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Alt 13.07.2015, 19:17   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard An den Baum

Du, im Verzweigten auferstanden,
sich nährend aus der Erde Kraft,
vermehrt von grünenden Gewanden,
und von den Lüften aufgerafft -

Du, in des Jahres Kreis geboren,
erhoben in des Tages Licht,
dem ewig Wandelnden verschworen
und wurzelnd wie im Gleichgewicht -

Du bist der Baum, an dem ich lehne,
als wüsste ich mich selbst nicht mehr,
das starke Bild, das ich ersehne -
von außen leicht, doch innen schwer.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (15.07.2015 um 14:28 Uhr)
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Alt 14.07.2015, 20:00   #2
Falderwald
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Servus Erich,

ich mag Bäume auch sehr gern.

Wann immer ich einen interessanten Baum entdecke und eine Kamera dabei habe, dann halte ich diesen Eindruck auch fest.

Die Beschreibung ist sehr anschaulich, sogar die Jahreskreise des Baumes sind darin enthalten und das "wurzelnde Gleichgewicht" ergibt ein schönes und passendes Bild.

Die letzte Strophe erschließt sich nicht sofort und lässt Interpretationsspielraum.
Ich sehe es so, dass die Äußerlichkeiten immer nur einen oberflächlichen Eindruck hinterlassen, weil im Inneren eines Lebewesens noch eine ganz andere Tiefe herrscht, in die niemand wirklich Einblick hat.
Das ist die ganz eigene Schwere, die jeder mit sich allein herumträgt, auch ein Baum.

In Zeile zwei der ersten Strophe bin ich mir allerdings nicht ganz sicher, ob du nicht doch noch einmal recherchieren solltest und den Begriff "Erde" eventuell gegen "Sonne" austauschst.
Weil die Photosynthese ja die eigentliche Kraft der Bäume ist und die Sonne somit die Energie für das Betreiben der Protonenpumpen in der Wurzelepidermis liefert.

Der Text hat mir gut gefallen...


Gern gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 14.07.2015, 21:46   #3
Erich Kykal
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Hi, Faldi!

Danke für deine Gedanken!

S1Z2 - "Sonne" klänge an jener Stelle nicht so gut. Mit der Photosynthese hast du recht, aber die Erde "nährt" den Baum mit Wasser, Mineralien usw., also ist "Erde" nicht falsch.

Die Conclusio meinte ich so, dass das äußere Bild eines Baumes Leichtigkeit vermittelt, die feine Verästelung lässt ihn grazil und beinah masselos wirken. Wer aber jemals versucht hat, einen großen Stamm anzuheben, weiß um das wirkliche Gewicht dieser Form. Im übertragenen Sinne steht dieses Bild natürlich für ebenjene Weisheit, die du in deinem Kommi angesprochen hast!

LG, eKy
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Alt 14.07.2015, 21:55   #4
wolo von thurland
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Hallo Erich Kykal

Ich habe da drei Fragen:

a) Muss es in Zeile 2 nicht heissen:
"dich nährend"?
Oder bezieht sich das Pronomen etwa auf "das Verzweigte"? So dass dann also "das Verzweigte" Subjekt von "sich nähren" wäre?

b) Ist "wie im Gleichgewicht wurzeln" dasselbe oder das Gegenteil von "im Gleichgewicht wurzeln"? ist es gleichbedeutend mit "wurzelndes Gleichgewicht" (zit. Falderwald)?

c) Bezieht sich die letzte Zeile auf den Baum, auf das "Bild" oder auf das Lyrische Ich?

