07.11.2009, 19:18 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beim Wäschesortieren
Ein Hemdchen, ein Höschen, ein Polsterbezug,
ein Tischtuch, zerknittert (Ich war wohl nicht klug? Aus Leinen, das bockig sich mir widersetzt!). 'ne Jeans, wo das Handy war, leicht durchgewetzt. Wo bleibt jetzt mal, bitte, die Tuchent zum Kissen? Ein Fleck auf der Bluse? Jetzt würd ich gern wissen, warum hat das Pulver ihn nicht rausgewaschen? Ein Sweater mit Aufdruck und Känguruhtaschen, ein Hemdchen, ein Höschen, die wollige Weste und - kreisch! - auf dem Pulli noch Taschentuchreste! Wie ist denn das wieder zur Wäsche gekommen? Seufz. Wer hat den Lappen nicht gleich rausgenommen? Ein Euro - hurra !- den nehm ich mir selber, ein Hemdchen, ein Höschen, ein Socken, ein - gelber??? So einsam, du schöner - wo ist denn dein Zweiter? Von deiner Art fristen schon ohne Begleiter gar viele ihr Leben in unterster Lade! Nicht tragbar, da einzeln, zum Weghaun zu schade- Und ab und an wird ja noch manches gefunden: Die seidige Bluse, im Rücken gebunden. Ein Hemdchen, ein Höschen, die halblangen Strümpfe - Wohin sind die Zeiten für nächtliche Trümpfe? Voll Leidenschaft, Lust, kein Verlangen gezügelt? Gewaschen, gewrungen, getrocknet, gebügelt....? Jetzt steh ich beim Eisen (das ist ja noch heiß), - ein Hemdchen, ein Höschen , und zahle den Preis....
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07.11.2009, 21:47 | #2 |
unpaniert
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Lieber Larin,
ich glaube , hier bin ich einem hexametrischen Walzer begegnet. Herrlich der Rhythmus. Humorvoll die Worte. Der Sinn. Gefällt mir sehr. Was Wäsche in seiner Anforderung an den Menschen so bringen kann ?! mg forelle .
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07.11.2009, 22:02 | #3 |
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Hallo Larin
Der Text ist sehr locker in seiner teilweisen Aufzählung zu lesen. Ich musste schmunzeln über die Funde aus deiner Wäschekiste, sehr gelungen der darin enthaltene Humor und die Selbstironie! Das mit den Socken ist scheint mir international. Den österreichischen Begriff für Bettuch ist mir nicht unbekannt. "Tuchent" kenne ich aus dem Sprachgebrauch meiner Großmutter, die war Donauschwäbin. Ich gehe davon aus, dass die Zeilenauftakte eigentlich alle unbetont sein sollen, um dann daktylisch weiterzulesen. Das ist dir gut gelungen - bis auf die letzte Zeile in Strophe 3. Zwar lese ich da, schon eingegrooved, das "Seufz" ebenso unbetont, man kann das auch, doch gerade ein Seufzer ist ja eigentlich eher betont. Das wäre mein gefundenes Haar in der Suppe. Die Schlusszeilen laufen für meinen Geschmack etwas nichtssagend aus, da hätte ich mir was Pointierteres gewünscht. Trotzdem ein lustiges Werk. Blaugold |
07.11.2009, 22:57 | #4 |
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Liebe Larin,
und Eins, Zwei, Drei - Eins, Zwei, Drei - rechts herum, links herum....... Dein Wäschekorb dreht sich im Walzertakt! Oh, wer kennt sie nicht, die einzelnen Socken, die Taschentuchkrümel? Wunderbar treffend, wenn auch ein wenig lang geraten, hast Du das alltägliche Leid bedichtet. Schade, dass Du keinen Ausweg aus der Misere bietest . Sehr gern gelesen und gelächelt. Herzliche Grüße, Medusa. |
07.11.2009, 23:29 | #5 |
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liebe forelle, liebe medusa,
das sich hier ein walzertakt eingeschlichen hat, fiel mir gar nicht auf. mein einziger gedanke war doch nur: mist! ich sollte mal wieder bügeln!(und ich hatte sowas von keine lust dazu). statt dessen schrieb ich lieber ein gedicht.... lieber blaugold, ich gebe dir völlig recht: auch ich hätte mir eine bessere pointe für meinen tagesausklang gewünscht, als ausgerechnet am wäschekorb zu stehen... das mit dem seufzer überleg ich mir noch. dachte ehrlich gesagt beim schreiben nicht an hebungen und senkungen, sondern nur daran: wie drück ich mich vor der unangenehmen arbeit oder schiebe sie zumindest noch ein bisschen auf? (zweiteres ist mir immerhin gelungen ) nett von euch, dass ihr mich so interessiert durch meinen alltag begleitet habt! danke für die kommis! larin
