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Alt 16.09.2011, 16:03   #1
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo, G.Heimer,

eigentlich ist eigentlich ein „gutes“ Wort, wenn man es im eigentlichen Sinne betrachtet ...

Eigentlich wäre es besser, statt eigentlich uneigentlich auf seine Fahne zu schreiben. Wenn das Problem mit der eigentlichen Bedeutung des Begriffes „eigentlich“ nicht wäre.

In Wahrheit, im Grunde genommen, richtig(erweise), sicher ... das sind nur ein paar Beispiele für eine Flut an Synonymen, die es dafür gibt.

Eigentlich besitzt eigentlich eine positive, bejahende Bedeutung. Warum verwenden wir „eigentlich“ also im üblichen Sprachgebrauch eigentlich im negativen Sinne?

Weil es sich so „eingebürgert“ hat, nehme ich an. Denn man müsste eigentlich das Wort „uneigentlich“ (das als Antonym Lüge, falsch, unsicher bedeutet) von seiner Bedeutung ausgehend an dessen Stelle verwenden ...

Eigentlich sonderbar, dass etwas, das eigentlich ganz leicht scheint, im eigentlichen Sinne komplizierter ist, als man eigentlich denkt.

Eigentlich müsste ich nicht so viel schreiben, aber uneigentlich könnte ich auch weniger lesen.

Es ginge eigentlich auch so:

Eigentlich

will ich dir nicht verzeihen
nicht aus Fehlern lernen
dir keine Aufmerksamkeit schenken
auf keine Marotten verzichten
meine Pflichten nicht tun
meine Feinde nicht lieben
deine Probleme nicht zu meinen eigenen machen
…eigentlich

Oder so:

Uneigentlich

will ich dir verzeihen
aus Fehlern lernen
dir Aufmerksamkeit schenken
auf Marotten verzichten
meine Pflichten tun
meine Feinde lieben
deine Probleme zu meinen eigenen machen
uneigentlich

Oder sogar so:

Uneigentlich


will ich dir nicht verzeihen
nicht aus Fehlern lernen
dir keine Aufmerksamkeit schenken
auf keine Marotten verzichten
meine Pflichten nicht tun
meine Feinde nicht lieben
deine Probleme nicht zu meinen eigenen machen
uneigentlich

Die letzte Variante hier bedeutet () eigentlich das Gleiche wie deine ursprüngliche ...

Kurz und gut: Nicht so viel reden, sondern gute Vorsätze in die Tat umsetzen.

Gerne gelesen und eigentlich auch gerne kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme (eigentlich kein Teufelchen, aber uneigentlich ein Engelchen)

P.S.: In Vers 2 ist ein Tippfehler: Es fehlt ein „n“ – aus Fehlern lernen.
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


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Alt 20.09.2011, 12:08   #2
Chavali
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Hallo G. Heimer,

dein Text ist sehr interessant und spricht mich an.
Ich verstehe ihn so, als wollte der Protagonist sich aus Liebe verbiegen.
Eigentlich möchte er so sein, wie der/die Partner/in es will, aber das wird auf Dauer schief gehen.
Selbst wenn man das die erste Zeit des Verliebtseins hinbekommt - das wahre ICH kommt dann doch durch.
Erst dann wird sich zeigen, ob man zusammenpasst.
Zitat:
will ich dir verzeihen
aus Fehlern lernen
dir Aufmerksamkeit schenken
auf Marotten verzichten
meine Pflichten tun
meine Feinde lieben
deine Probleme zu meinen eigenen machen
…eigentlich
Von der Form her würde ich die letze Zeile nochmals teilen und Pünktchen am Beginn setzen:

...will ich dir verzeihen
aus Fehlern lernen
dir Aufmerksamkeit schenken
auf Marotten verzichten
meine Pflichten tun
meine Feinde lieben
deine Probleme
zu meinen eigenen machen
…eigentlich



LG Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.09.2011, 14:15   #3
ginTon
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hallo G.Heimer,

Also in meinen Augen bedeutet "eigentlich" so wie es der Wortstamm schon vorgibt.."der Wahrheit entsprechend", da Wahrheit an sich nur aus "sich selbst heraus" = eigen, entstehen kann..

im Grunde finde ich die Grundsätze insofern betrachtet sehr gut, man könnte natürlich auch im Umkehrschluß, wenn man "eigentlich" als ein "im Grunde genommen" übersetzt fragen eigentlich will ich aus Fehlern lernen, doch was hindert mich daran usw.

ich finde der Text gleicht einem Aphorismus und ist definitiv eine Aufzählung, gefällt mir eigentlich...

LG gin
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Alt 05.10.2011, 18:47   #4
Falderwald
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Hallo G. Heimer,

eigentlich lassen die Zeilen mich ein wenig zwiegespalten zurück, denn bei einigen Aussagen könnte ich eigentlich zustimmen, bei anderen eigentlich nicht, bei wieder anderen eigentlich sowohl als auch.

