Gedichte-Eiland

Erich Kykal · 16.02.2013, 19:04

Von eisengrauen Schindeln tränt der Regen
in diese nebelfeuchte, dunkle Stadt.
Wer hier Verpflichtung und ein Leben hat,
erfüllt wohl beides ohne Glanz und Segen.

Der immergraue Himmel wird gespiegelt
im kalten Brunnen, in der Lachen Schmutz,
und steinern recken Giebel blanken Trutz
in bleiche Lüfte, die ein Blitzschlag siegelt.

Dort wächst der schwarze Schimmel in die Wände,
greift in die Räume als der Schatten Gast
und fasst dabei, als wüchsen ihm noch Hände,

nach kranken Seelen, die - an ihrer Last
verzweifelnd - flehen um ein sanftes Ende,
auch wenn es nicht zu diesen Mauern passt.

wüstenvogel · 16.02.2013, 21:28

Hallo Erich,

ich vermute mal, dass du in keiner Stadt wohnst.

Vielleicht meinst du aber auch eine bestimmte (Groß-)Stadt?

Du stellst das Stadtleben sehr negativ dar -doch nicht immer herrschen Regen, Nebel, Feuchtigkeit und Schimmel.

NIcht jede Stadt (er)zeugt kranke Seelen, "die an ihrer Last verzweifeln".

Ich habe einige Zeit in um und Frankfurt gelebt und eine Art Hassliebe zu dieser Stadt entwickelt, von daher kann ich deine Zeilen gut nachvollziehen, wenn ich sie auch für ein kleines bisschen einseitig halte.

Auf jeden Fall wie immer sehr gut geschrieben!

Viele liebe Grüße

wüstenvogel

Erich Kykal · 16.02.2013, 23:25

Hi, wüstenvogel!

Ich habe in einer Industriestadt gelebt, bis ich 38 war. Das Gedicht meint aber keine spezielle Stadt und auch nicht die Stadt an sich.
Es beschreibt einfach einen sehr düsteren Ort, nichts weiter. Mag sein, bei schönem Wetter ein netteres Plätzchen, aber hier ging es um ein Stimmungsbild, ähnlich einem Gemälde.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy

***Dana*** · 09.03.2013, 17:59

Lieber eKy,

die eingefangene Stimmung ist einfach nur gut und als Sonett große klasse!

Die Erklärung an wüstenvogel verstärkt nur noch die Wirkung.
Natürlich hat jede Großstadt und erst recht eine Industriestadt, nicht ohne Grund, mehr Licht und lichte Stätten als ein verlassenes Dorf.

Doch als "Dorfkind", das schon mit großen Augen eine Kleinstadt betrachtet, in der es gelandet ist, kann ich das gut nachempfinden.
Nach jedem Aufenthalt oder nur "Abstecher" in einer Großstadt, habe ich immer wieder entschieden, dort niemals leben zu wollen.
Die Wald- oder Wassersilhouette im Mondlicht, leuchtende Einzelfenster in gedukten Häuschen und sonnenüberflutete Wiesen sind mir "licht" genug - von Kind an.

Dein schönes Sonett bestätigt mir mein Empfinden.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal · 09.03.2013, 21:06

Hi, Dana!

Ich durfte ja als Kind beides erleben, da meine Eltern am Lande ein Haus bauten, als ich 4 war. So kenne ich beide "Welten" und war in beiden zuhause, auch wenn meine Altersgenossen am Lande mich den reichen Stadtsack, die Stadtkinder mich ein armes Landei nannten...

Die Menschen sind schon lustig in ihrer Hirnlosig- und Oberflächlichkeit. Naja - bei Achtjährigen noch verzeihlich!

LG, eKy

10.03.2013, 22:21

Hallo Erich,

das ist brillant.

Viele Grüße,
Skarak

Erich Kykal · 11.03.2013, 17:18

Hi, Skarak!

Oh, vielen Dank! (Verschämt seitlich nach unten guck!)

LG, eKy

Untergrund · 12.03.2013, 12:38

Die gesiegelte Luft und der Schatten Gast wissen ihr Reich in deinem Gedicht gut zu verteidigen. Der Mensch wird doch nur Teil der Dinge sein, wenn sie mal so gewaltig daherkommen sollten.

