23.06.2009, 19:33 | #1 |
Gast
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Die zwei neuen Hausgenossen
Eine Frau fand einst zwei Kater,
hatten Mutter nicht noch Vater. Obdachlos und ohne Schutz lebten sie im Straßenschmutz. Mutig fing sie die zwei Scheuen, ach, sie sollten’s nicht bereuen. Nie mehr Hunger, Kälte, Streit, auch ein Bettchen allezeit. Als ich sie mir angesehen, war’s sofort um mich geschehen: Bernsteinaugen, schwarzes Fell und zwei Stimmchen wunderhell. Kratzbaum, Schutznetz, Gummibälle, Katzengras und Futterstelle, meine Wohnung wurde gleich umgebaut zum Katzenreich. Nichts mehr sollten sie vermissen, doch das konnten sie nicht wissen. Sehr begrenzt war das Revier, fremd der Mensch. Was soll man hier? Hastig suchten sie Verstecke, hockten ängstlich in der Ecke, kamen nur bei Nacht hervor, schnupperten an meinem Ohr. Schien der Vollmond in das Fenster, dann erwachten die Gespenster. Poltergeister balgten sich, jaulten laut und fürchterlich. Eilends war die Nacht verstrichen, als sie aus den Körbchen schlichen, und als Morgengruß, oh weh, krallten sie mich in den Zeh. Und die Katzenpflegemutter reichte Wassernapf und Futter. In der Wohnung ganz allein fängt man keine Mäuse ein. Fleißig putzte ich die Zimmer, trotzdem: Sauber war es nimmer. Auch das frische Katzenklo machte nur die Katzen froh. Doch vergaß ich nicht zu schmeicheln, dankbar ließen sie sich streicheln, strichen sanft um meine Knie. Dafür gab es Leckerli. Wenn wir nun an frohen Tagen durch die ganze Wohnung jagen, fühlt sich keiner mehr allein. Was braucht’s mehr zum Glücklichsein? Geändert von Seeräuber-Jenny (26.06.2009 um 19:14 Uhr) |
23.06.2009, 20:03 | #2 |
ADäquat
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Liebe Jenny,
wie schön, wieder was Neues von dir zu lesen! Das ist ja ein ganz entzückendes Gedicht über das Schicksal zweier Straßenkatzen, die ein liebes Zuhause gefunden haben. Ich habe es sehr gern und mit einem Lächeln gelesen. Lieben Gruß, Chavali
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23.06.2009, 20:56 | #3 |
Gast
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Hallo Jenny,
im Großen und Ganzen gefällt mit deine gereimte Geschichte. Sie könnte fast auch für Kinder sein. Was hältst du von dem Vorschlag: Nichts mehr sollten sie vermissen, doch das konnten sie nicht wissen. doch gern wärn sie ausgerissen Sehr begrenzt war das Revier, sehr begrenzt war ihr Revier fremd der Mensch. Was soll man hier? Schwierig sehe ich die Strophe: Schien der Vollmond in das Fenster, dann erwachten die Gespenster, Poltergeister haschten sich, jaulten laut und fürchterlich. Wohl sind die Katzen gemeint, aber die jaul-klagen sicher auch ohne den Mond. "Haschen" nicht so bekannt wie "Hasch" Gruß R.H. |
24.06.2009, 07:52 | #4 |
MohnArt
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Liebe Jenny,
ja, genau so wird s gewesen sein und ich habe die beiden Racker ja noch in ihrer Anfangszeit bei Dir erleben dürfen, wie sie sich noch sehr vorsichtig verhielten und wie Deine Wohnung zum Katzenschlaraffenland wurde. Du hast das alles nett und sehr liebevoll verdichtet. Liebe Grüße, Klatschmohn |
25.06.2009, 13:42 | #5 |
der mit dem Reim tanzt
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Liebe Jenny, nur ein kleinen Vorschlag zu deinem lebendigen, liebenswerten Gedicht:
Als ich sie damals hab gesehen, war es sofort um mich geschehen. Das die zwei Zeilen nun zwei Silben länger sind macht gar nichts. Dafür ist es runder. Gruß Archimedes ...Katzenpupillen in der Nacht sind kreisrund
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25.06.2009, 19:37 | #6 |
gesperrte Senorissima
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Liebe Jenny,
das ist ein entzückendes Gedicht über die zwei "Handschmeichler". Ach, wie fühle ich mich an frühere Zeiten erinnert! Ich kann in den Zeilen regelrecht schwelgen. Hab Dank! Lieben Gruß von cyparis |
26.06.2009, 01:59 | #7 |
Gast
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Ahoi Chavali,
