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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 03.06.2019, 18:35   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Du Linde, treues Herzblatt unter Bäumen,
machst grün und schattig die besonnten Gassen,
und die darunter mild sich treiben lassen,
erwachen stiller aus bewachten Träumen.

An tausend Brunnen wurdest du gezogen,
der Menschen rege Plätze zu behüten,
und wo die großen Städte einst erblühten,
erwuchsen sie aus deinen Kronenwogen.

Du gibst dein Holz für alle Arten Dinge,
die uns bereichern in der Jahre Schreiten,
geschlagen und geformt von guter Klinge,

und alt geworden im Verlauf der Zeiten
bewahrst du große Worte wie geringe,
wo Finger über deine Rinde gleiten.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 03.06.2019, 21:32   #2
Weiße Wölfin
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Hallo Erich

das ist ein schönes Loblied auf die Linde.
Ihre herzförmigen, lichten und so sanften Blätter,
ihre wundersamen Blüten, die soviel Linderung zu bringen vermögen als Tee im Winter und einen Duft sondergleichen verströmen im Sommer.

Wehmütig und nostalgisch wird mir zu mute, wenn ich Deine Zeilen lese ... -- und traurig darüber sinne, dass die Welt, in der Bäume so geehrt wurden, wohl für immer verloren ist.
Auch Tanzböden wurden früher auf Lindenbäumen errichtet.

Waren Linden denn tatsächlich oft an den Brunnen zu finden ? Bevor ich es ergoogele, frage ich Dich.

Sehr schön die Formulierung "Treues Herzblatt", das die Form der Lindenblätter mit hineinnimmt.

Das Gedicht macht eine Reise von der Grünkraft, die über den Gassen der Stadt wirkt. Dann nimmst Du uns mit in eine weitere Perspektive , wo wir nach dem Brunnen vor dem Tor und den städtischen Plätzen schließlich nicht nur aus weiter räumlicher Ferne auf die Städte schauen, sondern sich auch eine zeitliche Perspektive in die Weite öffnet.

Um dann wieder ganz nah zu werden, indem Du uns die Nützlichkeit des geschlagenen Holzes vor Augen führst.

Ein wundervolles Gedicht.

Eines gefällt mir nicht so : erwachen aus bewachten Träumen - Diese Doppelung vom wachen

Diese zwei Zeilen "und wo die großen Städte einst erblühten,
erwuchsen sie aus deinen Kronenwogen" erreichen mich irgendwie in ihrem Sinn nicht. Das Wort "Kronenwogen" finde ich eine merkwürdige Neuschöpfung, die mir in dieses nostalgisch anmutende Gedicht nicht so recht passen mag.

Herzliche Grüße

Weiße Wölfin
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Das Leben ist gut und licht.
Das Leben hat goldene Gassen.
Fester wollen wirs fassen.
Wir fürchten das Leben nicht.

R.M. Rilke


Du kannst nicht in die Vergangenheit gehen und neu beginnen.
Aber Du kannst jetzt anfangen, ein neues Ende zu schaffen


"Nicht müde werden / sondern dem Wunder / leise / wie einem Vogel / die Hand hinhalten" Hilde Domin
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Alt 03.06.2019, 21:51   #3
Erich Kykal
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Hi WW!

Die Mehrung von Gleichklang innerhalb einer Zeile (Binnenreim) verstärkt die lyrische Anmutung. Es sind 2 unterschiedliche Worte mit einem gleichen Wortteil, der Gleichklang suggeriert, obwohl im letzteren Wort ein "t" den perfekten Reim stört.
Mancher mag's, mancher mag's nicht. Ich mag's.

Die "Kronenwogen" sollen eine geschlossene Walddecke suggerieren, es könnte auch die Bewegung einer Baumkrone in auffrischendem Wind sein.
Wo heute Städte liegen, wuchs einst dichter Wald. Das soll der Satz besagen.

Ich hoffe, das beantwortet deine Anmerkungen. Vielen Dank für das bei weitem überwiegende Lob!

LG, eKy
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Alt 06.06.2019, 17:05   #4
Lightning
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Hallo Erich!

Na.. bei dir sind wohl gleich mehrere Musen aus dem Winterschlaf erwacht?
Ich habe sehr viele deiner Zeilen gelesen.. aber ich möchte jetzt auch nicht überall einen Kommentar schreiben, und all deine Gedichte "ausgraben". Ich sage an dieser Stelle einfach mal, dass ich sehr viele sehr gut fand.

