21.04.2011, 18:37 | #1 |
Galapapa
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Ich hab ein kleines Haus am Meer
In trauriger Anteilnahme gewidmet den Menschen in Japan, die alles verloren haben.
„Ich hab ein kleines Haus am Meer“, spricht er und blickt nach Norden, ist dabei still geworden. „War lang nicht da, s’ist Wochen her.“ „Ich hab zwei Kinder, sechs und acht, die schönste Frau auf Erden, mehr Glück kann nicht mehr werden.“ Er blickt mich traurig an und lacht. Dann schaut er still zum Horizont, Verzweiflung in den Augen, die an der Ferne saugen. Er hat nicht mehr zurück gekonnt. Zerschmettert liegt die Trümmerwelt, verseucht mit Todesstrahlen, die ihm die Rückkehr stahlen. Sein stummer Schrei in Tränen gellt. |
23.04.2011, 17:14 | #2 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
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Hallo Galapapa,
ich glaube, das trifft voll ins Schwarze. Es ist übel, die Heimat zu verlieren, vor allen Dingen auf diese Art und Weise. Vor allem trifft es immer den kleinen Mann am Schlimmsten. Selbst wenn es materielle Entschädigungen geben sollte, können die verlorenen ideellen Werte nicht ausgeglichen werden. Wenn es "nur" die Erdbeben und der Tsunami gewesen wären, stünde einer Rückkehr zum Wiederaufbau ja nichts im Wege, aber so... Und wer in den verstrahlten Gebieten gelebt hat, der kann heute noch gar nicht sagen, welche Spätfolgen ihm drohen, so daß der Alptraum für die Betroffenen wohl niemals zu Ende gehen wird. Es ist eine große Tragödie, die du mit deinem Text am Beispiel eines Einzelnen anschaulich dargestellt hast. In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
__________________
Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
23.04.2011, 17:42 | #3 |
Galapapa
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Hallo Falderwald,
danke für Deinen lobenden und zustimmenden Kommentar! Die Idee zum Text ist mir beim Anschauen der Nachrichten gekommen. Bequem in meinem Sofa lehnend sah ich einen kleinen, hageren Mann, der unter Tränen von seinen Angehörigen und seinem Haus sprach. Beide hatte er seit der Katastrophe nicht mehr gesehen und wusste nichts über das Schicksal seiner Lieben. Wir haben die Japaner bei diesem Unglück etwas besser kennengelernt: Es muss schon viel passieren, damit sie ihre Gefühle zeigen. Mir ist bei dieser Szene erst richtig klar geworden, wie sehr diese Menschen leiden und ich konnte die Tränen in diesem Moment nicht mehr unterdrücken. Kein Lebenszeichen von den Angehörigen, kein Haus und keine Habe mehr und noch nicht einmal die Möglichkeit, hingehen zu können, um zu schauen, zu suchen oder zu trauern... Mit einem herzlichen Gruß an Dich! Galapapa |
23.04.2011, 22:42 | #4 |
Slawische Seele
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Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,
dein Gedicht hat eine ganz besondere Wirkung. Ich habe es mehrmals gelesen und "klickte" betroffen wieder weg. Es liegt an der Intensität, die zunächst sprachlos macht. Man hütet sich vor "abgegriffenen Floskeln". Verstehst du? Aber "Sprachlosigkeit" hilft niemandem. Auf jeden Fall verdient dein Gedicht Stimmen und Zeichen. Du hast die vielen Schicksale treffend, leise und lyrisch umgesetzt. (Wie sich die Weltgeschehen wandeln. Jede Neuzeit hat ihren Preis. Zur gleichen Zeit hungern Menschen in Lehmhütten und andere führen Religionskriege. Die Mächtigen sichern ihre Rohstoffe und geben vor, helfen zu wollen. Mit Panzern, Bomben und Besetzungen. Einzelschicksale finden millionenfach statt.) Mit hilflosen Grüßen Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
25.04.2011, 10:12 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 4.893
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morgen galapapa,
ich schleiche schon seit tagen um dieses gedicht -irgendwie weckt der titel zunächst ganz andere assozintionen in mir. "ich hab ein kleines haus am meer" - das klingt nach stille, wellenrauschen, romantik. dass soviel tragik nachkommt, irritiert mich fast. aber genau das dürfte der schrecklichen wahrheit sehr nahe kommen...... mit der betroffenheit ergeht es mir wie dana : man kann kaum etwas dazu sagen, so raubt sie die sprache. vielleicht auch darum geht mir von anfang an ein anderer titel durch den sinn: "da war ein kleines haus am meer...." das ist, was unausgesprochen zwischen den zeilen hängt. wir hier können wohl gar nicht wirklich ermessen, was das für jeden betroffenen persönlich bedeutet. ich bin dann mal ganz still und trete gedanklich an die seite dieses menschen -so, wie du es in deinem gedicht getan hast! der eigenen wie der fremden ohnmacht begegnend, larin |
