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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 10.05.2016, 12:27   #1
Ophelia
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 10.05.2016
Beiträge: 251
Standard So wie die Halme sich im Winde wiegen

So wie die Halme sich im Winde

So wie die Halme sich im Winde wiegen,
erklären sie mein tiefes Fremdsein nicht.
Sie fragen nicht - Verlieren oder Siegen?
Ergeben hat dies alles kein Gewicht.

Und wie die Blätter jetzt zum Lichte streben,
ganz fern erscheint mir dieser hehre Drang,
verdunkelt Schatten kläglich mir mein Leben,
die Trauer färbt es – selbst den Hochgesang!

Als könnt ein Sonnenstrahl die Seele heilen,
ach Törichte, warum strebst du zum Licht?
Im Gram ist es so freudvoll zu verweilen,
am Leben übt sich Leiden und Verzicht!

Geändert von Ophelia (11.05.2016 um 09:42 Uhr)
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Alt 10.05.2016, 12:58   #2
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe Ophelia,

du reizvolle Gestalt aus einer der mutigsten und schönsten Tragödien der Weltliteratur, hast hier ein sehr schönes Gedicht eingestellt. Für mich stimmt das, was das Wesentlichste ist: Die Folge der poetischen Bilder - schwankende Halme, lichterstrebende Blätter, Sonnenlicht samt der Gegenbewegung in den Zeilen 3 und 4 der Strophen. Die grundlegende Metapher wird wirkungsvoll erzeugt. Sehr schön, bitte mehr davon.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 10.05.2016, 18:01   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Ophelia,

der Text ist gut und tiefsinnig und transportiert eine resignierende Traurigkeit.

Es scheint so, als ob die Protagonistin einen Verlust erlitten hätte, der in ihrem Leben nicht mehr zu kompensieren ist oder aber - vielleicht aus anderen Gründen - selbst keine Zukunft mehr für sich sähe.

Die Lebensfreude ist nicht mehr vorhanden, sie fühlt sich fremd und sieht in einem weiteren "Überlebenskampf" auch keinen Sinn mehr.
Des Lebens Hinwendung zum Licht ist erloschen und jede auch noch so schöne Melodie wird zum Trauerlied.

Abschließend fragt sich die Protagonistin, warum sie zum Licht streben sollte, wo doch nur im nagenden Kummer die einzige Freude (ich vermute mal Erinnerungen) für sie zu finden ist.
Doch das bringt eben Leiden und Verzicht mit sich, womit sich der Kreis hin zur titelgebenden ersten Zeile wendet:

"So wie die Halme sich im Winde wiegen", soll heißen, ist doch sowieso alles völlig egal...

Ich muss sagen, der Text gefällt mir in diesem Sinne ganz ausgezeichnet.

Kleine Anmerkung (wolltest du ja so in deiner Vorstellung):

S1/Z4 Kein Komma hinter ergeben

In der letzten Zeile fällt das Verb "ist" ein wenig aus dem insgesamt guten sprachlichen Rahmen, zumal es in der Zeile davor schon einmal zu finden ist.

Vielleicht überlegst du dir noch etwas in der Art wie:

Im Gram ist es so freudvoll zu verweilen,
am Leben übt sich Leiden und Verzicht.

Das wäre dann auch ein noch intensiverer Abschluss - meiner Meinung nach.

Guter Einstand


Gern gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 10.05.2016, 18:57   #4
Jongleur
Hallig-Dichter
 
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Ort: Großstadt
Beiträge: 63
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Liebe Ophelia,

auch mir gefällt dein Gedicht ausgezeichnet. Eine menschliche Seele verliert sich im Licht, der Anmut und Fremdheit außermenschlicher Natur. Ich empfinde ein Staunen und Sehnsucht gegenüber dieser Fremdheit, die (auch mir) oft viel vertrauter erscheint, als das von Menschen Postulierte.

Der Schluß des Gedichtes erscheint mir doppeldeutig - je nach dem, ob ich "Gram" oder "verweilen" besonders betone. ICH möchte heraus lesen, dass das LI gerade im Gram freudvoll in der Natur verweilt, um sich ein klein wenig mit dem Leiden und dem Verzicht im menschlichen Streben auszusöhnen.
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Alt 11.05.2016, 10:04   #5
Ophelia
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Ophelia
 
Registriert seit: 10.05.2016
Beiträge: 251
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@Lieber Thomas,

schön, dass dir mein Gedicht so gut gefällt.

Liebe Grüße

Ophelia

@ Lieber Falderwald,

vielen Dank für deine ausführliche Beschäftigung mit meinem Text. Ich habe deine Vorschläge zur Verbesserung beide übernommen. Ich versuche immer Wortdoppler zu vermeiden und dieser war mir noch gar nicht aufgefallen.

Danke nochmal und liebe Grüße

Ophelia

@ Lieber Jongleur,

danke für deinen Kommentar. Es freut mich, dass du meine Verse magst. Das Ende meines Gedichtes interpretierst du ganz richtig. Der Wind wiegt die Halme und uns bläst auch manchmal ein rauer Wind um die Nase...

Liebe Grüße an dich!

Ophelia
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Alt 11.05.2016, 14:44   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Ophelia!

Ein gelungener Einstand!

Lyrische Sprachwahl, melodischer Klang, "Takt"gefühl - alles stimmig hier, eins das andere tragend!

Sehr gern gelesen! Ich schließe mich Thomas an: Gerne mehr davon, jederzeit!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 11.05.2016, 19:02   #7
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 5.637
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Hallo Ophelia,

ich kann mich dem Lob aller nur anschließen. Schöne Lyrik in Lebenstiefen getaucht.
Für mich ergibt sich jener "Weisheit" Sinn sehr schön in Gedichteinstieg und in den Schlussversen - wir bleiben Halme im Wind - das Leben übt uns darin.
Wie sich ein jeder darin fühlt, kann man nur für sich selbst beantworten.
Sehr, sehr schön und gut gemacht.
Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2016, 19:20   #8
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Herzlich Willkommen, liebe Ophelia!

Ich schließe mich auch gerne den Lobeshymnen an! Bitte mehr davon!

Lieben Gruß
charis
charis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.05.2016, 09:10   #9
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
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Hallo Ophelia,

Herzlich Willkommen auf dem Eiland.

Du hast hier ein wunderbares Gedicht geschrieben. Ich kann mich da meinen Vorednern voll anschließen.

Wunderbar!

Liebe Grüße sy

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Alt 12.05.2016, 10:37   #10
Ophelia
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Ophelia
 
Registriert seit: 10.05.2016
Beiträge: 251
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Lieber/ Liebe Erich, Dana, charis, Syranie,

ich hoffe er empfindet es nicht als unhöflich, dass ich euch hier so zusammenfasse. Ich möchte mich ganz, ganz herzlich für euren warmherzigen Empfang hier im Forum bedanken und auch für eurer großes Lob. Ich hätte niemals mit so viel Zuspruch gerechnet und es macht mich echt verlegen. Ich hatte jetzt eine mehr als 1-jährige Schreibpause und habe leider auch kaum Zeit zum Schreiben. Mal sehen, wann mal wieder was kommt. Also bitte verzeiht mir jetzt schon, dass ich auch nicht immer eure Gedichte kommentieren kann, die ihr einstellt. Es soll nicht unhöflich sein und hat nichts damit zu tun, ob mir ein Gedicht gefällt oder nicht. Ich versuche es natürlich so oft es geht... Also nochmal vielen, lieben Dank für eure Kommentare. Hat mich mega gefreut!

Bis bald und liebe Grüße

Ophelia
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