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Alt 16.10.2009, 09:01   #1
a.c.larin
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Des Schlimmen Wiederkehr

Mauuu! Ich habs ja gewusst! Das ist der absolute Super-Mauz!
Wenn das Wetter nicht so wäre, wie es derzeit ist, wärs glatt ein Grund zum Davonrennen! Sie haben es getan! Sie haben es tatsächlich getan!
Wie soll ich das nur überleben?

Hab ein Gefühl im Leib, als wäre mir plötzlich das Haus zu eng geworden - und nach draußen kann ich nicht ausweichen, weil die Katzenklappe zu ist!
Herrchen hat irgendeine Sperrvorrichtung daran montiert, damit der kleine Kater in einem unbemerkten Moment nicht abhauen kann. Dabei macht dieser Fiesling überhaupt nicht den Eindruck, als wollte er das!
Der fühlte sich sofort heimisch hier bei uns! Und wie auch noch!
Gestern hab ich ihn dabei erwischt, dass er in Frauchens Bett lag und vor sich hin döste. In Frauchens Bett!
Wohlgemerkt: In MEINES Frauchens Bett! Patzte ihm gleich eins mit der Pfote, aber Nina stand gerade hinter mir und schimpfte sofort: "Böser, böser, Samuel - das darfst du unserem kleinen Schnuckiputzi doch nicht antun!"
SCHNUCKIPUTZI! Wenn ich DAS schon höre....
Bei mir hat der ausgeschnuckiputzit! Von Anfang an!

Ging danach sofort beleidigt in den Hof raus. Die sollten schon sehen, wohin ihre Lieblosigkeit führen würde! Blieb weg bis zum Abend und hoffte inständig, dass sie mich schon vermissen würden...
Aber nein, Schock: Als ich beim Küchenfenster reinguckte, sah ich nur, wie Nina und Tommy mit dem Katerchen und einem Wollknäuel rumspielten. Auch Frauchen saß bei den Dreien und schien unglaublich viel Spaß zu haben.....
Da war mir schon ein wenig mulmig zumute...
MAUUU!
Wollte mich dann bei der Katzenklappe reinschleichen, um zu retten, was noch zu retten war, aber -RUMMS! Das Ding war zu! Herrchen hatte in der Zwischenzeit besagte Sperre montiert, und ich saß nun da und verstand die Welt nicht mehr.
Ich muss ziemlich jämmerlich geklagt und gemauzt haben ( so wie damals, als ich ein kleines, verloren gegangenes Kätzchen war), denn schließlich ging doch noch die Türe auf und Frauchen ließ mich rein....

"Ach, Samuel, da bist du ja," meinte Frauchen und streichelte mich kurz (ganz hatte sie mich also doch nicht vergessen), dann wandte sie sich aber wieder dem Jungspund zu und rief fröhlich: "Guck mal, Camillo, wer da grade gekommen ist! Na, wie wärs mit einem Begrüßungsküsschen?"

Begrüßungsküsschen? Für DEN DA? Wäre sofort wieder rausgeflutscht bei der Katzenklappe - wenn ichs gekonnt hätte! So blieb mir nichts anderes übrig, als sitzen zu bleiben und mich angewidert zu ducken, als mir Frauchen den Eindringling vor die Nase hielt. PAH! Kuscheln soll ich, mit dem da?
Soviele Katzenhaare auf einmal können mir gar nicht ausfallen, dass ich das jemals wollte....

Denn langsam aber sicher dämmerte mir die unwiderrufliche Wahrheit: Ich war entthrohnt worden und würde mein künftiges Leben teilen müssen, mit diesem, diesem, diesem .....???!!! (Mir fehlen jetzt noch die Worte!)

Ich war nicht nur entthrohnt worden, ich war mittlerweile auch ausgesperrt - oder eingesperrt, je nachdem, von welcher Seite man es nun betrachten wollte. Die Katzenklappe war zwar noch da, aber sie funktionierte nicht mehr für mich. Camillo war ihnen also wichtiger als ich. HRMPF!
Ein fieser, mieser, hinterhältiger, boshafter widerlicher kleiner Erbschleicher hatte meinen Platz in ihren Herzen eingenommen! Du gräßlicher schwarzweißer-Fellklumpen, du, wenn ich so könnte, wie ich wollte.......

Ich hatte genug vom heutigen Tag und verkroch mich unter der Küchenbank, wo ich solange blieb, bis mein Rudel endlich schlief und ich mich unbemerkt ins Wohnzimmer schleichen konnte.
Wenigstens mein Plätzchen auf der Fensterbank hatten sie mir freigehalten.
Dorthin legte ich mich und hing meinen düsteren Gedanken nach.
Draußen war eine sternklare, kalte Nacht - und in mir stiegen Erinnerungen hoch, Erinnerungen an die Zeit, als ich noch dieses kleine verlassene Kätzchen war....

Wird fortgesetzt!
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Alt 17.10.2009, 10:56   #2
a.c.larin
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Mehr von meiner dunklen Vergangenheit

Tagelang lief ich damals zielllos umher. Irgendwo in den Hinterhöfen, zwischen oder neben den Mülleimern fand ich ab und zu etwas, das mich am Leben erhielt. Alles in allem war es aber kaum genug, um zu existieren.
Das Wetter schlug nach drei Tagen um und wurde ziemlich rau - will sagen : Es wurde nass, kalt und windig. Als Wohnungskatze war ich kaum an das Leben im Freien gewöhnt, mein Fell war einfach noch zu dünn. Ich begann zu zittern und zu niesen und war kurze Zeit später auch noch voll Ungeziefer, das ich mir bei den Mülltonnen geholt hatte! Außerdem hinkte ich ein wenig, weil die eine Pfote noch von dem Absturz verstaucht war. Miauuuu!

Wie ich mich damals fühlte, will ich gar nicht mehr wissen....
Wie eine Straßenkatze eben, und jung und unerfahren noch dazu.
Wahrscheinlich hätte ich diesen Zustand nicht lange überlebt, wenn ich nicht - Glück im Unglück- eingefangen worden wäre. Nicht von meinen damaligen Besitzern, leider. Doch zumindest kam ich weg von der Straße.