25.04.2011, 16:02 | #6 |
Galapapa
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Liebe Dana,
danke für Deinen Kommentar und Dein Lob! Ich kann sehr gut verstehen, dass man sich scheut, dieses Thema zu kommentieren. Man ist einfach sprachlos angesichts so großen Leides. Auch ich wollte dazu eigentlich keinen Text machen. Dass ich es doch getan habe, liegt daran, dass ich veruchen wollte, einer all zu schnellen Rückkehr zur "Tagesordnung", einem all zu schnellen Wegschieben und Vergessen entgegen zu wirken. Viele der Betroffenen werden wohl nie wieder dahin zurück können, wo sie vor der Katastrophe waren. In jeder Hinsicht. Es ist nicht nötig und angebracht, über die Ereignisse zu diskutieren. Stille Anteilnahme ist in unserer Ohnmacht angemessener. Das Gesagte gilt für das Leid der Opfer, nicht für die Auswirkungen auf den Meiler in Fukushima! Einen herzlichen Gruß an Dich! galapapa Hallo larin, auch Dir lieben Dank fürs Kommentieren und Dein Lob! Dass Dich der Titel ein wenig irritiert hat, wundert mich nicht. Das war irgendwo beabsichtigt. Genauso, wie man von den Assoziationen zur Überschrift des Textes in eine grauenhafte Realität, dem Inhalt des Textes, gezogen wird, sind auch die Betroffenen aus einem Alltag der Normalität und ihrem Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit in die schreckliche Wirklichkeit des Unglücks gerissen worden. Ein ähnlicher Kontrast besteht in der Ausdrucksweise des Betroffenen; er spricht im Präsens, obwohl klar ist, dass er alles verloren hat, wovon er berichtet, dass alles der Vergangenheit angehört. Ich möchte deshalb bei dem bewusst gewählten Titel bleiben; er soll irritieren und die Anteilnahme wach halten. Genau das, was Du zum Ausdruck bringst, wollte ich mit dem Gedicht erreichen: Nicht Diskussion, sondern stilles Mitgefühl in Gedanken der Ohnmacht. Mit lieben Grüßen an Dich! galapapa |
28.04.2011, 19:34 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, Galapapa,
ich bin später dran als die Anderen, aber ich brauchte etwas Zeit um mir klar zu werden, was ich hier überhaupt schreiben soll. Das weiß ich zwar immer noch nicht wirklich, aber nichts dazu zu sagen fände ich falsch. Was kann man auch sagen. Im Grunde genommen nehme ich mir eine Zuflucht im Zorn. Zuerst trieb der Stolz ein Land (nicht falsch verstehen, ich meine die "oberen" Kreise) dazu, der Welt das Bild einer "Hochtechnologie" (nicht zuletzt auch mit Hilfe von Filmen) zu vermitteln, die jeder Katastrophe "gewachsen" ist. Als es dann tatsächlich zu einer kam, fehlte es an allem, das angeblich vorhanden war, es gab weder entsprechende technische Geräte noch effektive Notfallpläne. Dann verweigerte die japanische Regierung aus eben diesem Stolz heraus die Hilfe von anderen Ländern. Offenbar gibt es die "Samurai-Kaste" auch heute noch. Und wer sind die Menschen, die dafür den Preis bezahlen? Die "kleinen Leute", nur hier in einem schrecklichen Ausmaß, das ohne weiteres sogar noch schlimmer hätte ausfallen können, so unglaublich (auch für meine eigenen "Ohren") diese Tatsache hier klingt. Die Menschheit scheint einfach nicht aus ihren Fehlern zu lernen, Generation für Generation werden dieselben Fehler wiederholt. Nur sind heutzutage die die Resultate viel, viel furchtbarer als je zuvor. Was fühlt ein Mensch, der absolut alles verliert? Seine Familie, sein Zuhause, seine Gesundheit - einfach alles. Ich schreibe, aber ich weiß nicht, was ich hier eigentlich sagen will. Es ist zum Heulen. Es ist zum Schreien vor Wut. Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, die Erinnerung am Bewusstsein der "Verantwortungsträger" (weltweit, nicht nur in Japan) derart "fest zu nageln", dass es nie wieder vergessen werden kann. Damit ein Mal, ein einziges Mal tatsächlich etwas daraus gelernt wird. Liebe Grüße Stimme der Zeit Mein Gedenken gilt all denen, die allein zurückgeblieben sind.
