24.05.2014, 21:13 | #1 |
Senf-Ei
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Hüll dich in Schweigen
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Traumgetüncht im rosigen Ton des Lächelns zieht das Grauen heimlich ins Kinderzimmer. Stickig wirds, wenn Zauberers Stimme flüstert: Hüll dich in Schweigen. Nachtgebet: Erlöse uns von dem Bösen. Schlaf, Prinzessin, Teddybär hält die Wache. Schau nicht in die Kammer der Hirngespinste. Nichts ist geschehen. Vor dem Fenster bauschen sich Schamgardinen. Leute gehn vorüber: gepflegter Rasen, Rüschenkleidchen säuberlich auf der Leine. Lügengebäude. . |
24.05.2014, 21:32 | #2 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Hallo Claudi,
dass du alle "Merkmale" der sapphischen Ode eingehalten hast, unterstelle ich ohne jede "Krittelei" - du machst das sicher gekonnt. (Ich habe noch nie eine geschrieben) Der Text selbst schafft Gänsehaut und berührt ob der Dichtkunst. Beim Lesen entstehen Bilder, die einem den Atem nehmen. Man ist geneigt, dem Titel zu entsprechen. Ein großes Lob an die Verfasserin. Liebe Grüße Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
25.05.2014, 06:08 | #3 |
Kiwifrüchtchen
Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
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Liebe Claudi,
ein verdammt starkes Stück legst Du uns hier vor. Erste Eindrücke: Beklemmend, dumpf und bedrückend. Es macht Angst. Dass mir diese Emotionen gefallen, kann ich nicht behaupten. Zu gut bringst Du sie rüber, die monströse, brutale Hässlichkeit eines Kindesmissbrauches. Nachdem Du schonungslos hart und nachhaltig das Gefühl des Lesers gepackt hast, fällt es schwer, meine Gedanken zum und vom Thema loszureissen und dem Handwerklichen zuzuwenden, bei dem Du Dich wieder einmal selbst übertroffen hast. Dana's Anmerkung bzgl Form schließe ich mich ungeschaut an: Wenn Claudi eine sapphische Ode im Titel ankündigt, dann ist mit Sicherheit eine sapphische Ode drin. Und ich geh davon aus, es ist eine perfekte. Das Strickmuster hab ich mir schon verXXXt und zu meiner Bastelliste gelegt. Mein erster Eindruck war, dass es relativ einfach zu knacken wäre. Eingehende Beaugapfelung belehrte mich schnell eines Besseren. Sappi ist kein leichtes Mädchen. Interessant ist sie aber allemal. Na gut, das gibt mir wieder was zum Tüfteln. Jedes Wort Deines Werkes ist handverlesen und strategisch geschickt platziert. Damit kontrollierst Du den Spannungsbogen mit solcher Eleganz und Leichtigkeit, dass selbst der aufmerksame Leser die Arbeit, die darin steckt, nicht merkt. Es mutet befremdlich an, hier von 'gefallen', oder einem Sahnehäubchen zu sprechen, dennoch möchte ich Dir sagen, dass ich 'Schau nicht in die Kammer der Hirngespinste' einfach exquisit finde. Noch ganz im Banne dieses Ausnahmewerkes erscheint mir Kritik als kleinlich. Allerdings weiß ich auch, dass Du für ehrliche Meinungsäußerung immer offen bist. Stickig wirds... Das 'wirds' ist mir in diesem schweren Text zu flapsig. 'Stickig' passt vorzüglich und das sogar auf mehreren Ebenen. Ich grüble nun schon eine ganze Weile, mir fällt nix ein, was ich Dir vorschlagen könnte. Hierher werde ich sicher noch öfter zurückkommen. Ein brisantes Thema, das durch Deine meisterliche Aufbereitung zum Leseerlebnis wurde, wofür ich mich bedanke. Eins würd mich brennend interessieren: Wie lange hast Du an diesem Stück gewerkelt? Verrätst Du's mir? Einen angenehmen Sonntag und lG von Lai
__________________
.................................................. ........................................... "Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal Geändert von Lailany (25.05.2014 um 06:31 Uhr) |
25.05.2014, 09:14 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe Claudi,
ich würde es so stehen lassen. Das "stickig wirds" tut dem Rhythmus gut und sticht (wie übrigens auch das "hüll") trefflich hervor, aus der Odenform, in welche der düstere Inhalt ge-ver-hüllte ist. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
25.05.2014, 21:28 | #5 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
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Hi Claudi,
wie Dana habe ich auch noch nie eine sapphische Ode geschrieben und wenn Lailany sagt, es stecke auch drin, was du versprichst, dann will ich das einfach akzeptieren und mir als Lehrstück für die Zukunft merken, denn diese Strophenform gefällt mir ausnehmend gut, was man vom Inhalt ja nicht unbedingt behaupten kann. Das liegt natürlich am bedrückenden Thema, das sehr authentisch umgesetzt wurde. Wie soll ich jetzt erklären, dass etwas, das sich wie eine negative Kritik anhört, in Wirklichkeit eine positive sein soll in Anbetracht der Thematik? Es ist ja nun wirklich kein schönes Thema und schon fast beängstigend, wie der Leser hier in die Psyche des Opfers Einblick erhält. Die ganze Szenerie wirkt so real und wie aus dem Leben gegriffen, es ist schlicht und einfach ergreifend. Die letzte Strophe ist dann der krönende Abschluss und die "Schamgardinen" passen einfach perfekt, die sind der Volltreffer. Ich kann mich nur wiederholen. Diese Ode ist packend, traurig, mitleiderregend, wütend machend und empörend zugleich. Die Umsetzung des Themas und die äußere Form kann ich nur als äußerst gelungen bewerten. Ein tolles, ein ungewöhnliches Gedicht von hoher Ausstrahlungskraft. In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