Zusammen mit vielen anderen Tieren landete ich damals im Gefängnis. "Tierheim" sagen die Menschen dazu. Zunächst einmal hatte jeder Häftling eine Zelle für sich, doch wenn man sich entsprechend einlebte und friedlich zeigte, durfte man einmal täglich auch in den Gemeinschaftsauslauf. War trotzdem immer ein Riesengedränge da. Kein angenehmer Ort für ein einsames, verschüchtertes Katerkätzchen....
Am meisten Angst hatte ich vor dem Tierarzt, einem alten Mann mit dünnem, grauen Kopffell und einem dicken, runden Gestell vor den Augen.....Er piekste mich einige Male mit etwas Langem, Spitzen in den Rücken (keine Ahnung, warum er das machte), stopfte mir kleine, weiße Dinger ins Maul und umwickelte meine verstauchte Pfote mit einem dehnbaren, langen Band.
Das war zwar irgendwie angenehm, trotzdem mochte ich dieses Ding überhaupt nicht und versuchte verzweifelt, es von meiner Pfote wieder abzukriegen. Einige Male gelang es mir - schließlich gaben es die Menschen auf, mich verpacken zu wollen.

Das Gute am Gefängnis war, dass ich jetzt wenigstens täglich etwas zu fressen hatte. Allmählich wurde mein mageres Bäuchlein wieder dicker und ich wuchs zu einem stattlichen Kater heran. Trotzdem mochte ich nicht gerne hierbleiben.
Besonders an Tierarzttagen litt ich enorm, weil ich doch nie wusste, was der Kerl als Nächstes mit mir vorhatte!
Der einzige Lichtblick in dieser Zeit war der Ausblick, der sich manchmal im Vorraum des Arztzimmers bot. Dort gab es eine Türe, die in einen Garten hinausführte! Die Gerüche, die von da kamen, waren immer besonders verlockend. Es musste eine Welt da draußen geben, eine Welt, die gemacht war für Katzen wie mich! Irgendwo da draußen musste noch ein besseres Leben auf mich warten, besser als dieses hier...
Meine Sehnsucht danach wuchs mit jedem Tag, und mit ihr wuchsen auch meine Muskeln und meine Neugier.....

Deshalb hielt ich die Augen und Ohren offen, belauschte die Menschen, die uns pflegten, bei ihren Gesprächen und versuchte, so viel als möglich über sie und ihre Denkweise zu erfahren. Man kann eine Menge lernen, wenn man klug ist.
Manchmal hilft Aufmerksamkeit, das Schlimmste zu vermeiden. Und so hörte ich auch eines Tages, wie der Tierarzt zu Frau Kuhn, meiner Pflegerin, sagte: "Der kleine Getigerte ist jetzt alt genug, morgen komme ich und werde ihn kastrieren...und dann können sie für ihn ein neues Plätzchen suchen...."

Himmel hilf! Kastrieren! Was war das bloß wieder? Ich hatte gleich kein gutes Gefühl bei der Sache. Und so beschloss ich, mir mein "neues Plätzchen" lieber selber zu suchen....
Ich hatte wohl unbewusst schon lange auf eine günstige Gelegenheit gewartet - und sie bot sich mir tatsächlich, und noch viel schneller, als ich es zu hoffen gewagt hätte......!


Wird fortgesetzt!
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Geändert von a.c.larin (17.10.2009 um 10:59 Uhr)
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Alt 18.10.2009, 10:36   #3
a.c.larin
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Eifersucht ist eine Leidenschaft..............

Wahnsinn, ist das vielleicht ein Wetter da draußen!
Es stürmt und bläst, als wollte es im nächsten Moment das Haus abtragen. Da - schon wieder ein Ast! Das war jetzt, glaube ich, bereits der Dritte!
Frauchens Blumen im Vorgarten haben gerade noch mal Glück gehabt.
Herrchen sieht auch schon nervös zu seinem Lauftier hinaus. Aber das Dach des Lauftierstalles hält noch. Das Lauftier selbst zeigt sich von allem völlig unbeeindruckt. Möchte bloß wissen, was diese Tiere für ein Nervenkostüm haben? Meine Nerven liegen jedenfalls blank. Kann Gewitter gar nicht ausstehen, schon gar nicht so windige! Grusel! Werd jetzt mal für eine Weile unter der Küchenbank verschwinden...

FFFFF! Camillo, was willst DU hier? Das ist mein Schlechtwetterversteck, hörst du? MEINES! Mach Platz, du Winzling , hier ist nur Platz für einen - und der bin ich. Der kann nur ich sein - anderswo ists mir zu unheimlich.....!
Na also, such dir ein neues Plätzchen, bist ja sowieso der geborene Einschleimer und Herzensbrecher....

Die letzte Woche hat meinem Hauskaterstolz doch so einige Nadelstiche versetzt. Das müsst ihr euch mal vorstellen: Den ganzen Tag schreien sie nur durchs Haus : Camillo her - Camillo hin - Camillo dies - Camillo das....
Was die für ein Getue machen, nur wegen so einem Bisschen kleiner Katze...
Dass die Kinder damit beschäftigt sind, würde ich ja gerade noch verstehen - das verschafft mir wenigstens mehr Freiraum von ihren Zudringlichkeiten, aber dass Herrchen und Frauchen sich auch auf Camillos Seite geschlagen haben, das bricht mir das Herz!

Mruuau! Gestern erst hab ich Frauchen dabei erwischt, wie sie mir untreu wurde! Ich lag gerade auf der Fensterbank und grübelte über mein gegenwärtiges und vergangenes Leben nach, als ich hörte, wie sie das Fauchewasser einschaltete. Ah-- dachte ich mir - gleich gibts Kaffee! Mit neuerwachten Lebensgeistern trabte ich in die Küche, in Erwartung von reichlich Streicheleinheiten, serviert mit Knabberstange.
Aber - oh Schreck! Da saß doch dieser kriecherische Winzling direkt auf ihrer Schoß, verdrehte zärtlich die Augen, tapste mit bettelnder Geste ihren Oberkörper hoch und angelte nach ... nach.... Erraten! Meine Knabberstangen!
Sie fütterte IHN mit MEINEN Knabberstangen!

