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Alt 26.09.2014, 13:35   #1
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Der Sommer ist gegangen

Der Sommer ist gegangen

Des Nachts um drei beginnt die Gruselstunde.
Die Welt wird klein inmitten tiefer Schwärze,
und Shaun das Schaf springt eine Riesenrunde.
Ich zähle, während ich mein Kissen herze.

Mein Magen knurrt, ich bin im Bett gefangen,
im Kühlschrank gähnt die Überlebensleere.
Das Eis im Haus? Der Sommer ist gegangen,
und Shaun das Schaf geht jetzt auf eine Fähre.

Die Taube gurrt vor meinen müden Ohren.
Die Welt ist klein inmitten tiefer Schwärze,
des Nachts um vier ist alle Zeit erfroren.
Ich zähle, während ich mein Kissen herze.
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Alt 26.09.2014, 17:00   #2
ginTon
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Standard

Hallo Sy,

ich finde das Werk sehr gut, lese darin eine hungernde und frierende Person,
also eine Armut heraus. warum, dies steht dort nicht und lässt das Werk offen.
Obwohl die Taube eigentlich als Symbol für Frieden gelesen werden kann und
somit das Licht sehr stark in den Fokus Krieg oder Konflikte gerückt wird,
bleibt es bei diesem Symbol und der Leser kann das Werk auf seine ganz
eigene Weise lesen. Hat mir gefallen...

LG gin
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© Bilder by ginton

Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse (Nietzsche)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 26.09.2014, 22:02   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Sy!

Eine Herbstnacht, die wahrlich frösteln macht.

Dass Shaun das Schaf herhalten muss, um die Beliebigkeit der Unterhaltungsindustrie und ihre Irrelevanz für die Lebenssituation des Einzelnen darzustellen, finde ich ein wenig schade, denn ich mag die Figur. Da wär irgendwas Nervtötendes passender gewesen, Scoobydoo oder so...

Dies natürlich nur für den Fall, dass Shaun im Fernseher auftritt - was ja nicht explizit erwähnt wird. Für den Fall, dass er nur so durch die Fantasie des LyrIch spaziert, weil es per Schäfchenzählen einzuschlafen versucht, trifft meine Deutung natürlich nicht zu.

Dass das Schaf aber eine Fähre betritt, lässt mich vermuten, dass ich richtig lag, denn das erinnert an die Fernsehepisoden. Allerdings passt dann die Taube nicht ins Bild (auf dem Fensterbrett???), denn wer fernsieht, würde deren Gurren kaum hören. Und wenn es so kalt ist wie beschrieben, wäre obendrein das Fenster zu - und sowieso keine Taube zu hören!

Einige der Bilder schwanken zwischen Symbol und Realität, zB das "Eis im Haus" - da ist wohl Kälte gemeint, kein realer Eisblock und auch kein Speiseeis im Kühlschrank. Und was ist mit dessen "Überlebensleere" gemeint?

Die letzte Zeile wiederum ("ich zähle") weist doch auf Schäfchenzählen, allerdings irritiert der Umstand, dass nur von einem Schaf die Rede war, der besagten Trickfigur. Zum Zählen brauchte man eine Herde.
Was aber sonst könnte das LyrIch zählen: Die Sekunden? Das sollte geklärt werden.

Ein sehr schönes, sprachgewaltiges Gedicht, das ich sehr gerne gelesen habe!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.09.2014, 13:00   #4
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Hallo ginTon & eKy :)

Hallo ginTon & eKy
Nun aber. Erst mal ein Dankeschön dass ihr Beide hier interpretiert habt. Es war wohl doch nicht so einfach. Ich habe ja bei meinen letzten Gedichten versucht nicht geheimnisvoll zu sein. Ich möchte eine klarere Sprache wählen. An Euren Kommentaren sehe ich, ob es mir gelungen ist.
Hier gibt es ein Lyrich, dass von 3.00h bis 4.00h oder noch länger, wachliegt. Es zählt die Sekunden und läßt dabei Shaun das Schaf durch die Dunkelheit spazieren. Die Zeit ist gruselig, jedoch Shaun das Schaf nicht.
Wenn ich ehrlich bin, wußte ich nicht so richtig in welche Rubrik ich dieses Gedicht denn posten soll.

@ ginTon
Ja, das kann auch in mein Gedicht hineininterpretiert werden, es setzt viel Phantasie voraus.Und des Nachts gehen so viel Gedanken durch den Kopf. Fein das es Dir gefallen hat.
Ich bedanke mich für Deine mutige Interpretation und Dein Lob.

Liebe Grüße sy

@eKy
Ich finde Shaun das Schaf süss, und es spuckt in der Dunkelheit beim Lyrich durch die Wachträume. Das geht auch ohne fernsehen. Das Zählen ist ein Sekundenzählen .Die Taube sitzt auf dem Dach und ist nicht zu überhören.
Du sagst einige Bilder schwanken zwischen Symbol und Realität.
" Das Eis im Haus", damit ist gemeint: Der Sommer ist gegangen und das Lyrich hat kein Eis mehr in der Gefriertruhe. Hunger und nicht schlafen können ist echt gruselig. Die Überlebensleere damit ist die Kühlschrankleere gemeint und das darausfolgende Hungergefühl.

Das wiederholte Sekundenzählen verdeutlicht, die Wiederholung es ist vier Uhr und es hat sich an der Situation nichts geändert.
Ich bedanke mich für Dein Lob, ich hatte wohl alle Punkte und Kommas richtig gesetzt *SmiliemitselbstaufdieSchulterklopf*

Liebe Grüße sy

Geändert von juli (29.09.2014 um 14:03 Uhr)
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Alt 30.09.2014, 11:41   #5
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Liebe sy,

ich sehe hier einfach einen traurigen Menschen, der dem Sommer hinterhertrauert, der nicht schlafen kann und dem es
allgemein nicht gut geht.

Der liebe Erich hat da wohl ein wenig zu viel hineininterpretiert

Mich spricht dein Gedicht an.
Es ist dir gut gelungen, die Schlaflosigkeit mit deinem dir eigenen Sprachstil zu bedichten.
Ich kenne Shaun das Schaf nur von gewissen Werbeartikeln im Supermarkt.
Für diesen Text ist es ein Symbol des Nichtschlafenkönnens und des Schlafenwollens.

Liebe Grüße,
Chavi

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.10.2014, 09:59   #6
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Liebe Chavali :)

Ja, Du hast mein Gedicht richtig interpretiert.

Es ist die Zeit, der kürzeren Nachte, und wenn man wach liegt, geht einem alles Mögliche durch den Kopf

Schlaflosigkeit ist gruselig

Danke für dein Kommentar.

Liebe grüße sy
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