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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 15.05.2009, 11:51   #1
Medusa
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Standard Verwahrlosung

Sprache


Deutsch ist die Sprache des Protestantismus.
Kraftvoll bei Luther, bei Freud, dem Marxismus.
Zart meist bei Rilke, bei Lessing und Goethe,
klingend für Orgel, Piano und Flöte.

Eine der schönsten und geistreichsten Sprachen
windet sich traurig in dumpfdrögen Brachen,
lassen wir fröhlich mit Dampfplauder brämen -
sollten uns ihrer Verschandelung schämen!

Mutwillig oder mit Vorsatz betrieben,
gleichgültig, sinnleer, wird je nach Belieben
schrecklich mit Denglisch und anderm Gehaben
Sprache als Heimat zu Grabe getragen.

Aufwachen, Freunde, so lasst uns beizeiten
denen, die Schande der Sprache bereiten,
legen ihr Handwerk in jedwede Grenzen -
niemals mit Lobhudeleien bekränzen!

Geändert von Medusa (18.05.2009 um 08:09 Uhr)
Medusa ist offline  
Alt 15.05.2009, 12:14   #2
Leier
gesperrte Senorissima
 
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Lob, Lob, Lob!


Du sprichst mir - wenn auch in manchen Zeilen etwas ungeschickt - aus meinem tiefsten Herzen!
Du bestärkst mich darin, meiner Wut ob der Verschandelung freien Lauf zu lassen.

Hab Dank, liebe Medusa!

cyparis
Leier ist offline  
Alt 15.05.2009, 12:31   #3
Seeräuber-Jenny
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Ahoi Medusa,

Papier ist geduldig, und so wird unserer Sprache und den Lesern allerhand zugemutet - Holperreime, Denglisch, grobe orthografische und grammatikalische Fehler und dergleichen Schnitzer mehr.

Häufig geschieht dies aus Unvermögen. Vielleicht, weil manche, die sich Dichter nennen, selbst zu wenig lesen und beim Schreiben nicht die nötige Sorgfalt walten lassen.

Manche greifen aber auch absichtlich zu diesen Kniffen, um ihre Gedichte volkstümlich erscheinen zu lassen oder um schrägen Humor zu präsentieren.

Doch du hast natürlich recht. Unsere schöne deutsche Sprache verfällt allmählich, und das ist schlimm.

Ich möchte nicht zum tausendsten Mal die Rechtschreibreform kritisieren, doch ist sie bestimmt Ausdruck dieses Verfalls. Und was will man von jungen Menschen erwarten, deren Lehrer nicht mal richtig rechtschreiben können. Oder von Lesern, denen beim Aufschlagen der Tageszeitung schon die Fehler entgegenspringen.

Nachdenkliche Grüße
Seeräuber-Jenny

Geändert von Seeräuber-Jenny (15.05.2009 um 12:36 Uhr)
 
Alt 15.05.2009, 13:05   #4
Medusa
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Liebe Cyparis,
mir war klar, dass Dich dieses Gedicht begeistern würde. Schließlich waren Deine "Elisionen" der Aufhänger!
Ich danke Dir herzlich - wir sind einer Meinung!
Mit vielen lieben Grüßen,
Medusa.


Hallo ReinART,
die Aufzählung der Dichter und Denker ist dem Reim geschuldet, obwohl sie mir alle als Hüter der deutschen Sprache lieb sind.
Ganz gewiss ist die Entwicklung nicht aufzuhalten, da bin ich Deiner Meinung. Als Dichter sollten wir allerdings versuchen, energisch dagegen zu steuern, nicht wahr?
"Martialisch"? Na klar, ohne Kampf kriegen wir das nicht hin, wenn überhaupt.
Ich danke Dir herzlich für Deinen wohl überlegten Kommentar und grüße Dich herzlich,
Medusa.


Liebe Seräuber-Jenny,
JA, es ist die fehlende Sorgfalt und das Unvermögen, an denen es mangelt! Die Rechtschreibreform öffnet diesen Unzulänglichkeiten Tür und Tor.
Wenn schon in Brüssel um die Deutsche Sprache gekämpft wird, wo soll das am Ende hin führen?
Ich danke Dir ganz herzlich für Deine Nachdenklichkeit.
Viele liebe Grüße,
Medusa.