Gleich zwei bekam er! (Weil er angeblich "noch wachsen" muss. PAH!).
Ich wurde starr wie ein Felsbrocken und merkte, dass sich alle meine Nackenhaare sträubten. Meiner Kehle entrang sich ein lautloses Fauchen, meine Augen verengten sich zu bösen, kleinen Schlitzen... Wehe, wehe Junge, wenn ich dich einmal alleine erwische..... Diese Ohrfeige ist dir gewiss, das sag ich dir....!

Im Haus wird leider nichts draus werden: Sie passen alle sehr gut auf das kleine Biest auf! Weiß auch nicht, warum sie mir auf einmal misstrauen. Bin doch bekannt für meine sprichwörtliche Gutmütigkeit! Und wenn dieser kleine Kater nicht weiß, welche Futterschüssel die seine ist und statt dessen meine leer frisst, also bitte, wer würde da nicht einen gewissen Ärger in sich aufkeimen spüren......
Niemand hat mich lieb! Miauuu! Kein Mensch versteht mich. Frauchen hat mich vergessen....Mrrrr! Die Katzenklappe ist immer noch zu! Uuuuuu!

Minusch kann mich auch nicht trösten. Sie und ihre Tochter Minou sind ein gutes Team. Sowas kann doch in einem Haus leben. Aber zwei Kater? Nie und nimmer! Lucy lebt jetzt drüben, da, wo früher Minka war. Simba besucht sie manchmal, aber nur um mit ihr zu spielen. Ich hab dazu keine Lust. Bin völlig enerviert, seit dieser kleine Kater im Haus ist. Gestern hat er sogar das Katzenkistchen benützt und wurde dafür gelobt! Als ob das eine besondere Leistung wäre!
Ich tue da schon lange - und niemand interessiert sich dafür!
Im Gegenteil. Unlängst beschwerte sich Frauchen lautstark bei mir und meinte : "Uuua - Samuel, warum kannst du nicht hinausgehen?"
Und wie soll ich das, bitte, machen? Die Katzenklappe ist doch zu - und ihr habt nur noch Augen für den Kleinen! Dann merkt ihr natürlich nie, wenn ich mirs schon verkneifen muss.......

Mrrruauu! Die Welt ist sooo ungerecht!
Ich sollte schleunigst davon laufen.
Aber bei diesem Wetter, verdammt , bei diesem Wetter...?
Nein, da kommen doch wieder einige ganz böse Erinnerungen hoch....
Nimmt den dieser Alptraum gar kein Ende...?

Wird fortgesetzt!
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Alt 21.10.2009, 21:10   #4
a.c.larin
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Dem Mutigen hilft das Glück

Damals hatte ich auch eine ziemlich unruhige Nacht hinter mich zu bringen.
Ich verstand zwar nicht, was die Ankündigung des Tierarztes bedeutete, aber ich mochte sie von Anfang an nicht! Wie sollte ich mich ihm entziehen?
Meine einzige Hoffnung war jene geheimnisvolle Türe mit dem betörenden Ausblick ins Freie. Zwar wusste ich nicht, wie ich sie für mich nutzen konnte, aber ich hatte beschlossen, meine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen...

In der darauffolgenden Nacht verblieb ich geraume Zeit schlaflos in meiner Box, döste aber dann doch ein, bis mich schließlich die sich nähernden Schritte meiner Pflegerin weckten. Ich war sofort in Alarmbereitschaft, sämtliche Nackenhaare sträubten sich mir und ich fauchte leise. "Na, Tiger - haben wir heute schlechte Laune?" fragte mich Frau Kuhn gemütlich. Dann packte sie mich mit geübtem Griff im Nacken und hob mich in ein vergittertes Transportgefängnis. Da saß ich nun, zittrig und mit Schwitzpfoten, und wusste nicht, was als Nächstes mit mir geschehen würde!.
Schließlich stellte sie mich in dem Vorraum ab, den ich schon von mehreren Besuchen gut kannte. Da waren sie also, jene zwei Türen: Die eine führte ins Verderben - und die andere? Vielleicht in die Freiheit. Wenn sie doch bloß offen gewesen wäre oder irgendwie aufginge! Ich überlegte kurz, ob es helfen würde, an ihr hochzuspringen. Dazu hätte ich aber einen gehörigen Anlauf nehmen müssen, und mir blieb sicher auch nur ein einziger Versuch.... Oh ich Ärmster, wie sollte ich mich nur retten ....?

"Der Kater ist jetzt da, Herr Hegenstein!" rief meine Pflegerin ins Arztzimmer hinüber. Inzwischen war diese Türe aufgegangen. Es roch schon so komisch heraus, dass sich mir gleich der Magen umdrehte! Was hatten die bloß mit mir vor ? Frau Kuhn zerrte mich aus meinem Gefängnis heraus, das mir mittlerweile sehr sympathisch geworden war. Am liebsten hätte ich mich mit den Pfoten darin festgeklebt, nur leider, leider: Da war absolut nix zu machen!

Obwohl ich mich in ihren Armen drehte und wand wie ein Regenwurm, gelang es mir nicht, mich zu befreien. Um ein Haar hätte ich deshalb schon aufgeben wollen, als sich plötzlich unvermutet die zweite Türe öffnete und eine große, grauschwarze Hundeschnauze, gefolgt von dem gräßlichsten Köter aller Zeiten, hereinzwängte. Ich erschrak nur kurz, denn zugleich erkannte ich sofort meine Chance: Während noch meine Pflegerin damit beschäftigt war, den an ihr hochspringenden Hund abzuwehren, war ich ihren Armen entschlüpft und rücklings abgetaucht. Der Hundriese, an dessen Leine ein weiterer Pfleger hing, wollte die Verfolgung unbedingt zwischen Frau Kuhns Beinen beginnen(Wodurch er sie beinahe umgerissen hätte!), was wiederum einen Vorteil für mich bedeutete.
Ich nützte die Gelegenheit und suchte Zuflucht unter jener Bank, auf der die Pfleger oft saßen und warteten, wenn sie ein Tier zum Tierarzt brachten. Das Schnauzenmonster wolte mich auch dort aufstöbern, brauchte aber nun beide Pfleger, um festgehalten zu werden. Vom Arztzimmer hörte ich bereits die Schritte des Tierarztes näherkommen! Da riskierte ich den alles entscheidenden Entschluss: Rasch unter der Bank hindurchgeflutscht , mit einem Satz zur immer noch offenen Türe gesprungen und mit einem weiteren bei derselben hinaus....

