näher zu definieren, um ihnen damit einen speziellen Charakter zu verleihen.
Ohne diese Wortarten geht m. E. überhaupt nichts und ich störe mich eigentlich nur daran, wenn sie eindeutig und ausschließlich als "Lückenbüßer" verwendet werden.

Und das geschieht (als Fehler) in einem metrischen Text m. M. n. häufiger, als in einem freien, da bei letzterem keine Silbenzahl eingehalten werden muss.

Hier transportieren diese Worte für sich alleine bereits eine kleine Geschichte: müde, ergeben, traurig, schuldig, schweigend, (müde)
Da schließt sich sogar der Kreis wieder.

Bei einem freien Text kommt es verstärkt auf die verwendeten Metaphern an und da finde ich hier doch einige recht interessante, die dem Gedicht eine melancholische Atmosphäre verleihen. (Beispiel: "Regenbogen" = Hoffnung, "Musik" als Begleiter und Trost in einsamen Stunden usw...)

Auf jeden Fall kann ich das Geschehen nachvollziehen und es stimmt schon traurig, es erweckt sogar Mitleid mit der Protagonistin.

Einen Vorschlag aber möchte ich noch anregend loswerden:

Hier findet sich schon die "Abendapathie", weshalb das "Abendnichts", obwohl ebenfalls eine gut gewählte Metapher, eigentlich "doppelt gemoppelt" ist. Du könntest z. B. statdessen schreiben: "...ins traurige Nichts der Nacht". Das würde nicht allzuviel verändern, aber noch verstärken, denn auf den Abend folgt ja die Nacht.

Und eine Frage habe ich noch zum besseren Verständnis:

Der ganze Text erzählt von einer "sie".
Warum erfolgt in der dritten Strophe dann eine direkte Anrede mit "deiner"?

Das kann ich jetzt nicht so ganz nachvollziehen.

Traurige, aber trotzdem schöne Silbertränen.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 30.01.2013, 15:31   #4
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
Standard Silbertränen

Hallo Suzette,

dein Gedicht drückt eine große Trauer aus.

Ich denke beim Lesen an zwei Menschen, ein (ehemaliges) Liebespaar,
das sich im "Abendnichts" apathisch, schweigend gegenübersitzt.

Im Hintergrund läuft leise Musik, weil die Stille sonst nicht zu ertragen wäre.

Die silbernen Tränen sind alle geflossen, es bleibt nur noch Passivität
und ein leichtes Schuldgefühl.

Vielleicht soll der Regenbogen so etwas wie Hoffnung ausdrücken?

Auf jeden Fall ein "stimmungs-volles" Gedicht,
das ich gern gelesen habe.

Viele liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 30.01.2013, 17:25   #5
Thomas
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Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard

Hallo Suzette,

ich finde sie Sprache nicht zu schwer und das einzige Wort, welches ich vielleicht weglassen würde, ist das "traurige", wodurch die Strophe nur 4 Zeilen erhielte.

Die ersten beiden Strophen beschreiben sehr eindringlich und präzise eine leidende Person und die "Schlusssteine" Abendapathie, Abendnichts sind sehr gut gewählt. Dann beschreibt die dritte Strophe treffend das, was sehr oft geschieht, wenn Leid gesehen wird. Der menschlich normale Impuls zu helfen wird durch eine Schuldzuweisung blockiert.

Die letzte Strophe verstehe ich nicht – leider. Etwas überraschender Bildwechsel: Regenbogen - Abend? Vielleicht machst du sie etwas deutlicher, oder du lässt sie einfach weg, denn nach der dritten Strophe hat das Gedicht eigentlich schon einen Abschluss.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 18.02.2013, 21:24   #6
Suzette
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Beiträge: 136
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Hallo Walther,

ich denke, mein Bemühen war da und wie ich anhand anderslautender, teils entgegengesetzter Kommentare von kompetenten Kollegen lese, wars auch fruchtbar. Schade, daß es nicht ankam.

Gruß
Suzette



Hallo Falderwald,

Zitat:
wie ich schon öfter schrieb, bin ich eigentlich mehr ein Anhänger der gereimten und gebundenen Lyrik.
Als sogenannten "freie Lyrik" finde ich diesen Text aber gar nicht übel, denn eine übermäßge Überladung mit Adjektiven und Adverbien kann ich - im Gegensatz zu Walther - hier eigentlich gar nicht feststellen.
Umsomehr freut mich dein Kommentar in der "reimlosen Ecke". Deine Ausführungen decken sich mit meinen Vorstellungen über dieses Thema.

Zitat:
Hier transportieren diese Worte für sich alleine bereits eine kleine Geschichte: müde, ergeben, traurig, schuldig, schweigend, (müde)
Da schließt sich sogar der Kreis wieder.
Ja, diese Adjektive sind hier praktisch "Geschmacksüberträger" oder das Fleisch zum Skelett und ich arbeitete hier bewußt auch mit der Wiederholung am Schluß.

