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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 08.06.2009, 17:56   #1
Kajn Kokosknusper
Närrisches Fieber
 
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Ort: bei Auerbachs Hafeneck
Beiträge: 38
Standard Asibikaashi

Asibikaashi



Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte,
den frühen Glanz des Taus in meine Träume.
Ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte,

die ich, weit offen steht mir deine Pforte,
durchstreifen darf in unbegrenzte Räume.
Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte:

Die Karawanen führen reich an Borte
verzierten Stoff und feine Seifenschäume...
Ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte,

...und Perlen, Edelsteine reinster Sorte,
die ich mit meiner Seele ganz umzäume -
Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte.

Ein Säuselnder verfolg ich die Eskorte,
vorbei ziehn Duftende, die Zedernbäume.
Ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte,

in die ich still die süße Sehnsucht horte:
ach, dass dein Netz der Großstadt Straßen säume!
Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte,
ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte.




__________________
Klio riss aus einem Traume
sich, von einem Lindenbaume:
"Wow, hast Du nen großen Stamm!
Ob ich dich besteigen kann?"


Ich würde nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verstünde.
aus: Also sprach Zarathustra, Friedrich Nietzsche
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Alt 08.06.2009, 18:08   #2
Medusa
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Berlin
Beiträge: 2.213
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Toll, Bastian!

Eine astreine Villanelle! Stimmungsvoll in wohlgesetzten Versen und schönen Bildern kommt sie daher, ich bin von den Socken, Chapeau!

Total begeisterte Grüße,
Medusa.
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Alt 08.06.2009, 18:57   #3
fee
asphaltwaldwesen
 
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tatsächlich ein wunderschöner reigen, kajn kokosknusper,


voller duftigkeit und aromen ferner träume, verwoben in das geschäftige treiben der großstadt. ein altes thema, das du sehr gelungen in die neuzeit herübergeholt hast, voller poesie.
ein wunderschöner lobgesang auf asibi-kaashi, die spinnen-frau und mutter der erden-kinder, die von beginn der zeiten an jeden morgen ihr heim aufs neue spinnt, damit wir es von morgentau benetzt funkeln sehen können. (die uns heute bekannten traumfänger gehen auf ihre geschichte zurück und auf die geschichten des volkes der ojibwe).

das lied-hafte, das der villanelle ja nicht umsonst zu eigen ist, trifft hier auf ein thema, das der form mehr als nur gerecht wird. ein lied von fernweh und heimatgefühl zugleich.

es ist dir gelungen, die worte selbst zum duften zu bringen. ich kann sie in meinem kopf duften fühlen.

sehr gern gelesen!


lieber gruß,


fee
__________________
"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan

Geändert von fee (08.06.2009 um 19:03 Uhr)
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Alt 09.06.2009, 12:22   #4
Lena
Lyrische Träumerin
 
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Ort: Dort, wo meine Träume mich nähren.
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Hallo kayn

Was für eine wunderschöne Villanelle. Mein erster Gedanke waren die acht Ecken eines Traumfängers.Die Geschichte ist sanft und weich,..fast Respektvoll.

Zitat:
Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte,
ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte.
Für mich ist das Traumhaft schön!

Sehr gerne gelesen, und mich der Geschichte erinnert.

Lena
__________________
~ Mit lieben Gedanken ~


©auf alle meine Werke
............
Marion Baccarra
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Alt 09.06.2009, 12:56   #5
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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lieber kajn,

in ein gespinst orientalischer zaubereien entführt deine villanelle den leser-
bin sehr angetan über die von dir gewobenen worte!

larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (09.06.2009 um 20:27 Uhr)
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Alt 09.06.2009, 19:44   #6
Helene Harding
Gast
 
Beiträge: n/a
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Lieber kajn, obschon Villanellen mich, und bitte versteh's nicht falsch, an Donauwellen erinnern, gibt es hier so unendlich viel Tiefe.
Meine Lieblingszeile schlechthin, S6, wohl viel mehr einem bedeutsamen Tag ;-)

in die ich still die süße Sehnsucht horte:

Wenn auch ein wenig, ein ganz wenig "schleimig", doch zuckersüß und wohlig-warm interpretiert.

alles liebe, Helene
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Alt 10.06.2009, 07:33   #7
RiffRaff
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Hallo Kajn,

der Titel des Textes hat mich neugierig gemacht. Das sieht in deiner Schreibweise eher japanisch als amerikanisch aus.

Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte,
den frühen Glanz des Taus in meine Träume.
Ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte,

Der Einstieg ist schön verträumt, wenn auch die Fäden der Spinnenfrau nach der Legende selbst keine Worte spinnen. Im Traumfänger werden gute Träume gefangen, nicht? Nach deiner S 1 ist es die Spinnenfrau, die die Worte webt. Knistern Wispern kann ich nachvollziehen als Stimmungsbild, das in den Schlaf der Menschen sinkt. bunte Orte sind mir per se nicht kalt, müss(t)en also nicht gewärmt werden.

die ich, weit offen steht mir deine Pforte,
durchstreifen darf in unbegrenzte Räume.
Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte:

S 2 ist direkt angebunden an S 1. Die offene Pforte ist bezogen auf die Öffnung des Traumfängers? Das LI durchwandert die gewärmten bunten Orte durch die Pforte in unbegrenzte Räume? Als Sinnbild für den Schlaf ist das auch gegen die Legende. Der Traum kommt durch die Öffnung zum Schlafenden, es ist nicht der Geist des Schlafenden der durch das Auge des Traumfängers geht.

