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Ein neuer Morgen Fröhliches und Hoffnungen

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Alt 16.08.2016, 13:05   #31
Romantiker2016
Holger
 
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Hallo Falderwald.
Seit über hundert Jahren wird in der Dichtung häufig (früher weniger häufig) vom normativ-konservative Stil des Sonetts abgewichen. - Hier haben wir ein Beispiel aus dem Februar 1922, als Rainer Maria Rilke seine weltberühmten Sonette an Orpheus verfasst hat:

Atmen, du unsichtbares Gedicht!
Immerfort um das eigne
Sein rein eingetauschter Weltraum. Gegengewicht,
in dem ich mich rhythmisch ereigne.
Einzige Welle, deren
allmähliches Meer ich bin;
sparsamstes du von allen möglichen Meeren, –
Raumgewinn.
Wieviele von diesen Stellen der Räume waren schon
innen in mir. Manche Winde
sind wie mein Sohn.
Erkennst du mich, Luft, du, voll noch einst meiniger Orte?
Du, einmal glatte Rinde,
Rundung und Blatt meiner Worte.

Wenn hier das übliche Metrikkorsett über die Verse des Sonetts gelegt wird, sind die Abweichungen enorm. - Die Entwicklung zur Freiheit der Darstellung in der Dichtkunst hat sich mittlerweile innerhalb der Gegenwartslyrik in der Weise entwickelt, dass jegliche Metrik ausgemerzt wurde. - Das mag man mit Recht bedauern; die Protagonisten der neuen Zeit werden entgegnen, dass ein Regelwerk für die Entfaltung feinster Gedanken zwischen Unbewusstem und Bewussten eher hinderlich sei. - Dennoch bestehen Gesetzmäßigkeiten in der neuen Lyrik; es würde aber zu weit führen, sie an dieser Stelle zu beleuchten.

Es sei mir verziehen, wenn ich hier ein wenig aushole, um meinen persönlichen Gedanken zur Dichtung eine bessere Grundlage zu geben:

Es ist so, dass sich das Werk eines dionysischen Dichters durch Stimmung, Fülle und Reichtum auszeichnet; beim Lesen erfreut man sich an tausend Einzelheiten und wird am Ende dennoch wunderlich enttäuscht; gegen das Ganze wird sich der etwaige Tadel richten. - Der apollinische Dichter hingegen ist kälter und ärmer, jedoch hat er die Form in der Gewalt. - Aus diesem Grunde wird er die Herzen mit seiner Dichtung im ersten Augenblick weniger entzünden, aber der Eindruck wird leben und dauern. Die Form ist das Organische und wird aus dem Unbewussten heraus geschaffen, jedoch kann sie nicht (wie beim dionysischen Dichter) die feinste Bildung und Fülle des Geistes wiedergeben; der Körper muss nämlich aus dem Körper geboren werden. - In der Symbolik der griechischen Mythologie bedeutete Apollo die Einheit und Dionysos die Vielheit.
Meiner Dichtung liegt der Versuch zugrunde, durchglüht zu sein, sowohl von dionysischen als auch von apollinischen Klängen und Formen.
Und so gleicht alle geistige Berührung einem Zauberstab; das Gedicht stellt dabei das Zauberwerkzeug dar.
Mehr zu diesem Themenkomplex kannst Du, wenn Du magst, lieber Falderwald, einem Interview entnehmen, das ich im Feuilleton des Forums eingestellt habe.

Nun aber endlich ein paar Worte zu Deiner Einlassung zum Sonett:

Das Werk hat mehrere verschiedene, in sich greifende, Deutungsebenen; Deine Gedanken sind weitgehend zutreffend.

Ich möchte nun in aller Kürze auf die Aussagen der Verse eingehen; aus Gründen der Anschaulichkeit habe ich das Sonett hier noch einmal eingefügt:


Die ewigen Blumen

Auf welchen himmelwärts strebenden Wiesen
wachsen in heißer Blüte Blumen der Hoffnung,
entrückt, verborgen an Hängen, die diesen
dunklen Räumen schenken uns ferne Erbauung ?

Blumen, niemals welkend, die keiner dir nimmt -
mögen Zeitenstürme auch toben und wallen -
dir sind glorreiche Blüten von Engeln bestimmt,
deren Lieder dir stets im Innersten hallen.

Ach, sind denn, jenseits von glühenden Sternen,
fernab von unsrem Versagen und Lernen,
die ewigen Auen uns fruchtbar und weit ?

Wer vermochte, ohne ein blindes Sehen,
rein und fest in diesen Reichen zu stehen ?
Doch jene Blumen sind immer für uns bereit.


Das erste Quartett stellt die Frage nach dem Ort und beschreibt gleichzeitig eine unbestimmte Ahnung von fernen Gestaden, der Quelle des Daseins übehaupt. - Wir existieren als Menschen getrennt von dieser Entität und doch ist einem Jeden eine Gewissheit eingepflanzt, die man nicht verifizieren kann. - Einigen Menschen wird das, in einem zustand der Gleichzeitigkeit von Traum und Bewusstsein (siehe hierzu "Der fünfte Spaziergang" von Rousseau), beispielsweise beim Betrachten des Sternenhimmels oder einer tiefen Verbindung zur Natur, deutlich gewahr. - Gerade die besonder Formulierung "uns ferne" im vierten Vers stellt zu dieser besonderen Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen einen Bezug her.

