Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Auf der Suche nach Spiritualität

Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 21.03.2010, 15:17   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Wenn man Euch lässt

Wenn man euch lässt


Die Nacht: Sie strahlt im wilden Sterngefunkel,
Die Kälte setzt sich in den Haaren fest.
Im Hintergrund tost eisig schwarzes Dunkel:
Ihr müsstet Herren sein, wenn man euch lässt.

Behindert durch ein ständiges Geplänkel,
Das Leben sei ein immerlautes Fest,
Sagt ihr und schlagt euch auf die schlaffen Schenkel:
Ihr könntet Sieger sein, wenn man euch lässt.

Die Sonne überstrahlt den ganzen Dünkel,
Mit dem ihr euch behängt, und auch den Rest
Bescheint sie hell bis in den letzten Winkel:
Ihr dürftet Götter sein, wenn man euch lässt.

Er überhaucht das irdische Gemunkel,
Der fahle Mond, weil ihr das gern vergesst:
Gefährlich unnütz seid ihr wie Furunkel
Und würdet Mörder sein, wenn man euch lässt.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
Alle Beiträge (c) Walther
Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt

Geändert von Walther (22.03.2010 um 19:55 Uhr)
Walther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2010, 17:27   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Lieber Walther,

dieses dein Gedicht müsste man an den Vatikan schicken.
Adresse: der Papst.

Aber auch an alle die, die an Selbstüberschätzung leiden, sind damit angesprochen.

Der anklagende Tenor gefällt mir, weil er eher zwischen den Zeilen zu lesen ist.
Auch die Wiederholung des Titels in jeder Strophe ist ein genialer Schachzug.
Sehr gut gelungen!

LG Chavali


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2010, 19:00   #3
Gert-Henrik
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Wohlan, nach etwas Pause,

...so ganz mag mir das gut zu lesende Werk noch nicht eingehen...
-so helf´ er mir ruhig und bitte auf die Sprünge -

Sollte es nicht immer "ließe" statt "lässt" (außer in der Überschrift) heissen?
S3 hat mich an das Ende der Zauberflöte erinnert - gewollter Effekt?
So ich denn selbst den Tau einst als "Marienwasser" betitelt hatte - S4, der Tau bedeutet der hier "Sperma"?

Ein mE sehr kritisches Werk, dass vielleicht in eine andere Rubrik gehört?

Viele Fragen, doch mit Interesse und auch gern gelesen.

LG, L.
  Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2010, 20:08   #4
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard

Lb Chavali,

in der Tat ist dieses Gedicht eine Anklage, und auch die jüngsten Dinge, die wir über die eine der beiden großen Kirche erfahren, haben diesen Text sicherlich mit bedingt. In letzter Zeit haben wir viel zu sehen, zu hören und zu schlucken bekommen. Das mußte heraus.

Wir müssen uns wirklich fragen, ob wir mit diesen Institutionen die Erde erfolgreich gestalten wollen. Hier bleibt viel zu tun und zu erreichen.

Lieben Dank und Grüße

W.

Hallo Limes,

die letzte Strophe habe ich etwas umgearbeitet, weil zwei Verse sechs statt fünf Hebungen hatten. Damit hat sich Deine zweite Nachfrage erledigt.

Es bleibt die wesentliche Kritik der Vewendung des Präsenz statt des Konjunktiv II am Ende der jeweils 4. Verse (lässt statt ließe). Das hat einen klaren Grund. Der Zustand tritt nicht ein, wenn man diejenigen, die das angeht, tatsächlich nicht lässt. So gesehen sind diese Verse nicht nur eine Feststellung sonder noch viel mehr eine Aufforderung. Man hätte das mit einem Ausrufezeichen am Ende der Verse verstärken können, das habe ich aber absichtsvoll unterlassen, um genau diesen Zweifel, den Du formuliert hast, zuzulassen.

Danke und beste Grüße W.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
Alle Beiträge (c) Walther
Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt
Walther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2010, 21:44   #5
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Lieber Walther,

nur angenommen, wir blieben dumm ergeben,
sie blieben Herren, Sieger, Mörder, Gott!
Nur angenommen, es würde niemand reden,
sie trügen heute noch die Lämmer zum Schafott.