Ich werde mir jetzt einmal die Fragen in den einzelnen Zeilen stellen und versuchen, sie ehrlich zu beantworten:

will ich dir verzeihen

Es käme darauf an, was "du" mir angetan hätte.
Bei bestimmten Dingen könnte ich mir vorstellen, daß ich unversöhnlich bliebe, bei den meisten anderen Angelegenheiten eigentlich schon.

(will ich) aus Fehlern lernen

Das ist eine gute Frage. Doch zunächst müssen wir klären, was unter Fehlern zu verstehen ist.
Wenn es um den in mir vorhandenen Willen geht, so bin ich mir nicht sicher, ob ich diesen dauerhaft verneinen könnte, wenn er wirklich etwas will.
Mein Wille ist nämlich ganz eng mit meinem Charakter verknüpft. Diesen besitze ich von Geburt an und werde ihn nicht mehr los. Das bestimmt mein Schicksal. Ich weiß auch nicht, ob mein Wille oder das Objekt meines Willens ein Fehler sein kann. Subjektiv für mich sicherlich nicht.
Somit bliebe nur eines, nämlich die Art und Weise wie ich meinen Wille und wieviel ich ihm erfülle. Da unterlaufen mir durchaus Fehler und wenn ich sagte, daß ich aus diesen nicht lernen würde, entspräche dies wohl nicht der Wahrheit.
Und in diesem Sinne: Eigentlich schon.

(will ich) dir Aufmerksamkeit schenken

Verdienst du meine Aufmerksamkeit? Besitzt du irgendetwas außer herkömmlichen menschlichen Eigenschaften, welche mein Interesse erregen?
Es gibt sicherlich einige Menschen, denen ich eigentlich schon meine Aufmerksamkeit schenken möchte.
Dem größten Teil unserer Spezies eigentlich eher nicht.
Das bringt nichts.

(will ich) auf Marotten verzichten

Solange sie niemandem schaden eigentlich nicht. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum ich auf sie verzichten sollte.
Ist es anders, kann man mit mir reden und wir werden sehen.

(will ich) meine Pflichten tun

Pflichten sind verbindlich geltende moralische und rechtliche Verhaltensforderungen. Wie weit sollte ich da gehen?
Auf der einen Seite besitze ich meine eigene Moral und bin bereit, die in dieser Vorstellung begründeten Pflichten zu erfüllen, also eigentlich schon.
Auf der anderen Seite gibt es die Gesetze dieses Landes. Hier ist es keine Frage des Wollens mehr, sondern mehr eine des Zwanges, dem ich mich unterwerfen muss, wenn ich keine negativen Sanktionen für mein Verhalten erhalten möchte.
Da meine eigenen Moralvorstellungen sich nicht zwangsläufig mit allen Gestzen und Vorschriften decken müssen, will ich es eigentlich vielleicht nicht immer, aber ich muss (s.o.).

(will ich) meine Feinde lieben

Warum sollte ich das tun?
Mein Feind ist mein Gegner, mein Widersacher, mein Gegenspieler, also niemand, der mir etwas Gutes will.
Ich will ihn so respektieren, wie er ist und ihn nicht hassen, aber lieben will ich ihn eigentlich nicht.
Mit Liebe werde ich nicht verhindern können, daß mein Feind mir oder den Menschen, die mir etwas bedeuten, Schaden zufügt.
Und Hass macht blind und somit bereit für Fehler.
Ich stehe meinen Feinden eher cool gegenüber.

(will ich) deine Probleme zu meinen eigenen machen

Diese Existenz beschert mir selbst genug Probleme, mit denen ich mich jeden Tag auseinanderzusetzen habe.
Wenn da noch Zeit, Kraft und Mitleid/Zuneigung übrig ist, eigentlich schon.
Aber sonst eigentlich nicht.

…eigentlich

Tja, eigentlich ja und eigentlich nein.
Denn eigentlich kommt es immer auf den speziellen Fall an und da soll mir keiner sagen, er habe ein Patentrezept.

Eigentlich nicht, oder?


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.10.2011, 07:11   #5
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
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super, da hat doch glatt einer mein lieblings-hass-wort be-dichtet!


super-text.
wenn aber das "eigentlich" ohnehin schon in der überschrift vorkommt, würde ich auf das abschließende glatt verzichten. dann sickert es viel schöner. so ist es für mein empfinden fast zu "zwingend" vorgesetzt.

man liest ohnehin schon mit dem "eigentlich" vom titel im kopf alles, was da dann so als eigentliches "wollen" angeführt wird. und fühlt dabei so herrlich, wie lyrICH sich selbst die hucke volllügt. denn eigentlich will es doch grade all das.... eigentlich und irgendwie auch alles nicht. zumindest nicht immer müssen.

oder so.


sehr gern gelesen.
in diesem sinne: go, Homer!

lieber gruß,

die fee

Geändert von fee (06.10.2011 um 07:13 Uhr)
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