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08.11.2009, 10:33 | #6 |
Mal lachend - mal traurig
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Hallo larin,
humorvoll und locker flockig geschrieben. Das kenne ich aber von dir schon gaaaaanz laaaaange.Nur das mit den Socken, das ist mir nicht klar. Vor kurzen monierte ein Nachbar: Du hast je einen blauen und einen schwarzen Socken an. Ich: Komisch in der Schublade hab ich noch so ein Paar. Siehst du, ein Tipp damit die Lade mal leer wird. der Knacki schickt viele Grüße
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08.11.2009, 11:18 | #7 |
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lieber knacki,
das mir den socken ist auch mir ein rätsel! wenn man zum beispiel einen weißen socken in die wäsche gibt und heraus kommt ein gelber...? waschmaschinen sind doch höchst eigenwillige tiere.... lg, larin
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08.11.2009, 17:39 | #8 |
Slawische Seele
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Liebe larin,
so eine spinnernde Waschmaschine habe ich auch - bestimmt Export aus Österreich. Beim Lesen entsteht ein Tanzgefühl, super gemacht. Weisst du, was noch gut 'rauskommt? Geldscheine - sauber und glatt. Einzelsocken liegen bei mir auf einem "Extrastuhl" und warten auf ihre verlorenen Partner. Viele kehren zurück, jedoch die Neuzugänge machen alles wieder zunichte. Hand auf's Herz: Lachst du in solchen Momenten (verfilzter Mohair, unbügelbare Seide und das gute weiße Oberhemd des Gebieters plötzlich in rosa) wirklich? Ich beiße mir erst in die Hacken, raufe mir kurz die Haare und lache mich erst schlapp, wenn es anderen passiert. Liebe Grüße Dana
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08.11.2009, 18:22 | #9 |
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liebe dana,
wer kann schon lachen, wenn einem selber was blödes passiert? wenn der schöne, beigefarbene pulli mit wollzumischung, den man erst zweimal getragen hat, plötlich in puppengröße aus der maschine kommt? oder die herrliche spitzenunterwäsche einen zuckersüßen rosa touch hat, weil irgendwo was rotes mit dabei war? seltsam, ihr hört hier alle einen walzertakt! ich selber hatte gestern kein tanzgefühl beim wäschesortieren. na, vielleicht hab ich doch der waschmaschine zu lange beim waschen zugesehen (augenroll, rundherum) erstaunlich , welchen zulauf mein wäschekorb hat. danke fürs mitwühlen! larin
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08.11.2009, 20:25 | #10 |
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@forelle, (ich bitte Larin, eine Anmerkung zum Hexameter zu tolerieren.)
Diesem Gedicht liegt meines Wissens kein hexametrischer Ansatz zugrunde. Zwar "walzert" es, ungefähr so: Ein Hemdchen, ein Höschen, ein Polsterbezug, ein Tischtuch, zerknittert (Ich war wohl nicht klug? xXxxXxxXxxX oder phonetisch daDAdadaDAdadaDAdadaDA doch hexametrisch heisst ja: mit sechs Versfüßen=sechs mal betont! Also so: XxxXxxXxxXxxXxxXx Die Zeilen von Larins Gedicht müssten demnach ungefähr folgendermassen konzipiert sein: Strümpfe, ein Hemdchen, ein Höschen, ein Polsterbezug und zwei Decken. Eine Gardine, ein Tischtuch, zerknittert (Ich sollt es verstecken). auch die zweite Zeile wäre so zu betonen. u.a. folgende Regel: Betonter Auftakt, sechs Versfüße, die letzten zwei Silben müssen trochäisch sein, also Xx. Ich glaube auch in der Chemie gibt es hexametrische Molekularformen. Ich liebe hexametrische Gedichte, bin aber kein Meister darin; in den langen Zeilen steckt irgendwie ein Zauber. Weitere informationen gibt dir Wikipedia. Schade finde ich ein wenig, dass sich hier im Forum noch kein Dichter als Fachmann gezeigt hat, vielleicht outet sich einer mal, oder landet auf der Insel. Schreib(t) doch mal solche Dinger und lasst sie anschauen! Blaugold Geändert von Blaugold (08.11.2009 um 20:30 Uhr) |
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