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Der Tag beginnt mit Spaß Humor und Übermut

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Alt 05.01.2016, 11:45   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Potzblitz!

Es sagte jüngst ein Dichtersmann,
der leidlich Reime schnitzen kann,
es be keinen Auftakt!
Oh, welch grausige Tat!
Welch unerhörter Verrat,
der mich im innersten Kern packt!

Vielleicht soll die Kadenzen
man auch am besten schwänzen,
wer braucht schon Harmonie!
Der Sprache Melodie genügt,
dass alles sich ins Reine fügt -
es passt schon, ganz gleich wie!

Und Heberzahlen, die sind Tyrannei,
wer braucht schon edles Gleichmaß im Verlauf der Dinge!
Reimschema! - Eine unerhörte Einengung der Kreativität!
Hebungsprall! Senkungsprall! Unglaublich!
Wir lassen uns nicht mehr kastrieren!
Freiheit der Kunst!

Freiheit von Kunst ...
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (05.01.2016 um 12:06 Uhr)
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Alt 05.01.2016, 12:04   #2
wolo von thurland
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Lieber Erich Kykal
Bitte richtig lesen!
Ich habe, wie ich im betreffenden Faden sage, entdeckt, dass die deutschen Verslehre-Theoretiker tatsächlich den "Auftakt" im Gedicht kennen.
Leider hast du übersehen, dass sie ebenfalls sagen, dass so ein "Auftakt" nur dann vorhanden sei, wenn die erste Silbe im Vers unbetont ist.
Es gibt ihn also, den Auftakt einer Zeile, aber nur dann, wenn er da ist.
Dass du auf Teufel komm raus Gedichte nur nach dem Gesichtspunkt "verbesserst", dass alle Zeilen auftaktig sein, also am Anfang eine meist unbedeutende, unbetonte "Leersilbe" tragen sollen, ist edas eine Problem.
Ein ganz anderes ist, wenn Dichter von diesem deinem Credo abweichen, ohne was eigenständig Bestehendes zu schaffen, sondern rhythmisches JeKaMi begehen (eine sanftere Unterform des lyrischen HaRaKiRi).
Wenn du diese zwei Probleme bitte auseinanderhalten könntest, wäre das der Diskussion nicht gerade abträglich.
Danke für die Aufmerksamkeit
wolo
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Alt 05.01.2016, 13:10   #3
Erich Kykal
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Hi, Wolo!

Der Auftakt ist betont oder unbetont, aber IMMER ein Auftakt (zur Verszeile), man könnte auch sagen, der Einstieg in die Zeile, wenn dir das genauer ist. Ich bleibe der Einfachheit und Verständlichkeit des direkten Vergleichs halber in Kommentaren auch bei betonten Zeileneinstiegen bei diesem Begriff, auch wenn es - wie du behauptest - nach exakter Auslegung der Sprachregeln nur dann einen "Auftakt" gibt, wenn die Zeile unbetont angelesen wird.

Ich bin der Ansicht, dass man - außer in SEHR wenigen Sonderfällen - vom einmal gewählten Einstieg nicht mehr abweichen, also nicht betonte und unbetonte Zeileneinstiege in ein und demselben Gedicht mischen sollte.

Wenn du dich in der obigen Aussage über den "Dichtersmann" nicht wiedererkennst, so musst du dies auch nicht auf dich beziehen. Ich kann mich nicht entsinnen, irgendjemanden namentlich erwähnt zu haben.
Für mich ist der obige Text ein allgemeiner Rundumschlag auf alle Auswüchse der sog. "modernen" Lyrik, die ich nun mal nicht leiden kann. Ein Anspruch auf Objektivität wird nicht erhoben.

Bemessene Grüße, eKy
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Alt 05.01.2016, 14:20   #4
Thomas
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Lieber Erich,

dein Ausflug in die "Moderne", insbesondere die durch bold markierte und immer "perfekter" werdende Betonung hat mir Spaß bereitet.

Ich vermeide das Wort "Auftakt", da der musikalische Takt nicht genau dem gesprochenen Metrum entspricht. Wesentlich scheint mir das Zusammenwirken von Kadenz und Zeilenfang der Folgezeile. Wesentlich ist mir der Rhythmus (im Sinne der Phrasierung), welcher übrigens das Metrum voraussetzt, weshalb ich die Sache etwas lockerer sehe. Ich gebe dir jedoch völlig Recht, wenn du sagst: Wechselnde Betonungen haben einen künstlerischen Sinn, ansonsten ist es – halt nur "modern".

Liebe Grüße
Thomas
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© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 05.01.2016, 18:33   #5
Erich Kykal
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Hi, Thomas!

Das Problem ist, dass bei "Auftakt" hier in den Foren am ehesten jeder weiß, was gemeint ist, auch wenn der Begriff ungenau oder gar unpassend ist.