"Der Kater!" hörte ich noch den Tierarzt rufen, und auch die Pfleger schienen sich irgendetwas zuzuschreien, was aber in einem fürchterlichen Gebelle unterging. Ich mochte ja die Sabbermäuler noch nie, aber in diesem einen Moment, glaubt mir Freunde, in diesem einen Moment, da liebte ich sie!
Ich rannte und rannte, was das Zeug hielt: Wiese, Weg , Zaun, Straße, noch ein Zaun, wieder eine Wiese, ein Feld, eine Straße, ein Holzstoß, noch eine Wiese.....
Schließlich blieb ich mit bebenden Flanken und einem Herzen, das vor Anstrengung schier zu zerspringen drohte, irgendwo liegen. Ich keuchte und röchelte, und in meinem Kopf wirbelten die unterschiedlichsten Eindrücke wie wild durcheinander. Erst nach und nach konnte ich begreifen, was geschehen war: Ich war frei, frei wie ein Vögelein!
Und während ich allmählich wieder zu Atem und zur Ruhe kam, durchflutete mich das heiße Triumphgefühl maßloser
Freude und Begeisterung: Ich war frei! Frei!

Und genau in diesem seltsamen Moment, erschöpft, verwirrt und mit einem bei der Flucht eingerissenen linken Ohr, gab ich mir das wichtigste Versprechen meines Lebens: Frei zu sein - und es auch für den Rest meines Lebens zu bleiben.......


Wird fortgesetzt!
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Geändert von a.c.larin (21.10.2009 um 21:44 Uhr)
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Alt 23.10.2009, 20:09   #5
a.c.larin
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... eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht,....

Ich hege wieder zarte Hoffnungen!
Frauchen hat heute Camillo in den Transportbehälter gesteckt, in dem sie mich immer zur Tierärztin bringt! Vielleicht wird die ihn auch von hinten pieksen (bösgrins) oder möglicherweise sogar kastrieren ( diebischfreu) - was immer das sein mag. Vielleicht muss Camillo auch für immer dortbleiben - hätte jedenfalls nichts dagegen einzuwenden. So eine Menschenwohnhöhle ist ohne Zweitkater-Rivalen eindeutig angenehmer zu bewohnen!
Räkelte mich vorhin geradezu genüsslich auf dem neuen Wohnzimmerteppich . Das anschließende Krallenschärfen machte mir seit langer Zeit auch wieder mal so richtig Spass! Noch dazu wurde ich auch von niemandem gerügt -
weil Frauchen ja mit ihrem Lauftier und Camillo weggelaufen ist!

Ach Frauchen, liebes Frauchen! Bring ruhig das kleine Miststück weg und dann liebe nur noch mich - mich ganz allein! Ich werde dir zu Füßen liegen, dein Herz umschmeicheln, die Wunden deiner Seele trösten, dir immer dein treuergebenster Samuelschatz sein.... Schmacht - mijau!
Verschmähte Liebe kann schon weh tun....

Vielleicht kommt sie ja wieder zur Besinnung, das wäre wirklich hoch an der Zeit.
Herrchen jedenfalls hat vorhin die Katzenklappe wieder so eingestellt, dass ich ungestört rein und rauskann. Was für ein Segen! Ich liebe ihn! Herrchen ist der Beste! Gab mir nachher sogar eine Extra - Knabberstange. Einfach so.
"Na, Alterchen, wie gehts denn so?" brummelte er freundlich und tätschelte mich dabei. "Weibers sind schon wankelmütig in ihren Leidenschaften, nicht wahr? Ohren steif halten, Junge, da müssen wir Männer halt einfach durch...!"
Ach - ein wahres Wort von Kater zu Kater tut doch immer gut!
Ich rieb mein Köpfchen an seinem linken Hosenbein und umwickelte schwanzmäßig sein rechtes - soll keiner sagen ich ließe es bei artgerechter Behandlung an Freundlichkeiten fehlen!

Sah ihm dabei tief in die Augen und mauzte: "Kannst du nicht mal ein Machtwort reden mit ihr? Du bist doch der Rudelführer hier. Da musst du schon mal zeigen wos langgeht, sonst schleppt sie über kurz oder lang noch alles Mögliche ein, nur weil es vier Beine hat und niemandem gehört....."
Er schien mir aber nicht recht zuzuhören, denn gerade hatte er an der Bauchseite seines heißgeliebten Lauftieres rotbraune Flecken entdeckt.
Schlimme Hautkrankheit! Erst bilden sich dicke Blasen, dann blättert die obsterste, farbige Schicht ab, danach zeigen sich rostrote Flecken und zuletzt richtige Löcher.....
Grusel ! Hoffentlich krieg ich sowas nie! Herrchen lief gleich in den Keller und holte ein kleine, bunte Dose...
Hoffte schon auf einen zusätzlichen Snack , doch mittlerweile war Herrchen schon zu beschäftigt mit der Malaise seines Lauftieres, also beschloss ich, unserer Nachbarin, Fräulein Moosbrugger, wieder mal eine Besuch abzustatten. In letzter Zeit ist sie sehr empfänglich für Trost. Hat auch ihren Kummer, die Gute. Sie hat mirs leise schluchzend ins Ohr geflüstert. Ihr Freund, so vermutet sie, hätte auch noch eine andere. Ach , die Ärmste!
Ich kann sie ja so gut verstehen! Schätzchen, ich weiß doch, was du mitmachst: Dein Freund liebt eine andere - und mein Frauchen hat Camillo ins Haus genommen!
Wir trösten uns dann gegenseitig : Ich schnurre ausdauernd - und sie füttert mich mit allerhand Leckerlis. Wie kann ein Menschenkater dieser Frau nur abtrünnig werden? Also ich würde mich doch nie irgendjemand anderem zuwenden, dazu bin ich viel zu treu und anhänglich....

