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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 18.07.2015, 10:58   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Der junge und der alte Kater

Der junge Kater

Mit leichter Pfote haschst du deine Stunden,
sie schmecken zeitlos wie dem kleinen Kind,
dem Tage lang und voller Wunder sind,
und mit dem Ewigen darin verbunden.

So drehst du jeden Morgen deine Runden,
sie weiten dein Revier nach allen Seiten,
wo sich die Welt und ihre Düfte breiten,
und hast dort manche Seligkeit gefunden.

Wer wollte je dich mindern oder zähmen,
ein Bündel Jugend voller Tatendrang!
Kein Hindern kann die Jubelseele lähmen,

die in sich ruht wie eine schöne Blume,
die blüht und duftet alle Tage lang
und nie sich welkend neigt nach ihrer Krume.

Der alte Kater

Die Schritte sind dir steif und schwer geworden.
Dein Trotten ahnt noch jene Eleganz,
die dir zu eigen war, jedoch dein Schwanz
hängt müd herab wie ein verstaubter Orden.

Das Fell ist struppig und die Augen liegen
mit jedem Tage tiefer, wie es scheint.
Das Leben hat es gut mit dir gemeint,
doch Wille und Behändigkeit versiegen

in jenem Kreise, den die Jahre schließen,
da alles Leben sich dem Ende neigt.
Du weißt den letzten Atem zu genießen,

als ahntest du ganz tief in deinem Wesen
ein Wissen, das dir die Gesetze zeigt,
und könntest wie ein Weiser darin lesen.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (01.03.2017 um 23:45 Uhr)
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Alt 18.07.2015, 17:11   #2
juli
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Hallo eKy,
Ich bin begeistert! Ein nein zwei Katzengedichte! Zu meinem Leben gehören viele Katzen. Jede hatte ihren eigenen Charakter. Viele Katzenleben habe ich erlebt.

Du beschreibst hier zwei Lebensphasen. Es ist immer eine Lust, einer jungen Katze zuzusehen, wie sie ihr Leben entdeckt. Das Revier muß abgesteckt werden, wer ist Freund, wer ist Feind. Wehende Blätter sind eine Herausforderung, und erst Recht die erste gefangene Maus. Der Mensch könnte von einer jungen Katze lernen: Das Leben ist schön !

Ein alter Kater, der das wilde Leben schon kennt, genießt gerne im Schatten den Sommer und räckelt sich langsam. Seine Lebenserfahrung läßt ihn in sich ruhen, und er strahlt eine innere Ruhe aus. Das Leben neigt sich dem Ende, und die Menschen könnten sich in Punkto Gelassenheit an alten Katzen ein Beispiel nehmen.

Zwei sehr schöne Gedichte, man spürt die Liebe zu den Tieren.

Sehr sehr gerne gelesen und zustimmend genickt.

Liebe Grüße sy

Geändert von juli (18.07.2015 um 17:21 Uhr)
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Alt 18.07.2015, 21:55   #3
Erich Kykal
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Hi, Sy!

Sah meine zwei beiden heute morgen zusammen (brüchiger Friede!), und die Distanz zwischen ihnen wurde besonders deutlich: Da der inflationär Energie versprühende Jungspund, dort der schmale Alte mit wissendem Blick, ökonomischen Bewegungen und aller Muße dieser Erde.

Da musste ich was zu schreiben!

Traurig, dass der eine (21 Jahre alt!) mich sicher bald verlassen muss - ich wünschte ihm so sehr eine zweite Jugend! Ich glaube, wenn das ginge, ich würde ihm etwas von meiner Lebensenergie schenken!
Schon dreimal musste ich im Garten eine Grube schaufeln, und bald ist es wohl wieder soweit. Es kann nächste Woche sein oder in einem Jahr - das kann niemand wissen. Aber ein Ende ist absehbar.


LG, eKy
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Alt 19.07.2015, 19:42   #4
Thomas
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Lieber Erich,

das sind zwei schöne Gedichte, welche die göttlichen Katzen wortlos sehr wohl verstehen werde.

Zwar sind 21 Jahre ein beachtliches Alter, aber ich wünsche ihm noch viele, viele Tage, bis dir wieder der Zufall ein neues Käterchen schicken muss.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 19.07.2015, 20:35   #5
Erich Kykal
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Hi, Thomas!

Hat er ja schon, der Herr Zufall: Mischa, der "junge Kater", jetzt ein Jahr alt!

Vielen Dank für deine freundlichen Zeilen!

