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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 21.02.2018, 11:44   #1
Laie
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Standard Der Fluss ist eine bronzene Allee

Der Fluss ist eine bronzene Allee,
auf der noch letzte Sonnenstrahlen schlendern.
Sie sehn sich um und sehn das Land sich ändern;
dort neben ihnen fließt es von den Rändern
der Straße und vergisst sein mattes Weh.

Am Wegesende steht bereits die Nacht;
sie wirkt beinahe frühlingsgleich mit ihren
beglänzten Villen, und die Strahlen zieren
sich auf den Pfaden, die nur nachtwärts führen,
als wären sie schon immer so gemacht.

Geändert von Laie (21.02.2018 um 19:33 Uhr)
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Alt 21.02.2018, 12:24   #2
Eisenvorhang
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Hi Tiger,

"da neben ihnen fließt es von den Rändern"
diesen satz, den würde ich ändern:

"und/doch neben ihnen fließt es von den Rändern"

Begründung:

Der Satz yoda klingt bisschen - die Verwendung von "da" erfordert fast immer ein "es" -> da es neben ihnen von den Rändern fließt.

oder:

da fließt es neben ihnen von den Rändern.

Du schreibst in einer neuen Form. Die erste Zeile ist gülden formuliert, man kann das Kupfer fast schmecken.
Die Form schnürt etwas deine sonst so freie Schreibe, auch die Verkürzung von "Strahln" oder "sehn" wirkt etwas unbeholfen. Hier auch meine Kritik - Dinge, die wahrnehmungsstiftend sind immer ausschreiben.

Ich habe das Gefühl, die Wörter wollen ausgeschrieben werden. Vor allem aber die "Strahlen".

Sonst wie immer Tiger!
Sau gut gebrüllt!

vlg

EV
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Alt 21.02.2018, 17:08   #3
Sufnus
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Ich finde es ist eines Deiner schönsten Gedichte, Laie (bei zugegeben härtester interner Konkurrenz). Vielleicht sind ein paar Stellen nicht superrund, aber das Gedicht ist von einer wunderbar leuchtenden Melancholie erfüllt - schmerzlich und tröstlich zugleich.



Im Detailkram würd ich mich EVG ungefähr anschließen, S1Z4 ist auch m.E. ein wenig sperrig formuliert und "Strahln" klingt ein wenig gequetscht... Kinkerlitzchen... ebenso wie ich persönlich das "frühlingsgleich" als etwas "Meta-metaphorisch" empfinde, weil die Nacht selbst schon metaphorisch aufgeladen ist und dann nochmal mit einer zusätzlichen Metapher beschrieben wird... superschön finde ich aber das "e" von "beinahe"... toller Rhythmus! Altern. Vorschläge: "sie wirkt beinahe hoffnungsvoll mit ihren" oder "sie wirkt beinahe zugewandt mit ihren".
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Alt 21.02.2018, 17:10   #4
Chavali
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Hallo Laie,

Strophe 1 ist dir wieder wunderschön gelungen.
Bei Strophe 2 komme ich beim Lesen etwas ins Straucheln - das ist man ja von dir gar nicht gewöhnt

Wolltest du einen holprigen Rhythmus ausprobieren?
Oder war das gewollt?
Besonders störend für mich die verkürzten Wörter - das kriegst du doch bestimmt besser hin.

Gern gelesen!
LG Chavali
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Alt 21.02.2018, 17:23   #5
Sufnus
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Zitat:
Zitat von Chavali Beitrag anzeigen
Wolltest du einen holprigen Rhythmus ausprobieren?
Oder war das gewollt?
Besonders störend für mich die verkürzten Wörter - das kriegst du doch bestimmt besser hin.
Also ein rhythmisches Holpern kann ich beim besten (schlechtesten) Willen nirgends erkennen... und verkürzte Wörter seh ich auch nur eines... auf dem hacken wir ja schon die ganze Zeit rum wie nicht gescheit..
Aber guter Rat ist da teuer... eine Idee wäre evtl. noch die Strahlen nach Waidmannsart "schnüren" zu lassen, was zu den Pfaden schon passen würde, aber sicher auch eine Verständnishürde errrichtete...
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Alt 21.02.2018, 17:39   #6
Chavali
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Hallo Sufnus,

das war jetzt nicht so negativ gemeint, wie du es ausformulierst.
Schließlich habe ich ja auch einen Zwinkersmil gesetzt

Ich bezog mich vor allem auf die dritte Zeile von Strophe 3:
Zitat:
sie wirkt beinahe frühlingsgleich mit ihren
sternweißen Villen, und die Strahln verlieren
die sich seltsam liest:
sternweißen = Xxx - das wär meine Lesart, auf Silbe eins betont,
im Gegensatz zu den anderen Zeilen.


