Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Denkerklause

Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 09.12.2011, 11:01   #1
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard Ich wünschte mir




Ich wünschte mir, dass du erzähltest,
mir, Mutter, von dem großen Glück,
dein Kind zu sein und du erwähltest
an jedem Tag den Augenblick,
mich zärtlich in den Arm zu nehmen,
und mir das wilde Wesen zähmen.

Ich wünschte mir, dass aufmerksam
der Vater anhört meine Sorgen,
und dass er tröstet einfühlsam:
So fühlt' ich mich geborgen.
Doch lange schon deckt stilles Feld
zwei Elternleben - nur das zählt.




__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (10.12.2011 um 08:06 Uhr)
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.12.2011, 12:57   #2
ginTon
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von ginTon
 
Registriert seit: 14.02.2009
Ort: Mainz
Beiträge: 12.424
ginTon eine Nachricht über ICQ schicken ginTon eine Nachricht über Skype™ schicken
Standard

hallo chavilein,,

Hui, was haben wir denn da wieder interessantes. Ich muss sagen, dass mir der
Klang, wenn man ihn liest wunderbar wirkt.

Zitat:
Ich wünschte mir, dass du erzähltest,
mir, Mutter, von dem großen Glück,
ein Kind zu sein und du erwähltest
an jedem Tag den Augenblick,
mich zärtlich in den Arm zu nehmen,
und mir das wilde Wesen zähmen.
Einerseits durch die Zäsuren und durch die Kadenzen wirkt diese Strophe super
auf mich. Vom Klang finde ich sie sehr gut. Inhaltlich kommt sehr viel Gefühl, jedoch auch der Wunsch eines Kindes zum Ausdruck, dass mehr Kommunikation zwischen Kind und Mutter stattfindet. In der zweiten Strophe wird denke ich die Ursache ausgedrückt.

Zitat:
ich wünschte mir, dass aufmerksam
mein Vater zuhört von den Sorgen,
und dass er tröstet einfühlsam:
So fühlt' ich mich geborgen.
Doch lange schon deckt stilles Feld
zwei Elternleben - nur das zählt.
Inhaltlich ist es eine Fortsetzung der ersten Strophe, wobei der Kern des Kommunikationsproblems auf eine zerrüttete Ehe rückführbar ist, die der Eltern. So oder ähnlich lese ich dies heraus.

Insgesamt ein ansprechend und formal sehr guter Text ..liebe Grüße ginnie
__________________
© Bilder by ginton

Schtjel Sam Abys Mje Uchiel!

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
ginTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.12.2011, 16:12   #3
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Zitat:
Hui, was haben wir denn da wieder interessantes. Ich muss sagen, dass mir der
Klang, wenn man ihn liest wunderbar wirkt.
hi ginnie,

das freut mich.
Zitat:
Inhaltlich kommt sehr viel Gefühl, jedoch auch der Wunsch eines Kindes zum Ausdruck,
dass mehr Kommunikation zwischen Kind und Mutter stattfindet.
Nein, lies mal genauer.
Nicht das Kind spricht hier, sondern die erwachsene Frau, die ihre Eltern, besonders die Mutter, vermisst.
Zitat:
wobei der Kern des Kommunikationsproblems auf eine zerrüttete Ehe rückführbar ist,
die der Eltern. So oder ähnlich lese ich dies heraus.
Die letzten beiden Zeilen lösen alles auf: Die Eltern sind schon lange tot.
Zitat:
Insgesamt ein ansprechend und formal sehr guter Text
Danke für Interpretation und Lob

Lieben Gruß,
chavi
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.12.2011, 21:55   #4
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
Standard Ich wünschte mir

Hallo Chavali,

eine traurige Geschichte, die du da erzählst.
Ein erwachsener Mensch, der um seine Eltern trauert, weil so viele Möglichkeiten und Gelegenheiten, sich (noch) näherzukommen
verpasst wurden.
Vielleicht muss dieser Mensch jetzt, in der Weihnachtszeit, besonders oft an seine Eltern denken - an vergangenes und versäumtes Glück gleichermaßen.

Eine kleine Anregung zum Schluss:
Wenn du in der dritten Zeile schreiben würdest:

dein Kind zu sein und du erwähltest

dann wäre klarer, dass das Kind der Mutter gemeint ist und nicht irgendein Kind. Außerdem wäre die Verbindung zwischen Mutter und Kind stärker dargestellt.

Ist nur so ´ne Idee.

Auf jeden Fall ein anrührender Text, der unter die Haut geht.

Liebe Grüße

wüstenvogel


wüstenvogel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.12.2011, 17:00   #5
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Hallo wüstenvogel,
Zitat:
Eine kleine Anregung zum Schluss:
Wenn du in der dritten Zeile schreiben würdest:

dein Kind zu sein und du erwähltest
deine Idee habe ich aufgegriffen und geändert.
Die Aussage des Textes wirkt dadurch vielleicht noch intensiver.
Zitat:
Auf jeden Fall ein anrührender Text, der unter die Haut geht.
Danke für deine Interpretation und die lobenden Worte.