Das zweite Quartett betont die Konvergenzen die zwischen der Ewigkeit und unserem Dasein bestehen und beschreibt zugleich diese Entitäten als ein immanentes System, das (bewusst oder unbewusst) geahnt wird.

Das erste und zweite Quartett bilden die These.

Die Synthese erfolgt jeweils im ersten und zweiten Terzett:

Erstes Terzett:

Die ewige Frage der Menschheit (was hält die Welt im Innersten zusammen) klingt an. Einsicht und Hoffnung reichen sich die Hand; die bange Frage bleibt.

Zweites Terzett:

Wir sind quasi blind in unserem Dasein, weil wir im Allgemeinen nur einen winzigen Ausschnitt der Realität wahrnehmen; das ist wisswenschaftlich unbestritten. Es gibt also Dinge, Zustände und Wahrheiten, die weit über uns hinausreichen. - "Rein und fest in diesen Reichen (der absoluten Wahrheit) zu stehen" vermögen vielleicht spirituell höchstentwickelte Menschen.
Die Versöhnung mit der Hoffnung, welche in einem direkten Bezug zur besagten Formulierung "uns ferne" steht, formuliert die Aussage, dass die Blumen der Ewigkeit immer für uns da sind, in nächster Nähe und dennoch fern: tief in uns verwurzelt.


Sei herzlich gegrüßt, Holger
__________________
„ . . . wenn uns das Lärmen der Tage erschöpft, tun sich leise träumend
Land und Himmel auf, – Wiesen werden zu sanften Brüdern.“

Geändert von Romantiker2016 (18.08.2016 um 07:22 Uhr)
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Alt 17.08.2016, 19:10   #32
Terrapin
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Hallo Romantiker und alle anderen!

Dieses wilde Treiben hier habe ich gemütlich beobachtet und begleitet.
Es freut mich ja, dass Du mit deinem Sonett und den anderen Gedichten hier so einen Wirbel entfachen konntest.
Der Tatsache geschuldet, dass dein Gedicht nicht alle metrischen Anforderungen eines klassischen Sonettes erfüllt und vielleicht auch nicht erfüllen soll, würde mich, Falderwald gleich, auch nicht dazu bringen, es nicht als Sonett zu betrachten. Da sind einige Beispiele Rilkes weitaus verheerender und schauderhaft. Wo er mir oft nur als lausiger und geringer Dichter erscheint und entgegentritt. Allein schon die Vielzahl katastrophaler Enjambemants die er rhythmusbrechend überall hinkleckert. Zudem wiegen die Strophenelemente von von These- Antithese und Synthese; wie auch der sonstige Strophenaufbau ohne den ganzen Thesenkram weit schwerer als ein Rhythmus, der nicht dem Jambus entspricht.

Was mir aber missfällt, ist das die "Technik" auf reines, stumpfes Silbenzählen in welchen Versfüßen auch immer kastrierend abgeschnitten und reduziert wird.
Dabei ist das Betonungsmuster nur ein rhythmischer Reigen in dem die Gedanken zu Versen fließen und jeden Dichter ohne große Mühe und ohne bewusstes Überlegen von der Hand gehen sollte. Das rhythmische Verständnis und Gefühl muss so verinnerlicht sein, dass das Metrum keine Beschränkung mehr darstellt, sondern eine Befreiung und Erhöhung.
Und mir will auch diese Schubladentrennung von dionysisch und apollischen Schreiberlingen nicht passen. Es verschmelzen die beiden stets ineinander. Die einen frei von "Technik" und die anderen darin gekerkert und die anbetend.
Ein sicherer Dichter, auch wenn er in freien Versen dichtet, hat mehr als genug andere technische Raffinessen und rhetorische Stilmittel neben dem Metrum, mit denen er sich auskennen sollte und umgehen möchte, auf dem Kerbholz. Allein schon die Gewichtung der einzelnen Wortarten in ihren jeweiligen Positionen im Satzgebilde zu kennen ist unumgänglich und grundsätzliche Substanz. Denn auch ist und bleibt ein gesunder Rhythmus ertönend in bestechender Melodie das potenteste Wesen der Lyrik überhaupt. Um einen gediegenen Takt zu halten würde ich ohne Zaudern ein treffenderes aber holperndes Wort gegen ein schwächeres tauschen.
Diese "Techniken" abschätzig unbeachtet zu lassen gleich einem Maler, der nichts von der Farblehre wissen will.

Vorerst fertig mit dem Kommentar.

Liebe Grüße, Terrapin.
__________________
Das Leben ist eines der schwierigsten.