So what Ch.
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Alt 21.02.2018, 18:31   #7
Erich Kykal
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Hi Laie!

Was das Lob betrifft, könnte ich nur meine Vorkommentatoren wiederholen!

Von den "Peanuts" her wurde ja auch schon einiges moniert, dem ich mich anschließen möchte:

S1Z4 - das etwas unbeholfen klingende "da" würde ich durch "und" ersetzen.

S2Z3 - "sternweißen" will unbedingt auf Silbe 1 betont sein. In einem Gedicht mit unbetonten Auftakten an den Zeilenbeginn gesetzt, kann es nicht natürlich wirken und spreizt sich in den harmonischen Sprachfluß wie ein Gräte in der Speiseröhre! Mit "geweißten" gäbe es hingegen kein Betonungsproblem.

Auch die "Strahln" klingen als metrische Verkürzung suboptimal. Auch hier wäre ein anderes Wort, eine andere Phrase anzudenken, zB:

geweißten Villen, die den Glanz verlieren
auf jenen Pfaden, die nur nachtwärts führen,
als wären sie schon immer so gemacht.


Allergernst gelesen und beklugfummelt!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 21.02.2018, 19:14   #8
Laie
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Hallo an alle!

Vielen Dank für die großartigen und kritischen Rückmeldungen und die Auseinandersetzung mit meinem Text!

Ich weiß, dass das Gedicht an einigen Stellen unrund ist. Ich werde mich nochmal damit beschäftigen müssen. Der Punkt, der mir hier die größten Probleme bereitet ist "Strahln". Ganz klar eine schreckliche Verkürzung, die ich aus Ungeduld habe so stehen lassen. Wichtig wäre mir in S2 der Bezug zu den Sonnenstrahlen trotzdem, denn gerade sie sollen sich auf der Allee Richtung Nacht verlieren, vielleicht sogar die Villen betreten und so aus der Sicht verschwinden.

Ich freue mich wirklich sehr darüber, dass ihr euch mit dem Gedicht rumgeschlagen habt! Es ehrt mich

Viele Grüße,
Laie

P.S.: Habe jetzt bisschen was geändert. Ganz zufrieden bin ich noch nicht, aber immerhin keine "Strahln" mehr

Geändert von Laie (21.02.2018 um 19:35 Uhr)
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Alt 22.02.2018, 05:57   #9
Thomas
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Lieber Laie,

meiner Meinung nach dürft auch "sehn" (richtig ist "sehen") in einem Text mit gehobenem Sprachstil, wie er hier vorliegt nich stehn, äh stehen.

Liebe Grüße
Thomas
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Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 22.02.2018, 08:55   #10
Laie
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Hi Thomas,

ich verstehe de Kritik und danke dir dafür, sehe es aber dennoch anders Was zum Einhalten der Kadenz weitestgehend akzeptiert zu sein scheint, sollte auch sonst überall im Text erlaubt sein. Ich weiß man sollte nicht mit Beispielen argumentieren, aber dass gehobener Sprachstil derartige Verkürzungen ausschließt, halte ich für sehr streng gesehen. Daher will ich dennoch zwei Beispiele meiner beiden Lieblingsdichter als Belege vorzeigen:

Die Mädchen sehn der Kähne Fahrt

Die Mädchen sehn: der Kähne Fahrt
kehrt fernher hafenein,
und schauen scheu und dichtgepaart,
wie schwer das weiße Wasser ward:
denn das ist so des Abends Art,
wie eine Angst zu sein.

Und so ist keine Wiederkehr:
Es kommen von dem müden Meer
die Schiffe schwarz und groß und leer,
kein Wimpel oben fliegt:
als hätte alle irgendwer
besiegt.

Rainer Maria Rilke

Abendfriede

Und eine große Weihe ist in mir,
Der Abend kam auf mondverklärten Wegen,
So reich gesegnet gehe ich von dir,
Wie ein Versöhnter kehrt vom Abendsegen.

Wie ruhn sie tief im dämmerstillen Hafen,
Die bunten Wünsche, die der Tag erfand,
Ich bin so still. Nun werd ich selig schlafen,
Und meine Träume gehn ins Sehnsuchtsland.

Ernst Goll

Deshalb denke ich schon, dass "sehn" stehen bleiben darf

Gruß,
Laie
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