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Alt 09.12.2011, 17:20   #1
Stimme der Zeit
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Standard Schillers und Goethes "Xenien"

Nachdem wir gerade Gänsebraten und Kigl verspeist haben, gilt es natürlich eine "Übersättigung" zu vermeiden.

Andererseits sind Schillers und Goethes Xenien als satirische Kunstwerke ausgesprochen lesenwert. Allerdings könnte das Gesamtwerk (414 Stück) nach den vorherigen kulinarischen Genüssen doch etwas zu viel sein, daher werde ich sie in Form von "Apettithäppchen" servieren.

Hier also zunächst die ersten 17 Xenien, die Schiller und Goethe in Distichen verfasst hatten:


Goethe und Schiller: Xenien


1. Der ästhetische Thorschreiber.


Halt Passagiere! Wer seid ihr? Wes Standes und Charakteres?
Niemand passieret hier durch, bis er den Paß mir gezeigt.

2. Xenien.

Distichen sind wir. Wir geben uns nicht für mehr noch für minder,
Sperre du immer, wir ziehn über den Schlagbaum hinweg.

3. Visitator.

Öffnet die Koffers. Ihr habt doch nichts Konterbandes geladen?
Gegen die Kirche? den Staat? Nichts von französischem Gut?

4. Xenien.

Koffers führen wir nicht. Wir führen nicht mehr, als zwei Taschen
Tragen, und die, wie bekannt, sind bei Poeten nicht schwer.

5. Der Mann mit dem Klingelbeutel.

Messieurs! Es ist der Gebrauch, wer diese Straße bereiset,
Legt für die Dummen was, für die Gebrechlichen ein.

6. Helf Gott!

Das verwünschte Gebettel! Es haben die vorderen Kutschen
Reichlich für uns mit bezahlt. Geben nichts. Kutscher, fahr zu.

7. Der Glückstopf.

Hier ist Messe, geschwind, packt aus und schmücket die Bude,
Kommt Autoren, und zieht, jeder versuche sein Glück.

8. Die Kunden.

Wenige Treffer sind gewöhnlich in solchen Butiken,
Doch die Hoffnung treibt frisch und die Neugier herbei.

9. Das Widerwärtige.

Dichter und Liebende schenken sich selbst, doch Speise voll Ekel!
Dringt die gemeine Natur sich zum Genusse dir auf!

10. Das Desideratum.

Hättest du Phantasie und Witz und Empfinden und Urteil,
Wahrlich dir fehlte nicht viel, Wieland und Lessing zu sein!

11. An einen gewissen moralischen Dichter.

Ja der Mensch ist ein ärmlicher Wicht, ich weiß - doch das wollt' ich
Eben vergessen, und kam, ach wie gereut mich's, zu dir.

12. Das Verbindungsmittel.


Wie verfährt die Natur, um Hohes und Niedres im Menschen
Zu verbinden? Sie stellt Eitelkeit zwischen hinein.

13. Für Töchter edler Herkunft.

Töchtern edler Geburt ist dieses Werk zu empfehlen,
Um zu Töchtern der Lust schnell sich befördert zu sehn.

14. Der Kunstgriff.


Wollt ihr zugleich den Kindern der Welt und den Frommen gefallen?
Malet die Wollust - nur malet den Teufel dazu.

15. Der Teleolog.


Welche Verehrung verdient der Weltenschöpfer, der gnädig
Als er den Korkbaum schuf, gleich auch die Stöpsel erfand!

16. Der Antiquar.

Was ein christliches Auge nur sieht, erblick' ich im Marmor:
Zeus und sein ganzes Geschlecht grämt sich und fürchtet den Tod.

17. Der Kenner.

Alte Vasen und Urnen! Das Zeug wohl könnt' ich entbehren;
Doch ein Majolika-Topf machte mich glücklich und reich.


(Fortsetzung folgt.)
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


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