Geändert von Terrapin (17.08.2016 um 21:09 Uhr)
Terrapin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.08.2016, 23:32   #33
Kokochanel
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Guten Abend zusammen,

ich finde die Diskussion hier so langsam ärgerlich bis verwirrend.
Man einigte sich darauf irgendwie, dass es irgendwie nicht ein Sonett ist und doch möchte man es so nennen, weil es so nett ähnlich ist?
Warum?
Um einem Dichtenden, der mit namhaften ( oder auch nicht namhaften) Referenzen daherkommt und als Rechtfertigung die Sonette an Orpheus wählt, die zur damaligen Zeit bereits von Dichtern angegriffen wurden und als Lapsus Rilkes angesehen? Das ist mir zu banal.

Dieses Gedicht von Romantiker hat außer den 2 Quartetten und 2 Terzetten nichts mit einem Sonett gemein.
Die Thesenstruktur kann ich beim besten Willen nicht erkennen, die Metrik stimmt nicht und es wurden einige Fehler in Satzstruktur und Bildhaftigkeit nachgewiesen.
Ich frage mich, warum um alles in der Welt sollen wir uns nun ( und so wirkt es auf mich) unbedingt dahin entwickeln, dass wir dieses Werk so als Sonett akzeptieren?

Sicherlich hat sich die Dichtung heutzutage verändert und sicherlich gibt es viele Varianten, künstlerisch mit dem Wort umzugehen. Sicher ist auch, dass Verlage das verlegen, was sich verkaufen lässt und dieser Stil lässt sich vielleicht verkaufen. Keine Ahnung. Ich würde es nicht kaufen.

Ich muss hier nicht insistieren, im Grunde kann es mir egal sein, ob es ein Sonett ist oder nicht.
Nur, wenn sich das Forum um Glaubwürdigkeit bemühen möchte, auch und ins Besondere in Bezug auf Kritik an anderer Autoren Werken, die vielleicht ähnliche Fehler aufweisen, dann sollten wir uns hier für eine Linie der Textkritik entscheiden.Wollen wir es eng sehen oder wollen wir nicht.

Wir können alles schreiben und wir können es so nennen wie wir wollen: Wir können eine falsche sapphische Ode schreiben und können sie sapphische Ode nennen. Wir können sie auch Tischdecke nennen. Nur entscheiden müssen wir uns.
Wollen wir die klassische Dichtung erhalten, vielleicht sogar neu beleben, anerkennen oder wollen wir uns irgendwas zusammenstricken und uns darin bestätigen wie toll wir doch alle sind?

Toleranz in der Hinsicht verwässert, verwischt und löscht letztendlich aus.

Wir können Elegien schreiben ohne Zäsur und im Jambus und sie Elegien nennen, wir können Limericks schreiben ohne Metrik und ohne Witz und sie dennoch Limerick nennen. Wir können alles machen. Aber wir machen damit die Klassik kaputt.

Ich möchte die Klassik so sehen: Als Vermächtnis, als Verpflichtung.

Wer das nicht will, kann das gerne tun. Aber ich sehe nach wie vor in Dichtenden, die es so handhaben, zuerst das Unvermögen und erst dann die Möglichkeit der „dichterischen freien Abwandlung“. Ein solches Gedicht als Sonett zu bezeichnen, ist für mich, sich mit falschen Federn schmücken.

Um den Kreis zu schließen, den ich mit diesem Kommi begann: es ist für mich ärgerlich und nimmt mir die Freude daran, mich hier noch textkritisch mit Werken auseinanderzusetzen.
Denn letztendlich kann man jegliches schreiberische Unvermögen mit dem Mäntelchen der „dichterischen Freiheit“ bekränzen.

Grüße von Koko
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Alt 18.08.2016, 03:01   #34
Romantiker2016
Holger
 
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Hallo Koko,

eigentlich hatte ich mir überlegt, zu vermeiden, dass sich hier weiterhin die Wogen auftürmen, höher und höher, in einem zum Teil unversöhnlichen Schwall, jedoch veranlasst mich Deine Einlassung, nochmals Stellung zu nehmen. Vorausschicken möchte ich, dass ein jeder hier naturgemäß das Recht hat seine Meinung zu äußern. - Im idealen Fall ist solch eine Stellungnahme geprägt von Toleranz; Arroganz sollte eher mit Abwesenheit glänzen. - Ich persönlich sehe Deine Zeilen in diesem Zusammenhang nicht als ein ideales Beispiel.
Deine Fixierung auf´s Klassische, damit verbunden, es als allgemeingültig in diesem Gedichteforum darzustellen, wenn ich es recht verstehe, empfinde ich schon als kühn. - Hey, es ist ein Gedichteforum; demnach kann in diesem freien Raum beispielsweise auch Gegenwartsdichtung mit einfließen, ohne jegliche klassische Formen; das wäre doch vollkommen okay, nicht wahr ? - Sicherlich habe ich Dich missverstanden und Du räumst "anderer" Dichtung genau so einen hohen Stellenwert ein wie der klassischen.

