14.03.2018, 09:39 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Die Buche
Mit blinden Händen tastet sich die Buche
ins Morgenwolkengraue, fast als suche sie einen Frühling, der dort liegen müsste. Sie tut es so, als ob sie darum wüsste; doch ihre Finger sind zu kurz. Sie greifen wie schon so oft ins Nichts hinein und streifen noch nicht einmal ein hoffnungsleises Ahnen, das sich verbirgt. So gleicht sie Untertanen, vielleicht auch Bettlern, die darniederkriechend mit ihren allerletzten Kräften, siechend, vor einem Herrn um seine Gnade werben, und er sieht zu und lässt sie langsam sterben.
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Schreiben, wie Monet malte. Geändert von Laie (17.03.2018 um 22:27 Uhr) |
14.03.2018, 10:16 | #2 |
ADäquat
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Hallo Laie,
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14.03.2018, 11:08 | #3 |
Gast
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Hallo Laie,
Ganz meine Welle! Etwas melancholisch und so schön geschrieben. Ich lobe schon wieder, du weißt ja, zieh dir den Schuh an. Das ist Wundervoll. Liebe Grüße sy |
14.03.2018, 13:08 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hi Chavali,
vielen Dank für das schöne Lob! Ja, man konnte fast Mitleid mit ihr haben, wie sie so nackt dastand vor einem grauen Hintergrund und sich vergeblich nach irgendetwas streckte. Es freut mich, dass es dir gefällt Hi sy, diesen Schuh trage ich sehr gerne Ich danke dir für deine lieben Worte! Viele Grüße, Laie
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Schreiben, wie Monet malte. |
16.03.2018, 20:23 | #5 |
Slawische Seele
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Lieber Laie,
ich las mehrfach und jedes Mal verwandelte sich die Buche in eine alte, sterbende Frau. Im Nachsinnen spiegelte sich sogar eine Religion darin. Dennoch erkenne ich auch den Baum. Ergreifend schön und sehr lyrisch ausformuliert. In Strophe 2 würden mir "Arme" statt "Finger" besser gefallen. Ich weiß um den Einwand, dass Arme nicht greifen, nicht wie Finger - trotzdem. Sehr, sehr gern gelesen und bewundert. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
16.03.2018, 20:27 | #6 |
TENEBRAE
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Hi Laie!
Deine schöne Sprache und die intensiven Bildvergleiche lassen dem eigentlich platten Paarreim keine Chance, den Gesamteindruck zu schmälern! Alternative zu S1Z4, wo mir die zischelnde Lautdopplung von "sie's sicher" nicht so gut gefällt: "Sie tut es so, als ob sie darum wüsste;" Allergernst gelesen! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
17.03.2018, 22:33 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hi Dana,
Mir kam die Buche auch, während ich auf den Bus wartete, nach kurzem Betrachte wie eine verzweifelt Bettelnde vor, die sich schwach ein Glück aus der Luft greifen will. Verzeih mir, wenn ich bei den Fingern bleibe, aus dem Grund, den du schon angeführt hast: Sie können greifen. Dein Kommentar freut mich sehr und dein Lob ist ein kleiner Frühling Hi eKy, ich mag Paarreime im Allgemeinen auch nicht. Hier hat es sich aber von selbst und total ungeplant so entwickelt. Schön, dass es auch in deinen Augen gelungen ist Deinen Vorschlag habe ich übernommen. Hab auch Dank dafür! Viele Grüße, Laie
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