__________________
Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
28.05.2014, 09:35 | #6 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Ort: Im hohen Norden
Beiträge: 431
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Hallo Claudi,
dieses Thema ist wohl immer aktuell, leider. Dein Gedicht beschreibt den "lieben Onkel", der sein unmoralisches Tun geschickt betreibt, indem er mit seinem Opfer ein "Geheimnis" teilt. Und so als wäre nichts geschehen, geht es am nächsten Tag in einer heilen Welt weiter. Die armen traumatisierten Opfer sind die Leidtragenden, wenn sich Erwachsene nicht zurückhalten können, die ihre Befriedigung nur an wehrlosen Personen erleben können. Es ist traurig und widerlich, aber leider eine Tatsache, die wir aus unserer Gesellschaft nicht wegleugnen können. Das beschreibt dein Gedicht sehr real und anschaulich, so dass mir eine Schauer über den Rücken gelaufen ist. Gefallen hat mir dein Gedicht mit dieser ungewöhnlichen Strophenform sehr gut, die Dinge, die dort beschrieben werden allerdings nicht. Doch sie gehören nun einmal zur menschlichen Existenz dazu und deshalb ist deine Ode auch berechtigt und öffnet die Augen für solche Dinge, die hinterher am liebsten totgeschwiegen werden. Gut, dass du dich nicht in Schweigen gehüllt hast. Herzliche Inselgrüße Narvik
__________________
Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant) Geändert von Narvik (28.05.2014 um 09:47 Uhr) |
29.05.2014, 17:35 | #7 |
Senf-Ei
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Hallo, Ihr Lieben!
Dana, Eva, Thomas, Faldi, Narvik Habt vielen Dank für Eure einfühlsamen Kommentare zu diesem traurigen Thema. Ernste Gedichte schreibe ich so gut wie nie. Dieses Thema war mir allerdings wichtig, und so habe ich etwa ein halbes Jahr daran gewerkelt, bis ich wirklich zufrieden war. Die erhabene Odenform symbolisiert die Fassade der Ehrenhaftigkeit, hinter der sich der Täter verschanzt, während er die Würde des Kindes mit Füßen tritt. Im Namen aller Opfer, die oft ein Leben lang unter den Nachwirkungen des Missbrauchs leiden, muss das Schweigen gebrochen werden, und ich bin froh, wenn ich einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte. Liebe Grüße Claudi |
29.05.2014, 19:19 | #8 |
ADäquat
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.003
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Liebe Claudi,
__________________
. © auf alle meine Texte
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30.05.2014, 15:09 | #9 |
Von Raben umkreist
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Ort: Am Niederrhein
Beiträge: 1.053
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Liebe Claudi,
in deiner Ode stecken so vielsagende und inhaltsschwere Wörter, die lautlos schreiend und anklagend auf die erniedrigenden und vernichtenden Geschehnisse hinweisen - sehr einfühlsam doch grausam. Wenn es stickig wird, kann man nur schwer bzw.kaum atmen, vielleicht lässt sich damit etwas anfangen, wie z.B.: "Beklemmung, wenn ..." oder "Atem stockt, wenn". Hast du bewusst "Leute" gewählt, weil es anonymer klingt, als Menschen oder Nachbarn? "Lügengebäude" drückt für mich nicht präzise genug aus, was sich hinter der Fassade verbirgt, weil es sich eigentlich nur auf den direkten "Tatort" bezieht. Die Außenwelt, also die "Wegschauenden" bzw. die nicht "Wahrhabenwollenden" sind schließlich erheblicher Teil des Dramas. Die letzten fünf Silben sollten dies auch zum Ausdruck bringen - oder? Gelesen, verharrt, tief durchgeatmet und bewundert. Lieben Gruß Sid
__________________
Alle meine Texte: © Sidgrani "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"
»Erich Kästner« |
30.05.2014, 22:30 | #10 |
Senf-Ei
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Liebe Chavali, lieber Sid,
auch Euch danke ich für Eure Kommentare! Sid, Du hast Dich so intensiv mit meinem Gedicht beschäftigt, und es tut mir so leid, dass ich wieder mal eine ausführliche Antwort verschieben muss. Ich fahre am Sonntag für einige Tage weg und hab noch so viel zu erledigen! Aber ich komme wieder und melde mich dann bei Dir, wenn ich hier weitergeschrieben habe und auf Deine konstruktiven Gedankengänge eingegangen bin. Liebe Grüße Claudi |
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