aye, die beiden Straßenkater haben ein schönes Zuhause gefunden. Wir drei sind sehr glücklich, auch wenn Katerchen und Brüderchen in Gefangenschaft leben. Aber sie dürfen jederzeit auf den Balkon. Danke für deine lieben, verständnisvollen Worte. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Ahoi R. H., stimmt, dieses Gedicht im Paarreim wäre auch für Kinder unterhaltsam und lehrreich. Danke für deine Vorschläge. Doch kann ich ihnen leider nicht folgen. Wie ich meine Kater einschätze, sind sie ganz froh, der Straße entronnen zu sein, und sie machen mir nicht den Eindruck, als wollten sie unbedingt raus. In den ersten Tagen betrachteten sie die Wohnung auch noch nicht als ihr Revier. Das Jaulen bei Vollmond soll an die Wölfe erinnern, die den Mond anheulen. Wie die Wölfe sind auch die beiden Kater wilde Tiere. Wie sehr unsere Sprache doch der Mode unterworfen ist. War das Verb "haschen" vor kurzem noch sehr gebräuchlich, wird es heute zumeist nur noch als Synonym für "Haschisch rauchen" verwendet. Ich hatte erst "jagten", aber das Wort kommt noch an anderer Stelle vor. Nun habe ich "balgten" genommen. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Ahoi Klatschmohn, aye, genauso war es. Jetzt sind Katerchen und Brüderchen schon ein halbes Jahr bei mir, und es ist eine Freude mitzuerleben, wie sie immer vertrauter werden. Brüderchen liegt statt im Kleiderschrank oben auf dem Kratzbaum, auf der Sofalehne zwischen den Plüschtieren oder bei mir im Bett. Danke für deinen lieben Kommentar. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Ahoi Archimedes, vier kreisrunde Katzenaugen und zwei schläfrige Menschenaugen haben die von dir angesprochene Zeile noch mal kritisch unter die Lupe genommen. Sie lautet jetzt: "Als ich sie mir angesehen..." Nun ist die Zeile metrisch in Ordnung, und es kommt besser zum Ausdruck, dass nicht ich die Katzen von der Straße geholt habe, sondern eine Katzenschützerin, die die Beiden an mich vermittelt hat. Danke für deinen Denkanstoß. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Ahoi cyparis, aye, schmeicheln, das können sie. Vor allem, wenn es Leckerli gibt oder wenn sie was angestellt haben. Es sind wahrhaft selige Zeiten mit den Beiden. Da kommt mir manchmal der Buchtitel von Anny Duperey in den Sinn: "Les chats de hasard". Lieben Gruß an meine Katzenfreundin, Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (26.06.2009 um 02:27 Uhr) |
26.06.2009, 19:54 | #8 |
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Liebe Jenny,
gaaaanz ganz zauberhaft dieses Gedicht, ich höre Deine Kätzchen zwischen den Zeilen schnurren! Schönes Versmaß, feine Reime, entzückende Bilder und absolut flüssig zu lesen. Dieses Gedicht ist kuschelig! Was mir nicht ganz so gut gefällt ist, dass Du in den ersten beiden Zeilen von "der Frau" erzählst und dann plötzlich zu "ich" wechselst. Ich glaub, das könntest Du ohne Schwierigkeiten ändern. Sehr sehr gerne gelesen. Ich beneide Dich um dieses Glück. Herzliche Grüße, Medusa. |
27.06.2009, 03:18 | #9 |
Gast
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Ahoi Medusa,
ich weiß, wie sehr du Tiere liebst, vor allem Katzen. Und ich weiß auch, wie mir selbst zumute war, als ich keine Katze um mich hatte. Deswegen werde ich in deinem Namen dem Katerchen herzhaft das Kinn kraulen und dem schüchternen Brüderchen das Näschen streicheln. Die "Frau" in der ersten Strophe ist Isabella, eine Katzenschützerin aus dem Berliner Tierschutzverein. Sie füttert Straßenkatzen und fängt sie ein, um sie kastrieren und ärztlich versorgen zu lassen. Einige dieser Katzen fühlen sich in menschlicher Umgebung wohl und werden in ein liebevolles Zuhause vermittelt. Mir war das Glück beschieden, das Vertrauen der zwei lieben Kater zu gewinnen, die bei Isabella in Pflege waren. Allein in Berlin gibt es über zwanzigtausend Straßenkatzen, die von ausgesetzten oder weggelaufenen Tieren abstammen. Diese Katzen führen ein elendes Leben. Sie haben unter Krankheiten, Parasiten, Hunger, Kälte und feindlichen Menschen zu leiden. Eine Handvoll Frauen hat sich ihrer angenommen und investiert viel Zeit und Geld, um ihnen zu helfen. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (27.06.2009 um 03:30 Uhr) |
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