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Minimallyrik und Aphorismen Alles was kurz und schmerzlos ist

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Alt 17.08.2011, 19:45   #1
wolo von thurland
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Bächlein,
plätscherndes Mondlicht,
heimlich glitzerndes Vöglein,
zwitscherndes

Eule,
kreischende Schatten,
tückisch täuschende Wipfel,
rauschende

Moosquell,
sprudelnder Fixstern,
leise munkelnder Abend,
dunkelnder

Geändert von wolo von thurland (17.08.2011 um 19:57 Uhr)
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Alt 18.08.2011, 12:02   #2
Erich Kykal
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Geistsuchender,
Tiefe der Teiche,
worin lotest du
nach Gedanken?

Mitte,
entuferte,
hingegeben den Schatten
im Walten der Worte.

Wo bist du, Grenze?
Was ist Kunst?
Abgetropft
aus der Wirrnis
von Träumen und Bildern
verschließt sich
der Sinn.


Okay, das war jetzt ein wenig unfair, das gebe ich zu. Ich wollte dabei eigentlich nur darauf hinweisen, was mich an dieser Art "Lyrik" so stört:
Eben dieses struktur- und sinnfreie "Dahingleiten" von beliebig wirkenden Phrasen und der Andeutung von Bildern. Für mich klingt das - so harmonisch es bei talentierten Leuten klingen mag - immer ein wenig nach Rausch, Demenz oder nach: Da wollte sich einer nicht wirklich Mühe geben, denn sowas in der Art zu generieren ist leicht, wie obiges ad hoc-Beispiel verdeutlicht.
Ganze Sätze zu formulieren, die sich ebenso leicht und träumerisch anhören, obwohl sie fordernd und komplex sind, ist eben ungleich schwerer als dieses alzheimernde Dahinplätschern von wie zufällig aufgeklaubten Eindrücken, die sich teils fast widersprechen, oder deren Zusammenhang zumindest unglaubwürdig erscheint.

Beispiel: S1 - Ein Bächlein kann kein Mondlicht sein, bestenfalls es reflektieren, ebenso ist "plätschern" schlecht gewählt, da Mondlicht, wenn man schon den Vergleich zulässt, keinen Laut macht. Ein Widerspruch. Noch abstruser: Das heimlich glitzernde Vöglein. Bei Nacht? Da zwitschern keine Vögel - das widerspricht dem Mondlicht - oder setzt du das Bächlein gar mit einem Federtier gleich?
S2 Erscheint noch zusammenhangloser. Schatten kreischen nicht, und was sind tückisch täuschende Wipfel? Personifizierung von Gewächsen oder Schattenspiel der Dunkelheit - doch warum soll tückisch sein, was eigentlich nur natürlich ist? Was hat all das mit einer Eule zu tun?
S3 Quelle als Fixstern? Ist das nicht ein etwas zu groß geratener Vergleich? Wie leicht können Quellen versiegen... Und jetzt ist auf einmal Abend? Nach 2 Strophen Nacht mit Mondlicht und Eulen? Da würde ich zumindest was umstellen, oder aus dem Abend einen Morgen machen, es sei denn, ich habe Recht mit meiner These der rausch- bis krankhaften Beliebigkeit dieser "Art" von Lyrik.

Das alles ist natürlich bloß meine persönliche Meinung und wahrscheinlich mein ebenso persönliches "Problem"! Das soll kein Angriff auf dich und das sein, was du zurecht als wahre Dichtkunst interpretierst.
Es soll nur meinen Standpunkt verdeutlichen in der Hoffnung, dies möge dich zumindest zum Drübergrübeln anregen, ohne Anspruch auf Ausschließlichkeit oder die Überzeugung, auf jeden Fall Recht zu haben!
Ich hoffe, dich nicht nachhaltig vergrämt zu haben.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (18.08.2011 um 12:15 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.08.2011, 16:29   #3
wolo von thurland
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wow!
so ein ordentlicher verriss ist mehr wert als viel gesäusle!
von vergrämen keine spur.
ich finde es im gegenteil eher schade, dass du nicht schon bei meinen früheren versen, falls du einen gelesen hast, stellung bezogst.
dass das machwerklein eine struktur hat, die du in deiner parodie völlig unberücksichtigt lässt, sei nur am rande bemerkt, denn ich selber bin der letzte, zu behaupten, dass das ding, welches nur der zeilenschaltung überhaupt sein fragwürdiges leben verdankt, etwas mit lyrik zu tun habe.
grüsse, geistsuchende
wolo von thurland
p.s. geist gefunden:
Wer neigte dich, des letzten Trunkes Schale,
aus ungelöschtem Weh dem welken Mund?

Geändert von wolo von thurland (18.08.2011 um 19:10 Uhr)
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Alt 22.08.2011, 09:34   #4
Erich Kykal
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Hi, wolo!

Ich bin froh, dass ich dich nicht "am falschen Barthaar gezupft habe"!
Deine Antwort beweist wohl mehr Reife und innere Größe, als mein emotionalisierter Beitrag verrät...