Frauchen mag es allerdings nicht so sehr, dass ich Fräulein Moosbrugger besuche - versteh gar nicht, warum. Ich glaube, sie hat ihr immer noch nicht verziehen , dass Herrchen sich ihretwegen so sehr für die Gartenarbeit interessiert hat. Menschen haben schon ein reichlich verzwicktes Gefühlsleben, kanns euch sagen! Zum Glück sind wir Katzen da ganz anders....


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Alt 24.10.2009, 09:16   #6
a.c.larin
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Wohl dem , der ein Zuhause hat....

Damals war für mich die Sache klar: Nie wieder wollte ich in die Hände der Menschen geraten! Ich hielt mich geraume Zeit nur am Rande ihrer Siedlungen auf und bewohnte vor allem die angrenzenden Felder und Hecken. Da Hochsommer war, gab es wettermäßig auch kaum etwas dagegen einzuwenden. Die gegegentlichen Regenschauer waren eine willkommene Abkühlung von der täglichen Hitze, bei starkem Gewitter verkroch ich mich irgendwo unter einem Holzstoß oder hinter einem Schuppen - alles in Allem also kein schlechtes Leben für einen jungen Kater im Vollbesitz seiner Jungkaterkräfte! Futter fand ich genug, denn ich war ein geschickter Jäger und in den Feldern tummelten sich die Mäuse. Hin und wieder erwischte ich auch einen Vogel, aber zumeist waren es nur ganz junge, die das Fliegen noch nicht so richtig erlernt hatten. Mussten sie dann auch nicht mehr. Die Mühe nahm ich ihnen ab.....

Ich hatte damals auch eine Freundin, Halbangora mit schönem, seidigen Fell.
Sie hieß Amelie und wohnte in einem der Siedlungshäuser ganz in der Nähe.
Amelie liebte die Mäusejagd genau so wie ich. Es war ihren Besitzern zwar nicht ganz recht, dass sie sich mit mir in den Feldern herumtrieb, doch irgendwie schaffte sie es immer, sich für einen kleinen Ausflug freizumachen.
Wir wurden bald auch ein Liebespaar!

Ach, diese süße, seidige Amelie!
Nie werde ich ihr honigfarbenes, weiches Fell vergessen......
Doch als der Sommer vorüber ging und die ersten Herbststürme übers Land wehten, blieb Amelie immer öfter aus und ich wartete vergeblich an unserem gewohnten Treffpunkt auf sie.
Es war wohl so, dass die Menschen sie in ihrer Wohnhöhle eingeschlossen hatten, um sie von mir fernzuhalten. Mrruau! Ich wusste doch, warum ich diesen Typen nicht traute. Dennoch trieb ich mich mittlerweile häufiger auch in ihren Siedlungen umher, denn die Mäuse auf den Feldern waren spärlicher geworden, die Vögel vorsichtiger und mein Appetit immer beträchtlicher. Irgendwie ahnte ich wohl schon das Hernannahen des kommenden Winters.
Die Nächte waren bedeutend frischer und die Gewitter auch heftiger geworden. An manchen Tagen blies ein stürmischer Wind durch mein Fell und ließ mich wirklich frieren. Deshalb war es hoch an der Zeit, einen warmen Unterstand zu finden - aber wo, bitte, sollte der sein...?

Eines Tages kam ich an einem sehr kleinen, schon ein wenig baufällig wirkenden Häuschen vorbei. Straßenseitig hingen ein paar Blumenkästen vor den Fenstern und eine grüne Holzbank stand da, auf der oft eine Zeitung lag.
An der Hinterfront hatte das Häuschen einen schmalen, langgezogenen Garten, in dem allerhand Grünzeug in sehr ordentlichen Reihen angepflanzt war. Tagsüber hoppelten zwei Häschen durch all die Beete - sie hätten leicht auch in die angrenzenden Felder entwischen können, doch das taten sie nie.
Das interessierte mich. Tiere, die freiwillig bei Menschen blieben, obwohl sie hätten fliehen können? Vielleicht war ja hier doch ein einigermaßen angenehmer Ort, um zu überleben, zumindest für einen Winter....
Ich begann also, das kleine Häuschen zu beobachten.

Wie sich sehr bald herausstellte, wohnte darin nur eine alte Frau. Sie konnte wohl nur noch schlecht sehen, schien aber feine Ohren zu haben, denn sie drehte immer den Kopf nach allen Seiten, wenn ich leise an ihr vorüber durch den Hof huschte. Folgen konnte sie mir nicht, denn sie kam selber nur mühsam voran und hatte einen Stock, auf den sie sich dabei stützen musste.
Doch sobald sie aus dem Haus in den Hof trat, witterten die Häschen und hoppelten freudig auf sie zu. Irgendetwas bekamen sie dann wohl immer zu fressen. Danach trug sie die alte Frau zu kleinen Holzbehältern, in denen sie sie über Nacht einschloss. Am Morgen ließ sie ihre Tiere wieder frei.
Ich verfolgte das Geschehen mehrerer Tage lang, bis ich mir sicher war, dass von dieser Frau wirklich keine Gefahr für mich ausging. Schließlich wagte ich mich hinter einer Mülltonne hervor, als sie gerade auf der Bank vor ihrem Haus saß. Ich mauzte ein wenig und wartete, was nun passieren würde.
Doch sie schien mich gar nicht bemerkt zu haben, saß nur weiter ganz stumm auf der Bank und murmelte etwas vor sich hin. Dann stand sie langsam auf und ging ins Haus hinein. Die Tür ließ sie aber offen.
Nanu? Neugierig geworden kam ich ein paar Schritte näher und guckte in den Flur hinein. Wo war sie nur geblieben? Es dauerte jedoch nicht allzu lange, da hörte ich schon ihre schlurfenden Schritte wiederkommen. Sofort zog ich mich hinter die Mülltonne zurück.
"Mauzi,Mauzi, Mauzi!" hörte ich sie rufen. Sie trug ein kleines Schälchen mit einer weißen Flüssigkeit in der Hand, das sie unter der kleinen Bank abstellte.
"Mauzi, mauzi, mauzi!" rief sie noch ein zweites Mal. Dann machte sie wieder kehrt und ging zurück ins Haus. Diesmal schloss sie die Tür.
Ich wartete erneut, doch sie kam nicht wieder.
Hatte sie mit "Mauzi, Mauzi! " etwa mich gemeint?
Vorsichtig schlich ich mich näher. Die weiße Flüssigkeit hatte eine angenehmen Geruch. Ich erinnerte mich, dass ich früher mal etwas Ähnliches getrunken hatte.
Auf diese Weise kam ich zu meinem ersten Schälchen Milch nach langer Zeit.
Und es sollten noch viel weitere folgen....


