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Alt 18.10.2015, 12:55   #1
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
Standard Venus

Ein stummes Lied bleibt fürder dein Verlangen,
kein Flüstern dringt aus deinem zarten Mund.
Es wuchert Schierlingskraut um weiches Rund,
berauscht das bleiche Meer, erregt mein Bangen.

Der edle Schwung der Schultern: Gletscherzungen!
Ihr kalter Alabasterhauch raubt Mut,
doch deine Augen schüren stille Glut -
den Nächten ward dies Feuer abgerungen,

es tost wie Sternenflut in meiner Seele.
Verbergen kann ich nicht, was mich erlöste,
von jener reinen Schönheit dich entblößte.
Doch lieb ich wohl, wenn diesen Tod ich wähle.

Venus

Geändert von charis (14.02.2016 um 11:39 Uhr)
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Alt 05.02.2016, 18:22   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
Standard

Hui; liebe charis

was finde ich für ein wunderbares Werk von dir!

Der umarmende Reim passt sehr gut zum Thema, die poetischen Worte zum Thema des Gemäldes.

Sehr gern gelesen.

Liebe Grüße,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 05.02.2016, 19:34   #3
ginTon
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von ginTon
 
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Beiträge: 12.582
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Standard

Hallo Charis,

da schließe ich mich an. Vor allem, weil es auch ein sehr schönes Gemälde
ist. Der Text ist gelungen, in umarmenden Reim geschrieben. Es ist eher
expressionistisch, ich glaube Rimbaud schrieb auch über die Venus, die
Tod den Fluss entlang trieb. Gerade deine Metaphern "Gletscherzungen"
und "Alabasterhauch" verweisen anscheinend darauf.

Über fürder in der ersten Zeile bin ich gestolpert, ich habe es zwar iwie
schon einmal gehört, aber ist mir nicht mehr sehr geläufig...

ansonsten ja, das Bild durch eine dunkle Brille geschaut, auch nicht schlecht..

LG gin
__________________
© Bilder by ginton

Ich fühle, also bin ich!

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 05.02.2016, 19:42   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Charis!

Ganz toll! Allein diese Stelle:
...
Den Nächten ward dies Feuer abgerungen,

es tost wie Sternenflut in meiner Seele.
...


Wundervoll!

Tipps:

Ein stummes Lied bleibt fürder dein Verlangen. Komma statt Punkt?
Kein Flüstern dringt aus deinem zarten Mund.
Es wuchert Schierlingskraut um weiches Rund,
berauscht das bleiche Meer, erregt mein Bangen.

Der edle Schwung der Schultern, Gletscherzungen, Statt Komma nach "Schultern" Doppelpunkt? Punkt am Zeilenende?
ihr kalter Alabasterhauch raubt Mut,
doch deine Augen schüren stille Glut. Doppelpunkt oder Bindestrich statt Punkt?
Den Nächten ward dies Feuer abgerungen,

es tost wie Sternenflut in meiner Seele.
Verhüllen kann ich nicht, was mich erlöse, Besser: "erlöste"?
von jener reinen Schönheit dich entblöße. "entblößte".
Doch lieb ich wohl, wenn diesen Tod ich wähle. "jenen" statt "diesen"?


Wohlgemerkt, das sind nur Vorschläge, welche nach meinem bescheidenen Dafürhalten Sprachklang und -harmonie fördern. Nimm, was dir brauchbar erscheint, um dein Meisterwerk abzurunden!

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.02.2016, 11:54   #5
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Liebe Chavi, lieber ginton, lieber Eky,

Vielen Dank für eure Kommentare, Anregungen und das Lob !

Eky, ich habe deine Anregungen umgesetzt, bis auf eins. Ich denke auch, dass der Konjunktiv II hier richtig ist. Ich bin mir da nie sicher.

ginton, interessant, dass du Rimbaud ansprichst. Er "entstellt" die Venus vollkommen.

Mich hat jemand auf dieses Gedicht von Rimbaud aufmerksam gemacht, als ich meine Venus bereits geschrieben hatte.

Ich war erstaunt, denn auch ich habe dieser Venus etwa "Hässliches" angedichtet - aber vor allem etwas Unnahbares - aus der Perspektive des Betrachters. Der Lyr-Mann will sie besitzen, gleichzeitig verstört ihn sein Verlangen, weil die Erfüllung seiner Wünsche ihre Unschuld zerstören würden (die ihn ja gerade anzieht), und damit auch seine. Man weiß ja um die Abgründe dessen, was wir Liebe nennen.

Dieser Widerspruch zwischen dem "was ist" (oder wie wir sind) und dem Ideal ("wie wir sein bzw werden wollen"), der uns ins Konflikte stürzt, beschäftigt mich. Wir spüren - vermute ich - diesen Widerspruch auch dann, wenn wir leugnen oder verdrängen "was ist".

Diese Venus spiegelt für mich also ein unerreichbares Ideal, des Guten und Schönen, der Unschuld; ich sehe eine Art "Vertreibung aus dem Paradies".

Dieser Verlust der Unschuld wird auch von anderen "Dingen" ausgelöst, die wir unbedingt besitzen wollen, von denen wir uns Erfüllung erwarten, seien es geistige, religiöse oder materielle ("Ideale" spalten die Menschheit, im Namen von Idealen werden auch Kriege geführt...)

Also ich vermute Rimbaud wollte vielleicht auch diesen Widerspruch zwischen Ideal und (menschlicher, gesellschaftlicher) Realität darstellen?


Lieben Gruß
charis
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Alt 13.02.2016, 17:41   #6
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
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Hallo charis,

Dein Gedicht ist Poesie, die ich gerne lese. Ich meine sowas ernst, wenn ich so etwas schreibe. Ich weiß, meist sage ich etwas Gutes, aber es liegt in meinem Naturell, daß ich nicht so die Kritikerinkommentarin bin. Ich schätze Kritik, daran kann ich wachsen. Deine Zeilen hier spielen für mich in einer anderen Dichter - Liga.

Ich habe mir das Bild und dein Gedicht angeschaut und bin belohnt worden.

Liebe Grüße sy

PS: ich muß mir Rimbaud angucken.

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Alt 13.02.2016, 18:49   #7
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Charis!

Ich wollte den Konjunktiv ganz entfernen und durch Mitvergangenheit ersetzen. Wozu soll dort überhaupt ein Konjunktiv sein?

LG, eKy
__________________
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.02.2016, 11:43   #8
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Hi, Charis!

Ich wollte den Konjunktiv ganz entfernen und durch Mitvergangenheit ersetzen. Wozu soll dort überhaupt ein Konjunktiv sein?

LG, eKy
Bis jetzt hat er ihr die Unschuld noch nicht geraubt; er träumt nur davon und sie zeigt ihm ja eher die kalte Schulter

Lieben Gruß
charis
charis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.02.2016, 12:19   #9
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Liebe Syriane,

Es freut mich, dass es dir gefällt. Aber dein zu großes Lob macht mich verlegen, weil ich nur zu gut weiß, in welcher Liga ich spiele. Aber ich spiele gerne

Lieben Gruß
charis
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