07.03.2009, 21:54 | #1 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Nach Mitternacht
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. . Die Abendstund hat wieder sich gedehnt, seit Wochen schon bis weit nach Mitternacht. Das Folienessen blieb im Kühlschrank stehn, weil das Projekt dir alles abverlangt. Dafür hast du den Rotwein dir gegönnt, wenn alles klappt, bist du ein großer Mann. Mit diesem Traum fällst du wie tot ins Bett. Der Wecker ruft! Es ist dein Tinnitus, was du nicht merkst, du hast bereits geduscht. Mit Zahncremeschaum spuckst du den Albtraum aus und wie gejagt fliegst du die Stufen ab mit dem Termin im Kopf, genau um Acht. Kaum aus der Tür, tauchst du in Dunkelheit. Du bist allein und endlich aufgewacht. Die Treppe hoch im ersten Rückwärtsgang, er zaubert dir ein Lächeln ins Gesicht, weil du das Maß der Traurigkeit erkennst. Wann hat zuletzt ein Freund nach dir gefragt, wann hat der Mond den Weg dir ausgeleuchtet? Dir wird bewusst, du hast so viel versäumt für ein Projekt und einen großen Mann. . . .
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
08.03.2009, 01:50 | #2 |
Gast
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Liebe Dana
Deine Gedichte sprechen mich immer wieder an, schade das ich erst auf .com kam als ihr alle schon weg gewesen seit, so habe ich erst mit der Gründung dieses Forums die Ehre solche Texte wie die deinen zu lesen. Ihr hättet auf .com ruhig noch einen Monat warten können Woran erinnert mich dein Gedicht? An einen Film oder eine Geschichte, ich weiß es nicht mehr ganz genau. Auf jeden Fall ging es um sein Kind, welches sich an der Phrase Zeit ist Geld orientiert.Das Kind kommt also mit dem Sparschwein in eine Konferenz des Vaters, überall sitzen Männer im Anzug und das Kind kommt einfach so herein, gibt dem Vater das Sparschwein und würde dafür gerne einen Tag mit ihm verbringen. Das hat mich damals so gerührt, das ich es in meinem Leben nicht vergessen werde. Ich denke wenn ein Gedicht an etwas erinnert, ist es gelungen. Dein Gedicht hat aber einen Haken, und der stört extrem. Ich finde nichts was ich mit dem Rotstift markieren oder anderweitig kritisieren könnte, ich hoffe du schämst dich dafür! Sehr gern gelesen Liebe Grüße Der Kleine Prinz* |
08.03.2009, 11:49 | #3 | |
Gast
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Liebe Dana
so wie Du das Gedicht aufgesetzt und geschrieben hast, wird dem Leser die ganze Hektik des Alltags übermittelt. Sehr gut gelungen!!! Dieses Gedicht hätte nicht mit ruhigen, beschaulichen Worten geschrieben werden können! Ich würde statt creme crem' schreiben- der Metrik wegen und die erste Zeile: Zitat:
Deine Fassung kommt mir etwas verdreht vor- aber wie immer: Geschmackssache Ansonsten sehr gerne gelesen und mich darin wiedererkannt Lieben Gruß reinhard |
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08.03.2009, 17:21 | #4 |
gesperrte Senorissima
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Liebe Dana,
ich interpretiere den Inhalt ganz anders als d.k.P. Die Abendstund hat wieder sich gedehnt, seit Wochen schon bis weit nach Mitternacht. Das Folienessen blieb im Kühlschrank stehn, weil das Projekt dir alles abverlangt. Dafür hast du den Rotwein dir gegönnt, wenn alles steht, bist du ein großer Mann. Mit diesem Traum fällst du wie tot ins Bett. Der Wecker ruft! Es ist dein Tinnitus, was du nicht merkst, du hast bereits geduscht. Mit Zahncremeschaum spuckst du den Albtraum aus und fast gejagt fliegst du die Stufen ab ( und wie gejagt fliegst Du die Trepp hinab?) mit dem Termin im Kopf, genau um Acht. Doch vor der Tür stoppt dich die Dunkelheit. Du bist allein und endlich aufgewacht. Die Treppe hoch ist erster Rückwärtsgang, er zaubert dir ein Lächeln ins Gesicht, weil du das Maß der Traurigkeit erkennst. Wann hat zuletzt ein Freund nach dir gefragt, wann hat der Mond den Weg dir ausgeleuchtet? Dir wird bewusst, du hast so viel versäumt für ein Projekt und einen großen Mann. Ich sehe jemanden vor mir, der von einem Projekt schier aufgefressen, so daß für das "normale" Leben keine Zeit und keine Gedanken mehr übrig sind, bis dann doch irgendwann leicht die Erkenntnis aufblitzt, was es da an Versäumnissen gibt. Und doch: Weiter, weiter - bis das Projekt unter Dach und Fach und jemand (ein Anderer?) ein großer Mann ist. Aber ich kann auch danebenliegen. Es liest sich sehr flüssig und fast wie gereimt, obwohl da keine Reime sind. Lieben Gruß von cyparis Geändert von Leier (09.03.2009 um 07:46 Uhr) |
09.03.2009, 02:01 | #5 |
der mit dem Reim tanzt
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Liebe Dana, ich sehe die Interpretation so wie cyparis, ein Termingehetzter mit Verschleißerscheinung, an dem das Leben vorbeigeht.