Zitat:
Auf jeden Fall kann ich das Geschehen nachvollziehen und es stimmt schon traurig, es erweckt sogar Mitleid mit der Protagonistin.
Dies ist ja ein Stück "Gefühlslyrik" - hätte ich auch unter "Stimmungen" einstellen können. Diese Trauer, um die es da geht, umgreift hier auch die Form, d.h. ich habe eine monotone Starre versucht, miteinzuarbeiten - eine Art Gelähmtheit - man könnte auch sagen, es soll eine Schwere da sein, keine Leichtigkeit, die passt hier für mich gar nicht. Darum lasse ich auch Abendapathie und Abendnichts als Unterstreichung dieses Zustandes drin.

Dafür haben mich deine Ausführungen im weiteren Verlauf auf eine neue Idee gebracht, nämlich den Regenbogen am Ende durch den Morgen zu ersetzen, dann schließt sich der Kreis der Tageszeiten und auch assoziativ kommt es mir schöner vor, für den Morgen zu atmen.

Zitat:
Der ganze Text erzählt von einer "sie".
Warum erfolgt in der dritten Strophe dann eine direkte Anrede mit "deiner"?
Das kann ich jetzt nicht so ganz nachvollziehen.
Hier habe ich einen Perspektivwechsel vorgenommen im Rahmen der lähmenden Trauer, so eine plötzliche direkte Rede an das lyr. DU - möglicherweise zu verwirrend - war ein kleines Experiment.

Zitat:
Traurige, aber trotzdem schöne Silbertränen.
Gern lyrisch vergossen und thx für die ausführliche Beschäftigung.

Liebe Abendgrüße
Suzette



Hallo wüstenvogel,

Zitat:
dein Gedicht drückt eine große Trauer aus.

Ich denke beim Lesen an zwei Menschen, ein (ehemaliges) Liebespaar,
das sich im "Abendnichts" apathisch, schweigend gegenübersitzt.
Im Hintergrund läuft leise Musik, weil die Stille sonst nicht zu ertragen wäre.
Die silbernen Tränen sind alle geflossen, es bleibt nur noch Passivität
und ein leichtes Schuldgefühl.

Vielleicht soll der Regenbogen so etwas wie Hoffnung ausdrücken?

Auf jeden Fall ein "stimmungs-volles" Gedicht,
das ich gern gelesen habe.
Richtig, die Trauer ist die konzentrierte Aussage hier - deine Ausführungen haben eine Menge für sich. Die Musik wird als fast quälend empfunden, sie verschwindet völlig in dieser dunklen Stimmungslage.
Die Silbertränen haben eine besondere Qualität; sie sind Tränen, die nicht mehr fließen können ...
Natürlich ist der Regenbogen die Hoffnung, aber wie ich bei Falderwald ausgeführt habe, möchte ich sie durch ein runderes Hoffnungsbild ablösen.

Freut mich, daß es gefiel!

Liebe Grüße von
Suzette



Lieber Thomas,

dank auch dir fürs Reinlesen!

Zitat:
ich finde sie Sprache nicht zu schwer und das einzige Wort, welches ich vielleicht weglassen würde, ist das "traurige", wodurch die Strophe nur 4 Zeilen erhielte.
Bei der Musik taucht die Trauer als genanntes Gefühl auf, der Rest ist Müdigkeit und Starre. Auch, weil das Abendnichts ansonsten zu vage wäre, wollte ich das Gefühl auf die Trauer bewußt lenken.

Zitat:
Die ersten beiden Strophen beschreiben sehr eindringlich und präzise eine leidende Person und die "Schlusssteine" Abendapathie, Abendnichts sind sehr gut gewählt. Dann beschreibt die dritte Strophe treffend das, was sehr oft geschieht, wenn Leid gesehen wird. Der menschlich normale Impuls zu helfen wird durch eine Schuldzuweisung blockiert.
So sollte es sein, schön, daß es berührte und gefällt! Deine Interpretation ist eine durchaus denkbare, über sie habe ich gerne nachgedacht.

Zitat:
Die letzte Strophe verstehe ich nicht – leider. Etwas überraschender Bildwechsel: Regenbogen - Abend? Vielleicht machst du sie etwas deutlicher, oder du lässt sie einfach weg, denn nach der dritten Strophe hat das Gedicht eigentlich schon einen Abschluss.
Ist einfach ein stilistisches Mittel: Die Wiederholung soll den Gesamteindruck nochmal verstärken. Den Regenbogen als Hoffnungssymbol werde ich abändern, wie oben schon ausgeführt.

Liebe Abendgrüße von
Suzette
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