Du findest als angemessen, mein Gedicht auch inhaltlich beurteilen zu können/wollen, obwohl Du in einem anderen Beitrag bewiesen hast, dass Du den Sinngehalt des Sonetts gar nicht verstanden hast ? - Deine Argumente (Zitat: "es wurden einige Fehler in Satzstruktur und Bildhaftigkeit nachgewiesen.") sind armselig, weil sie auf subjektive Unterstellungen aufbauen. - Solltest Du dennoch der Meinung sein, dass es Dir möglich ist, die Bedeutungstiefe anspruchvoller Gedichten zu durchdringen, empfehle ich Dir, Dich inhaltlich mit meinem im Forum eingestellten Gedicht "Der steinerne Engel" zu befassen; darin ist eine ganze Philosophie enthalten, die man umfangreich ausführen könnte.
Zudem empfehle ich Dir, bei der Betrachtung von Gedichten die Technik einmal beiseite zu lassen und das Werk aus dem Blickwinkel der Kunst (Rhythmus, Wirkung und Tiefe) zu betrachten. - Ich schreibe das deshalb, weil ich persönlich Gedichte, die ich bisher von Dir gelesen habe, als kalt, also ohne lyrisches Feuer und schon gar nicht mit einem Zauber umwoben - also als kunstfern - empfunden habe. - Andere mögen das anders sehen, und es mag auch gegenteilige Werke von Dir geben.

Um den Anflug von fragwürdigen Darstellungen (Zitat: "Um einem Dichtenden, der mit namhaften ( oder auch nicht namhaften) Referenzen daherkommt") deinerseits entgegenzuwirken, sehe ich mich veranlasst, hier Klarheit zu erbringen und hierzu einige Quellen und Referenzen bezüglich meiner Person einzufügen:

Zunächst Quellenangaben/Links als Beispiele für deutsche Universitäten ( Leipnitz Universität Hannover, Goethe Universität Frankfurt), in deren Bibliothek meine Bücher genutzt werden:

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"Links entfernt"

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Als ein Beispiel für namhafte Literaten, Professoren usw. möchte ich hier das Vorwort zu einem meiner Bücher, von Herrn Prof. Peter Demetz (einer der wichtigsten Literaturhistoriker heutiger Zeit, er hat jahrzentelang in Yale unterrichtet und ist Inhaber der Sterling Professur; näheres Wiki) vorstellen:

Brief von Prof. Dr. Peter Demetz an den Autor

Lieber Herr Jürges,

ich will Ihnen in meinem Briefe danken, dass Sie mir eine Sammlung Ihrer Gedichte hierher übersandt haben. Die Zeit, in welcher man Gedichte liest, ist nie ohne Geschichte, und der Raum nie leer – Moment und Ort entscheiden darüber, wie ich Lyrik lese. Ich lebe hier in einer reinlichen akademischen Vorstadt im Staate New Jersey, und da leben, mit mir und in meiner Nachbarschaft, Koreaner und Ungarn, Chinesen und Mexikaner, orthodoxe Juden und Italiener (um nur einige Gruppen zu nennen). In dieser
Welt ist die Gegenwart eines deutschen Gedichtes von einer Deutlichkeit, die der Lyriker, der sie schrieb, in seiner fernen Heimatstadt nie voraussehen konnte, und seine Texte, schwarz vom weißen Papier abgehoben, erzwingen, auf ihre Art, eine Konzentration meiner Aufmerksamkeit , von der sich ihr Autor, in seiner deutschen Lebenswelt, wohl keine Vorstellung zu machen vermochte.

Es wäre allzu einfach, Sie als Freund der Tradition zu bezeichnen, aber Sie erschweren mir die Frage nicht, welche Lyriker der Vergangenheit für Sie bedeutsam sind, denn einzelne Gedichte nennen Namen, George („in alten Schriften steht zu lesen”), Morgenstern ( das verwirrte Reh im Kernkraftwerk), und Eichendorff („so träum ich mich ins Weite”). Ich glaube gar, Eichendorff steht Ihnen näher als andere , denn Sie reden ihn unmittelbar an, und wenn mir einer fehlt, dann ist es der langvergessene
Alfred Mombert, mit dem Sie (Sie verzeihen das große Wort) die kosmische Weite der Perspektive gemeinsam haben, denn Sie vergessen nie, dass sich der Einzelne zugleich in seiner Einsamkeit und in einem Dasein befindet, dem sich die Himmel öffnen und das Irdische die Sterne reflektiert.

Das Romantische, das war Zwiespalt, und deshalb haben so viele ihrer Gedichte einen romantischen Klang, aber nicht im billigen Sinne, sondern im ursprünglichen Verstande der Polarität und des Gegeneinander. Eine Harmonie der Widersprüchlichkeit; das Gedicht „Dasein” stellt die wesentliche Frage und antwortet zugleich mit einem „Vielleicht”, der Einzelne, in seinem Dasein, tastet nach dem „wahren Dasein”, das sich ihm entzieht – es sei denn ein „Gesang”, der sich herniederlässt, „streifend wie ein milder Hauch”; ob in den Städten, wo wir Einzelnen „in schweren Zimmern” leben und die Traurigkeit wie unter einem Tuch „herausschaut“, oder in der grünen Offenheit, in der wir in „seidener Stille” hören wollen, welcher Wille uns in das einzelne Leben gestellt hat, in diese Zerstreuung, in der allein der Wind die einstigen Orte berührt hat, in denen wir lebten.