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Geändert von a.c.larin (24.10.2009 um 12:56 Uhr)
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Alt 25.10.2009, 07:48   #7
a.c.larin
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..,die mit Eifer sucht. ....

Leute, das müsst ihr gesehen haben: Ein Lauftier, das sich verlaufen hat!
Zwar nicht sehr weit, aber immerhin doch.
Kam gestern früh von meinem Hofrundgang zurück und wollte noch kurz zu Fräulein Moosbrugger rüberflitzen ( Ihr wisst schon: wegen Trost spenden), da bemerkte ich, dass das Lauftier von Karl dort vor dem Gartentor stand.
Sehr seltsam, das. Da fiel mir ein, dass es den Abend zuvor auch nicht vor dem Mittermaier - Haus gestanden hatte, wo es eigentlich hingehört. Dachte mir also, der junge Mann wäre einfach noch unterwegs.
Und nun hatte sein Lauftier plötzlich nicht ganz heimgefunden!
Versuchte gleich, der Sache auf den Grund zu gehen und machte dabei noch eine ganz andere Entdeckung: Auch Karl schien nicht mehr genau zu wissen, wo er wohnt! Der kam nämlich freudestrahlend aus dem Moosbrugger-Häuschen heraus und steckte sich gleich eine Feuerstange in den Mund!

Das macht er immer so, wenn er mit sich und der Welt zufrieden ist.
Was am Nicht-Heimfinden allerdings so toll sein soll, konnte ich mir nicht erklären. Fräulein Moosbrugger stand hinter ihm in der offenen Türe und winkte ihm freudestrahlend nach. Offenbar war sie froh, ihn über seinen Irrtum aufgeklärt zu haben. Dann sah sie mich und zwitscherte vergnügt: "Hi Samy, wie wärs mit einem kleinen Imbiss?" Für einen schmackhaften Happen zwischendurch bin ich eigentlich immer zu haben, nur, dass sie jetzt so überaus fröhlich war, irritierte mich ein bisschen. Woher kam der jähe Stimmungswechsel bei ihr?
Ich dachte mir daher: Wahrscheinlich ist das Fräulein sehr teilnahmsvoll und freut sich darüber, das sie ihrem Nachbarn ein wenig behilflich sein konnte....

Ihr könnt euch aber meine Verblüffung nicht vorstellen, als ich heute Morgen feststellen musste, das Karls Lauftier wieder falsch übernachtet hatte....
Muss ich mir nun Sorgen machen um das liebe Fräulein?
Frauchen hat auch schon bemerkt, was da los ist, nimmts aber sehr gelassen.
Im Gegenteil: Ihr scheint die rätselhafte Lauftierkrankheit durchaus recht zu sein. "Na endlich wird dieser Garten auch einmal richtig beackert!" meinte sie heute beim Frühstück zu Herrchen. Der schien mir aber eher enttäuscht zu sein, denn er zuckte nur mit den Schultern und vertiefte sich in das Betrachten seiner Zeitung. Vielleicht meinte er damit, dass der kleine Moosbrugger-Garten ja gar nicht so viel Pflege braucht...
Ich war ein wenig verwirrt, denn ich kann mir nicht vorstellen, was Karls Lauftier mit dem Garten von Fräulein Moosbrugger zu tun haben könnte! Um damit zu ackern, so wie die seltsamen Tuckertiere, die manchmal über die Felder fahren, müsste er daran noch einige deutliche Veränderungen vornehmen. Und ob das das Fräulein Mossbrugger das überhaupt will?

Nach einer Weile ließ Herrchen die Zeitung niedersinken und meinte knapp:
"Wenn das nicht wieder sein nächster Verkehrsunfall wird...." Dann verließ er die Küche und ich konzentrierte mich auf Wichtigeres, denn soeben kam Camillo bei der Katzenklappe herein und wollte sofort etwas zu fressen haben.
Weil sein eigener Napf schon leer war, machte er sich über die Reste auf meinem Teller her, was mir sofort ein heftiges Fauchen entlockte.

Frauchen schimpfte ein wenig mit Camillo und setzte ihn zum Glück vor seinen eigenen Teller, den sie gleich mit Futter befüllte. Mir war der Appetit vergangen, also nützte ich die Gelegenheit, um durch die Katzenklappe abzuhauen, nicht ohne Camillo vorher noch mal gründlich angeschnauzt zu haben. Der sollte ruhig wissen, wer hier der Herr im Hause ist...
Nützte mir aber nicht viel - Frauchen schickte mir ein entrüstetes "Samuel!" hinterher. Seufz. Damit wird sie wohl meine Erziehungsmaßnhamen auch weiterhin unterminieren...

Seit Camillo vom Tierarzt zurück ist, darf er auch wieder in den Hof hinaus, angeblich, weil es nun egal ist, ob er sich verläuft oder nicht. Irgendetwas Geheimnisvolles hat die Tierärztin angeblich mit ihm gemacht.
Mir wäre es allerdings auch vorher schon egal gewesen, wohin dieser kleine Besen sich verkrümelt - soferne es nur bald ist und weit genug weg!

Lag anschließend auf unserem Lauftierschutzdach und grübelte darüber nach, wohin Camillo wohl am besten verschwinden könnte. Dachte mir: Wenn Lauftiere sich verlaufen können, dann könnten es doch kleine Kater erst recht tun! Möglicherweise müsste man dazu auch nur ein ganz klein wenig nachhelfen. Und nach einigem Sinnieren kam mir plötzlich eine zwar finstere, aber durchaus überlegenswerte Idee.....

