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Alt 21.08.2013, 16:32   #1
Chavali
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Standard gestern noch

Gestern noch erkannten wir uns nicht,
waren Fremde unter fremden Sternen,
trafen uns im trüben Morgenlicht,
blasser schienen nur die Gaslaternen.

Beide sahen wir den andern nicht,
dachten an die längst verlornen Zeiten,
hielten im Geheimen Zorngericht
in der Wintertage Bitterkeiten.

Doch dann entwich von uns der Nebel,
im Morgenglanz erwachten du und ich,
verbargen wortlos staunend unsre Säbel,
und lächelnd blickten wir ins Sonnenlicht.

Gestern noch nur böses Wort und Streit,
eingehüllt von Trauer, Schmach und Wut.
Heute ist das alles schon so weit -
in unsren Herzen wurde alles gut.













__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (08.05.2014 um 10:24 Uhr) Grund: 2. Version nach Erich K.
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Alt 21.08.2013, 17:55   #2
Erich Kykal
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Hi, Chavi!

Deine (absichtlichen) Auftakte habe ich unberührt gelassen, aber ich erlaubte mir, in deinem Zitat den fehlenden Heber einer Zeile (S3Z3) zu korrigieren.
Die unterstrichenen weiblichen Kadenzen in S2 sind ein stilistischer Vorschlag, der die Sprachmelodie weicher machen würde.
In ebendieser S2 habe ich auch einen Fehler gefunden: Du schriebst "jeder von uns...", da hättest du aber in den Folgezeilen Einzahl nehmen müssen (dachte, hielt), weil das nötige "wir" nicht erwähnt wird und alle Verben sich so auf "jeder" rückbeziehen.
Mein Vorschlag erspart Änderungen in den Folgezeilen.
Die letzte Zeile von S2 ist so auch nicht korrekt: es fehlt das "über".
Der Reim "Zorn/neugeborn" ist nicht schön. Einerseits hat Zorn ein kurzes, flaches "o", geborn ein langes, tiefes, andererseits wirkt die Verkürzung des letzteren eher unlyrisch.

Zitat:
Zitat von Chavali Beitrag anzeigen


gestern noch erkannten wir uns nicht
waren fremde unter fremden sternen
trafen uns im trüben morgenlicht
blasser schienen uns die gaslaternen

beide sahen wir den andern nicht
dachten an die längst verlornen zeiten
hielten im geheimen zorngericht
in der wintertage bitterkeiten

dann wich doch von uns noch dieser nebel
im morgenglanz erwachten du und ich
verbargen wortlos staunend unsre säbel
und lächelnd blickten wir ins sonnenlicht

gestern noch nur böses wort und streit
umhüllt von tiefer trauer schmach und wut

heute ist das alles schon so weit
und unsre herzen sind von herzen gut.


die verschiedenen auftakte sind absicht

Die "moderne" Form begeistert mich nicht, wie du weißt, dennoch ist es ein sehr inniges, schönes Gedicht.

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (21.08.2013 um 18:02 Uhr)
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Alt 22.08.2013, 08:20   #3
Chavali
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Hi, Erich,

deine Mühe weiß ich zu schätzen
Zitat:
Die "moderne" Form begeistert mich nicht,
Ich konnte es mir denken, denn falls du kommentieren solltest, würdest du die Form ansprechen
Deshalb habe ich die veränderte Version in normaler Form eingestellt.

Zu deinen Vorschlägen:
Zitat:
Die [...] weiblichen Kadenzen in S2 sind ein stilistischer Vorschlag, der die Sprachmelodie weicher machen würde.
Das ist gut, sehr gut. Wird übernommen.
In S2:
Zitat:
beide sahen wir den andern nicht
Zitat:
in der wintertage bitterkeiten
Das ist auch ok und deine Begründungen dazu nachvollziehbar.
Also auch gebongt
In S3:
Zitat:
verbargen wortlos staunend unsre säbel
ok, da fehlten 2 Silben - sind damit auch behoben.
Zitat:
dann wich doch von uns noch dieser nebel
Das allerdings hört sich seltsam an *grübel*
Da muss uns noch was anderes einfallen...

In S4 hatte ich auch erst die Reime Wut und gut - fand das aber übertrieben und
auch ein bisschen naiv
Aber wenn du meinst: nicht, dann ändere ich auch diese Zeilen, aber ohne 2x herzen
Zitat:
und unsre herzen sind von herzen gut.
Insgesamt eine schöne Arbeit, die sich sicher auch gelohnt hat!
Zitat:
dennoch ist es ein sehr inniges, schönes Gedicht.
Danke dir, das freut mich.

LG Chavali




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Geändert von Chavali (22.08.2013 um 08:38 Uhr)
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Alt 22.08.2013, 10:23   #4
Erich Kykal
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Hi, Chavi!

"und unsre Herzen sind von Herzen gut."

Schade - grade das gefiel mir als Wortspiel so gut!

Soviel der Ehre hatte ich gar nicht erwartet, ich meine, dass du nur ob meines Kommis gleich eine Korrektur in "Normalversion" drüberstellst! Das wäre gar nicht nötig gewesen, nicht mal aus Höflichkeit.
Der tumbe Oberlehrer in mir jubelt, aber der Rest ist etwas - irgendwie - berührt...

Soviel "Einfluss" möchte ich vielleicht gar nicht haben...

Nachdenkliche Grüße, eKy
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

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Alt 22.08.2013, 16:28   #5
Chavali
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Zitat:
"und unsre Herzen sind von Herzen gut."