Zu gut verstehe ich, was der Dichter heraus lassen musste.

Das Bitterste daran ist, dass man weiß, es ist schon immer so gewesen.
Das Bitterste daran ist, dass jene, die einst geredet, geschrien haben, eben dafür von diesen bestraft worden sind.

Sie sind immer noch Herren der Macht, weil sie Elend und Angst für sich nutzen. Sie (ER) tun es immer noch.
Ich will nicht oberflächlich und pauschal urteilen. Bestimmt gibt es Priester, Äbte und Bischöfe, die ihrer Berufung folgen - und um diese geht es nicht.
Selbst wenn die Seelenmörder noch abzählbar blieben, die anderen haben es gesehen und gewusst.
Moral, Sitte, Politik beinhalten weltlich gesehen alles. Die Seele des Menschen bleibt unergründlich.
Wenn aber eine Institution auf Gott und Liebe zum Wohle der Seelen aufbaut, droht und fordert, dann hat sie gefälligst vorzuleben, selbst unter irdischen und sexuellen Qualen.

Ich bin nicht nur wütend um der Tatsachen willen - viel mehr um darauf folgender Argumentation zum Erhalt der Macht.

Ein tolles und rebellisch machendes Gedicht.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.03.2010, 09:23   #6
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard

Das Problem ist,

lb. Dana,

daß die Institution Kirche ihren Auftrag überwältigt hat und dies weder sehen und noch wirklich ändern will.

Danke für Deine Gedanken.

LG W.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
Alle Beiträge (c) Walther
Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt
Walther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2010, 22:10   #7
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.908
Standard

Guten Abend Walther,

genau. Aber man lässt sie nicht (mehr).

Und das ist auch gut so, denn die Geschichte zeigte ja immer wieder, was passierte, als der Klerus noch seine alte Macht besaß.

Und du redest ganz richtig in einer deiner Antworten von einer Institution.
Eine Institution, die nach innen und außen verbindlich handelt und immer wieder in ihrer Scheinheiligkeit enttarnt wurde und wird.
Eine Institution, die nur dazu dient, sich selbst zu erhalten, um sich als gesellschaftliche Autorität aufzuspielen und ihre verlogenen Moralvorstellungen wieder jegliche Natur als Gottes Wort auszugeben.

Das alles ist und war immer nur ein dreckiges Geschäft um Geld, Macht und Politik und der Drohung mit einer höheren Macht. Heute kommt noch der weltweite Showeffekt dazu.

Ob sich der Prediger Jesus das so vorgestellt hat, wage ich zu bezweifeln.


Ich kann jede deiner Zeilen nur unterstreichen.

Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.03.2010, 20:39   #8
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard

Lb. Falderwald,

danke für Deine klare Sprache. Ich glaube - ebenso wie Du - nicht, daß Jesus das, was heute im Namen der Kirche geschieht, in Gänze guthieße. Ich bin sogar der festen Ansicht, daß er - wie im Gleichnis vom Tempelberg - mit der Peitsche dreinführe.

Das Schlimme ist, daß alle katholischen Würdenträger wußten, was geschehen ist, und die Kirche in ihrem Ruf über das Schicksal und das Leid der Kinder erhoben haben. Dafür gibt es keine Entschuldigung, hier wäre das angesagt, was man Demut nennt. Davon sehe ich bisher nichts, gar nichts. Der deutsche Papst, aber nicht nur dieser, spielt hier eine durch und durch unrühmliche Rolle. Wie gesagt, Jesus wäre mit der Peitsche dreingefahren und hätte alle, alle vom Tempelberg vertrieben - was hieße, sie sollten doch ihren Hut nehmen, aber samt und sonders, und Buße tun im wahrsten Sinne des Worts.

Das Gleiche aber gilt auch für die Reformpädägogen einer Privatschule, die es sich erlaubt haben, regelrechte Orgien mit kleinen Jungs zu feiern und diese wie das private Stück Fleisch zu behandeln. Es ist ungeheuerlich und ganz und gar unverzeihlich, wie hier mit Schutzbefohlenen umgegangen worden ist.

LG W.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
Alle Beiträge (c) Walther
Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt
Walther ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 01:31 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg