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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 26.03.2017, 21:49   #1
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard Beim Betrachten meines Kleiderschrankes

Lass endlich los vergangne Zeit!
Du wirst sie nicht mehr finden.
Nicht ihre Lust, auch nicht ihr Leid -
es schläft in dunklern Gründen.

Wenn du auch noch so hoffend harrst:
Du wirst sie nicht erreichen.
Du selbst bist nicht mehr, wer du warst.
Erkennst du nicht die Zeichen?

Der Augenblick, er fließt davon
und lässt sich nicht behalten.
Vergangenes schenkt keinen Lohn:
Es lässt sich nicht gestalten!

Lass los uns und lebe, jetzt und hier,
träum nicht von alten Siegen.
Das Leben ist, wenn's ist, in dir:
Lern auf dem Wind zu fliegen!
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (28.03.2017 um 17:54 Uhr)
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Alt 27.03.2017, 17:24   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi Larin!

Schön positiv, dieser empathische Aufruf zur individuellen Lebensgestaltung anhand überflüssig gewordener Gewandung (Muss irgendwie eingegangen sein in den Jahren im Kasten ...)!

Die Peanuts:

Lass endlich los vergangne Zeit! Altern.: "Befrei dich von vergangner Zeit (Vergangenheit)". Wäre ohne Inversion.
Du wirst sie nicht mehr finden.
Nicht ihre Lust, auch nicht ihr Leid- Vor dem Bindestrich bitte Leerstelle lassen, sonst ist der Strich ein Platzhalter für einen wiederholten Wortteil wie in "Hals- und Beinbruch".
es schläft in dunklern Gründen. Altern.: "dunklen" - Wenn der Komparativ nicht essentiell nötig ist, würde ich in hier weglassen, da er viel mehr Umstellungsbewegung im Mund benötigt, um ihn zu bilden, was den Lesefluss hemmt.

Wenn du auch noch so hoffend harrst: Altern.: "Und wenn du noch ..." wäre betonungsmäßig eindeutiger. Man läse die Zeile nicht versehentlich betont an.
Du wirst sie nicht erreichen.
Du selbst bist nicht mehr, wie du warst. Altern.: "wer" statt "wie" wirkt sprachlich edler.
Erkennst du nicht die Zeichen?

Der Augenblick, er fließt davon
und lässt sich nicht behalten.
Vergangenes schenkt keinen Lohn:
Es lässt sich nicht gestalten!

Lass los uns und lebe, jetzt und hier,
träum nicht von alten Siegen.
Das Leben ist, wenns ist, in dir: Ich bevorzuge "wenn's", zumindest, wenn "es" involviert ist.
Lern, auf dem Wind zu fliegen! Streiche Komma nach "Lern".


Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (28.03.2017 um 12:55 Uhr)
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Alt 27.03.2017, 18:20   #3
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
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Liebe Larin,
vielen Dank für den klugen Rat.
So schön lyrisch verfasst kann ich ihm leicht zustimmen.
Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 28.03.2017, 09:41   #4
Kokochanel
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Guten Morgen, Larin,

die Vergangenheit loslassen, das ist mir etwas zu salopp. Die Vergangenheit hat uns geprägt, zu dem gemacht, was wir sind, wir können sie nicht loslassen.
Was nicht heißt, das wir uns "nach hinten wenden sollen", der Aufruf, sich ins Neue zu wagen und nach vorne zu schauen, ist schon richtig.
"Lass endlich los vergangne Zeit!
Du wirst sie nicht mehr finden.".

Doch. Sie spielt mit dem , was wir erlebten, uns aufbauten, wo wir scheiterten und siegten, immer in unsere Gegenwart hinein.
Ich weiß wohl, was du sagen willst, dass die "Siege" von gestern uns vielleicht heute nicht einmal mehr den Kampf wert wären. dennoch haben sie zu dem geführt, was wir heute sind, möglicherweise sogar zu dieser Erkenntnis.

Philosophisch scheint mir das also nicht tief genug "ausgeleuchtet".
LG von Koko
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Alt 28.03.2017, 11:32   #5
fee_reloaded
heimkehrerin
 
Registriert seit: 19.02.2017
Ort: im schönen Österreich
Beiträge: 389
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Oh ja, liebe larin,


diese Gedanken und Gefühle vor dem Kleiderschrank sind mir durchaus vertraut.
Und in dem Kontext finde ich die Aussage, dass Vergangenes keine Lohn schenkt, sehr treffend.
Schafft man es, das alte Bild von sich loszulassen, dann fällt das Ausmisten im Kleiderschrank nicht nur leichter, sondern man hat auch keine Teile mehr darin, die einem vor Augen führen, dass man eben nicht mehr dieselbe ist wie von vor zehn Jahren.

Sehr gerne gelesen!

Lieber Gruß,
fee
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Alt 28.03.2017, 17:49   #6
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
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Beiträge: 4.893
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hallo dana,
den guten rat hab ich ja vor allem mir selber geben wollen.
fazit: jetzt hab ich zwar eine durchs gedicht gewonnene erkenntnis,
- aber noch immer keinen patz im kasten!

wenn das entrümpeln doch bloß nicht so schwer wär!
bei jedem einzelnen trumm denk ich mir: man könnts ja vielleicht noch mal brauchen....

hi erich, ok,
ich werd gleich das gedicht "entrümpeln" ( geht schneller als beim kasten.)


hallo kokochanel,

du hast nicht unrecht, mit dem, was du sagst - vergangenes prägt uns.
die frage ist nur: wie lange soll/muss/ darf es das tun?

darf man nicht auch mal sagen: jetzt ist schluss mit gestern?

in dem fall gings um gar nichts besonders philosophisches, mir wurde nur plötzlich klar, warum ich mich von manchen alten fetzen ( in die ich lang schon nicht mehr hineinpasse) einfach nicht trennen kann/will:
unbewusst hab ich sie mir zum fetisch gemacht, als könnte ich durch sie die verbindung erhalten zu einer zeit, der ich schon längst "entwachsen" bin.

du hat also recht: man kann die vergangenheit nicht loslassen.
festhalten kann man sie aber schon gar nicht!
fetische ( welche auch immer) sind illusion.
und das wollte ich zum ausdruck bringen - anhand meines (unsinnig überquellenden) kleiderkastens.



hallo fee,

ich sehe, wir verstehen uns !
es ist wirklich manchmal nötig, das alte bild von sich selbst gehen zu lassen -zugunsten eines der zeit und ihren unerbittlichen tatsachen angemessenerem!

also: stöckelschuhe weg - bequemlatschen her.
kleidergröße dem realumfang angleichen.
lebensalter hinzurechnen ( huch, zu jugendlich, also weg).
einsehen, dass dieses und jenes lebensgefühl vorbei ist und durch zwangsneurotischen rückbehalt des alten fetzens auch nicht mehr wiederkehrt!
seufz.
wie meine mutter immer so trefflich sagte:
und so kommt man langsam ins ältere fach!

nur mut, meine damen!
altwerden ist nichts für feiglinge, sagte die opernballdame lotte tobisch....

lg, larin
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Alt 28.03.2017, 20:41   #7
Kokochanel
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ich habe das schon so verstanden, liebe Larin und ich finde die Metapher des Kleiderschrankes auch gut, weil wir uns ja oftmals in unseren Lebensabschnitten durch Kleidung definieren.
In der Jugend betont provokant und lässig oder bieder und angepasst ( nach Elternwunsch),
im mittleren Alter karrierepassend oder mütterlich bequem
im älteren Alter entweder betont jugendlich ( die, die nicht loslassen können ), klassisch elegant .
Insofern ist das Bild gut, wie man sich kleidet, so gibt man sich, so stellt man sich da, so will man wahr genommen werden..
Ich denke aber, du hast verstanden, worum es mir ging.
Deine Art zu schreiben, ist sehr ansprechend und gekonnt. Insofern hätte ich mir hier einfach mehr gewünscht. Vielleicht wolltest du es aber, wie ich deiner Antwort entnehme, auch nur anticken.
LG von Koko
.
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Alt 29.03.2017, 12:32   #8
juli
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Beiträge: n/a
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Liebe larin

Dein Kleiderschrank sagt mir zu. Sehr gekonnt und lyrisch verwortet. Dabei schaue ich in meinen und sehe, das ich ausmisten müsste. Wie das manchmal so im Leben ist - Altes raus Neues rein - Das tippt sich leichter als es ist. Je älter ich werde, desto mehr hänge ich an alten Sachen. Innerlich sehe ich den Kleiderschrank meiner Mutter, früher habe ich mich gefragt: Warum ist der so voll? Heute ist es bei mir nicht anders.

Besonders gefällt mir die letzten zwei Zeilen sie sind sehr positiv und froh.

Sehr gerne gelesen und

Liebe Grüße sy
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Alt 30.03.2017, 18:46   #9
a.c.larin
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Registriert seit: 14.03.2009
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Beiträge: 4.893
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hi syranie
Zitat:
Je älter ich werde, desto mehr hänge ich an alten Sachen
genau so ist es. irgndwie fällt es mir auch von jahr zu jahr schwerer, entscheidungen zu treffen.
eine komische sache ist das.

unlängst fiel mir auf , dass der küchentisch mehr und mehr im begriff ist, "zuzuwachsen": zeitungen, medikamente, irgendwelches zeug, von dem ich nicht weiß, wo ichs hintun soll oder wo ich sorge habe, es nicht mehr zu finden, wenn ichs verräume....

wozu man sich an all das zeug so klammert?
in wien sagt man: das letzte hemd hat keine taschen!
wir könnten wirklich sorgloser sein!


hi kokochanel,
mein kleiderschrank ist ganz und gar keine methapher ( zu viel der ehre!),
er ist real.
ich wollte auch nichts "anticken" - ich habe die worte so in mir gehört und einfach niedergeschrieben. für mich sind sie meine authentische empfindung.
(und auch eine methode der selbst-belehrung)

menschen empfinden aber unterschiedlich.
was hättest du dir denn gewünscht zu diesem thema?

lg, larin
__________________
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