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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 25.11.2009, 20:17   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard Benn hört es nicht

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Im Zimmer blendet Neonlicht,
darin liegt sie im Gitterbett,
ein Mann in Weiß steht neben ihr,
sein Lächeln wirkt auch richtig nett.

Erzählt, er würd hier Benn genannt,
bis morgen ginge seine Schicht.
Nimmt alle Kabel ins Visier,
scheint nicht zu hören, was sie spricht.

Er lächelt wieder, sagt gut' Nacht,
fasst ihre Hand noch kurz und geht.
Sie dankt dem jungen Mann dafür
und fühlt, dass er sie nicht versteht.

Das Sprachzentrum sei nicht intakt
erklärt ihr sanft Frau Dr. Breck,
fragt, wie die Nacht gewesen sei,
nimmt ihre Akte und geht weg.

Ein Atemzug noch, sie wird leicht,
schaut auf die Welt aus andrer Sicht.
Die sie einst liebten, sind bei ihr,
sie lacht und singt - Benn hört es nicht.

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__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 26.11.2009, 09:52   #2
Hans Beislschmidt
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Ort: Saarbrücken
Beiträge: 974
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Hey Dana,

erinnert mich an mein „letzter Gruß“ und meine Erlebnisse auf der Intensivstation der Uni Klinik Homburg, wo ich mir mein Studium verdient habe. Diesmal aus der Perspektive der Patientin – ich war damals oft genug „Ben“ und kenne das Problem zur Genüge. Es bleibt bei der Vielzahl von Leid einfache keine Zeit eine richtige Kommunikation aufzubauen zwischen Patient und Pflegepersonal. Übrig bleibt eine professionelle Freundlichkeit (wenn es wenigsten die immer gäbe ...) und eine Abgeklärtheit auf Seiten des Personals, die aber zum Selbstschutz auch wichtig ist, denn, ließe man alles Leid an sich heran, man würde daran zerbrechen und könnte diesen Beruf auch nicht mehr ausüben. Ehrenamtliche Helfer engagieren sich übrigens hauptsächlich in der Kindermedizin, die Arbeit in einem Sterbehospiz möchte keiner machen – das überlässt man dann den Professionellen oder der Kirche. Sterben hat halt keine Zukunft ...

Die Stimmung und die Hilflosigkeit auf beiden Seiten hast du gut eingefangen ... bei der Komplexität der Aufgabe hätte ich auch dieses Reimschema verwendet ... das kann man nicht im einfachen Kreuzreim transportieren, ohne die Aussage zu verwässern ...

Etwas ist mir noch aufgefallen:

er lächelt, wirkt und ist sehr nett.
Das ließt sich zwar flüssig, ist semantisch aber irritierend, denn du möchtest ja zum Ausdruck bringen, dass er nett ist und lächelt ... oder?
Vielleicht: sein Lächeln wirkt auch wirklich nett

Grunzi Gruß vom Hans
__________________
chorch chorch
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Alt 26.11.2009, 10:02   #3
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.001
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Liebe Dana,

das ist ja ein ganz tragisches Bild, das du hier zeichnest.
Tragisch aus Sicht der Patientin.
Sie kann sich nicht mitteilen, hört und sieht aber alles.
Das Pflegepersonal tut seine Pflicht.
Was soll es auch anderes tun? Es gibt viel zu wenig davon. Und wer, wenn es mehr gäbe, soll sie bezahlen?
Es ist alles teuer, zu teuer, steht in keinem Verhältnis zueinander.

Schau mal hier, ist da nicht ein Punkt zuviel hinter Frau?
Zitat:
Frau. Dr. Breck,
und diese Zeile
Zitat:
er lächelt, wirkt und ist sehr nett.
wirkt ein wenig eigenartig...wie wäre es mit
sein Lächeln wirkt auch richtig nett.

Intensive Zeilen, die ich mit Traurigkeit gelesen habe.
So kann nur ein einsamer Mensch sterben.


