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Bei Vollmond Phantastisches und Science Fiction

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Alt 18.12.2009, 10:00   #1
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 23.02.2009
Ort: BadenWürttemberg
Beiträge: 526
Standard Baal

Büsche und andere Blattwerke beugen sich hin bis zum Boden.
Heulend, baldowernd blecken die Windböen zahnloses Reißen,
dieses zerfleddert mit brausendem Bollern die Zweige der Buche.
Bebend, sich duckend, knarrend und qietschend zerbrechen die Bäume.

Zwischen dem Wurzelgeäste zwei bibbernde, ängstliche Buben.
Grell zeigen Blitze den Zorn und der Schwerter gefährliches Zücken.
Bleich vor Entsetzen, zitternd und bettelnd am Fuße des Stammes
bitten die Knaben um Schutz und Erbarmen und beten vergebens.

Zweimal zuvor haben sie die Gebote von Baal schon gebrochen!
Bluttriefend liegen die Zeugen der Bosheit noch neben den Brüdern:
Zierliche Lämmer, geschnitten aus Leibern der trächtigen Ziegen,
denen sie Hirten, nicht Bestien, tumb und sadistisch sein sollten!

Geändert von Blaugold (23.12.2009 um 21:11 Uhr)
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Alt 18.12.2009, 11:26   #2
Leier
gesperrte Senorissima
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Pfalz
Beiträge: 4.134
Standard

Lieber Blaugold,

wütend greift gierige Gischt in wankende Wanten.....

Dein Gedicht erscheint mir auf den ersten Blick wie eine Mischung zwischen Vergil und Wagner.
baldovern stellt mich vor ein Rätsel; ich kenne nur das gaunerische baldowern.
Die Buben würde ich beben lassen, aber das ist marginal.
Bei den aus-dem-Leib-Geschnittenen dachte ich zuerst an (Karakul-) Schafe, dann dummerweise an Iphigenie und danach war ich so tumb als wie zuvor.

Aber es braust schön wild daher, Dein Gedicht.
Wo bringe ich den Götzen unter?

Lieben Gruß
von
cyparis
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Alt 23.12.2009, 21:09   #3
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 23.02.2009
Ort: BadenWürttemberg
Beiträge: 526
Standard

Hallo Leier
so arg tief aus der Klassik sollte in meinem Gedicht gar nichts ausbaldowert werden. Bei diesem Wort sind wohl zwei Schreibweisen möglich. Doch die mit "w" ist wahrscheinlich die gegenwärtig richtige, also hab ich ausgebessert.
Ich kenn dieses Wort aus meiner Kindheit, da wurde ich abends von den Eltern gefragt, was wir Kinder den Tag über so ausbaldowert haben, sie meinten es auch im weiteren Sinne von ausgeheckt, angestellt, herumgetrieben oder in lausbübischer Neugier auf die Spitze getrieben,und mit dieser erweiterten Bedeutung hab ich es im Gedicht verwendet.

Dein Vorschlag, die Buben anstatt bibbern beben zu lassen ist eigentlich ok. Doch eine Zeile zuvor zerbrechen Bäume schon bebend.
Ich habe darauf geachtet, zwar viele Wörter mit dem Buchstaben "B" wie Baal aufzutreiben, doch möglichst nicht doppelt zu verwenden.

Beelzebub, in unseren Landen gut bekannt, leitet sich wohl von Baal her.
Auch der Spruch den Teufel mit dem Beelzebub austreiben hast du sicher schon gehört. Damit ist umgangssprachlich gemeint, dass "Bösen Lausbuben" mit heftigen Konsequenzen z.B. deren Eigensinn und Boshaftigkeit ausgetrieben werden soll, also eine "Teufelsaustreibung" im Rahmen der Erziehung. Dies ist auch ein Merkmal der sogenannten "Schwarzen Pädagogik",
durch Drohungen und durch Zeigen "wer Chef ist" oder "wo der Bartel den Most holt" eine Einschüchterung zu erzielen, die wohl mit Einsicht für das eigene schlechte Handeln der Buben verwechselt wurde.

Seis drum. Das Gedicht soll tatsächlich bedrohlich rüberkommen, bedrohlich für die Rohheit der jungen Menschen, Sinnbild für die unreife Menschheit, die sich die Natur nicht selten nicht nur untertan, sondern zum Sklaven oder Ziel für Machtgebaren hernimmt.

Die Zeilen sind zudem in dem von mir geliebten hexametrischen Rhythmus (Daktylus) konzipiert.

Ich danke dir für deinen Kommentar

Blaugold
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Alt 30.01.2010, 21:58   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Beiträge: 9.908
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Hallo Blaugold,

du hast dein Gedicht ja schon selbst interpretiert und ich muss sagen, die Bilder gefallen mir sehr gut, auch wenn sie düster und bedrohlich erscheinen.

Baals (der Name vieler Götter) Zorn trifft die beiden Burschen, die eine solche Greueltat an wehrlosen und unschuldigen Tieren vollbrachten.
Ich sehe das auch als kleine Mahnung, daß der Mensch Hüter und Beschützer der ihm anvertrauten Welt sein sollte.

Der Hexameter macht deinen Text zu einem kleinen Epos, jedoch sind mir zwei kleine Metrikunstimmigkeiten aufgefallen, und zwar in der ersten Strophe Z2 und Z4.

Heulend, baldowernd blecken die Windböen zahnloses Reißen,
Bebend, sich duckend, knarrend und qietschend zerbrechen die Bäume.

XxxXxXxxXxxXxxXx (beide Zeilen)

Hier weichst du also vom sonst durchgängigen Daktylus ab.


Fazit: Das verantwortungslose Umgehen des Menschen mit seiner Umwelt wird irgendwann Konsequenzen zeitigen, die noch gar nicht abzusehen sind.


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 05.02.2010, 17:46   #5
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
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Hallo Blaugold,

ich habe dein reimloses Gedicht und die dazugehörigen Kommentare gelesen.
Sehr interessant, beides

Da mich daktylische Texte auch interessieren, erlaube ich mir, anhand der ersten Strophe eine Versmaßbild zu erstellen,
um zu schauen, ob ich mit der Betonung richtig liege:

Büsche und andere Blattwerke beugen sich hin bis zum Boden.
Heulend, baldowernd blecken die Windböen zahnloses Reißen,
dieses zerfleddert mit brausendem Bollern die Zweige der Buche.
Bebend, sich duckend, knarrend und qietschend zerbrechen die Bäume.


XxxXxxXxxXxxXxxXx
XxxXxXxxXxxXxxXx -->
XxxXxxXxxXxxXxxXx
XxxXxXxxXxxXxxXx -->

hier fehlt jeweils eine unbetonte Silbe.
Ist das gewollt und wenn ja, warum?
Des Leseflusses wegen kann es nicht sein, denn der unterbricht an dieser Stelle.

Die anderen Strophen untersuche ich nicht

Ansonsten beeindruckend!

Lieben gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (06.02.2010 um 20:55 Uhr)
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Alt 06.02.2010, 20:47   #6
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 23.02.2009
Ort: BadenWürttemberg
Beiträge: 526
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Hallo Faldi, chavali

Ich habe erst vor kurzem mit Klatschmohn ein wenig über Hexameter diskutiert.
Meine Kenntnisse habe ich vor allem durch Wikipediastudien und mit der Hilfe von ferdi im Blauen Forum, der da wohl ein echter Fachmann ist.
Es freut mich deshalb, dass auch hier auf der Insel dieser hexametrische Vers ein wenig "ins Gespräch" kommt und vielleicht auch bald in mehr Gedichten erscheint.
Ich denke, dass grundsätzliche Regeln und Tips dazu am Besten von Wikipedia oder ähnlichen Foren aufgezeigt werden. Natürlich gefallen mir diese Langzeiler und ich gebe gern meine bescheidenen Kenntnisse dazu preis, zunächst mal speziell für mein Gedicht BAAL.

Im Grunde heißt es Hexameter, weil sechs Versfüße darin vorkommen sollen. Gut, das können auch sechs Jamben oder Trochäen sein, doch dann ist es aber kein (klassischer) Hexameter. Denn Daktylen und Hexameter gehören zusammen. Nur das letzte Metrum muss ein Trochäus sein und das fünfte unbedingt ein Daktylus. Die ersten vier können durch Trochäen variiert werden. Grundform also:

Xxx Xxx Xxx Xxx Xxx Xx

in euren beiden herausgehobenen Beispielen habe eben genau da ein trochäisches Versmaß benutzt. Thats all.
Ausnahmen können dazu dienen, den Rhythmus nicht gar so langweilig erscheinen zu lassen. Hexameter haben in der Regeln keine Reime, ist aber kein Verbot.

Ich habe anfänglich für mich nur die vorgeschriebene Grundform mit fünf Daktylen zur Übung angewendet, um überhaupt mal für die Grundstruktur ein Gefühl zu entwickeln.

Für einen guten Hexameter muss noch die Zäsur beachtet werden, doch die ist für mich in meinen Gedichten z.Zt. noch ein Manko, da bräuchte ich selbst noch wesentliche Tips und Korrektur!

Insofern hast du, chavali, um deine Frage aufzugreifen, schon korrekt betont; und somit bekommst du von mir die Aufmunterung, loszulegen!!


Ich danke euch für Kommentare, Fragen und Lob.

Blaugold

PS: Habe gleich noch ein "Monster" von Hexameter eingestellt. ABNABELUNG http://www.gedichte-eiland.de/showth...0942#post40942

Geändert von Blaugold (06.02.2010 um 21:14 Uhr)
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