LG RS

16.02.2013, 19:04	#1
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Verfluchte Stadt Von eisengrauen Schindeln tränt der Regen in diese nebelfeuchte, dunkle Stadt. Wer hier Verpflichtung und ein Leben hat, erfüllt wohl beides ohne Glanz und Segen. Der immergraue Himmel wird gespiegelt im kalten Brunnen, in der Lachen Schmutz, und steinern recken Giebel blanken Trutz in bleiche Lüfte, die ein Blitzschlag siegelt. Dort wächst der schwarze Schimmel in die Wände, greift in die Räume als der Schatten Gast und fasst dabei, als wüchsen ihm noch Hände, nach kranken Seelen, die - an ihrer Last verzweifelnd - flehen um ein sanftes Ende, auch wenn es nicht zu diesen Mauern passt. __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

16.02.2013, 21:28	#2
wüstenvogel Erfahrener Eiland-Dichter Registriert seit: 30.08.2011 Ort: Wetzlar/Hessen Beiträge: 446	Verfluchte Stadt Hallo Erich, ich vermute mal, dass du in keiner Stadt wohnst. Vielleicht meinst du aber auch eine bestimmte (Groß-)Stadt? Du stellst das Stadtleben sehr negativ dar -doch nicht immer herrschen Regen, Nebel, Feuchtigkeit und Schimmel. NIcht jede Stadt (er)zeugt kranke Seelen, "die an ihrer Last verzweifeln". Ich habe einige Zeit in um und Frankfurt gelebt und eine Art Hassliebe zu dieser Stadt entwickelt, von daher kann ich deine Zeilen gut nachvollziehen, wenn ich sie auch für ein kleines bisschen einseitig halte. Auf jeden Fall wie immer sehr gut geschrieben! Viele liebe Grüße wüstenvogel

16.02.2013, 23:25	#3
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi, wüstenvogel! Ich habe in einer Industriestadt gelebt, bis ich 38 war. Das Gedicht meint aber keine spezielle Stadt und auch nicht die Stadt an sich. Es beschreibt einfach einen sehr düsteren Ort, nichts weiter. Mag sein, bei schönem Wetter ein netteres Plätzchen, aber hier ging es um ein Stimmungsbild, ähnlich einem Gemälde. Vielen Dank für deine Gedanken! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

09.03.2013, 17:59	#4
*Dana* Slawische Seele Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Inselstadt Ratzeburg Beiträge: 5.637	Lieber eKy, die eingefangene Stimmung ist einfach nur gut und als Sonett große klasse! Die Erklärung an wüstenvogel verstärkt nur noch die Wirkung. Natürlich hat jede Großstadt und erst recht eine Industriestadt, nicht ohne Grund, mehr Licht und lichte Stätten als ein verlassenes Dorf. Doch als "Dorfkind", das schon mit großen Augen eine Kleinstadt betrachtet, in der es gelandet ist, kann ich das gut nachempfinden. Nach jedem Aufenthalt oder nur "Abstecher" in einer Großstadt, habe ich immer wieder entschieden, dort niemals leben zu wollen. Die Wald- oder Wassersilhouette im Mondlicht, leuchtende Einzelfenster in gedukten Häuschen und sonnenüberflutete Wiesen sind mir "licht" genug - von Kind an. Dein schönes Sonett bestätigt mir mein Empfinden. Liebe Grüße Dana __________________ Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen, ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei)

09.03.2013, 21:06	#5
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi, Dana! Ich durfte ja als Kind beides erleben, da meine Eltern am Lande ein Haus bauten, als ich 4 war. So kenne ich beide "Welten" und war in beiden zuhause, auch wenn meine Altersgenossen am Lande mich den reichen Stadtsack, die Stadtkinder mich ein armes Landei nannten... Die Menschen sind schon lustig in ihrer Hirnlosig- und Oberflächlichkeit. Naja - bei Achtjährigen noch verzeihlich! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

10.03.2013, 22:21	#6
Lord Skarak Gast Beiträge: n/a	Hallo Erich, das ist brillant. Viele Grüße, Skarak

11.03.2013, 17:18	#7
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi, Skarak! Oh, vielen Dank! (Verschämt seitlich nach unten guck!) LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

12.03.2013, 12:38	#8
Untergrund Gesperrt Registriert seit: 05.05.2010 Beiträge: 243	Die gesiegelte Luft und der Schatten Gast wissen ihr Reich in deinem Gedicht gut zu verteidigen. Der Mensch wird doch nur Teil der Dinge sein, wenn sie mal so gewaltig daherkommen sollten. LG RS

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen
Thema	Autor	Forum	Antworten	Letzter Beitrag
morgens in der stadt	Chavali	Besondere Formen	4	07.12.2011 17:59
Die Lichter der Stadt	Falderwald	Denkerklause	3	06.02.2010 02:16
Bunte Stadt	Chavali	Ein neuer Morgen	6	11.10.2009 13:26