Lieben Gruß,
Chavali
__________________
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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 26.11.2009, 20:23   #4
ginTon
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liebe dana,,

in seinem eigenen Körper gefangen zu sein, ohne Kommunikationsmöglichkeit nach außen stelle ich mir sehr schlimm vor,, habe mal in dem Bezug einen Film gesehen, den ich absolut gut aber auch sehr nachdenklich fand...dieses werk rüttelt auf und lässt erkennen wie nichtig manchmal einige Dinge sind, wenn man sieht was alles gesundheitlich passieren kann...gerne gelesen..

LG basse
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Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse (Nietzsche)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 04.12.2009, 15:17   #5
Dana
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Lieber Hans, liebe Chavali und lieber ginton,

ich darf auch einmal "zusammenfassen", denn ich sehe, mein Anliegen ist deutlich verstanden worden.

Ja, Hans, wer einmal dabei gewesen ist, weiß um die große Hilflosigkeit auf beiden Seiten. Ich bewundere die Menschen in ihrem Einsatz und wollte es damit unterstreichen. Eine "Einzelbetreuung" ist nicht denkbar und viel zu oft wird das Pflegepersonal kritisiert und beschimpft.

Schaut mal, Chavi und Hans, wie einig ihr euch im Verbesserungsvorschlag ward. Da kann ich gar nicht mehr anders.

ginton, du merkst etwas Wichtiges an. Wie oft glauben wir "schlimm" dran zu sein, wegen Nichtigkeiten.
Ich habe diesbezüglich einmal fast eine Tragödie durchlebt. Obwohl es schon einige Jahre her ist und inzwischen alles gut ist, hilft es mir immer wieder, Banalitäten als solche zu erkennen.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Dana
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Alt 07.04.2010, 11:41   #6
Lena
Lyrische Träumerin
 
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Ort: Dort, wo meine Träume mich nähren.
Beiträge: 686
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Liebe Dana.

Bei solch realen Gedichten, muss ich mich einfach zu Wort melden.

Meine Erfahrungen mit Behinderten hat mich ähnliche Situationen erfahren lassen. Ich war tief getroffen, wie Menschen abgefertigt werden. Ich habe in dieser Zeit viel gelernt..was geht, und was nicht geht. Man lernt schnell, wenn es sein muss. Auch mit seinen Gedanken und Gefühlen ins reine zu kommen.

Diese Strophe gefällt mir besonders:

Das Sprachzentrum sei nicht intakt
erklärt ihr sanft Frau Dr. Breck,
fragt, wie die Nacht gewesen sei,
nimmt ihre Akte und geht weg.


Die harten Endungen Breck / weg ..finde ich sehr gelungen.

Schnitt und Ende.

Trotz trauriger Gedanken..

Sehr gerne gelesen,

Lena
__________________
~ Mit lieben Gedanken ~


©auf alle meine Werke
............
Marion Baccarra
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Alt 08.04.2010, 11:37   #7
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Liebe Lena,

wir können es uns nicht mehr leisten mit ganzem Herzen auf Menschen und ihre Bedürfnisse einzugehen. Inzwischen sind wir so weit, dass die Betreuung im Minutentakt berechnet wird. Überschreiten wir sie, bleiben wir zwar geeignet sind aber betrieblich nicht tragbar.
Das wird so bleiben und noch schlimmer werden, so lange alles in Euros berechnet wird - auf die jeder von uns wieder angewiesen ist.

So die reale und nüchterne Welt.
Dennoch kann jeder von uns überall und zu jeder Zeit für dem anderen ein kleines Licht geben.

Benn kann nichts dafür. Er leistet seinen Beitrag, auch Frau Dr. Breck. Es warten viele, oft zu viele, auf die beiden.

Ich möchte weniger "anprangern" und kritisieren, viel mehr auf Gefühle der Hilflosen hinweisen.

Danke für deinen Beitrag. Er zeigt auf, dass du weißt, worum es geht.

Liebe Grüße
Dana
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