Wie sollte man sonst sagen, möglichst kurz und prägnant?

"Das Anlesen der Zeile soundso erfolgt betont/unbetont." - Nö, zu lang.
"Der Zeileneinstieg ist betont/unbetont." - Auch da schreibt sich "Auftakt" fixer!

Naja, vielleicht findet sich irgendwann was, womit alle glücklich sind. - Oder wir kacken zur Abwechslung mal ein paar Korinthen weniger und belassen es bei dem vielleicht falschen, aber eben schon sattsam bekannten Terminus!

Beim Gedicht geht es aber nicht nur um die Heber. Mit jeder Erwähnung eines Punktes lyrischer Disziplin habe ich diesen eliminiert, so wird der Text zunehmend unlyrisch ohne Gleichmaß in Auftakt, Kadenz, Heberzahl, Reimschema, Metrik.
Naja, wem's gefällt ...

Vielen Dank für dein Beipflichten!

LG, eKy
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Alt 05.01.2016, 18:54   #6
Claudi
Senf-Ei
 
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Hi Erich,

Zitat:
Wie sollte man sonst sagen, möglichst kurz und prägnant?
Versbeginn oder Versanfang? Gut, es ist zwar eine Silbe mehr, aber dafür ist der Begriff dann auch klar.

LG Claudi
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.
Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich
Abgestandenen Quark; darüber verträufele Wermut,
Bis aus dem Rührwerk, Burps! endlich das Bäuerchen kommt.
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Alt 05.01.2016, 19:04   #7
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Claudi!

Vielen Dank für den Tipp.

LG, eKy
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Alt 06.01.2016, 08:55   #8
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Lieber Eky,

Zitat:
Wir lassen uns nicht mehr kastrieren!
Freiheit der Kunst!

Freiheit von Kunst ...
Zitat:
Zitat Thomas:
Wesentlich scheint mir das Zusammenwirken von Kadenz und Zeilenfang der Folgezeile. Wesentlich ist mir der Rhythmus (im Sinne der Phrasierung), welcher übrigens das Metrum voraussetzt, weshalb ich die Sache etwas lockerer sehe. Ich gebe dir jedoch völlig Recht, wenn du sagst: Wechselnde Betonungen haben einen künstlerischen Sinn, ansonsten ist es – halt nur "modern".


Vorgefühl

Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben.
Ich ahne die Winde, die kommen, und muss sie leben,
während die Dinge unten sich noch nicht rühren:
die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille;
die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer.

Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer.
Und breite mich aus und falle in mich hinein
und werfe mich ab und bin ganz allein
in dem großen Sturm.


Eure Diskussionen, besonders, die zwischen Wolo und Eky verwirren mich immer völlig. Deshalb habe ich mir jetzt ein Rilke-Gedicht gXt - hoffentlich richtig ...ein "Ebenmaß" fehlt also. Ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr mir eure Theorien anhand dieses praktischen Beispiels einmal auf einfach Art - also für mich als Begriffstutzige - erklären könnten.

Ganz konkret:
Was heißt "Rhythmus (im Sinne der Phrasierung), welcher übrigens das Metrum voraussetzt" an diesem konkreten Beispiel?
Wie wirken in Rilkes Gedicht die Kadenzen mit den zwei "falschen" Verbeginnen (betonter Verbeginn) zusammen?
Welches künstlerische Stilmittel stellen hier die fehlenden Reime dar?
Welchen künstlerischen Sinn haben die unterschiedlichen Hebungszahlen?
Welchen künstlerischen Sinn haben die wechselnden Betonungen?

Vielen Dank und lieben Gruß
charis

Geändert von charis (06.01.2016 um 08:59 Uhr)
charis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.01.2016, 12:10   #9
wolo von thurland
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Hallo charis

Ich kannte dieses Rilke-Ding nicht.
Es gefällt mir sehr. Die selbstverliebte Nabelschau tritt hinter der Lust am Gestalten zurück.
Sicher könnte ein geschmeidiger Dichter auch diese Verse in ein metrisch dahinklapperndes, gereimtes Gedicht verandeln, ohne dass es peinlich würde.
Aber ich bin schon schwer beeidnruckt davon, wie Rilke mit Hilfe von Variation des Daktylus und der Kadenzen, der Laute, der Zeilenlänge, eine Dramaturgie schafft, die so selbstverständlich, so leicht scheint, dass man beim ersten Lesen gar nicht nachdenken muss, einfach die Musik sehen und im Kopf hören kann.

Dieser Text widerspricht in meinen Augen keinen von meinen Aussagen (gut, ich erinnere mich nicht an jeden Senf, den ich von mir gebe), sondern bestätigt mich eigentlich nur. Falls du das anders siehst, würde ich gerne deine Sicht erfahren.