Wird fortgesetzt!
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Alt 27.10.2009, 21:05   #8
a.c.larin
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Trautes Heim

Damals gingen meine Ideen allerdings in eine ganz andere Richtung.
Es ist erstaunlich, wie schnell man sich an etwas Gutes gewöhnen kann!
Ich, der ich einen Sommer lang umherstreunte und keinen Gedanken daran verschwendete, mich an irgendjemanden anzuschließen, ich wurde allmählich seßhaft!

Natürlich half der voranschreitende Herbst und die immer kühler werdenden Nächte gehörig mit, doch wäre die alte Frau nicht so überaus vorsichtig und geduldig mit mir gewesen - wer weiß, ob ichs nicht doch vorgezogen hätte , im Freien zu überwintern?

Das tägliche Schüsselchen Milch holte ich mir jedenfalls bald. Sie stellte es immer frühmorgens unter die Bank vor dem Haus, sodass mein Magen rasch eine gewisse Pünktlichkeit erlernte. An milden Herbsttagen saß die Alte auch mittags vor dem Haus und aß Brot mit Wurst oder Käse. Wenn sie mich in der Nähe vermutete, warf sie wie selbstverständlich immer ein paar Stücke in Richtung der Mülltonne, denn dahinter hockte ich zumeist und beobachtete sie. Nach und nach musste sie die Leckerbissen gar nicht mehr so besonders weit werfen, denn ich rückte immer näher und näher....

Eines Tages im Spätherbst, es war schon geraume Zeit ziemlich frostig gewesen, fielen die ersten Flocken vom Himmel. Ich mochte das weiße Zeug überhaupt nicht! Abgesehen davon, dass es sich so kalt anfühlte unter den Pfoten, hatte es auch noch die unangenehme Eigenschaft, mir das Fell nass zu machen, sobald ich mich an irgendeinen geschützteren Ort zurückzog, um mich zu wärmen. Ich dachte mit wehmütigen Erinnerungen an die trockenen Nächte im Tierheim, gruselte mich aber zugleich bei bem Gedanken an den Tierarzt. Das konnte ja heiter werden, wenn das so weiterging.....
Die alte Frau war schon den ganzen Vormittag im Garten zugange gewesen und zerkleinerte Holzstücke, die sie anschließend in verschiedenen Kistchen aufstapelte. Dabei seufzte sie und stöhnte auch manchmal - die Arbeit schien ihr nicht leicht zu fallen. Doch warum blieb sie nicht in ihrem Haus?
Da drin war es doch sicher viel wärmer und auch gemütlicher als hier draußen im eisigen Schneewind.
Ich guckte ihr interessiert bei ihrer Tätigkeit zu. Das schien sie irgendwie zu freuen, denn sie begann bald, irgendwelche halblauten Worte vor sich hin zu murmeln. Redete sie nun mit mir oder mit sich selbst? Weil ich nicht unhöflich sein wollte, warf ich hin und wieder ein vorsichtiges "Miau!" ein, worüber sie immer zu lächeln begann.
Schließlich war sie fertig und war im Begriff zurück ins Haus zu gehen, als sie plötzlich innehielt, so , als wäre ihr etwas eingefallen. Jedenfalls drehte sie sich noch einmal um , mit ihren Augen den Garten absuchend .( Es hatte schon zu dämmern begonnen, daher konnte sie mich wohl gar nicht mehr so genau erkennen). Klar und deutlich rief sie: "Mauzi, Mauzi , Mauzi - komm!"

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen! Sobald sie die rückwärtige Türe zum Haus geöffnet hatte, sauste ich blitzgeschwind an ihr vorbei und in den Vorraum hinein! Ich hatte kaum Zeit zu überlegen und war anschließend selbst über mich verwundert, denn die Türe zur Freiheit schloss sich hinter mir, und ich hatte trotzdem überhaupt keine Angst!

Meine Wohltäterin machte sich daran, ein Feuer auszurichten.
Mitten in ihrem Hauptwohnraum hatte sie ein kleines, schwarzes Ding stehen. In dessen Maul stopfte sie nun Papier - und Holzstücke und legte auch ein paar dunkle Steine darauf. Dann machte sie Feuer mit einem kleinen Stäbchen. Ich war sehr erstaunt, denn so etwas hatte ich noch nie gesehen.
Wenig später wurde es im Raum angenehm warm.
Die Alte ging in die Küche. Von dort brachte sie eine Schale Tee für sich und ein Schüsselchen Futter für mich.
Sie setzte sich auf die Bank , nahe zum Feuermaulkasten und sobald ich mit dem Fressen fertig war, sprang ich auf ihre Schoß und verbrachte so den Abend mit ihr.
Es wurde der Beginn einer tiefen und innigen Freundschaft....

Wird fortgesetzt!

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Alt 30.10.2009, 18:07   #9
a.c.larin
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....sucht, was Leiden schafft

Kleine Kätzchen sind ja sowas von neugierig! Da kann auch mal was passieren - habs ja immer schon gesagt. Das habt ihr jetzt davon! Armes Ninalein, nun musst du so viel weinen. Na komm Schätzchen, Samuel wird dich trösten. Ja, ja, streichel mich, mich allein - und nicht den kleinen Rabauken....

Bin heute sehr zufrieden mit mir und der Welt! Camillo hat was angestellt - Frauchen musste sehr mit ihm schimpfen und Nina will ihn jetzt eine Weile in ihrem Zimmer nicht mehr sehen. Weil er ihre Puppe kaputt gemacht hat. Schwerer Schädelbasisbruch, bedingt durch rückwärtigen Aufprall. Puppen sehen aus wie kleine Menschen, nur dass sie eben nicht lebendig sind. Aber sehr ähnlich angezogen.
Ninas Lieblingspuppe sitzt immer auf dem Mansardenfensterbrett und guckt in den Garten hinunter. Besser gesagt : Sie saß! Denn heute Vormittag ist sie abgestürzt. Das ist aber in Camillos Sündenregister zu schreiben! Was musste er sich denn unbedingt am Vorhang hochhangeln und anschließend oben auf dem Fensterbrett spazieren gehen?
So etwas macht man doch nicht! ( Vor allen Dingen dann nicht, wenn man es nicht richtig kann! ). Soll mir aber recht sein , wenigstens wissen sie jetzt, was sie sich da für eine Plage ins Haus genommen haben!
Nina hat Rotz und Wasser geheult, als sie das Püppchen auf dem Boden liegend wiederfand. Ein dicker, breiter Sprung ging quer durch das Puppengesicht, sah echt nicht schön aus - und Camillo war mittlerweile hinterm Bett verschwunden.
Frauchen guckte auch ganz betrübt. "Herrje, ausgerechnet die Puppe mit dem Porzellankopf!" hörte ich sie sagen. Zur Strafe fischte sie das ungezogenen Katzenkind unterm Bett hervor und setzte es vor die Türe.
Der guckte vielleicht verdutzt drein!
Hat wohl geglaubt, ausgerechnet für ihn gäbe es nur Freibriefe für Unartigkeiten....

Ich witterte gleich eine günstige Gelegenheit und heftete mich an seine Fersen. Mein untrüglicher Instinkt sagte mir, dass jetzt der langersehnte Moment gekommen war, meinen Plan ( Aktion "Rettet Samuels Seelenfrieden" ) zu verwirklichen....

Trabte erst mal eine Weile unauffällig hinter ihm her, um zu sehen was er vorhatte. Sondierte dabei sorgfältig das Terrain, jetzt Minusch zu treffen, wäre doch etwas unangenehm gewesen. Schließlich überholte ich ihn und tat dabei so, als hätte ich gerade eine interessante Spur gefunden. Wie zu erwarten war, wurde er sofort auf mich aufmerksam. Er lief wieder voraus und lauerte mir hinter der nächsten Hecke auf , um plötzlich heraus zu springen.....
So ging das Spielchen eine Zeit lang hin und her. Dabei lockte ich ihn langsam, aber unmerklich zuerst hinter Dobrowolnys Holzstoß und von dort weiter entlang der Gartenzäune, bis hin zu meinem angepeilten Ziel.
Nun musste ich nur noch ein wenig Glück haben....


Wird fortgesetzt!
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Geändert von a.c.larin (30.10.2009 um 18:09 Uhr)
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Alt 31.10.2009, 17:14   #10
a.c.larin
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Wie ein Herz und eine Seele...

Damals hatte ich das Glück jedenfalls ganz auf meiner Seite!
So kalt es in diesem Winter auch draußen war, im Haus der alten Frau fand ich doch alles, was mein Herz begehrte.
Es schien, als hätte sie nur auf jemanden wie mich gewartet, denn, einmal bei ihr eingezogen, wurde ich zum Mittelpunkt ihres Interesses. Die Milch servierte sie mir immer gewässert und handwarm. Das Futterschälchen wurde stets peinlich sauber gehalten, selbst mein Fell bekam nach kurzer Zeit einen seidigen Schimmer, weil sie es täglich zweimal bürstete!

Ich belohnte sie für ihre Bemühungen mit Geschnurre vom Feinsten und legte mich, wenn sie wieder einmal das Gliederreißen plagte, zärtlich über ihre rechte Schulter, da, wo sie immer besonders arge Schmerzen hatte. Das tröstete sie ein wenig. Im Übrigen war sie aber ein tapferes Weiblein, das sich zäh und verbissen durch ihren Alltag kämpfte, soweit ihr Alter das eben zuließ.

Dabei erzählte sie mir oft ganz wirre Geschichten aus ihrer Vergangenheit - offenbar hatte sie auch schon eine Menge erlebt, nur schien ihr die Reihenfolge der Geschehnisse beim Erinnern irgendwie durcheinander zu geraten. Mich störte das aber nur wenig. Ich lauschte dem Tonfall ihrer Stimme und spitzte nur gelegentlich die Ohren, nämlich immer dann, wenn sich manchmal, zwischen zwei Atemzügen, dieses seltsame Zischen bei ihr hören ließ. Sie musste danach oft ihre Erzählungen unterbrechen, um wieder zu Atem zu kommen, doch da es sie selber nicht beunruhigte, machte auch ich mir weiters keine Sorgen um sie....

Das sollte sich allerdings als Irrtum herausstellen, denn je länger der Winter mit seiner Kälte andauerte, desto häufiger wurden die Zischlaute und auch die Pausen, die sie zur Erholung brachte, verlängerten sich. Trotzdem sorgte sie für mich mit einer rührenden Hingabe. Und so begriff ich allmählich, dass meine durch Flucht und Herumstreunen erlernte Furcht vor den Menschen wohl doch nicht ganz den Tatsachen gerecht wurde.

Vom Küchenfenster aus hatte ich einen guten Blick auf die davor befindliche Straße. Auch wenn nur selten jemand an unserem Haus vorüberging, da es fast am Ende der Straße lag, so bot sich mir doch oft genug Gelegenheit, unsere unmittelbaren Nachbarschaft zu beobachten und einige Dinge über die Gepflogenheiten der Menschen zu lernen.
Mittlerweile hatte der Winter ja vollends Einzug gehalten und die Schneedecke reichte mir bis an die Nasenspitze, Grund genug für mich, mich nicht allzu oft nach draußen zu wagen und wenn, dann immer nur für kurze Zeit. Manchmal allerdings begleitete ich meine alte Dame ein Stück die Straße entlang. Sie zog dann immer ein kleines, zweirädriges Wägelchen hinter sich her, in dem sich bei ihrer Rückkunft zumeist auch etwas Leckeres für mich befand!
Heute erscheint es mir erstaunlich, dass sie es trotz ihres hohen Alters noch schaffen konnte, so zu jagen, doch damals nahm ich ihr glückliches Jagdgeschick als selbstverständlich an und genoss die damit für mich verbundenen Annehmlichkeiten in vollen Zügen!
Ich ahnte noch nicht, wie schnell sich meine Lage abermals ändern würde.
Als der Winter dem Ende zuging, war die Zeit, Abschied zu nehmen, erneut gekommen.
Doch diesmal fiel es mir wirklich schwer, fortzugehen.....

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Geändert von a.c.larin (31.10.2009 um 17:25 Uhr)
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