14.09.2016, 21:25 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 294
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Ein kleiner Philosoph
Irgendwann im Leben tangiert wohl jeder die Philosophie; Fragen über die Wahrheit oder den Sinn des Daseins suchen nach Antwort. Als Junge drängte es mich eines Tages, die Bücher unserer großen Denkergenies zu lesen. Ich glaubte, darin alle Fragen beantwortet zu bekommen. Allerdings waren die Texte für mich kaum zu verstehen. Ich verschob also deren weitere Lektüre auf einen späteren Zeitpunkt, von dem ich annehmen durfte, über ein gereifteres Auffassungsvermögen zu verfügen.
An einige Inhalte erinnere ich mich aber, mit denen ich als Junge doch etwas anzufangen glaubte. So die Beispiele über die schwarzen Raben; und wenn nur ein weißer …; und so weiter und so fort. Und ich stieß auf eine Infragestellung, die mir ungeheuerlich erschien. Für mich war es bis dahin selbstverständlich und gewiss gewesen, dass die Sonne den nächsten und die folgenden Tage aufging. Für die Philosophen jedoch nicht. Und ich war ganz aufgeregt, mich nun plötzlich mit diesen Gedanken zu tragen. Denn als mein Freund Ben mich wie jeden Mittwoch daran erinnerte, dass wir am folgenden Tag Fussballtraining hätten, widersprach ich augenblicklich. Er könne doch gar nicht wissen, ob es überhaupt ein Morgen geben würde. Ben lachte und meinte, bisher hätte es ja immer geklappt. Und ich, der ich in philosophischer Erhabenheit schwelgte, entgegnete mürrisch, ich könne nicht versprechen, an dem Training teilzunehmen. Ben ging mit beleidigter Miene nachhause. Er war eben noch nicht soweit, verstand rein gar nichts von Philosophie. So ein Depp.
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"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne so, als hätten wir alles im Blick." (Fenek) |
15.09.2016, 10:19 | #2 |
Lyrische Emotion
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Beiträge: 9.912
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Hallo Fenek,
das ist eine nette kleine Geschichte, über die ich schmunzeln musste. Ich glaube aber, dass nicht nur Ben der Depp ist, denn der Protagonist, wäre er ein wahrer Philosoph, es hätte besser wissen sollen, dass seine Thesen nicht bei jedermann auf Verständnis treffen würden. Der Philosoph macht sich nichts zu eigen, er ginge diplomatischer vor. Er würde durchaus seine Thesen erläutern und vertreten, aber mit Blick auf diese darauf verweisen, dass er zwar nichts versprechen könne, jedoch auf jeden Fall versuchen würde, einer Verpflichtung nachzukommen, wenn es die Umstände irgendwie erlauben. Dann hätte Ben zwar immer noch nichts kapiert, wäre aber anstatt beleidigt doch zumindest einigermaßen beruhigt gewesen. Es kommt nämlich vor allem auf den guten Willen an... Gern gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
15.09.2016, 13:54 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 294
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Joo
Danke, Faderwald.
Ja, der Ben ist kein Depp. Selbst als Philosoph würde er seine Termine im Voraus festlegen. Und unser LyrIch, jetzt aus der erzählerischen Distanz, diesen letzten Satz in den „Mund“ gelegt, soll natürlich selbstironisch gemeint zu lesen sein. LG Fenek
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