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Alt 09.11.2011, 16:19   #1
Archimedes
der mit dem Reim tanzt
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: SpreeAthen
Beiträge: 565
Standard Pflegefall

Von Zeit zu Zeit
sagt das Gewissen:
Es ist soweit,
man muss nun müssen.

Denn ohne Pflege
all der Kleinen
bringt man’s zuwege,
dass sie weinen.

Sie sich verstecken
hinter Schleiern,
und kriegen Flecken,
s’ Kranksein feiern.

Da muss die Fachfrau
nun eingreifen,
muss von dem Zahnbau
das abstreifen,

was einmal nur
die Optik stört,
an der Kontur
nicht hingehört.

Zähne-Faulheit
sonst obsiegt,
wird das Zahn-Leid
nicht bekriegt.

-


Sie kratzt am Zahn,
das kratzt mich nicht,
gräbt eine Bahn
im Plaque-Dickicht,.

mit Tuch vorm Mund,
die Augen blau,
poliert sie rund
und prüft genau,

dort an der Stelle
zwischendrin,
nah bei der Delle.
Ich nehm’s hin.

Ich fühl sie jetzt
ganz nah stehn hier,
doch ihr Bemühn
gilt gar nicht mir,

gilt nur den dummen,
kleinen Weißen,
gänzlich Stummen,
die nur beißen.

Sie hält den Mund,
dazu den meinen
und tut mir kund,
dass nun die Kleinen,

gesäubert wieder
prächtig leuchten.
Ich liege nieder
mit dem feuchten

Speichelmund
und denke nur:
Sie macht gesund, -
die Prozedur.
__________________
gestörte Kreise
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Alt 09.11.2011, 16:44   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, Archimedes,

ich wusste gar nicht, dass eine Zahnsteinbehandlung (oder Zahnpolitur? Beides?) so, ähem, inspirativ sein kann. Also ich versuche immer, das hinterher schnellstmöglich wieder zu vergessen, vom "Verdichten" gar nicht zu reden ...

Eventuell ein unheimliches Gruselgedicht in der Vollmondrubrik ausgenommen.

Ich gestehe ganz leichte "Phantomschmerzen" ein, beim Lesen dieser Strophe - aber auch ein Schmunzeln über die Metaphern:

Zitat:
Denn ohne Pflege
all der Kleinen
bringt man’s zuwege,
dass sie weinen.
Wehe, wenn sie weinen ...

Zitat:
Sie kratzt am Zahn,
das kratzt mich nicht,
gräbt eine Bahn
im Plaque-Dickicht,. - ein kleines Vertippserle, der Punkt ist zu viel
Die ersten beiden Verse sind wirklich fein geschrieben, ich schmunzle gerade ausgiebig.

Zitat:
Ich fühl sie jetzt
ganz nah stehn hier,
doch ihr Bemühn
gilt gar nicht mir,

gilt nur den dummen,
kleinen Weißen,
gänzlich Stummen,
die nur beißen.
Lieber Archimedes, "höre" ich da einen "Hauch" Empörung, denn es sind hier auf einmal die "dummen, kleinen Weißen"? Ich schmunzle schon wieder.

Zitat:
Sie hält den Mund,
dazu den meinen
und tut mir kund,
dass nun die Kleinen,
Auch hier finde ich die ersten beiden Verse ganz wunderbar geschrieben.

Zitat:
und denke nur:
Sie macht gesund, -
die Prozedur.
Ja, alles was mit den "lieben Kleinen" zusammenhängt, bestimmt wirklich unseren Alltag. Kauen muss man können, das ist nun mal so, denn wer möchte schon von Brei und Suppe leben? Also heißt es pflegen.

Ich finde die Idee originell, das einmal auf diese Art zu verdichten, jedenfalls lese ich es zum ersten Mal.

Optisch erinnern mich die Strophen tatsächlich an Zähne. Es liest sich auch richtig "flott", durch die sehr kurzen Verse mit nur 2 Hebungen.

Also mir gefällt das Gedicht sehr gut - nur das Thema dann irgendwie nicht so sehr, aber das liegt zweifellos an mir!

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.11.2011, 19:30   #3
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Lieber Archi,

endlich spricht es jemand aus.

Zahnpflege: 2 x im Jahr Prophylaxe beim Zahnarzt = teuer, langwierig, lästig und mit Skepsis betrachtet, ob das "Geschäft" nicht vordergründig ist.

Die Idee aber und die kurzen, bissigen Strophen sind klasse. Die Länge unterstreicht die unendliche und fürchterliche Prozedur.

Doch:

Zitat:
Zitat von Archimedes
Von Zeit zu Zeit
sagt das Gewissen:
Es ist soweit,
man muss nun müssen.
Ok, bevor man zu wenig tut, dann lieber zu viel.

Gute Idee, gutes Gedicht.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.11.2011, 22:32   #4
Archimedes
der mit dem Reim tanzt
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: SpreeAthen
Beiträge: 565
Standard

Liebe Stimme der Zeit, liebe Dana, ich hatte lange Zeit Pause, da mir die Themen ausgegangen. Immer wenn ich ein zwei Zeilen aufschrieb, hatte ich doch schon so ein Gedicht im Archiv. Nun hatte ich Gelegenheit, der jungen Dame tief in die Augen zu schauen ( was anderes geht garnicht ) und sie zu fragen, ob sie Gedichte mag. Als sie bejahte, saß ich in der Falle. Doch dieser Druck ( und die Augen ) hat mir geholfen.

Deshalb freut es mich besonders, dass das Werklein euch so gefallen hat. Ich wusste ja garnicht, ob ich es noch kann. Die positiven Worte wärmen da besonders.
Übrigens über Zähne habe ich schon zweimal gedichtet. Das scheint ein bohrendes Ereignis für mich zu sein.
Vielen Dank für die Antworten und gutes Dichten
wünscht Euch Archimedes ...der mit den zubeißenden Kreisen
__________________
gestörte Kreise
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Alt 10.01.2012, 11:23   #5
Lena
Lyrische Träumerin
 
Registriert seit: 13.02.2009
Ort: Dort, wo meine Träume mich nähren.
Beiträge: 686
Standard

Lieber Archimedes.

Ich las soeben dein Gedicht - griff zum Telefon - und machte einen Termin bei meinem Zahnarzt. Nicht gerne, aber du hast ja so Recht.

Dein Gedicht gefällt mir sehr.

14 ! Strophen, schön kurz gehalten erzählen uns die Geschichte, die viele von uns kennen. Ich denke mal das es ist um Zahnreinigung handelt, bei der in jede allerkleinste Ritze mit einem rotierendem Schwingschleifbohrer hantiert wird.

Wenn alles dann vorbei ist, fühlt es sich gut an. Wobei ich mir sehr unsicher bin, ob es wirklich gut ist zweimal im Jahr sowas zu machen.

Kreisende Gedanken zum Thema Zahnarzt hast du auf jeden Fall in mir entfacht.)

Mit viel Spaß gelesen

Lena )
__________________
~ Mit lieben Gedanken ~


©auf alle meine Werke
............
Marion Baccarra
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