Sowohl bezüglich der Wortwahl.. als auch im Bezug auf die Metrik.. konnte ich dank deiner Zeilen auch ein paar Dinge "lernen". Rein metrisch betrachtet.. sind deine Zeilen ja so gut wie immer "perfekt". Auch hier.. wenn ich es richtig gesehen habe.. durchgängig 11 Silben + jambisch. Gerade die Sache mit gleicher Silbenzahl in den Versen.. macht mir persönlich immer wieder Probleme.

Gerne gelesen.. wie den Rest auch.

Hoch leben die Linden.. auf dass noch viele Bienenvölker ihre summenden Parties dort feiern!

LG, Lightning
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Alt 06.06.2019, 18:25   #5
Erich Kykal
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Hi Lightning!

Als Lehrer freut es mich immer, wenn jemand sagt, dass er bei mir etwas lernen konnte!

Sei auch bedankt für den freundlichen Zuspruch und das Lob für meine Zeilen!
Ich habe sehr viel "Taktgefühl", daher macht es mir keine Mühe, metrisch korrekt zu schreiben, aber viel davon ist auch Übung.
Als ich in den Foren begann, hatte ich keine Ahnung und bemerkte viele meiner Schnitzer gar nicht - da ging es mir nicht anders als den meisten!
Aber ich lernte viel hier, auch wenn es seine Zeit gedauert hat.

LG, eKy
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Alt 08.06.2019, 05:41   #6
Lightning
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Hallo Erich!

Na.. dann hoffe ich mal, dass du auch Deutschlehrer bist
und keine Fächer unterrichtest, die dir nicht gefallen
Mal sehen, ob auch ich irgendwann mein Taktgefühl finde.
Zeit habe ich leider nicht so viel, wie die lieben Linden

Liebe Grüße,
Lightning
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Alt 08.06.2019, 10:39   #7
Erich Kykal
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Hi Lightning!

Bezüglich des Taktes würde ich mir keinen großen Kopf machen - wer auch nur einigermaßen musikalisch ist, hat ein Gespür dafür, aber in der Lyrik sind eine akzelerierte Sprachhabung und ein breites Vokabular erst mal das Wichtigste. Das Rhythmische lässt sich vergleichsweise relativ leicht üben und erlernen.

Interessanterweise bin ich kein Deutschlehrer. Gelernt habe ich Englisch und Zeichnen, unterrichte allerdings seit fast 20 Jahren ausschließlich Werken.
Das kann ich auch gut (wollte es ohnehin machen, aber damals zu meiner Studienzeit MUSSTE man in Österreich ein Hauptfach - Deutsch, Englisch, Mathe - wählen, nur das Zweitfach stand frei ...) und es macht mir Freude, nicht zuletzt, weil einem als Monopolist keiner dreinredet, man die neumodische Teamscheiße vergessen kann und es kaum Papierkram gibt: Keine Arbeitszettel, Tests oder Schularbeiten auszuarbeiten, keine ständige Mitarbeitskontrolle usw - das hat mich als kreativen Geist und unangepassten Denker an diesem Job immer am meisten genervt!

LG, eKy
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Alt 08.06.2019, 17:58   #8
Lightning
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Hi Erich!

Hehe.. dass du kein Deutsch unterrichtest, finde ich jetzt wirklich interessant. Allerdings waren mir die Lehrer der Künste.. Handwerk und Kunst.. auch immer die liebsten. Daher habe ich am Ende wohl auch Steinmetz gelernt

Ja.. das breite Vokabular.. das besitze ich leider nicht. Ich habe bereits bemerkt, dass ich dadurch immer wieder Problemchen bekomme, weil ich häufig keine passenden Wörter finde, um etwas bestimmtes auszudrücken, und dabei das Metrum oder gar die Silbenzahl einzuhalten. Dazu muss ich allerdings auch sagen, dass ich vor ca. 10 Jahren das Lesen neu lernen musste. Von dem her.. bin ich wieder relativ zufrieden, was das Vokabular betrifft. Evtl. sollte meine Abendlektüre trotzdem der Duden werden

An dieser Stelle noch vielen Dank für deine motivierenden Antworten.

LG, Lightning

Geändert von Lightning (08.06.2019 um 18:06 Uhr)
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Alt 10.06.2019, 01:02   #9
Erich Kykal
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Einfach gute Lyrik lesen - ich empfehle Rilke! Dann stellt sich die Sprachhabung quasi von alleine ein!

LG, eKy
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