Es grüßt dich
Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.12.2011, 10:08   #6
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

die wünsche einer waise, chavali?


dann wäre es ein sehr leis-gewaltig tragisches gedicht. aber ein wunderwunderschönes!!!!

das stille feld, das schon lange zwei elternleben deckt - ich lese das als friedhofserde.

und den text als erinnerung, dass die eltern schon lange oder zumindest länger spürbar fehlen. auch, wenn lyrICH vermutlich schon erwachsen ist.

wer kennt das nicht, dass er sich auch noch im erwachsenenalter manchmal wünscht, er könnte sich einfach nocheinmal als kind den bürden der eigenen verantwortung entziehen und einfach kind sein und sich geborgen fühlen!

vielleicht geht es auch um das gefühl der einsamkeit, des fehlenden halts von damals... beim auf-sich-selbst-gestellt-sein als kind kann das ja später nicht mehr "nachgeholt" werden. dieser fehlende halt der eltern bleibt immer als leere spürbar in einem. auch, wenn diese später selbst "befüllt" werden kann. es ist nicht dasselbe.

Zitat:
Zitat von Chavali Beitrag anzeigen


Ich wünschte mir, dass du erzähltest,
mir, Mutter, von dem großen Glück,
dein Kind zu sein, und du erwähltest hier beistrich nach "sein", da der dass-satz sonst nicht weitergeführt wird
an jedem Tag den Augenblick,
mich zärtlich in den Arm zu nehmen,
und mir das wilde Wesen zähmen. das fehlende "zu" geht natürlich metrisch hier nicht mehr hin. fehlt aber für mein gefühl trotzdem. ein klein wenig..."solltst mir das wilde Wesen zähmen" vielleicht?

Ich wünschte mir, dass aufmerksam
der Vater anhört meine Sorgen,
und dass er tröstet einfühlsam: "dass er tröstet einfühlsam" ist ein wenig sperrig. "mich tröstet, leis und einfühlsam" vielleicht? wär m.E. ein wenig runder
So fühlt' ich mich geborgen.
Doch lange schon deckt stilles Feld
zwei Elternleben - nur das zählt.



ja. nur das zählt. denn es ist das, was gewicht hat. in jeder form der bedeutung. geborgenheit, die man vermisst. ein starkes thema für einen starken text!!!


sehr gerne gelesen!

liebe grüße



fee
fee ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.12.2011, 21:21   #7
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Liebe fee,

mein Herz hüpft vor Freude, einen so schönen und verständnisvollen Kommentar von dir zu bekommen
Zitat:
die wünsche einer waise, chavali?
Ja. Es zeugt vom schmerzlichen Vermissen der Eltern, die stets Geborgenheit gaben
Zitat:
[...]dann wäre es ein sehr leis-gewaltig tragisches gedicht. aber ein wunderwunderschönes!!!!
Oh, dein lobendes Urteil freut mich wirklich sehr!
Danke dir!

Du hast auch im Laufe deines Kommentars einige Punkte angesprochen, die durchaus der
Intention des LyrI entsprechen :
Zitat:
dass er sich auch noch im erwachsenenalter manchmal wünscht,
er könnhte [....] einfach kind sein und sich geborgen fühlen!
und hier:
Zitat:
...als erinnerung, dass die eltern schon lange oder zumindest länger spürbar fehlen.
auch, wenn lyrICH vermutlich schon erwachsen ist
Das ist der Punkt, an dem das LI immer stärker das Fehlen der Eltern spürt, was niemand nachvollziehen kann,
bis es ihn selbst betrifft - vielleicht, denn nicht alle fühlen so.
Zitat:
ein starkes thema für einen starken text!!!
Dass der Text so gut ankommt - damit habe ich gar nicht gerechnet

Nochmals meinen allerschönsten Dank.
Mir liegt viel an dem Text, deswegen freue ich mich auch so.


Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.12.2011, 23:52   #8
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

Zitat:
Zitat von Chavali Beitrag anzeigen
Das ist der Punkt, an dem das LI immer stärker das Fehlen der Eltern spürt, was niemand nachvollziehen kann,
bis es ihn selbst betrifft

ja, so ist es wohl, liebe chavali.

ich kann es nachvollziehen. schon allein deshalb war mir klar, dass dies hier ein herzenstext ist. denn das kann man so nur schreiben, wenn man es eben selbst so kennt und empfindet.

hat also auch bei mir genau ins schwarze getroffen.


liebe späte grüße,


fee
fee ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.12.2011, 21:48   #9
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Zitat:
Zitat von fee Beitrag anzeigen
[...]
ich kann es nachvollziehen. schon allein deshalb war mir klar, dass dies hier ein herzenstext ist.
denn das kann man so nur schreiben, wenn man es eben selbst so kennt und empfindet.

hat also auch bei mir genau ins schwarze getroffen.
Danke, liebe fee,
für dein nochmaliges Reinschauen und Bestätigen.
Ich fühle mich verstanden und das ist mir wichtig und es freut mich sehr

Lieben Gruß nochmal,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 01:32 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg