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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 24.04.2009, 14:57   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Die alte Jungfer

Die langen, überschlanken Hände ruhn
im Schoß, als suchten sie den scheuen Augen
ein Halt zu sein in jenen Augenblicken,
da andere um sie Gefühle zücken,
beständig prüfend, ob sie weiter taugen
für alles das, was sie einander tun.

Sie ist gestählt an einer innren Stille,
die jenseits solcher Pfänderspiele steht,
als wären in ihr nicht Verletzlichkeit
und Weisheit wechselseitig aufgereiht
an diesem Nerv, der durch ihr Leben geht
wie ein zu lang daran geprüfter Wille.

Sie weiß den Zweifeln, wenn sie niederregnen,
die hohe Stirn zu bieten für das Eine,
das sie nicht hingab, und hingebungsvoll
trägt sie es tränenwund durch Weh und Wohl,
als wäre nur dies Opfer, dieses reine,
imstande, ihre Gegenwart zu segnen.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (20.02.2018 um 19:50 Uhr)
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Alt 24.04.2009, 16:10   #2
ReinART
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Hallo Erich
wieder ein fein gesponnener Kykal.
Hast die Facetten der alten Frau gut bedacht und bedichtet.
Mir gefällt der Titel sowie die erste Zeile nicht.
Ich werde bei der ersten Zeile an ein schönes junges Mädchen, mit langen schlanken Fingern erinnert!
Dir würde, wenn Du wolltest, was Du sicherlich nicht willst , ein besserer Satz als:
Mit einer Haut wie Leder ihre alten Hände ruhn
oder
die alten, schlanken? Hände ruhn
oder
wie dürre, alte Äste ihre Hände ruhn
oder so.... einfallen.
Lieben Gruß und fahr vorsichtig
Reinhard

Geändert von ReinART (24.04.2009 um 16:15 Uhr)
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Alt 24.04.2009, 16:16   #3
Erich Kykal
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Hi, ReinART!

Tja, eine sog. "alte Jungfer" muss nicht zwangsläufig alt im numerischen Sinne sein. Es gibt durchaus jüngere "alte" Jungfern. Frauen, die - aus welchen Gründen auch immer - beschlossen haben, ohne Sex durch's Leben zu gehn.
Seien dies Nonnen, als Kinder Missbrauchte, rigoros religiös Erzogene oder Indoktrinierte, Komplexhaufen und Gehemmte aller Art und, und, und...
Es soll auch männliche geben...
Ich wollte nur ein Gefühl für die Lebenseinstellung, das Credo geben, das diese Geschlagenen aufrecht hält.

LG, eKy
__________________
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Alt 24.04.2009, 16:20   #4
ReinART
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...mh alte Jungfer spricht aber eine andere Sprache.
Auch Atribute wie Weisheit und der Nerv, der durch ihr Leben geht,lässt für mich eher eine alte Frau erwarten.
Nun gut. Ist Dein Gedicht
LG
Reinhard
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Alt 24.04.2009, 17:13   #5
Erich Kykal
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Hast ja recht! Beim Schreiben stand mir eher eine gereifte "Madam" vor Augen, der man am spitzen Kinn ansieht, dass sie einen Großteil ihres emotionalen Daseins aus jener Welt geschwiegen hat, die ihr gerade noch erträglich erscheint. Lange schlanke Hände sind bei mir nicht zwingend ein Attribut für Jugend. Belassen wir es dabei.

LG, eKy
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Alt 24.04.2009, 17:52   #6
a.c.larin
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lieber erich, lieber reinARt,
wie wär's - um euren "Streit" zu beenden - mit : knöchern schlanken Händen, das wirkt auch schmal, aber nicht mehr ganz so erotisch....


lieber erich,
vielleicht ist die alleinstehende dame ja weder zu streng erzogen, noch lust-oder phantasielos - vielleicht hatte sich nur einfach der richtige nie gefunden oder sich jählings verschüsst ? ( soll alles schon vorgekommen sein, auch bei ganz "normalen" frauen...)
hast du gut nachempfunden, dieses innerlich-sich-an etwas-halten- müssen, da , wo emotionales öffnen versagt geblieben ist...

liebe grüße
larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 24.04.2009, 18:01   #7
Erich Kykal
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Hi, larin!

Die langen, schanken Hände ruhn...

Ich weiß nicht, wie man diese Gleichlautreimform nennt, aber dein Vorschlag, so gewitzt er auch ist, würde diese Symmetrie stören.

Ich möchte es ehrlich gesagt nicht ändern. Lange, schlanke Hände sind für mich nicht altersgebunden, eher ein Attribut der Askese, Selbstbeherrschung oder -verleugnung.

LG, eKy
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Alt 25.04.2009, 08:25   #8
Leier
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Lieber Erich Kykal -

das ist wieder ein sehr "reines" Gedicht - Du weißt sicher, wer vor meinen Augen aufsteht!
Die hast recht damit, daß eine "alte Jungfer" nicht unbedingt an Jahren alt sein muß.
In meinen Ohren wirkt der Ausdruck leicht abschätzig, aber das mag subjektiv sein

Wie wäre es mit "zarten, schlanken Händen"?
"Gefühle zücken" ist in meinen Augen arg daneben. Ich dachte immer, man zückt Messer oder andre Waffen. Hier war wohl der Reim Dein Meister.
Insgesamt stimme ich Dir zu: Wer sich sozusagen aufbewahrt, bewahrt sich wirklich große Reinheit und dieses Gut nimmt an Wert zu. Auch wenn es zu einem gewissen inneren Stolz und Hochmut führen mag.

Einmal mehr großartig!

Submissest:
cyparis
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Alt 28.04.2009, 09:01   #9
Erich Kykal
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Durchaus nicht, cypi!

Das mit dem "Gefühle zücken" ist bewußt so gewählt, da in Beziehungen Gefühle oft als Waffen missbraucht werden. Da wird mit Abhängigkeiten emotionaler oder materieller Natur geschachert, da wird um Mitleid und Verständnis gebuhlt, mit oft zum Teil rücksichtslosen Mitteln, für die sich macher Macchiavellist schämen würde! Wenn Zuneigung in Geiselhaft genommen wird, um Partner zu manipulieren und zu eigenen Gunsten zu beugen, nennen manche dies "Kompromiss", obwohl sie selbst die größten Nutznießer sind.
Das entspricht durchaus meiner Vorstellung von Waffengebrauch!
Die "alte Jungfer" enthält sich dieses "Schlachtfelds".

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (28.04.2009 um 11:58 Uhr)
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Alt 28.04.2009, 09:06   #10
Leier
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Lieber Erich Kykal,


diese Deutung kam mir nicht in den Sinn, aber wenn du mir das so gut erläuterst....
So gesehen sind alte Jungfern zu beneiden.

LG
cyparis
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