Für mich ist dein Gedicht nur eine Vorstufe, die letzte Verdichtung fehlt mir. Ich versuche mich mal an deiner letzten Strophe, um zu verdeutlichen, was ich meine: Die Treppe hoch ist Rückwärtsgang zum Lächeln in dein Angesicht, da doch die Traurigkeit war lang. Hat noch ein Freund nach dir gefragt, den Weg gezeigt im Mondeslicht, den längst verloren du, der es gewagt, Projekt, Termin und Ruhm zu ernten? Das ist nur ein Vorschlag. Ich meine da müsstest du noch etwas dran arbeiten. Gruß Archimedes ...der sich mit seinen Kreisen stets abplagt
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gestörte Kreise |
23.03.2009, 21:52 | #6 |
Slawische Seele
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Lieber kleiner Prinz,
dein Kommentar gefällt mir sehr. Nichts zu mäkeln (obwohl ich andererseits immer offen und dankbar für jeden Hinweis bin, wo es etwas zu ändern gibt) - aber vor allem deine "Filmgeschichte" an die dich mein Gedicht erinnert hat. Ich kann das direkt nachvollziehen und bin nicht minder berührt. Lieber ReinART, wie ich bereits oben schrieb, danke ich für dein aufmerksames Lesen. Aber: Zähl mal die Silben nach - darin war ich gerade hier sehr penibel und ich würde mit der Satzumstellung zwei Silben mehr haben. Creme wird in "meinem Umkreis" Crem gelesen. Eines las ich jedoch ein wenig besorgt: Du hast dich darin wiedererkannt. Lieber Dichter, ich bestehe darauf, dass du jetzt den Rückwärtsgang einlegst, bitte. Liebe Cypi, ich glaube "wie gejagt" übernehme ich gern, danke. Bei der "Trepp" bin ich aber nicht so überzeugt. Deine Interpretation ist schon korrekt, nur wird der Mann nicht vom Projekt schier aufgefressen. Er läßt sich ganz einvernehmen und verliert sein eigenes Lebensgefühl, bzw. beinahe. Lieber Archi, vielleicht habe ich das berühmte Brett vor'm Kopf oder ich bin zu tief in unseren See abgetaucht. Ich sage ja aus, dass der Termingeplagte im ersten Rückwärtsgang die gesamte Traurigkeit seines Strebens erkennt und flöße ihm Gedanken an Freunde, Spaziergänge und Leben überhaupt ein. Ich möchte es gern lassen, wie es ist - schlimm? Ich danke euch allen für's Lesen und eure Gedanken dazu. Liebe Grüße Dana
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10.06.2009, 02:19 | #7 |
unpaniert
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Nach Mitternacht
Liebe Dana,
da schon alles interpretiert ist, brauche ich mich nur noch dem Loben hinzugeben Ich will mal nur leicht anmerken, wie sehr eine zu starke Verdichtung viel verloren gehen kann. So wie du deine Verse niederschriebst, klingen so viel mehr Emotionen heraus, als bei dem etwas verdichteterem Beispiel . Da fehlt so viel, dadurch ist es schlecht zu verstehen. Sehr schön und klangvoll geschrieben - und das bei soooo viel Stress liebe Grüße von forelle .
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Es muss einen anderen Weg geben, durchs Leben zu gehen, als kreischend und um sich tretend hindurchgezerrt zu werden. (Hugh Prather) |
10.06.2009, 18:23 | #8 |
Gast
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Hallo Dana,
bin mal wieder in Mittwochseile, werde aber in so zwei Stunden mehr Zeit und Ruhe haben. Auf den ersten Durchgang ein sehr fein gearbeiteter Text mit nur sehr kleinen Mankos. Die Abendstunden hat er wieder ausgedehnt wie schon seit Wochen bis nach Mitternacht. Das Chinese-Deli blieb im Kühlschrank stehen weil das Projekt all seine Zeit verschlingt. Das ist in aller Eile formuliert, ob das Gedicht nun im "man" oder "du" oder "ich" Form läuft hab ich jetzt nicht so genau beachtet. Es geht da mehr mal ums Prinzip. So mal auf die Schnelle weil mir das "Abendstund" so gar nicht behagt. Ebensowenig die "fliegst du die Stufen ab". NAchher guck ich nochmal mit dem VErgrößerungsglas, aber im Moment meine ich, dass das die einzigen Stellen sind, die ich quer empfinde. lG RiffRaff Geändert von RiffRaff (10.06.2009 um 18:25 Uhr) |
10.06.2009, 21:49 | #9 | |||
Gast
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Hallo Dana,
noch ein Detail: Zitat:
und rennst wie ein gehetztes Wild treppab? Doch draußen stoppt dich eine Dunkelheit? "Vor der Tür" kann man prima Haare spalten. Ich behaupte, da ist das LI noch im Haus Zitat:
Zitat:
Das war jetzt aber nun wirklich alles. Gern gelesen. lG RIffRaff |
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10.06.2009, 22:39 | #10 |
Gast
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Liebe Dana, deine Inversionen geben dem LyrDu etwas Verletzendes, Verstörtes. Es scheint allein darin begründet, bei aller Vielfältigkeit des Lebens > ihm fehlen Freunde. So sitzt er womöglich unendlich allein, in der einen Hand das Glas Rotwein, in der anderen, das ihm derweil elende Produkt der Natur und t/reibt sich hoch, an geilen Gesichtern vorbei, einmal mehr in den kleinen Tod.
Was für eine traurige Gestalt. Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus 2 Schriftzeichen zusammen - das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit. (John F. Kennedy) Sehr gern gelesen. alles liebe, Helene |
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