Schade - grade das gefiel mir als Wortspiel so gut!
...ach so? hmmmm...ach ich lass das mal mit der letzten Zeile so stehen, Erich ...
vielleicht fällt uns ja noch was anderes ein....nach einer Weile
Zitat:
Soviel der Ehre hatte ich gar nicht erwartet, ich meine,
dass du nur ob meines Kommis gleich eine Korrektur in "Normalversion" drüberstellst!
Nun - *beruhig* - das hatte ich sowieso schon vor.
Zitat:
Soviel "Einfluss" möchte ich vielleicht gar nicht haben...
Du kennst meine Texte - sie sind zu allermeist in Groß- und Kleinschreibung sowie korrekter
Interpunktion verfasst

Naja, es gelingt mir wohl nicht, auf den Zug der *moderne* aufzuspringen - und ich sag dir was:
Ich will's auch gar nicht.

Schön, dass du nochmal gelesen und kommentiert hast!

Danke und Gruß,
Chavali
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Alt 22.08.2013, 19:27   #6
ginTon
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Hi chavilein,,

Na dann werde ich mich mal an der Diskussion beteiligen. Vorab, dein Gedicht gefällt mir wirklich richtig gut, ein zwei Klitzigkeiten habe ich auch entdeckt, muss man aber mal schauen... Ich werde mal beide Versionen nebeneinandern stellen, dass es übersichtlich bleibt.

Zitat:
Urversion
gestern noch erkannten wir uns nicht
waren fremde unter fremden sternen
trafen uns im trüben morgenlicht
blasser schienen uns die gaslaternen

Nachbesserung
Gestern noch erkannten wir uns nicht,
waren Fremde unter fremden Sternen,
trafen uns im trüben Morgenlicht,
blasser schienen uns die Gaslaternen.
Also wie man gut erkennen kann, wurde hier außer der Groß- und Kleinschreibung nichts geändert. Hier entdeckte ich eine Kleinigkeit und hätte in Zeile 4 statt "uns", "nur" gewählt,, außer wenn die Wiederholung so gewollt war...aber super gute Strophe, Hut ab

Zitat:
Urversion
jeder von uns sah den andern nicht
dachten an die längst verlorne zeit
hielten im geheimen zorngericht
mancher wintertage bitterkeit

Nachbesserung
Beide sahen wir den andern nicht,
dachten an die längst verlornen Zeiten,
hielten im geheimen Zorngericht
in der Wintertage Bitterkeiten.
Hier muss ich sagen, ich hoffe, dass ich mich zu der Nachbesserung äußern darf , dass diese eine Verbesserung ist.. "im geheimen", ist geheim dann nicht ein Substantiv?, bin ich jetzt selbst überfragt...

Zitat:
Urversion
doch dann wich von uns dieser nebel
im morgenglanz erwachten du und ich
verbargen staunend unsre säbel
und lächelnd blickten wir ins sonnenlicht

Nachbesserung
Doch dann entwich von uns der blinde Nebel,
im Morgenglanz erwachten du und ich,
verbargen wortlos staunend unsre Säbel,
lächelnd blickten wir ins Sonnenlicht.
Ich muss sagen, dass ich bei der Nachbesserung nicht verstehe, was "blinder Nebel" bedeuten soll...vllt macht Nebel blind, aber der Nebel an sich ist es mit Sicherheit nicht..

Hier finde ich die Usprungsversion bei weitem besser, ohne irgendwelche Abstriche, halt, mitunter statt "dieser Nebel" "der Nebel" finde dann lese ich besser durch, aber das mudden du selbst wissen chavilein

Zitat:
Urversion
gestern noch nur böses wort und streit
umhüllt von trauer schmach und zorn

heute ist das alles schon so weit
und unsre herzen sind wie neugeborn

Nachbesserung
Gestern noch nur böses Wort und Streit,
umhüllt von tiefer Trauer, Schmach und Wut.

Heute ist das alles schon so weit,
in unsren Herzen flammt die Liebesglut.
Dies wäre mein Vorschlag, dazwischen zu tüteln das hätte nix gebracht, deswegen habe ich deine Version genommen und nur vom Ausdruck mittels Zeilenbrüchen verändert, da ich die Urversion inhaltlich auch besser finde

Zitat:
gins Vorschlag
Gestern herrschten böse Worte, Streit
umhüllt von Trauer, Schmach und Zorn.

Heute ist das alles schon so weit
weg von unsren Herzen, wir sind neugeborn.
gerne mit beschäftigt,, liebe Grüße ginnie
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Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)

Geändert von ginTon (22.08.2013 um 19:31 Uhr)
ginTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.08.2013, 12:45   #7
Chavali
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Hi ginnie,

super Diskussionsbeitrag
Zitat:
hätte in Zeile 4 statt "uns", "nur" gewählt,, außer wenn die Wiederholung so gewollt war..
ja, nee, war nicht so gewollt.
super Idee, wird gleich geändert.
Zitat:
"im geheimen", ist geheim dann nicht ein Substantiv?,
stimmt, ich glaub das dann auch mal, weil es wie ein Substantiv gebraucht wird.
Schon geändert.
Zitat:
nicht verstehe, was "blinder Nebel" bedeuten soll.
ja, du hst recht, war Käse, hab ich schon neulich geändert, sollte auch nicht so da stehen.
Zitat:
dein Gedicht gefällt mir wirklich richtig gut,
Danke für Lob und Kommi, hat mich sehr gefreut!

lieben Gruß,
chavi
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