Geändert von Medusa (15.05.2009 um 14:29 Uhr)
Medusa ist offline  
Alt 15.05.2009, 13:50   #5
ReinART
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Liebe Medusa
ich denke nicht, dass man kämpfen muss- zumindest nicht in der von Dir apostrophierten Form. Es wäre schön eine friedliche Verbindung der Völker, Kulturen, Sprachen etc. herzustellen die nicht zu einer hochexplosiven "chemischen" Explosion führt. Und die Gefahr sehe ich, wenn mit solchen Allgemeinplätzen: wir haben eine der schönsten Sprachen argumentiert. Ich lerne gerade Spanisch- was für eine lebhafte und schöne Sprache!!
Dass Du, die so analytisch Chavalis gedicht (notgedrungenermaßen-ich weiß unter die Lupe nimmst, dann aber, des Reimes wegen Marx und Freud zur Untermauerung deines Pamphlets herbeizitierst, halte ich für ungebührlich und gefährlich und Dir dient die deutsche Sprache nicht als etwas, um die Wahrheit zu beleuchten sondern als nur Zierrat. Entschuldige, wenn ich das so sage.
Es kommt nicht auf die Form, sondern auf den Inhalt an.
Auch Cyparis, die sich Deiner Argumentation so in die Arme warf: ist nicht sie es, die mit einem fundierten Wissen der griechische Mythologie, ihre schönen Gedichte auszuschmücken weiß. Und das vielfach mit Worten, wo ich erst googeln muss, um zu erfahren , worum es eigentlich geht.
Was wären wir ohne die Schönheit der griechischen Kultur, die sich auch in der Sprache ausdrücken wird.
Schlußendlich: ich glaube einfach nicht, dass Du Dir über die Konsequenzen Deines "Gedichtes" im klaren gewesen bist. So hoffe ich zumindest
Lieben Gruß
reinhard
Ach ja: ich schreibe Gedichte in einfachster Form, keine Fremdworte, kaum intellektuelle Verdrehungen. Klar und sachlich in der Wortwahl. kann mich trotzdem nicht Deinem Aufruf anschließen.
 
Alt 15.05.2009, 14:04   #6
norbert
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hm, Feirefiz, das seh ich nicht ganz so...
weder engländer noch amerikaner scheinen in der lage zu sein, vernünftige, zeitgemäße technische produkte zu erzeugen - beherrschen aber mit ihrer sprache das wirtschaftsdenken, sehen sich also als herren der welt.
mir schwant immer mehr, dass wir diesem einseitig orientierten denken nicht wenig von unserer derzeitigen weltfinanzkrise verdanken.
schopenhauer, der sechs sprachen fließend beherrschte, weist überzeugend darauf hin, dass sehr viele übersetzungen nicht wirklich präzise sind, weil in den unterschiedlichen begriffen unterschiedliche geister regieren.
es ist ein unterschied, ob ein denken von bentham und den englischen positivisten oder aber von kant oder schopenhauer beeinflusst ist.
natürlich: es gibt auch beispiele genug, wo ein fremdsprachlicher begriff sinnvoll
sein kann, z.b. "Sport" - "Leibesertüchtigung" - das bezieht sich dann aber eher auf unverfängliche, wenig komplizierte begriffe.
vor kurzem hörte ich bei wdr5 einen interessanten beitrag dazu, wie gefährlich es ist, eine LEBENDE sprache als metasprache zu benutzen - der in dieser sprache geborene wird immer im vorteil sein.
der von dir zu recht geschmähte breitmäulige knallfrosch luther ist übrigens der zerstörer der ehemaligen metasprache latein...
liebe grüße
norbert
norbert ist offline  
Alt 15.05.2009, 15:21   #7
Klatschmohn
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Leute, Leute- eine ganz nette Diskussion ist ja hier losgetreten worden.
Erst mal, Medusa finde ich Dein Gedicht sehr spannend zu lesen und ich gebe Dir in vielen Punkten recht. Wir haben eine sehr schöne Sprache- die auch wiederum unser Denken beeinflusst, ja- die Einfluss auf den ganzen Menschen in seiner Erscheinung und Tätigkeit hat.
Andererseits können wir uns bestimmten Wörtern, gerade in der Technologie nicht entziehen, da gibt es Begrifflichkeiten die in der ganzen Welt verstanden werde.
Was mich allerdings maßlos auf die Palme bringt, kann man bei der Deutschen Bahn sehr gut beobachten. Da heußt doch glatt der ICI Bahnhof in Limburg, Railport. Außerdem brauch man Tickets, denn Fahrkarten gibt es nicht mehr und manche üblen Scherze mehr.
Auch der Kaffe aus Togo macht hier ungeahnte Karriere, da steht dann auf dem Schild vor der uralt eingesessenen Bäckerei Kaffe to go, auch noch klein und getrennt geschrieben, ohne das aus davor.
Jetzt werden auch schon ganze Wörter ausgelassen.
Aber das ist es ja leider, was wir machen, machen wir gründlich. So gründlich, dass andere über uns lachen. Frag mal einen Engländer oder Amerikaner was ein Handy ist. Er wird hilflos mit der Achsel zucken.
Ja, vielleicht prädestiniert uns die Deutsche Grammatik zu solcher Gründlichkeit. Vielleicht!
Aber Dein Gedicht will ich hier loben.
Liebe Grüße,
Klatschmohn
__________________

© Klatschmohn
Inselblumen
Trockenmohn
Klatschmohn ist offline  
Alt 15.05.2009, 15:51   #8
Chavali
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Beiträge: 13.001
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Liebe Medusa,

viel ist schon gesagt worden zum Inhalt deines Gedichtes.
In gewohnt perfekter Form bedichtest du die Unsitte der Menschen, ihre Sprache zu verhunzen.