Ich bin geradezu versucht, Ihnen auf den Kopf zuzusagen, dass Sie kein Kind der Großstadt sind, und wenn Sie von den „Wäldern meiner Kindheit” reden, ist das keine nützliche Fiktion. In Ihren Gedichten findet der Einzelne selten Ruhe; Sie sagen zwar, das Leben „im Hiesigen” bestünde aus „ruhen, lieben, handeln”, aber aller Nachdruck liegt auf dem Lieben und Handeln, die sich mit einer unverlierbaren menschlichen Unruhe verbünden, die ihren festen Ort sucht. Auffallend, wie in vielen Ihrer Gedichte Bäume und alles in der reinen Natur Gewachsene Ruhe, Standhaftigkeit und eine Festigkeit ausstrahlen, die (ich wage fast zu sagen) einen Stoizismus , der dem umhergetriebenen Menschlichen fehlt – ob es nur ein „alter Baum” ist, der Hoffnung ausstrahlt, ein Baum, der „Sturm und Kälte überdauert“, oder „Der Eichenbaum”, der „Ewigkeit im Rindensaum” birgt. Aus vielen Gründen zähle ich Ihr Gedicht „Roter Waldholunder” zu den bedeutsamsten, die Sie geschrieben haben, denn in ihm verbinden sich viele Motive, Gedanken und Bilder, die Sie sonst in andere Gedichte verstreut haben, die „wilde Schönheit”, verschwistert mit Sonne und Wind, sich „selbst genug”, und dennoch, gerade im Selbstgenügen, das dem rastlosen Menschen fehlt, in eine höhere Ordnung gerückt, in die „Güte” der Schöpfung.

Ich glaube, lieber Herr Juerges, sie lassen sich als Lyriker, durch vergangene Diskussionen darüber, ob man schreiben soll oder was Gedichte sein sollten oder nicht, wenig anfechten, und setzen darauf, die lange Historie des Gedichtes auf Ihre Art wagemutig fortzusetzen. Der Literaturhistoriker (ich bin einer) wird natürlich einwenden, dass Arno Holz, der störrische, schon in der Tiefe des 19. Jahrhundert erklärte, die Lyrik, wie wir sie kennen, hätte als Kunst der Großväter längst bankrott gemacht; und er schiebt die Schuld an diesem Bankrott dem gereimten Wort zu, das auf die althergebrachte Weise fortlebt, obwohl, wie er sagt, 75% Prozent aller deutschen Worte nicht gereimt werden können. Deshalb reduziert sich der Horizont der Lyrik im Vergleich zur umfassenden Wirklichkeit, auf bloße 25% (gar nicht zu reden, von der alten Leier der Reime), und er empfiehlt, als Allheilmittel, den „Rhythmus”, in welchem die Realität „um Ausdruck ringt”, einschließlich der blühenden Apfelbäume, die auch er bewunderte.

Der Literaturhistoriker wird aber auch daran erinnern, dass einer der Kapitäne der Moderne nicht gewillt war, den Klang des Gedichtes zu ignorieren. Ich meine Ezra Pound (nicht den abwegigen Ideologen, sondern den Dichtungstheoretiker), der in seinem Aufsatz „How to read“ (Wie soll man lesen, 1931), darauf bestand, Gedichte seien Kombinationen aus Sinnhaftigkeit, optischen Elementen und ihrem Klange, oder ihrer „Melopoeia”, den musikalischen Qualitäten.

Ich schreibe das alles, um mir selbst Klarheit über Ihre Gedichte zu schaffen, Verse in der Tradition von der Romantik bis auf Rilke, und was Sie bestimmt, sich in dieser Tradition zu bewegen. Ihre Gedichte sind Augenblicke der Meditation, des Nachdenkens über den einzelnen Menschen im Zusammenhange der Natur, und nicht nur der grünen; und diese Gedichte wollen, gerade in ihrer Sprachstruktur, nicht verleugnen, dass es Gedichte sind, also etwas Besonderes und Magnetisches, das die Aufmerksamkeit, um nicht zu sagen, die Bereitschaft zur Einfühlung, auf sich ziehen will – das Besondere ist eben die Weite der Perspektive und das Begrenzte der Sprachgestalt, nur drei oder vier Takte in jeder Zeile, die im Wenigen das Viele bereithält. Jede Leserschaft steht ja heute in einem Sprachregen, nicht nur der alten Medien, sondern auch der neuen elektronischen, mit denen man, im wahrsten Sinne des Wortes, hantiert. Das Gedicht, das in Ihrem Sinne darauf besteht, ein Gedicht zu sein, eröffnet die Chance innezuhalten und an unerwarteten Bewusstseinsbewegungen teilzunehmen. Man tritt ein, liest und hört zu, freiwillig und bald beglückt, und, wie im Fluge, in und außerhalb der Welt zugleich.