Die Karawanen führen reich an Borte
verzierten Stoff und feine Seifenschäume...
Ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte,

Hier geht’s weg von der unspezifischen Beschreibung zu einem sag ich mal orientalischen Traum. Karawanen Borte Stoff Seifenschäume. Seifenschäume finde ich eher negativ als Bild. Träume sind Schäume, spielst du darauf an? Der Satz klingt auf den ersten Blick unvollständig. Da bin ich ins Stocken geraten, weil ich mich erst gefragt habe, wohin die Karawanen führen bis ich gemerkt habe dass das eine beschreibende Aufzählung der Fracht ist..

...und Perlen, Edelsteine reinster Sorte,
die ich mit meiner Seele ganz umzäume -
Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte.

Hier kommt für mich Reimzwang ins Spiel. Umzäumen kenne ich nicht, bezäumen aufzäumen ja, in dem Sinn dass ein Zügel angelegt wird. Und hier wird die Seele als Zaum an die Fracht der Karawane gelegt? Das funktioniert für mich nicht.

Ein Säuselnder verfolg ich die Eskorte,
vorbei ziehn Duftende, die Zedernbäume.
Ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte,

Säuselnder und Duftender finde ich schwülstig., ebenso die süße Sehnsucht. „Ach“ ist ein Silbenfüller, der den Rhythmus hält. Von der Aussage trägt er nichts bei, was nicht schon in der Sehnsucht wäre.

in die ich still die süße Sehnsucht horte:
ach, dass dein Netz der Großstadt Straßen säume!
Und deine Fäden spinnen unbefleckte Worte,
ein Knistern, Wispern wärmt die bunten Orte.

Speziell die letzten beiden Strophen haben mir nicht gefallen, insgesamt stört mich die Vermengung des indianischen mit den orientalischen Elementen. Der Lesefluss ist ruhig und getragen, passt gut zum Traummotiv.

Das Ganze ist selbstverständlich subjektiver Standpunkt, aber so hat der Text auf mich gewirkt.

lG

RiffRaff
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Alt 10.06.2009, 12:43   #8
Erich Kykal
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Es muss heißen: "in denen ich die süße Sehnsucht horte."
Etwas horten kann man nur in etwas, einem Gefäß, einem Behältnis, und seien es eben "Orte". Daher: In welchen, in denen, oder ähnliches, aber nicht: in die!

Gern gelesen! Hab's leider eilig, muss weg!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 13.06.2009, 14:31   #9
ginTon
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hallo lieber kajn,

was mir an dieser Villanelle auffiel ist die Schwere mit der sie in ihrem
Innern zu kämpfen hat. natürlich versuche ich dem immer auf den Grund
zu gehen und konzentrierte mich demnach zunächst auf den Text..

"deine Fäden spinnen unbefleckte Worte" dh diese sind weder durch
Erfahrung noch durch sonstiges beeinflusst, sie sind unbewusst, also
unbefleckt..und spiegeln "den frühen Glanz des Taus" wieder, so wie es
wäre wenn der Verstand kurz beiseite geräumt wird, es hat sogar kindl.
Züge die jedoch in der Realität verlorengingen..die Schwere liegt somit in
dem was du/jeder aus sich gemacht hat, Bewertung mit dem
Verstand..wobei Abikaashi dagegen agiert und die Wahrheit zeigt...

in den folgenden Strophen werden Traumsymbole gezeigt, für das "so
könnte es dir gut gehen"
doch es wäre kein Symbol, wenn es nicht das
zeigt warum es dir nicht gut geht, denn entweder du machst deinen Traum
zur Realität "Stoff; Zedern; Perlen usw." oder er quält...andererseits
kann solche Symbolik auch nur das Festhalten aufzeigen, lasse diese
Träume los wenn die für dich nicht erreichbar sind...

die Schlussequenz ist wiederum der Realität zugeordnet


normalerweise ist eine Villanelle, ein Tanzlied und soll eine fröhliche
stimmungsvolle Atmosphäre schaffen, in diesem Werk ist es jedoch
nicht so,, die Wiederholungen an sich, in den einzelnen Strophen und
Schlusssequenzen erinnern eher an eine Fuge..entweder also die Wie-
derholung von Sprachsequenzen oder deren Imitation in anderen Zu-
sammenhängen und möglicherweise verschiedenen Stimmen.....

es gefällt mir sehr gut, weil es eine sehr düstere Villanellen-Szenerie ist
als der sonst übliche Ausdruck...mir hats gefallen

liebe grüße basse
__________________
© Bilder by ginton

Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse (Nietzsche)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)

Geändert von ginTon (13.06.2009 um 14:32 Uhr)
ginTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2009, 19:06   #10
Leier
gesperrte Senorissima
 
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Ort: Pfalz
Beiträge: 4.134
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Lieber Kaijn!

Was soll ich noch schreiben?
Da wurde bereits alles gesagt (auch von Erebus).
Mir bleibt nur noch:
ich bin entzückt, ich bin hingerissen, ich genieße diese Villanelle immer wieder!


Lieben Gruß
von
cyparis
Leier ist offline   Mit Zitat antworten
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