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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 14.10.2011, 12:14   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
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Beiträge: 3.210
Standard mord am wort

mord am wort


als gestern noch sich geräusche formten
zu melodiengleichen tonfolgen an denen
sich spinnweben zogen morgentauplan
in tröpfchen silbrig glänzend

waren heute die wörter ganz ausgesprochen und
dunkelheit hangelte sich schwebend entlang der
atemfahne die sich herbstwärts ausstreckte
dröhnend ein schweigen begleitend

beugungen mussten nicht grammatisch sein und
nicht korrekt wie überhaupt strukturen leichter
lügen verbargen so ging es rasend weiter den
fallwind hinunter thermisch die

hänge bestreichend die endlos horizonte
zerschnitten mit kanten voller wut blut
bahnten sich schneeraupen durch sahne
hauben auf vanilleeisekreme

stumm war ein großer begriff der lautlos
mit tonlos verwechseln ließ eine ahnung
von verlust gewann die oberhand während unter
der hand die grablegung platz griff
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mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Alt 14.10.2011, 14:45   #2
fee
asphaltwaldwesen
 
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Beiträge: 961
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ist dieser text mit dem poetron erstellt, walther?


fragender gruß,

fee
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Alt 14.10.2011, 16:05   #3
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
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nein, lb. fee, das ist eine assoziative wortfetzen collage aus meiner feder, an deren weiterentwicklung als lyrisches ausdrucksmittel ich gerade herum experimentiere. die gibt es als vers libre, reimgedicht, sonett usw. usf. ziel: leser/leserin sollen sich vom text anregen lassen, selbst assoziationen zu heben und das gedicht sozusagen selbst fertig zu denken. ich nenne das lyrik auf speed, weil sie mit einer gewissen atemlosigkeit vorgetragen und gelesen werden sollte. lg w.
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Alt 14.10.2011, 16:18   #4
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asphaltwaldwesen
 
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Zitat:
Zitat von Walther Beitrag anzeigen
ich nenne das lyrik auf speed
grins, walther.

ja. das passt!
allerdings ist die wirkung etwas eigenartig, wenn der text auf einen speed-losen leser trifft.


lieber gruß,

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Alt 14.10.2011, 17:25   #5
Stimme der Zeit
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Beiträge: 1.836
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Hallo, Walther,

ich hoffe, du erlaubst mir ein Schmunzeln bezüglich fees Kommentar.

Mittlerweile ist das ja nicht das erste Gedicht dieser Art, das ich kommentiere. (Nebenbei: Ich finde, dass "wollen wir mal" bisher das Beste ist.)

Wobei ich eigentlich den Begriff "Satzfetzen" zutreffender fände, denn hier gehen "Satzbruchstücke" ineinander über, die je nach "Lesart" verschiedene Assoziationen erzeugen bzw. einen unterschiedlichen Sinn ergeben. Unter "Wortfetzen" würde ich eher "zerfetzte Worte", die willkürlich oder falsch "getrennt" sind, verstehen. (Nur so nebenbei erwähnt, das wäre meine Assoziation.)

Aus der Perspektive der "Atemlosigkeit" betrachtet, ist allerdings dieses Werk eindeutig der "Gewinner".

Bisher habe ich mich an diese Form nur ein Mal "privat" (aus Neugier) heran gewagt - und bin kläglich gescheitert. Das ist sehr viel schwerer, als sich die meisten Leser wohl vorstellen! Nun ja, irgendwann werde ich vielleicht genug "Übung" in Sachen Lyrik besitzen, um dann einen zweiten Versuch zu unternehmen. Nicht, weil ich dich kopieren möchte, nein! Aber gerade weil es sehr schwierig ist, möchte ich es gerne "hinbekommen", ein Mal würde mir dann auch reichen.

Was den Inhalt betrifft, so denke ich, dass der Titel diesbezüglich bereits eine deutliche Sprache spricht: mord am wort, das ist heftig! Aber leider nur zu oft auch richtig.

Ich möchte gerne ein paar interessante Stellen erwähnen:

Zitat:
als gestern noch sich geräusche formten
zu melodiengleichen tonfolgen an denen
Ich erinnere mich, in einer deiner Antworten auf einen Kommentar gelesen zu haben, dass dem Dichter zugetraut werden darf, jedes Wort mit bewusster Absicht an seinen jeweiligen Platz zu setzen. Lieber Walther, falls du etwas missverstanden hast: Daran habe ich nie gezweifelt! Deshalb auch dieses Beispiel, denn ich bemerke schon, dass die Reihenfolge der Worte absichtlich inversiv ist. Würde das "sich" im ersten Vers direkt nach dem "als" kommen, entstünde im zweiten eine weitaus auffälligere Inversion, die du so geschickt vermieden hast. Ich sage: Das ist Absicht, das ist Können und kein Fehler.

Zitat:
dröhnend ein schweigen begleitend
Meinem Empfinden nach ist dieser Vers als "leichte Bremse" formuliert, um das Lesetempo zu "steuern". Ebenso hier:

Zitat:
bahnten sich schneeraupen durch sahne
hauben auf vanilleeisekreme
Jeweils nach Strophe 2 und Strophe 4. Hier sorgst du geschickt dafür, dass ich zwar eine "gewisse Atemlosigkeit" empfinde, aber nicht "außer Puste" gerate.

Strophe 4 erzeugt bei mir auch die intensivsten Assoziationen, denn die "Kanten voller Wut" bahnen sich (blutig) in Gestalt von Schneeraupen ihren Weg durch - Sahne/hauben auf Vanilleiskrem ... brrr ... (das neue deutsche Recht auf Falschschreibung sagt: Krem ohne "e" oder Creme.)

Zitat:
der hand die grablegung platz griff
"griff" greift hier gut.

Im Ernst, ich lese deine Werke immer wieder sehr gerne, denn ich bemerke - ganz ohne Lobhudelei, Ironie oder Ähnliches - Walther kann was.

Deshalb liegt bei dir meine "Messlatte" ziemlich hoch, verstehst du?

Diese Collage kommt bei mir momentan auf Platz 2, sie gefällt mir gut.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.10.2011, 13:42   #6
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
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Beiträge: 3.210
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Lb. fee,

danke für Deine Geduld mit diesem Text - und mit mir. Leider kann man die nötige "Atemlosigkeit" nicht als Dokumentenanhang hochladen, da arbeite ich noch dran.

LG W.

Lb. Stimme der Zeit,

daß ich jetzt erst antworte, ist eigentlich unverzeihlich, aber meiner Arbeitsüberlastung zuzurechnen, die kaum noch fürs Verseschmieden Zeit läßt, geschweige denn zum Kommentieren oder Kommentare beantworten. Das führ dann dazu, daß die einfachen Kommentare zuerst und die schwierigere später behandelt werden.

In der Tat habe ich mit Mord im Wort und Mord am Wort in zwei Texten die Sprache und den oft leichtwertigen Umgang mit ihr thematisiert. Viele der Vielsprecher sind sich nicht dessen bewußt, daß falsche Versprechungen Glaubwürdigkeit abtragen, und zwar, bis zu einem revolutionären Schnitt, unheilbar. Ebenso wird übersehen, daß das Wort als Waffe ebenfalls töten kann und zugleich stumpf wird, also eine Aufrüstung herausfordert, will man den gleichen Effekt erzielen.

So sollten diese Beiträge verstanden - und ich sehe, bei Dir ist das hier und heute gelungen.

Danke für Deine ausführliche Besprechung!

LG W.
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