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29.04.2011, 14:55 | #8 |
Galapapa
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Hallo Stimme der Zeit,
danke für Deinen Kommentar Zu meinem Text! Geschrieben habe ich ihn nicht, um etwas zu verändern, sondern um Anteilanhme auszudrücken und zu erzeugen, vor allem bei jenen, die schnell vergessen und zu Benzinpreisen und DSDS zurückkehren. Letzteres liegt ja auch viel näher und es ist nicht erbauend, sich mit dem Leid Anderer auseinanderzusetzen. Ich habe Deine Gedanken aufmerksam gelesen und möchte Folgendes dazu sagen: Mir scheint, es gibt Dinge, die wir nie verändern werden, sei es der Stolz der Japaner, die so wenig wie wir über ihren eigenen Schatten springen können, oder sei es die Einsicht, aus so schrecklichen Dingen, wie in Japan geschehen, zu lernen. Es sind gerade hierbei sicher auch die Prioritäten, die das Handeln beherrschen: Geld und Macht sind wichtiger als Gesundheit und Sicherheit, zumal, wenn es dabei um die der Anderen geht, oder es ist der ständig wachsende Egoismus, der einsichtiges Tun blockiert und der inzwischen selbst vor den nächsten Angehörigen nicht mehr Halt macht. Wieso, frage ich mich, hat die Menschheit nie aus dem Schrecken und Entsetzen des Krieges gelernt? Anstelle eines wachsenden Pazifismus stelle ich ein immer bedrohlicher werdendes Potential an Gewaltbereitschaft in der heranwachsenden Generation fest, gerade so, als bestünde da eine Sehnsucht nach Grauenhaftem. Manche schrecken noch nicht einmal davor zurück, den Nationalsozialismus mit seinen Greueln zu verherrlichen und zu predigen, wobei hier allerdings abgrundtiefe Dummheit die Haupttriebfeder zu sein scheint. Wie auch immer, es gibt Dinge, die dem menschlichen Handeln nahezu so zäh anhaften, wie angeborene Triebe. Es ist sicher kein Trost für die am schlimmsten Betroffenen, aber was in Japan passiert ist, hat auch etwas bewegt, so dass das Schreckliche zumindest den Hauch eines Sinnes bekommt: In Deutschland haben es nun auch die meisten Ewiguneinsichtigen verstanden: Die Atomtechnik hat keine Zukunft und die Warnungen nach Tschernobyl waren keine Panikmache von grünen Spinnern, sondern Realität des Atomzeitalters. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass der viele Jahre gefürchtete Ausbruch des Atomkrieges inzwischen atomarer Abrüstung und dem Ende des sog. kalten Krieges gewichen ist. Es gibt auch Positive Ansätze und wir haben gesehen, was die Menschen, so sie sich vereinen und gemeinsam kämpfen, bewegen können, ob an der Berliner Mauer, in Nordafrika oder bei der Wahl in Baden-Württemberg. Ich habe den Bogen sehr weit gespannt, weil ich glaube, dass das alles irgendwo zusammengehört und den gleichen Kräften ausgeliefert ist. Ein Trost ist das für den Mann in meinem Gedicht natürlich nicht. Er erleidet den menschlichen Supergau und angesichts seiner Qualen sind auch viele Worte wenig hilfreich; anteilnehmendes Schweigen ist angebracht. Ich danke Dir und grüße Dich herzlich! Galapapa |
04.05.2011, 13:53 | #9 |
ADäquat
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
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Lieber Galapapa,
__________________
. © auf alle meine Texte
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04.05.2011, 14:21 | #10 |
Galapapa
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Hallo liebe Chavali,
Du hast meine Botschaft genau so verstanden, wie ich sie gemeint habe. Ich danke Dir für Dein Lob! In meinem Leben habe ich gelernt, wie gut es tut, in einer schlimmen Lage die Solidarität und das Mitgefühl der Mitmenschen zu erfahren. Es ist das Mindeste, das wir tun können und es kommt tief aus dem Herzen. Ich danke Dir für Deinen Kommentar, der mich berührt hat! Ganz liebe Grüße an Dich! Galapapa |
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