Eins noch: Ich spreche deinem Werk ja die "Struktur" nicht ab - ich habe sie durchaus bemerkt (Drum schrieb ich ja auch: ...so harmonisch es bei talentierten Leuten auch klingen mag...).
Indes, ich kann nicht umhin zu wiederholen, dass ich nun mal mit dieser Art Lyrik wenig anfangen kann - und dass ich durchaus erkannt habe, dass dies MEIN Problem ist!
Ich steh nun mal auf ganze Sätze, Reime und den ganzen schwelgerischen Reichtum des Deutschen, ohne dass es verkitscht und verschnörkelt klingt.
Rilke ist mein großer Liebling, mein Idol und mein ewig leuchtendes Vorbild.
Für mich ist dies das Größte, was Dichtkunst schaffen kann: Wenn schon die Schönheit der Sprache allein einen zum Weinen bringt!!
Mir ist klar, dass ich dies wohl nie erreichen werde - dennoch: Ich gebe mir Mühe, immer wieder. Und das - so erscheint es mir zumindest - ist ebendas, was diesen "modernen" Gedichten zumeist fehlt: Dieses perfekte Zusammenspiel von Grammatik, Wortwahl, Satzmelodie, Inhalt und Emotion der klassischen Lyrik!
Hier nun beschränkt man sich beim "Dichten" auf Wortwahl und Emotion, aber irgendwie funktioniert das bei mir eben nicht - es verärgert mich eher, wenn ich derlei lese! Wie gesagt, es erweckt bei mir eher den Eindruck, als hätte sich der Schreiber nicht wirklich Mühe machen wollen, als lasse er lieber irgendwelche "Fragmente seiner Zuständlichkeit" aus dem Limbo seines Unbewußten beliebig "abtropfen", um dies der Welt dann als sog. "großes Werk" zu präsentieren.
Nun denn, es ist mein Eindruck, keine gemeißelte Tatsache. Dennoch wirst du verstehen, dass ich auf lange Sicht eher geneigt bin, meinem "Gefühl" zu folgen denn einem trockenen Geisteskonstrukt, das mich überreden will, zumindest das "Konzept" dieser Art Lyrik zu bewundern. Für mich muss Lyrik eben mehr sein als ein Konzept, wie durchdacht es auch immer sein mag...

So denn, nix für ungut! Ich hoffe, du bleibst mir dennoch gewogen. Vielen Dank für deine Geduld!

LG, eKy
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Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 23.08.2011, 07:25   #5
Thomas
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Beiträge: 3.375
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Hallo Wolo,

da hast du etwas abbekommen, was eigentlich für einige gefeierte und aufwendig verlegte Dichtergrößen bestimmt war. Schön, dass du es nicht persönlich nimmst.

Viele Grüße
Thomas


Hallo Kykal,

dass du dich so emotional äußerst finde ich einerseits gut, andererseits schade. Gut, weil es zeigt, dass es dir bei der Poesie um etwas geht, dass du mit Leib und Seele daran hängst; schade, weil es wahrscheinlich die Dichter, die es angeht, nicht erreichen wird, weil sie dich sehr wahrscheinlich als 'epigonal' und der Vergangenheit behaftet abstempeln werden. Dabei trifft dein Argument ein ganz wesentliches Problem der heutigen Lyrik. Das merkt man schon daran, dass die Herren Professoren nicht einmal eine logisch exakte und aussagekräftige Definition von Lyrik hinbekommen. Ich persönlich helfe mir mit der Vorstellung, dass im letzten Jahrhundert eine zusätzliche Form, welche ich als 'Lyrische Texte' bezeichne, entstanden ist. Sie verzichtet auf fast alle Errungenschaften, welche uns die Dichter der Vergangenheit geschenkt haben und steht der Prosa näher als der Lyrik. Ob sie von Relevanz ist, wird die Zukunft erweisen. Ich persönlich vermute stark, dass in 500 Jahren Dante, Shakespeare, Goethe, Schiller auch Rilke und vielleicht sogar Morgenstern noch etwas zu sagen haben werden.

Viele Grüße
Thomas

P.S.: Lyrik, 'Was es nicht ist', werde ich in einem gesonderten Thema schreiben.
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.08.2011, 19:48   #6
wolo von thurland
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hallo erich
vielen dank für deine antwort. wenn ich mich nicht irre, war eines der ersten gedichte in diesem forum, das mir gefiel und das ich auch in diesem sinn kommentierte, von dir...
aber mir gefällt lyrik auch in anderer form. eins meiner lieblingsbücher ist z.b. "am hafen" von vera vieider (im gegensatz zu rilke und shakespeare lebt sie noch, was aber kein kriterium sein sollte).

hallo thomas
ich bekomme doch gern was ab vom kuchen.. ;-)

an euch beide:
1. ich hätte dieses zeilenumbruch-textchen in der rubrik "humor und rätselhaftes" einstellen sollen.
2. bei allem respekt vor euch, aber: es gibt hervorragende gedichte aus dem 20. Jh., die euren ansprüchen nicht genügen würden. (rhetorische frage was machen wir da?

gruss von wolo
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