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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 04.01.2012, 00:24   #1
Canberra
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Standard Der Spiegel

Berührt mich nicht, ich bin aus Glas,
fasst ihr mich an, zerspringt mein Sein.
Mein Dasein scheint ein Augenmaß,
der Körper bloßer Widerschein.

Sprecht nie mit mir – mein Mund bleibt stumm.
Ein Widerhall aus eurer Sicht
beschreibt mich als Panoptikum,
denn Augen hab ich selber nicht.

Vertraut mir nicht– ich lüge nie.
Die Wirklichkeit ist oftmals hart:
Und was ihr wünscht mit Fantasie,
das zeigt euch nie die Gegenwart.

Und forme ich die Reflexion,
so bin ich doch fast ohne Wert:
Zerbrecht ihr mich als meinen Lohn,
wenn ich nicht zeig, was ihr begehrt?

Geändert von Canberra (04.08.2012 um 22:10 Uhr)
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Alt 04.01.2012, 08:09   #2
Thomas
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Hallo Canberra,

wie schön, dass du wieder aufgetaucht bist. Ich habe schon die ganze Zeit darauf gewartet. Dein Spiegel gefällt mir sehr gut. Der Sprachrhythmus, d.h. Metrum mit sinnvoll passender Tonbeugungen, lässt Stil erkennen. Inhaltlich ist der Spiegel, wie sich das gehört, etwas rätselhaft und dadurch interessant. Ich selbst nehme mir die Freiheit, in ihm die 'poetische Art der Welterkenntnis' zu sehen, das Gedicht vom philosophischen Gehalt her also in die Nähre von Schillers 'Poesie des Lebens' zu rücken. Hoffentlich erfreust uns recht bald mit weiteren schönen Gedichten.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 11.01.2012, 19:11   #3
Canberra
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Hallo Thomas,

danke für deinen netten Beitrag. Ja, manchmal überkommt es mich und ich schreibe sehr geheimnisvolle, rätselhafte Gedichte. Dort ist dann die Intension nie ganz klar, aber so gebe ich die Freiheit, dass man es vielfältig interpretieren kann. Es freut mich, dass es dir gefällt, ich habe mir auch sehr viel Mühe dafür gegeben.

Eigentlich kann man doch alles mit Schiller vergleichen?^^ Er hat ja so viel geschrieben und uns unzählige Freunden gemacht. Aber von allen Dichtern auf der Welt hat er mich wohl zu großen Teilen geprägt.

Ganz liebe Grüße. Can.
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Alt 29.07.2012, 20:58   #4
Thomas
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Hallo Canberra,

zufällig bin ich nochmals auf dein Gedicht gestoßen und beim Lesen ist mir eine Version für die letzte Strophe eingefallen. Was denkst du?

Ich selber bin ganz ohne Wert.
Ich reflektiere nur die Welt.
Wenn ich nicht zeig, was ihr begehrt,
zerbrecht mich doch, wie’s euch gefällt.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 30.07.2012, 16:53   #5
Sanssouci
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Hallo Canberra!

Dein Spiegelgedicht gefällt mir auch. Widerhall (Echo) und Widerschein schreibt man entsprechend (wider ohne ie = gegen, so wie z.B. auch Widerstand).
Mit den letzten beiden Zeilen deines Gedichtes komme ich nicht ganz klar. Wenn das LI den Spiegel zerbricht, weil der Spiegel ihm nicht das zeigt , was das LI sehen will, dann erhält er ja dafür keine BeLOHNung, sondern wird eher dafür bestraft. Hier bin ich ganz Thomas' Meinung, der dies ja ebenfalls bemängelt und dir eine guten Alternative aufgezeigt hat. Was meinst du? Deine schönes Gedicht hätte einen "besseren" Abschluss verdient.

Grüße von Sanssouci
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Alt 04.08.2012, 22:10   #6
Canberra
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Hey

Schön, dass ihr das Gedicht nochmal rausgekramt habt und Entschuldigung, dass ich erst so spät antworte.

@ Thomas

Zitat:
Ich selber bin ganz ohne Wert.
Ich reflektiere nur die Welt.
Wenn ich nicht zeig, was ihr begehrt,
zerbrecht mich doch, wie’s euch gefällt.
Das ist natürlich eine sehr schöne Strophe, die einen ganz anderen Ausklang hat als meine. Hier läuft es darauf hinaus, dass der Spiegel sein Schicksal akzeptiert, dass der Betrachter so verfahren kann, wie er will. In meiner Strophe fragt der Spiegel, ob es wirklich sein Schicksal ist so zu enden, wie der Betrachter es will oder ob er nicht doch mehr verdient hätte.
Daher bin ich mir unsicher, welche ich präferieren würde. Deine ist natürlich in sich stimmiger als meine, aber eben inhaltlich ganz anders.

@Sanssouci

Zitat:
Dein Spiegelgedicht gefällt mir auch. Widerhall (Echo) und Widerschein schreibt man entsprechend (wider ohne ie = gegen, so wie z.B. auch Widerstand).
Danke und *schäm* danke.

Zitat:
Mit den letzten beiden Zeilen deines Gedichtes komme ich nicht ganz klar. Wenn das LI den Spiegel zerbricht, weil der Spiegel ihm nicht das zeigt, was das LI sehen will, dann erhält er ja dafür keine BeLOHNung, sondern wird eher dafür bestraft.
Genau. Daher ist die Strophe ja auch Ironie. Nach dem Motto: „Und nach allem, was ich zeige und bin, ist das mein Lohn von dir zerstört zu werden?“

Zitat:
Was meinst du? Deine schönes Gedicht hätte einen "besseren" Abschluss verdient.
Gespalten. Thomas Abschluss ist schöner….geht aber in eine apathische Richtung und ich wollte den Spiegel eher als „nicht einverstanden“ darstellen.

Ganz liebe Grüße.
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Alt 05.08.2012, 07:20   #7
Thomas
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Hallo Canberra,

Ich meinte die letzte Zeile gar nicht in dem Sinn, dass der Spiegel sein Schicksal akzeptiert. Es ist doch gar nicht möglich den Spiegel zu zerbrechen, bzw. etwas Begehrliches gezeigt zu bekommen, indem man den Spiegel zerbricht. Wer es tut, dem wird nur aus umso mehr Spiegelscherben Unbegehrliches zurückgespiegelt. Vielleicht wäre noch deutlicher "zerbrecht mich doch, wenn’s euch gefällt." - also im Sinne von "Versucht es nur, ihr werdet schon sehen."

Aber ich will dich gar nicht belabern. Entscheident ist, was du als Autor passend findest. Vielleicht ist dein Spiegel einfach nur etwas zerbrechlicher, als der, den ich sehe.

Liebe Grüße
Thomas
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