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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 19.03.2011, 07:08   #1
Stimme der Zeit
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Standard Eins plus Eins macht Eins


Eins plus Eins macht Eins



Lang und dünn, das ist mein Sinn, ich bin
so frei und bleib es auch, denn schlank ist
schön, ich denke fit, flott sei mein Schritt
und flach der Bauch. Ja, keine Ruhbank


zu haben, das wäre am schlimmsten.
Genießen bedeutet, sich laben
an allen erdenklichen Gaben
des Lebens. Ich sehe nach Innen,


doch sich festzulegen wäre Qual.
Flink und wendig, ruhig und stetig, wenn
du wirklich glaubst, bleibt dir die Wahl, weil

Eins bedeutet, frei vom Zwang sind Zahl
und Kopf der Münze. Harmonie schenkt
Lebensglück, Erkenntnis und Gewinn.
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Geändert von Stimme der Zeit (25.03.2011 um 16:25 Uhr) Grund: So ein Wald hat einfach zu viele Bäume, und alle haben Blätter! Danke, Total Blackout.
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Alt 25.03.2011, 13:28   #2
Total Blackout
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Hi Ho,

drei Kommafehler gibt es im Werk zu finden:

2.S/2.V nach "bedeutet"
3.S/1.V nach "festzulegen" (da bin ich mir nicht ganz so sicher)
3.S/3.V nach "glaubst"

Die Form deines Werkes ist verworren, was nicht schlecht ist. Doch sie steht im Gegensatz zum Inhalt, vor allem wenn man sich die letzte Strophe ansieht. Das wäre an sich auch nicht schlimm, wäre allerdings eine inhaltliche Relevanz aus diesem Gegensatz zu sehen. Zumindest erschließt sie sich mir nicht, ergo die Form passt nicht zum Inhalt.
Letztendlich macht es eben dies schwer, sich mit den Gedanken in den Versen auseinanderzusetzen.

Greeze
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Alt 25.03.2011, 16:24   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, TBO,

zunächst einmal: Danke.

Die Kommata bessere ich sofort aus. Vor lauter Wald die einzelnen Bäume nicht mehr gesehen, schätze ich.

Hinter diesem "experimentiellen" Werk steckt mehr. Falls du Interesse haben solltest (oder andere User) - ich habe eine Analyse vorbereitet. Mit deiner Reaktion habe ich (leider!) gerechnet.

Wenn nicht, dann akeptiere ich das auch, denn meine Erklärung ist sehr lang. So viel Mühe möchte sich kaum jemand machen, daher frage ich danach.

Eigentlich ist nichts verworren, alles ist gewollt und geplant. Außer den (*grmbl*) Kommata.

Danke für dein interessiertes Lesen.

Liebe Grüße

Stimme der Zeit
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Alt 25.03.2011, 17:23   #4
Dana
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Hallo Stimme der Zeit,

deine Antwort hat mich neugierig gemacht.

Die erste Strophe ist recht "sportlich", auch im Leserhythmus.
Man kann sich der Fitness wegen der "äußeren Form opfern" und ihr zum Opfer fallen.

Dann kommt die behäbigere Strophe, die von Genuss und Ruhe spricht.

Die 3. und 4. Strophe sind eine "gesunde Schlussfolfolgerung" und das Ergebnis von Eins plus Eins wird stimmig.

Die Rechnung geht nur auf (man wird mit (in) sich) EINS, wenn man beides wohl dosiert. Nur so gelangt man zur Harmonie im Inneren und Äußeren.
Eine einseitige Entscheidung wird in beiden Fällen zur Qual.

Spannend aufgebaut, besonders im Lesetempo.
Ein kluges und einmal ein anderes Gedicht.

Gern gelesen und besenft,

liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 26.03.2011, 01:58   #5
Stimme der Zeit
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Hallo, Dana,

wenn es dich neugierig gemacht hat, dann wage ich es mal. Ich habe nur versucht, mal "in die Vollen" zu gehen, d. h. auszuprobieren, was ich bislang alles gelernt habe. Und dann, ich gebe es verschämt zu, ein paar Regeln zu brechen, weil es mich unglaublich reizte. Herauszufinden, ob das überhaupt geht. Ich wollte etwas Neues machen, das ich so noch nirgends gelesen hatte. Ein bisschen "ängstlich" bin ich schon ...

Hallo, lieber Leser, liebe Leserin,

Hier habe ich viel Arbeit und ein paar "regel(un)gerechte" (Un)möglichkeiten in dieses Sonett hineingesteckt.

Eins plus Eins ist nicht gleich eins, aber Eins und Eins zusammen macht Eins.