Ich empfinde die Sprachmeldie an einzelnen Stellen allerdings anders als du. Das ist m.E. wichtig, weil meine Sicht vielleicht deutlicher die daktylische Grundstruktur zeigt und daher auch deutlicher die bewussten Abweichungen davon.
Der Daktylus dominiert wohl, weil es um wehende Fahnen und grosse Stürme und wogendes Meer geht .Etwas gar abgedroschen vielleicht schon damals, die Metapher vom wogenden Meer und vom Stum für die brodelnden Innereien des Dichters... Aber gute Kunst ist einfache Kunst, das gilt von Goethe über Rilke bis Brecht und weiter.

Nun aber mal meine Abweichungen von deinen Markierungen (grün) und Rilkes Abweichungen vom Daktylus (unterstrichen):

Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben.
Ich ahne die Winde, die kommen, und muss sie leben,
während die Dinge unten sich noch nicht rühren:
die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille;
die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer.

Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer.
Und breite mich aus und falle in mich hinein
und werfe mich ab und bin ganz allein
in dem großen Sturm.

Wir haben also einen zum Thema Daktylus passenden mit 8 „auftaktigen“ Zeilen (Ein „Auftakt“ kann auch zwei Silben umfassen, genau wie er in der Musik auch zwei oder mehr Noten umfassen kann).

Die eine Z3 ohne Auftakt leitet über zum Blick auf die Dinge, die nicht wogen, auf die Stille, auf den schwer liegenden Staub, welchem das Aufgewühlt Werden erst bevor steht. Damit könnte man ihre Akzent setzende Ausnahmestellung rechtfertigen, vergleichbar einem dreieckigen Warnschild auf der Strasse. Ausserdem schliesst sie an eine weibliche Kadenz in Z2 an, d.h. der Übergang ins Stille-Bild geschieht nahtlos. Würde hier nochmals eine zweiten, durch Zeilenschaltung abgesonderten unbetonten Silbe folgen, müsste man diesen Gegensatz mehr in Gedanken vollziehen, so aber wird er durch die Gestaltung hervorgehoben. Eigentlich ein Muss für einen wirklich guten Dichter wie Rilke.

In Z4 und 7 weicht Rilke in meinen Augen im Zusammenhang mit der dort bestehenden Mittecäsur, welche nur schon deshalb richtig ist, weil sie den dominierenden Rhythmus variiert, eine andere Tönung der Farbe erreicht, aber auch syntaktisch vollkommen normal ist (siehe oben: gute Kunst ist einfache Kunst). Dass Rilke diese Cäsuren durch Verkürzung der Senkung abfedert, wirkt wie der Syntax geschuldet, ist aber gleichzeitig ein raffinierter Trick, um die Cäsur nicht den Melodiefluss unterbrechen zu lassen, die kleine Pause soll keine grosse werden.

Die übrigen Abweichungen vom Daktylus kann man als Rhythmisierung der Phrasen (=sich um ein (oder mehrere parallele Verben drehende Wortgruppen; auch Sätze oder Teilsätze genannt) in der Sprache, zusammenhängende Melodiegrundbausteine in der Musik, möglicherweise auch Zeilen in der Lyrik) und damit des Ganzen verstehen oder als Betonung wichtiger Stellen (die z.B. im wogenden Meer harte Akzente setzen wie „ganz allein“ oder „grossen Sturm“. Gut auch beides, je nach Stelle.
Besonders erwähnenswert ist auch hier wieder die abgesetzte Z6, welche ein Auf udn Ab von Trochäus und Iambus auf uns loslässt, welches bestens die Erregung des Meeres wie des Dichter symbolisiert.

Bezüglich der Zeilenlänge fällt auf, dass sie zunimmt, wenn die Welle sich aus dem ruhigen Meer erhebt.
Und abnimmt, wenn diese Welle wieder fällt.
Anfangs „von Fernen umgeben, sich noch nicht rührend“.
Zu maximal 6 Hebungen in Z4 und, nach einer „Zwischenzeile Z5“ auch in Z6 (mit der Strophen-Cäsur vorher, aber reimend an die Z5 anschliesend, genial!).
Und schliesslich zu 2 Hebungen in der Schlusszeile und Inhalt, welche durch Alliteration und auch als inahltlicher Gegensatz mit der überlangen „Stille“-Zeile Z4 korrespondiert (schlicht genial!)

Reimlos? Alles andere als das! Wenn Rilke hier das Reimen sein lässt zugunsten der Alliteration von Sturm und Stille, dann kann man sich sehr wohl „seinen Reim drauf machen“, weil es Sinn macht, und zwar so viel, dass es kaum rein intuitivem Schaffen entspringen kann. Ansonsten muss ich meiner Intuition mal beine machen!

