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Alt 17.03.2016, 14:58   #1
Adam M.
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Beiträge: 12
Standard Abschied

Abschied

Stählerner Blick erfasst prüfend die Flur.
Sonnengegerbt, voller Kraft die Statur,
schreitet der Herr dieser Felder voran.
Demütig neigt sich der Weizen, alsdann
teilt sich das goldgelbe Meer und es bebt
grüßend der Boden - vom Schritte belebt.

Prachtvolle Ernte verkündigt sich hier -
nahrhafte Kost für potentes Getier,
das unter kundigen Händen gedeiht -
wissenden Händen, zur Arbeit bereit.
Arbeit, die Geist, die die Seele beglückt,
Mensch und Natur in den Mittelpunkt rückt.

Sechs mal zehn Jahre schon Ernte und Saat.
Zweifel? Mitunter, doch stets war die Tat
logisches Ende im Wägungsprozess:
Trotzt er der Dürre, dem Hagel, indes
mehr Konsumenten für weniger Geld
bessere Ware erwarten? Die Welt

isst, was es gibt, ganz egal, was es ist.
Ob sie die goldgelben Meere vermisst?
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Alt 17.03.2016, 22:34   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Adam!

Ein schönes Einstandsgedicht! Ein paar Stellen möchte ich allerdings bearbeiten:

Stählerner Blick erfasst prüfend die Flur.
Sonnengegerbt, voller Kraft die Statur,
schreitet der Herr dieser Felder voran.
Demütig neigt sich der Weizen, alsdann
teilt sich das goldgelbe Meer und es bebt
grüßend der Boden - vom Schritte belebt.

Prachtvolle Ernte verkündigt sich hier - "verkündigt" scheint mir gar zu "religiös", und die erste Strophe hat so schon genug Pathos. "verkündet" erscheint angemessen.
nahrhafte Kost für potentes Getier, "potentes Getier" - sorry, das wirkt ungewollt komisch! Unbedingt anders Adjektiv suchen!
das unter kundigen Händen gedeiht -
wissenden Händen, zur Arbeit bereit.
Arbeit, die Geist, die die Seele beglückt, Dreimal "die" in einer Zeile, davon zweimal direkt hintereinander? Vorschlag: "Arbeit, die Geist wie auch Seele beglückt,"
Mensch und Natur in den Mittelpunkt rückt.

Sechs mal zehn Jahre schon Ernte und Saat.
Zweifel? Mitunter, doch stets war die Tat
logisches Ende im Wägungsprozess: "Wägungsprozess" klingt sehr ... statistisch. Ein unlyrisches Wort.
Trotzt er der Dürre, dem Hagel, indes "indes" kann "unterdessen" heißen oder "jedoch". Aufgrund der Satzkonstruktion missverständlich: Etwa die Hälfte werden den Satzteil mit der falschen Interpretation anlesen, zB ich - und müssen dann neu ansetzen.
mehr Konsumenten für weniger Geld "Konsumenten" ist ein sehr unlyrischer Fachterminus.
bessere Ware erwarten? Die Welt

isst, was es gibt, ganz egal, was es ist.
Ob sie die goldgelben Meere vermisst?


Gut zu lesen, im Stil an manchen Stellen sehr "barock" - aber ich mag das.
Mehr Pathos dürfte aber nicht sein!
In S3 wird es dann stellenweise zur Vorlesung - hier verliert der Text die aufgebaute Stimmung unter der Last unlyrischer Fachausdrücke. Die Conclusio versöhnt wieder.


Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.03.2016, 09:50   #3
Adam M.
Gesperrt
 
Registriert seit: 17.03.2016
Beiträge: 12
Standard

Hallo Erich, du hast dir alles ziemlich genau angesehen, danke. Die Sache mit dem Pathos ist, dass unsere Deutschlehrerin gesagt hat, wir sollen ruhig mal richtig dick auftragen und ein entsprechendes Thema wählen. Ich habs für unseren Nachbarn geschrieben, der letztes Jahr 60 geworden ist und ein ziemlich anständiger Typ ist. Aber ich habs ihm nie gezeigt, weils nicht rechtzeitig fertig geworden ist. Und weil ich glaube, dass er Gedichte nicht so besonders findet. Dafür hat er Ahnung vom Leben.
Den Pathos habe ich nicht durchgehalten, da hast du recht. „Wägungsprozess, Konsumenten“… naja. „Potent“ fand ich gar nicht so übel, um im Pathos zu bleiben. Nicht nur Geschlechtsteile können mächtig sein. Ich hab mir gedacht, es kann nicht schaden, das Wort mal wieder ganz unschuldig zu benutzen. Hej, wenn du mitmachst und noch ein oder zwei Leute, dann bürgern wir das Wort allmählich wieder in den normalen Sprachgebrauch ein.

Du meinst, die Hälfte der Leser muss nach dem indes-Vers nochmal neu ansetzen? Die Wette nehme ich an. Lass uns eine Woche warten, wenn deine Prognose stimmt, suche ich eine andere Lösung. Bis jetzt hast du einen dicken Vorsprung weil deine Fraktion zurzeit 100 % der Stimmen hat. Eigentlich glaube ich, willst du damit nur den blöden Wägungsprozess rausdrängeln. Aber so leicht nicht. :-)

Grüße von Adam
Adam M. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.03.2016, 16:51   #4
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 12.994
Standard

Hallo Adam,

mir gefallen vor allem die strophenübergreifenden Zeilen und Reime.
Das macht dein schönes Gedicht weich und flüssig lesbar und wirkt wie eine homogene Masse
im besten Sinne.

Auch das Thema gefällt mir sehr.
Wie lange noch werden wir uns an blühenden und reifenden Feldern erfreuen können?

Du hast hier als Protagonisten einen alten Bauern, einen Landwirt und Sämann gewählt,
der uns seine imaginären Gedanken nahebringt.

Ich habe deinen Text sehr gerne mehrfach gelesen - und nix zu kritteln gefunden.
Selbst das potente Getier passt meiner Meinung nach - unterstreicht es doch die Kraft der Natur,
die wir für uns und unsere Nachkommen erhalten sollten,
auch wenn wir für Produkte daraus mehr Geld ausgeben müssen.
Das sollte sie uns wert sein!

LG Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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