Ich habe auch die Kommentare gelesen und meine, dass wir, die wir hier und anderswo mit der Sprache arbeiten,
die beste Gelegenheit haben, uns ihre Schönheit vor Augen zu führen - im wahrsten Sinne des Wortes.
Wir sollten uns aber davor hüten, alle die zu verdammen, die nachlässig mit ihrer Sprache umgehen und dem Slang frönen.
Das wird sich nicht verhindern lassen, auch wenn noch so vehement dazu Stellung genommen werden wird.

Das war immer so, ist so und wird so immer sein.
Und vor allem:
Auch andere Sprachen sind schön, klingen gut und werden in ihrem Stamm auch immer bestehen bleiben.
Hüten wir uns ebenfalls davor, nur unsere deutsche Sprache als die beste der Welt zu halten.
Aber - sorgen WIR mit unseren Gedichten und Texten dafür, dass diese Sprache erhalten bleibt.


Sprachlose Grüße,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (15.05.2009 um 16:01 Uhr)
Chavali ist offline  
Alt 15.05.2009, 16:27   #9
Medusa
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Zunächst an euch alle zusammen:
Keineswegs wollte ich eine solche Diskussion lostreten! Dieses Thema wurde oft genug bedichtet, zuletzt durch Cyparis' Elisionen, die für dieses Gedicht meine Muse war.

Lieber Feirefiz,
Dein Kommentar und meine Antworten haben sich überschnitten, darum erst jetzt meine Rückmeldung.
In diesem Gedicht geht es nicht um das Hochjubeln der deutschen oder das In-den-Boden-Treten anderer Sprachen.
Mir und anderen Dichtern, die sich dieses Themas angenommen haben, geht es um die Vernachlässigung unserer Sprache.
Dass jede Sprache lebt, ja leben muss, ist mir bekannt, das macht sie lebendig; dass einige Anglizismen nur durch lächerliche Verdeutschungen ersetzt werden können, selbstverständlich auch.
Die meisten "Übernahmen" haben eine lange Geschichte, kannst Du mir eine Geschichte der neuen Anglizismen erzählen?
In diesem Sinne liebe Grüße,
Medusa.


Liebe Seeräuber-Jenny,
Deinem zweiten Beitrag stimme ich von Herzen zu!
Liebe und dankbare Grüße,
Medusa.


Lieber Norbert,
das ist pseudo-kosmopolitisches Imponiergefasel um Weltläufigkeit zu demonstrieren und einfachste Aussagen mit einschüchternden Anglizismen zu verbrämen, da muss ich gar nicht Schopenhauer zitieren. Für mein Empfinden wird Ausgrenzung bzw. Einschüchterung betrieben. Wer nichts mehr versteht, ist "out".
Herzliche Grüße,
Medusa.


Liebe Klatschmohn,
ich zitiere Voltaire (1737): "Verwendet nie ein Wort, wenn es nicht drei Eigenschaften hat: Es muss notwendig, es muss verständlich und es muss wohlklingend sein"; Thomas Mann: wahrte die ..... "aktive Treue zur deutschen Sprache, dieser unverlierbaren Heimat, die ich mir ins Exil genommen...... Im Gegenteil wurde mein Tun mehr und mehr zur versuchenden Lust, alle Register des herrlichen Orgelwerks unserer Sprache zu ziehen....."
Ich weiß nicht, was ich dem hinzu fügen könnte.
Ich teile Deine Verwirrung auf Bahnhöfen, Backshops etc. Irgendwann verstehen wir die Welt nicht mehr.
Herzliche Grüße,
Medusa.


Liebe Chavali,
ich verdamme Nichts und Niemanden! Mundart (Slang) ist etwas ganz anderes, das sollte und muss gepflegt werden!
Ich sehe auch unsere Sprache nicht als die schönste und beste von allen. Jede Sprache hat ihre Kultur. Nur unsere Sprachkultur geht allmählich "den Bach runter"!
Machen wir was draus und hüten wir das, was davon noch übrig geblieben ist.
Herzliche Grüße,
Medusa.

Noch ein paar allgemeine Bemerkungen: Wer mir Deutschtümelei oder gar eine Hexenjagd auf Anglizismen vorwirft, ist völlig daneben. Dies wäre hinterweltlerisch und einfach albern. Mich stört der Anglo-Firlefanz! Es gibt sehr praktische und schöne Importe, nur leider werden es allmählich zu viele!
Medusa ist offline  
Alt 16.05.2009, 08:55   #10
ReinART
Gast
 
Beiträge: n/a
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Liebe Medusa
Zitat:
Noch ein paar allgemeine Bemerkungen: Wer mir Deutschtümelei oder gar eine Hexenjagd auf Anglizismen vorwirft, ist völlig daneben. Dies wäre hinterweltlerisch und einfach albern. Mich stört der Anglo-Firlefanz! Es gibt sehr praktische und schöne Importe, nur leider werden es allmählich zu viele!
Somit ist für mich alles klargestellt. Hast Dich für mein Empfinden aber gerade nicht so ausgedrückt , wie es in dem von Dir zitierten Voltaire gewünscht wurde.

Das war doch mal ein Happy End
Reinhard
 
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