LG, eKy
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Alt 16.08.2015, 19:58   #6
Falderwald
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Servus Erich,

wie du weißt, bin ich nicht so der Katzenfan.
Ich halte es mit ihnen so: Lasst mich in Ruhe, dann lasse ich euch in Ruhe.
Katzen sind mir suspekt, weil sie oft genau das tun, was ich nicht möchte.
Ich mag es z. B. überhaupt nicht, wenn irgendjemand oder –etwas gegen meinen Willen körperlichen Kontakt mit mir herzustellen versucht.
Wenn ich in einer „Katzenwohnung“ bin, geschieht dieses nämlich ziemlich regelmäßig, obwohl ich meinen Unwillen dagegen versuche zum Ausdruck zu bringen.
Leider lassen sie sich meist nicht davon abhalten, sich an meine Beine zu schmiegen und wenn ich dort auf dem Sofa sitze, über meine Beine zu klettern oder sich in meinem Rücken herumzudrücken.
Und wenn mir dann mal eine sympathisch ist und ich den körperlichen Kontakt erwidere, dann kann es mir passieren, dass ich es mit einem Biss oder einem Krallenstreich gedankt bekomme, weil Ihrer Exzellenz die stattgefundene Berührung aus einem nur ihr erfindlichen Grunde nicht behagt hat.

Aber das ist ja hier nicht das Thema, denn die vorliegenden Sonette beschreiben ja die Eindrücke eines Beobachters, der einen jungen und einen alten Kater in seinen Betrachtungen gegenüberstellt.
Das ist auch gut gelungen, vor allem die Quartette beider Sonette bestechen mit der dichterischen Umsetzung der guten Beobachtungsgabe. Das kann der Leser gut nachvollziehen. Man könnte die Texte ohne ihre Titel auch auf einige andere Tiere übertragen.

Und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen ergeben ebenfalls ein stimmiges Bild, auch wenn der Begriff „Krume“ im ersten Sonett erst einmal richtig übersetzt werden muss, denn zunächst einmal signalisiert dieser die geläufigere Brotkrume und nicht die Ackerkrume, die obere Schicht eines umgepflügten Ackerbodens, also den Erdkrümel, aber man kann dahinter kommen.
Was ich im zweiten Sonett vom Zeilenübergang des zweiten Quartettes in das erste Terzett halte, brauche ich eigentlich gar nicht mehr zu erwähnen, denn es ist mein rein persönliches Empfinden, dass mir so etwas nicht sehr gefällt. Aber ich will hier keine Diskussionen über Stilfragen vom Zaume brechen.


Alles in allem sind das zwei sehr schöne Sonette, die deinen beiden Katern mit Sicherheit gerecht werden und mir in diesem Sinne auch gut gefallen haben.


Gern gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 28.09.2015, 18:58   #7
Agneta
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da es unter Denkerstube steht, sehe ich die Katzen, lieber Erich, eher als Metapher auf den Menschen.
Zwei berührende Sonette sind dir hier gelungen,die im Sinnbild dr Katze das zeigen , was dem Menschen in der Zivilisation und dem "Ewig-jung-und-fit sein-müssen" verloren ging:
die Weisheit, sich dem Gesetz der Natur zu beugen und es zu akzeptieren.

ja, wiklich schön, die Sonette!
LG von Agneta
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Alt 28.09.2015, 19:11   #8
Erich Kykal
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Hi, Agneta!

Den philosophischen Background hat du gut erkannt - beim Menschen verhält es sich genauso!

Vielen Dank für die Lobesworte!

LG, eKy


Hi, Faldi!

Was dir mit Katzen passiert, hat mit der Körpersprache zu tun:

Wer Katzen liebt, geht frontal auf sie zu, schaut ihnen in die Augen, macht Geräusche, kommt zu rasch zu nah. Die Katzen interpretieren dies als aggressiven Akt und weichen oft aus, es sei denn, sie sind daran schon sehr gewöhnt.
Wer Katzen scheut, vermeidet Blickkontakt, nähert sich nicht, ist ruhig und unauffällig: Für Katzen nach deren Verhaltensmuster eine Einladung zum Kennenlernen! Genau das tun sie dann auch, indem sie Kontakt suchen und dir um die Beine streichen. Ihre Art, "Hallo, ich bin ein Freund!" zu sagen!

Auch Katzen haben "intime" Stellen, die nicht jeder sofort bekosen darf. Welche das sind, ist oft von Katze zu Katze unterschiedlich. Allgemein lässt sich sagen, dass man zu Anfang einer "Bekanntschaft" nur Kopf und Rücken kraulen oder streicheln sollte. Läufe, Hals und Bauch allerdings - für die Katze extrem wichtig oder verwundbar - sollte man vorerst nicht berühren. Erst bei angemessener Vertrautheit wird die Katze dich näher einladen, indem sie dir die betreffenden Stellen präsentiert.

"Krume" wird nicht so vielseitig verwendet, also kann man hier höchstens einmal falsch liegen. Allerdings weist die Phrase selbst indirekt auf die Deutung hin, indem sich etwas nach der Krume "welkend neigt", was ja schon ein eindeutiger Hinweis auf Pflanzliches ist, das aus besagter (Acker)krume wächst. Also wer hier auf "Brotkrume" kommt, ist selber schuld!

Vielen Dank für deinen vielschichtigen Kommi!

LG, eKy
__________________
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Geändert von Erich Kykal (08.10.2019 um 22:06 Uhr)
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