1. Strophe: Schlankheitswahn der modernen Zeit. Nichts als Einsilber. Das
Metrum ist: Trochäus/Jambus/Trochäus/Jambus, was in Verbindung mit
einsilbigen Worten einen "hastigen" Effekt erzeugen soll. Erst in der 4.
Zeile kommen Zweisilber, als Übergang zum Daktylus. Der Übergang selbst ist
ein Daktylus. Extern ausgerichtet.

2. Strophe: Der ruhige, behäbige Mensch. Hier wollte ich "Langsamkeit" bzw.
"Bedächtigkeit" vermitteln. Daher durchgehende Daktylen, inclusive der
Zeilenübergänge. Intern ("innen") ausgerichtet.

3. Strophe: Überlegung. Es herrscht noch keine echte "Einigkeit", aber
Ansätze sind da. Daher jetzt: Trochäus/Trochäus/Jambus. Die "Vorstufe" zur
Einigung.

4. Strophe: Erkenntnis. Trochäus/Jambus/Trochäus - der Trochäus "umarmt" den
jambischen Vers. Deshalb auch "Harmonie" in der Mitte. Das Verstehen, dass
eine Münze wohl 2 Seiten haben kann, aber deshalb trotzdem eine einzige
(ganze) Münze ist. Jede Münze ist Kopf und Zahl, auch wenn beide Seiten
völlig verschieden "aussehen".

Die unterschiedlichen Schriftbilder sind auf den jeweiligen Inhalt der
Strophen ausgerichtet.

Das genaue Metrum, einschließlich aller Stilmittel, möchte ich einmal irgendwo
aufzeigen. Jedes "Kadenzverbrechen", jeder "Verstoß" bei Binnenreimen, jede
Alliteration, jede Häufung von Vokalen ist beabsichtigt und geplant, es gibt
nur eine einzige Ausnahme: "dünn" ist gewählt, obwohl das mit "Sinn" einen
unreinen Binnenreim ergibt. Ich ließ es aber so stehen, weil "dünn" mir
besser gefiel als schmal, und schlank wäre eine Verdoppelung.

Es sieht so aus:

Lang und dünn, das ist mein Sinn, ich bin - Enjambement, Sinn - bin
so frei und bleib es auch, denn schlank ist - Enjambement, "Kadenzverbrechen: "ist" unbetont. Alliteration: frei, fit , flott, flach
schön, ich denke fit, flott sei mein Schritt - Enjambement, fit - Schritt, + (Schlank - schön - Schritt)
und flach der Bauch. Ja, keine Ruhbank - Wechsel zu 2 Zweisilbern, endet als "Übergang", Enjambement zu Strophe 2. Vorher häufig "i", "ei", es sind auch "ö" und "ü" drin. 4. Zeile Wandel zu mehr "a" und erstes "u". -"Bremsung".
"Kriminelle" Binnenreime, da nicht bzw. nur teilweise als Endreime: Schlank - (Ruh)bank, sowie "auch" und "Bauch".

zu haben, das wäre am schlimmsten. - Enjambement "Ende", neues Metrum, hier das erste "optisch" längere Wort.
Genießen bedeutet, sich laben - Enjambement, 2 Dreisilber - es wird "langsamer"
an allen erdenklichen Gaben - Enjambement, ein Viersilber
des Lebens. Ich sehe nach Innen, - Stop. Anfang des "Übergangs", mit "i" wie im 1. Vers. Hier sind mit viel "a", "e" und einem (langgesprochenen) "ie" wenig helle, sondern mehr "dumpfe"Vokale enthalten. Ausnahme: die beiden "i" an Beginn und Ende, sowie eins in der Mitte, damit es nicht zu "tonlos" klingt. Endreim in der "Mitte" der Strophe "laben" - "gaben" - innere "Ruhe bzw. Behäbigkeit". Kriminell: "haben" - "laben" - "Gaben".

doch sich festzulegen wäre Qual. - Enjambement Ende. Kriminell: Qual - Wahl. In der Mitte ein Viersilber, jetzt wird's "gemischt", mit Ein- und Zweisilbern.
Flink und wendig, ruhig und stetig, wenn - "ig-ig-ig", Enjambement, Tautologien: "Flink und wendig, ruhig und stetig".
du wirklich glaubst, bleibt dir die Wahl, weil - Enjambement, "Kadenzverbrechen" - "weil" unbetont (2x gemacht, damit es nicht als "Zufälliger Fehler" gesehen wird.) Da ich das nirgendwo finden konnte, fand ich das sehr interessant - und gar nicht einfach hinzubekommen.