Mit den freundlichsten Grüßen,

Ihr Peter Demetz

Anfang Januar 2012

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Noch ein Beispiel, diesmal für einige Artikel, die über mich geschrieben worden sind. - Die Kritik wurde von dem Kunstdozenten Martin Jasper auf der Kulturseite der Braunschweiger Zeitung veröffentlicht:


Eine Überdosis Seele „Immer ein leises Gehen“ – Gedichte des Jerxheimer Autors Holger Jürges, der im Hauptberuf Kriminal-Kommissar ist

– Martin Jasper, Braunschweiger Zeitung –

Ja ja, das Bändchen liegt schon eine ganze Weile auf dem Schreibtisch. Zugesandt von einem Dichter aus Jerxheim bei Helmstedt in der vagen Hoffnung auf Beachtung.
Man glaubt ja kaum, dass es solche Gedichte noch gibt! Das ist keine Lyrik, das ist Poesie! Dass es noch Leute gibt, die dem sanften Hauch, dem zarten Duft, dem Bächlein, dem Schimmer goldner Sterne, der lieblich blauen Blume und so weiter ihre Verse widmen, um nicht zu sagen: weihen. Und diese Verse stammen auch noch von einem Mann, der von Beruf Kriminalbeamter ist!
Holger Jürges heißt er, und es war nicht nur Arbeits-Überlastung, die sein Büchlein bisher unbeachtet liegen ließ. Es war auch eine Scheu vor dem billigen Verriss, der da ein arg spätes, weihevoll-romantisches Epigonentum erblickt, eine allzu zutrauliche, religiös aufgeladene Naturschwärmerei, eine Überdosis Seele, eine ganz und gar ungebrochene Eichendorfferei, die sich konsequent dem entzieht, was wir seit mehr als 100 Jahren die Moderne nennen. Die also nicht zeitgemäß ist.
Das ist offensichtlich, also einfach.
Schwieriger ist es, mal leise und ehrlich in sich selbst hineinzufragen, ob wir nicht trotz aller modernen Entzauberung diese tiefe Sehnsucht immer noch in uns haben (und sie nur eben nicht mehr rauslassen).
Die Sehnsucht nämlich nach einer heilen und heilenden Natur, nach dem Erfühlen der Weltharmonie im Himmel und im Blumenblatt. Und die Frage nach dem, der dies alles unendlich sanft in seinen Händen hält (um Rilke die gebührende Reverenz zu erweisen).
Jürges Gedichte – eine Mischung aus Natur- und Gedankenpoesie – sprechen rhythmussicher und solide gereimt dieses sich verströmende Weltgefühl aus. Ihm gelingen zuweilen Formulierungen von sinnlich-melodischer Schönheit, etwa im „Herbst“: „Müd steigt der Morgen aus dem Feld/ und legt gedämpfte Sonne übers Land...“ Oder in der Phänomenologie des Windes, „der wehend lau, sich selbst in Fernen trägt.“
Und, bei aller herbeigesehnten Gottgeborgenheit in der Natur, erahnen die besseren Gedichte Jürges’ eben auch die schmerzliche Geschiedenheit davon, die Einsamkeit in der Schöpfung. Etwa in dem Lied an die Nacht: „Bin ich auch winzig klein/ in dir, die alles übersteigt,/so wag ich doch zu sein,/ als Seele, die sich zu dir neigt.“ Oder im Nachsinnen eines Adlerflugs: „Der Adler gleitet weiter,/bis deine Augen ihn verliern;/ die Täler scheinen breiter, –/in deiner Seele ist ein Friern.“ Das immerhin ist eine zeitlose lyrisches Grundbefindlichkeit.

Holger Jürges, „Immer ein leises Gehen“, Edition Das andere Buch, 11,90 Euro.

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Um das Gesamtbild abzurunden, auch wenn´s iroinisch klingt, was es nicht sein soll: Gerne würde ich etwas zu Deinen Referenzen erfahren (Du hattest ja seinerzeit die meinigen verlangt); ich freue mich darauf.

Übrigens Koko und das hatte ich wohl schon erwähnt, wurde in keinem meiner Gespäche und Briefe mit den literarischen Persönlichkeiten das Thema Metrik erwähnt. - Es ging stets um die künstlerische Güte und nicht um technische Details. Ich bin fast versucht, anzunehmen, dass Dir hier der Gedanke kommt, dass all die besagten Persönlichkeiten die falsche Herangehensweise haben (der Geisterfahrer wundert sich, warum denn alle, die ihm entgegenkommen, falsch fahren^^). - Naja, es kommt eben immer darauf an, wie man die Schwerpunkte setzt.
Aus bestimmten Gründen rate ich davon ab, sich zu einem Metrikjünger zu entwickeln, es besteht nicht nur die Gefahr, dass der Blick für das jeweilge Gedicht als Gesamtwerk verwässert wird, sondern es erschafft dem Jünger auch immer einen Meister; das macht im Allgemeinen unfrei, auch in der eigenen Meinung.

