18.05.2009, 18:42 | #1 |
Galapapa
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Kann nicht hassen, mich nicht freuen...
Stille Stunden fliegen leise
völlig leer an mir vorbei, nehmen mit sich auf die Reise mein Gedankenallerlei. Keimfrei bohren meine Blicke sich durch Dinge und durch Wände, hoffnungsfreie Galgenstricke fesseln die gelähmten Hände. Durch das Fenster, weit da draußen, sehe ich die Erde drehen, ohne Stillstand, ohne Pausen, seh das Leben weitergehen. Sehnsucht, Wünsche, tausend Fragen kreisen im Verstand herum, würd so gerne etwas sagen, doch der Mund bleibt leer und stumm. Kann nicht hassen, mich nicht freuen, bin gefühl- und inhaltslos, nichts verfechten, nichts bereuen, meine Seele nackt und bloß und mit Traurigkeit durchtränkt. niemand, der mich halten könnte, der beim tiefen Sturz mich fängt und Geborgenheit mir gönnte. Und so ziehen weiter Stunden sinnlos durch die tote Zeit. Hab die Kraft noch nicht gefunden, bin zum letzten Schritt bereit... Geändert von Galapapa (19.05.2009 um 17:33 Uhr) |
18.05.2009, 21:00 | #2 |
gesperrte Senorissima
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Beiträge: 4.134
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Oh, Galapa !
Welch ein düsteres Gedicht, wohlformuliert! In sehr durchdachten und wohlgelungenen Strophen. Die Reime fügen sich wie von Dir gewollt dem Inhalt (natürlich sind sie von Dir gewollt!). In der zweiten Strophe zweiter Zeile fand ich eine Unklarheit, ja ein Manko, aber das har keine Rolle zu spielen. Die letzte Strophe klingt mir entgegen dem (nicht gut gewählten) Titel zu physisch und "filmhaft". Aber dies nur als "Vorabkommentar". Lieben Gruß von cyparis |
18.05.2009, 22:50 | #3 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,
ja, dass ist Schwere und Hoffnungslosigkeit nach "Danaart". Wieder diese Spirale, die nach unten zieht - sich aber wunderbar liest. So stelle ich mir tiefste Depressionen vor - nicht hassen, nicht freuen. Ein dumpfes Leiden, das für niemand zugänglich ist, auch dem Betroffenen selbst nicht. Meine "Begeisterung" hat ihren Grund, den ich dir inzwischen gestanden habe. Das nur, um nicht grotesk zu erscheinen, wenn ich von "Begeisterung" spreche. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
19.05.2009, 17:46 | #4 |
Galapapa
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Hallo Cyparis,
danke für Deinen lobenden Kommentar und auch für die kostruktive Kritik! S2/Z2 meint folgendesas Li sieht aus seiner hoffnungslosen Position, von irgendwo weit weg, wie die Erde sich weiterdreht, obwohl für es die Zeit stillsteht, das Leben weitergehen, an dem es keinen Anteil mehr hat. Am Schluß stören Dich vermutlich die Geier, die ihre Runden drehen. Ich geb Dir recht, daß die letzten 2 Zeilen nicht so recht zum Rest passen wollen. Was würdest Du von dem halten?: Und so ziehen weiter Stunden sinnlos durch die tote Zeit. Hab die Kraft noch nicht gefunden, bin zum letzten Schritt bereit... Das gefällt mir jetzt selber so gut, daß ichs direkt ändern werde. Nochmals danke und herzlichen Gruß! Galapapa Hallo Dana, dachte ich mir, daß Dir das auch gefällt. Ganz lieben Dank für Deinen lobenden Kommentar! Entstanden ist das Gedicht nach einem medizinischen Kongress, bei dem es unter anderem um depressive Erkrankungen ging. Was ich dort gesehen und gehört habe, hat mich sehr beeindruckt. Ich wünsche keinem Menschen einen solchen Tiefpunkt! Mach Dir keine Gedanken, wenn Dich solche Dinge "faszinieren". Das ist weder Voyeurismus, noch ein sadistischer Zug. Ich glaube sogar, daß ein Mensch die Auseinandersetzung mit solchen Dingen dann und wann braucht, um ein seelisches Gleichgewicht halten zu können. (Beispiel: wie gut es mir doch geht, wie schlimm alles doch sein könnte...) Ich jedenfalls gehöre auch zu den Fans. Herzlichen Gruß! Galapapa |
19.05.2009, 18:12 | #5 |
asphaltwaldwesen
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Ort: österreich
Beiträge: 961
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servus, galapapa,
ich teile danas begeisterung durchaus. treffend beschrieben und mit genau dem richtigen maß an gefühl. nicht zuviel, eher wenig. so, wie es sich eben anfühlt. man spürt sich nicht mehr. leere. interessanterweise führt das paarreim-schema nicht dazu, dein gedicht ins "putzige" oder "harmlose" abgleiten zu lassen, wie es bei paarreim-gedichten öfters der fall ist. das liegt wohl an den von dir gewählten worten und bildern, die eine genügend düstere melodie erschaffen. sehr gelungen. hoher wiedererkennungswert ohne pathos. daher gern gelesen. lieber gruß, fee
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan |
19.05.2009, 20:11 | #6 |
Galapapa
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Hallo fee,
danke für Dein tolles Lob! Was Du über das Paarreimschema geschrieben hast, verwundert mich. Ich bin alles andere als ein Fachmann auf dem Gebiet der Lyrik und erst seit etwa einem Jahr aktiv dabei (was die Sache für mich sehr spannend macht!). Diese Paarreime sind eigentlich meine "Lieblingstechnik" und ich habe die Erfahrung gemacht, daß sie für alle Arten von Texten "funkktioniert" haben. Von Wilhelm Busch her waren es für mich eigentlich immer die direkt aufeinander folgenden Reime (wie auch immer die in der Fachsprache heißen), die einen lustigen Text unterstreichen. Allein die Vorstellung, daß eine bestimmte Reimform eine gewisse Stimmung tragen kann, finde ich unheimlich interessant! Nochmals danke! und einen herzlichen Gruß! Galapapa |
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