Danke für deine Antwort
wolo
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Alt 14.07.2015, 22:09   #5
Erich Kykal
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Hi, Wolo!

a) Das "sich" in S1Z2 bezieht sich auf den Baum, der hier zwar nicht direkt genannt wird, allerdings im Titel darüber. Das "dich" schüfe einen direkteren Bezug zum "Du" in der Zeile darüber, wohl wahr, das "sich" hingegen hält die Sache allgemeiner, als naturwissenschaftliche Aussage, wenn man will - als einer der vielen Teilsätze, die in den ersten beiden Str. das Bild "Baum" lyrisch definieren.

b) Weder noch. Das "wie" impliziert eine Vergleichbarkeit oder Ähnlichkeit, kein Gegenteil und keine exakte Entsprechung. Ganz im Gleichgewicht ist ein Baum nie, sein stetes Wachstum dem Lichte zu belastet immer gewisse Zonen stärker, die sich dann mühen, sich zu verdicken, um die Form insgesamt wieder zu statischer Stabilität finden zu lassen. Wind und Sturm sind weitere Faktoren, ebenso wie die winterliche Entlaubung, Frostgewicht, Regen, usw...
Es kann also immer nur ein Quasi-Gleichgewicht sein, ein stetes Sichwandeln. Dieses "wie" erschien mir die poetischste Weise, dies auf kleinem Raum anzudeuten.

c) siehe meine Antwort an Faldi im Kommi vor dem deinen. Es bezieht sich auf den Baum, damit ebenso auf das Bild - das Wort steht hier für einen erstrebten inneren Seinszustand, für den der Baum als Gleichnis steht - und damit im übertragenen Sinne auch auf das LyrIch, das diesem Bilde gleichen will.
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Geändert von Erich Kykal (14.07.2015 um 22:12 Uhr)
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Alt 15.07.2015, 19:33   #6
Falderwald
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Servus Erich,

ich schrieb ja auch nicht, dass "Erde" falsch sei und alles was du zu diesem Begriff sagst, ist vollkommen richtig.
Es war nur ein Gedanke, der mir bei Betrachtung des Textes kam und den ich mit einfließen ließ.
Wenn dir Erde besser gefällt, dann behalte sie.

Manchmal obsiegt Nüchternheit gegen Romantik und Abstraktion...


Liebe Grüße

Falderwald


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Alt 15.07.2015, 20:10   #7
Erich Kykal
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Hi, Faldi!

Inwiefern ist Photosythese durch Sonneneinstrahlung "romantischer und abstrakter" als die "nüchterne"(häh?) Nährung durch Mutter Erde?

Da komm ich nicht mit ...

LG, eKy
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Alt 15.07.2015, 20:27   #8
Falderwald
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Servus Erich,

ich wusste es...

Die Erde ist ein blau-grüner Misthaufen, auf dem allerlei Verklärte ihr Unwesen treiben, also der Nährboden für jegliche Romantik.

Aber ohne ihren Stern gäbe es sie erst gar nicht und sie würde, plötzlich seiner physikalischen Kräfte beraubt, sofort zu einem lichtlosen, eisigkalten und toten Ort verkümmern.

So sieht das nüchterne Universum aus...


Liebe Grüße

Falderwald


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Alt 15.07.2015, 20:58   #9
juli
Gast
 
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Hier bei mir in der Nähe gibt es den Segeberger Forst. Es ist ein Mischwald und jeder Baum ist ein Unikat. Nicht umsonst gibt es ja auch schon Waldfriedhöfe, wo Menschen ihr letzte Ruhestätte finden. Bäume sind starke Retter mit der Verbindung zum Himmel, sie berühren ihn.

Ich interpretiere die Letzte S. so, daß der Mensch etwas von der Festigkeit und Stärke des Baumes abbekommt, selbst wenn der Mensch gerade unsicher und vielleicht traurig ist.
Etwas melancholisch ist sie schon die Strophe.

Ein "Erich Kykal - Naturgedicht" sehr gerne gelesen
sy
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Alt 15.07.2015, 21:40   #10
Erich Kykal
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Jaja, der Faldi - ein Romantiker durch und durch vor dem (natürlich nichtexistenten) Herrn!


Hi, Sy!

Danke für deine Interpretation. Ich bin keiner von der Baumumarmerfraktion, rede auch nicht mit Pflanzen, aber deine Sichtweise trifft einen Kern der Sache.
Ich atme auf in Wäldern und suche stets markante und große Bäume in der Landschaft. Auch wenn ich die Sache philosophischer betrachte, verhehle ich nicht, an diesem Bilde zu wachsen und Kraft daraus zu schöpfen!


LG, eKy
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