Herzliche Grüße,
Holger

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Zitat:
Zitat von Romantiker2016 Beitrag anzeigen
Atmen, du unsichtbares Gedicht!
Immerfort um das eigne
Sein rein eingetauschter Weltraum. Gegengewicht,
in dem ich mich rhythmisch ereigne.
Einzige Welle, deren
allmähliches Meer ich bin;
sparsamstes du von allen möglichen Meeren, –
Raumgewinn.
Wieviele von diesen Stellen der Räume waren schon
innen in mir. Manche Winde
sind wie mein Sohn.
Erkennst du mich, Luft, du, voll noch einst meiniger Orte?
Du, einmal glatte Rinde,
Rundung und Blatt meiner Worte.
Rilke... Schon groß.
Ich hör besser doch mit Dichten auf...

Liebe Grüße
Wodziwob

PS: In einem anderen Poesieforum habe ich vor Jahren schon mal einen lebhaften Disput über die unergründlichen Geheimnisse eines Sonetts gelesen- und so nett das auch zu lesen gewesen sein mag, es will dieselben offenbar nicht preisgeben.
__________________
„ . . . wenn uns das Lärmen der Tage erschöpft, tun sich leise träumend
Land und Himmel auf, – Wiesen werden zu sanften Brüdern.“

Geändert von Eiland-Moderation (18.08.2016 um 20:28 Uhr) Grund: Beiträge zusammengeführt und Links entfernt
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Alt 18.08.2016, 20:23   #35
Falderwald
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Guten Abend zusammen,

mich dünkt die Diskussion hier auch langsam seltsam.

Auf allen Seiten wird hier aneinander vorbei geredet.

Inwiefern sollen hier irgendwelche Referenzen, Briefwechsel oder Interviews mit wem auch immer, dazu beitragen, wie dieser spezielle Text zu betrachten oder zu verstehen ist?

Das hat alles nichts mit diesem speziellen Text zu tun.

Ebenso ist es wenig hilfreich, einen imaginären "Freund" zu benennen und die Anwesenheit in diesem Forum als Experiment zu bezeichnen.

Wir sind doch hier keine Laborratten.

Und inwiefern hilft es bei der Diskussion weiter, die Regeln des Klassischen Sonetts rauf und runter zu beten, um die Frage zu klären, ob es sich hierbei um ein solches handelt?

Natürlich tut es das nicht. Das hat ja auch niemand behauptet.

Des weiteren frage ich mich, wieso der arme Rilke jetzt dafür herhalten soll, was er so alles verzapft und Sonett genannt hat?

Diese Texte stehen jetzt trotzdem da als Sonette, ob sie gefallen oder nicht.

Jeder Dichter kann sich nur eine eigene Messlatte legen und sich daran halten oder eben nicht, wenn er das für richtig hält.

Deshalb ist die Kunst verschieden, deshalb sind unsere Texte alle individuell und einzigartig.

Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob es sich bei vorliegendem Text um ein Sonett handelt oder nicht.

Der Autor kann es benennen wie er will, der Leser, Kommentator, Kritiker muss das jeweils für sich selbst entscheiden.

Deswegen wird es auch niemals in irgendeinem Diskussionsforum eine gemeinsame Linie für Textkritik geben.

Und das ist auch gut so, denn sonst bräuchten wir nämlich gar nicht mehr zu diskutieren, wir wären alle einer Meinung und würden dann nur noch alles zerpflücken und überprüfen, ob es auch nur ja den theoretischen Dogmen entspricht.

Das will ich nicht, dafür ist dieses Forum nicht gedacht.
Das Forum ist dafür gedacht, dass jeder, der möchte und sich registriert hat, seine Texte hier veröffentlichen und zur Diskussion stellen kann.
Es kann auch jeder seine Meinung zu den jeweiligen Veröffentlichungen auf angemessene Weise kundtun, dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden.

Nichts weiter habe auch ich hier gemacht, weil ich mich nämlich nicht irgendwie darauf geeinigt habe, dass der vorliegende Text eigentlich kein Sonett sei.

Das wurde bereits 28 Beiträge lang vor mir diskutiert, da war ich gar nicht involviert und dass ich eine andere Meinung darüber habe, sollte mir doch wohl zugestanden werden, zumal meine absolut nicht ausschlaggebende persönliche Meinung ja nun keinen Weltuntergang für die klassische Dichtung bedeutet, bin ich doch bei meinen Texten sehr bemüht, meine eigenen kleinen Dogmen einzuhalten.

Das Eiland erhebt auch nicht den Anspruch, ein Eliteforum zu sein. Dann könnten wir den Laden nämlich dicht machen, denn wir würden vielen Menschen den Spaß und die Freude an der Dichtung nehmen.

Ich frage mich auch, was die Klassische Dichtung mit anderen Formen zu tun haben soll?
Wer sie erhalten möchte, der möge das tun, ich tendiere auch in diese Richtung.
Ich kann auch nicht erkennen, wieso Toleranz in dieser Hinsicht verwässern, verwischen oder alles auslöschen sollte?

Diese Tendenzen kann ich beim besten Willen nicht erkennen, doch der Zeitgeist wird nicht Halt machen, weil nichts statisch und somit alles ewigen Veränderungen unterworfen ist.

Die Frage ist doch, was bleiben wird.

Der hier vorliegende und diskutierte Text wird das ganz bestimmt nicht, nicht mal als Ausnahme.