Noch zum Wechsel der Kadenz:
Am Gipfel der Dramaturgie, wo die Welle sich überschlägt, wo der Dichter im schwer liegende Staub schon den Hurrikan ahnt, wo er „in sich hinein fällt“, wo er „ganz allein im grossen Sturm“ ist, da kommen die harten, männlichen Kadenzen und lösen die ruhigen, weiblichen ab.
Und was tut der raffinierteb Kerl noch zusätzlich, um uns das schlaffe Segel um die Ohren zu schlagen? Er pointiert das Schlagen des nassen Segels nicht durch eine weitere, uns ins Stocken bringende Zdeile ohen Auftakt, sondern durch einen zweimaligen Phrasen- und Zeilenanfang mit dem anderswo zu Recht verpönten „und“, ehe die letzte Zeile mit einem echten Auftakt auf den „grossen Sturm„ hin zuläuft, der keine neue Phrase bildet, sondern Teil der am Ende von Z8 angefangenen ist.
Und logischerweise bleibt die Z9 eine Halbzeile, denn dieser Sturm findet innerlich statt und wir können ihn uns nur denken.

Wenn du Erich Kykal und mich verfolgst, dann wirst du logischerweise nicht sehen können, was rhythmische Phrasiereung oder all dieses Gerede beinhaltet, denn wir können Rilke höchstens bewundern, seine Technik (oder seine „Intuition“) packen wir nicht. Naja, EKy vielleicht, das musst du selber erforschen.

Wo ist der Wert dieser grossartigen Kunst Rilkes? Müsste ein Dichter nicht Themen beackern, die tiefer gehen, breiter angelegt sind als diese weinerliche Nabelschau hier?
Zumindest ist es erwiesen, dass die Frauen Rilke zu Füssen lagen. Für mich wäre das schon mal ein erstrebenswetrer Wert von Kunst.
Und er gab mir Gelegenheit zu einem Versuch, dir zu erklären, was einer der Hintergründe für das Gezänk um Forengedichte ist.
Und es gibt mir einen Stoss, noch mehr als das halbe Dutzend Rilkegedichte zu lesen, welchen ich bisher begegnet bin.

Danke und Gruss
wolo

Geändert von wolo von thurland (06.01.2016 um 12:20 Uhr)
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Alt 06.01.2016, 12:41   #10
Erich Kykal
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Hi, charis!

Wie wolo richtig schreibt, können wir alle Rilke's Sprachgenie nur bewundern, niemals wirklich erreichen!
Bei ihm klingt es nicht falsch oder hingebogen, sein Fluss wirkt so natürlich, dass derlei "Fehler" im Taktgefüge gar nicht auffallen, wenn man nicht genau drauf schaut. Und selbst dann noch ist man versucht zu sagen: Macht nichts - bei ihm!

Wenn ich hier in den Foren einen "falschen Verseinstieg" (Auftakt darf ich ja nicht mehr sagen ...) korrigiere, dann ist es doch leider zumeist so, dass er - zumindest nach meinem Ohr - das rhythmische Gefüge des Textes stört.
Kaum einer bringt es je so hin wie Rilke, und wenn, ist es meist ein Zufallsergebnis. WENN die Stelle im Grunde nicht stört, erwähne ich dies aber auch, soweit mir erinnerlich ist.

Rilke ist überhaupt kaum einzuordnen. Er schreibt manches streng nach Regel, manches nicht. Die Leichtigkeit und Eleganz seiner Sprachführung haben nicht ihresgleichen, aber grundsätzlich könnte man sagen: Bei ihm gehen Sprachmelodie und -klang noch vor Regelwerk und Gleichmaß, ohne dass er eins zugunsten des anderen wirklich merkbar opferte. Wie er es hinbringt, das man ihm dies nicht übel nehmen kann, selbst wenn man so ein Taktpharisäer ist wie ich, sondern nur in ehrfürchtiger Bewunderung lauschend zu verharren vermag, wird wohl ein Geheimnis und in der deutschen Sprache einzigartig bleiben!
Bei ihm gehen Rhythmus und Sprachmelodie Hand in Hand, und sie scheinen sich immer gütlich zu einigen, an welcher Stelle nun was ein wenig den Vorzug bekommt.

Anders kann und mag ich es nicht beschreiben.

LG, eKy

PS: Da ich sein Gesamtwerk viele Male gelesen habe, darf ich erwähnen, dass es durchaus Stellen gibt, meist bei unbekannteren Texten, wo es sehr wohl auffällige Diskrepanzen gibt, die ich - unglaublich frech - in meiner Ausgabe sogar irgendwann mal zu korrigieren versuchte! Aber es sind nicht viele auf über tausend Seiten ...
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