Eins bedeutet, frei vom Zwang sind Zahl - "Eins" = Einssein, Enjambement.
und Kopf der Münze. Harmonie schenkt - 4 Silben - Punkt - 4 Silben, Enjamebement.
Lebensglück, Erkenntnis und Gewinn. - Zusammen mit "Harmonie" die Conclusio. Kriminell: Rückführung Reim "Gewinn" zu "Sinn" in der 1. Strophe.

Noch drin: Hakenstil der Enjambements zwischen den Strophen. Strophe 1 ist
entgegen den Regeln des Sonetts im Kreuzreim - "Hektisches Hin und Her".

Neun Silben anstatt 11.

Strophe 2 besteht aus Daktylen, Sonette sind "klassisch" im Jambus. Auch der
Trochäus "dient" dem durchgehenden Enjambement. Bis zu den gesetzten Punkten
kann alles durchgehend gelesen werden, es muss nur der "Rhythmus" gewechselt
werden, da das Metrum wechselt.

Die Binnenreime halten sich nicht an Endreim-Regeln.

Regelgerecht ist: Es sind 2 Quartette und 2 Terzette, mit These, Antithese und Synthese.

Der Inhalt handelt von den beiden Seiten, die jeder Mensch in sich trägt. Der
Mensch ist nur dann ein "Ganzes", eine "Einheit", wenn er durch die
"Verschmelzung" bzw. die "Erkenntnis" zur inneren Harmonie gelangt.

Es ist ein Experiment. Ich weiß nicht, wie ich es wirklich erklären soll, aber ich versuchte hier, nicht den Inhalt mit der Form oder die Form mit dem Inhalt zu unterstreichen, sondern gewissermaßen die Form gemeinsam mit dem Inhalt zum Inhalt zu machen.

Ich hatte schon ein paar "regelkonforme" Sonette geschreiben, ehrlich ...

So, und jetzt habe ich ein wenig "Bammel", wie die Reaktionen ausfallen ...

Lieben Gruß

Stimme der Zeit
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Geändert von Stimme der Zeit (26.03.2011 um 07:43 Uhr) Grund: Kleine Ergänzung.
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Alt 26.03.2011, 10:27   #6
Total Blackout
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Hi Ho Stimme der Zeit,

freilich hast du nun ersichtlich gemacht, welche Gedanken du dir gemacht hast. Ich begrüße es, wenn sich jemand derartig konzentriert mit seinen Gedanken auseinandersetzt. Und dass du dabei die Form eines Sonettes nur schemenhaft verwendet hast, ist keinesfalls zu bemängeln.

Der Versuch ist sicherlich gelungen, doch möchte ich abschließend zu bedenken geben, dass man es mit den Stilmitteln und Metrenwechseln und so weiter nicht übertreiben sollte. Schnell kann es passieren, dass der Leser aufgrund der unüberschaubaren Komplexität (sofern sie wirklich gegeben ist) die Lust am Lesen verliert, weil er schlicht keinen Zugang zu den Gedanken innerhalb der Verse erhält.

Ob das nun bei mir oder anderen so war beim Lesen deines Werkes, bleibt egal, denn das lässt sich nicht mehr objektiv bestimmen.

Fazit: In Abhängigkeit von jeweiligen Gedanken ist eine Regelaufhebung (wenn man es so nennen kann) angebracht, wohlwissend dass das aber auch Gefahren mit sich bringt.

Hab mich gern mit deinem interessanten Versuch und theoretischen Überlegungen auseinandergesetzt!

Greeze
TBO
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Alt 26.03.2011, 10:56   #7
Stimme der Zeit
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Danke für dein Interesse, TBO.

Es ist für mich immer der effektivste Weg des Lernens gewesen, indem ich es mache. Learning by doing. Von Zeit zu Zeit poste ich Übungen, danach kann ich sagen, "sitzt" es bei mir. Ich weiß, dass bei solchen Werken oft die Form den Inhalt "unterbuttert".

Aber ich sage mir, zuerst die Technik lernen, und dann ganz entspannt einsetzen, wo sie angebracht ist. Das fing im Grunde genommen schon beim ersten Lernen an - da ging es nur um den Jambus. Erst mal 2, 3 Werke geschrieben, erst kurz, dann immer länger. Worauf dieser "saß". Nach dieser "Lerntaktik" gehe ich auch weiterhin vor. Hier habe ich tatsächlich "geübt".

Ich werde natürlich künftig nicht "sämtliche Stillmittel auf einmal" verwenden. Aber ich kann sie jetzt.

Kommentare, ob etwas funktioniert hat (oder auch nicht!) helfen mir dann richtig "weiter".

Deshalb poste ich nicht nur Werke, sondern auch meine Übungsstücke.

Du hast mir geholfen, deshalb ein Extra-Dankeschön von mir.

Lieben Gruß

Stimme der Zeit
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