Und wenn ich ihn als Sonett bezeichnet habe, dann ist darin noch lange keine Wertung enthalten gewesen, denn für ein besonders gutes Sonett halte ich das meiner Meinung nach nicht, was zum einen mit der von mir schon angesprochenen fehlenden sprachlichen Eleganz zusammenhängt und zum anderen durch die nur scheinbare Tiefe des Themas, der durch das oberflächliche und relativ einfache Fazit der Boden entzogen wird, noch verstärkt wird.
Hier wird auch nichts Neues transportiert und letztendlich bleibt nur als Fazit: "Die Hoffnung stirbt nie".
Aus der Idee hätte viel mehr entwickelt werden können, wenn nicht letztendlich nur die altbekannten Allegemeinplätze bedient worden wären.
Somit bleibt auch die "Blumen-Metapher" ziemlich wirkungslos.

Dieser Text bleibt also meines Erachtens sowohl dionysisch wie auch apollinisch weit hinter den lyrischen Möglichkeiten, weil eine Stimmung nicht so recht aufkommen will.



Und ganz zum Schluss:

Ich habe hier niemanden kritisiert, der eine andere Meinung zum Thema hat, sondern lediglich meine persönliche Meinung zum Text dargelegt und zu begründen versucht, warum es sich meinem Dafürhalten nach im weitesten Sinne durchaus um ein Sonett handelt.
Dieses Recht steht mir genau so zu, wie allen anderen Diskutanten, zumal ich niemanden persönlich angegriffen habe, sondern lediglich eine andere Betrachtungsweise darlegte.

Das kann man akzeptieren oder auch nicht. Aber so ist es nun mal.


Liebe Grüße

Falderwald


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.08.2016, 11:38   #36
Kokochanel
Gast
 
Beiträge: n/a
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Guten Morgen Falder,

es ist eine Grundsatzdiskussion, die sich eigentlich hier vom Gedicht abspalten müsste, denn was du sagst stimmt einerseits:“ Alles, was wir hier äußern, sind persönliche Meinungen“. Vielleicht sollte man diese nachfolgende Diskussion vom Werk Romantikers abspalten.

Andererseits geht es mir eben um eine Grundeinstellung.
Ich will einmal versuchen, es an einem banalen Beispiel zu erläutern:
Wenn ich einen Tisch „Tisch“ nenne und gebe ihm bestimmte Prädikate, die ihn zum Tisch machen, dann ist es sinnvoll, diese Prädikate auch nachzusuchen, wenn ich einen Tisch kaufen will. Wenn jetzt jemand einen Tisch ohne Beine „Tisch“ nennt, ist er dann ein Tisch in der herkömmlichen Definition oder ist er es nicht?
Sicherlich kann ich den Begriff Tisch modifizieren und ab dann etwas „Tisch“ nennen, was keine Beine hat. Dann stifte ich zumindest Verwirrung, denn es gibt dann verschiedene Prädikate für einen „Tisch“. Der ursprüngliche Begriff wird in seiner Definition verwässert. Vielleicht sogar irgendwann ersetzt, wenn keiner mehr einen Tisch mit Beinen will. Dann ist ein Tisch immer einer ohne Beine. Also geht der ursprüngliche Tisch komplett verloren.

Ich frage dann, warum man einen beinlosen Tisch unbedingt Tisch nennen muss. Man könnte, wenn man wirklich Neues schaffen will, einen neuen Begriff dafür kreieren.
Vielleicht „Bisch“. GGG
Dann bliebe das Alte erhalten und das Neue hätte eine Chance, wenn ein „Bisch“ angenommen wird.


Schmunzeln von Koko
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Alt 20.08.2016, 09:08   #37
Wodziwob
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Hallo Ihr Lieben Alle,

da auf Grund dieses Threads inzwischen eines meiner Gedichte missdeutet wurde, will ich kurz noch was dazu anmerken. Wie schon gesagt: Hab's nur quergelesen vielmehr überflogen. Gegen den Zankapfel sprich die ewigen Jagdgründe habe ich nichts einzuwenden, ist recht schön und sehnsuchtsvoll gedichtet...

und dann erlebe ich ein Déjà Vu. Vor Jahren gab es anderswo mal einen ähnlich langen und zuletzt leidlich erbittert geführten Disput über die metrischen Eigenschaften eines Sonetts, wann von einem solchen gesprochen werden kann und wann nicht, was genau ein solches ausmacht und wer oder was in der Historie der Rezension schon dies und das dazu gesagt, geschrieben und postuliert hat. Und das Ergebnis war identisch mit dem hier: Die Leute waren hoffnungslos zerstritten, das Klima vergiftet und ich als unbedarfter Leser so schlau wie davor, was nun ein Sonett genau sein soll.

Ein Tisch mit vier oder drei Beinen oder nur einem Bein? Einem Geflecht als Beinen? Mit Seitenstreben statt Beinen?

Ich weiß jedenfalls, weshalb ich mich noch nie an einem versucht habe. Vielleicht solltet ihr einfach die jeweiligen Standpunkte mal stehen und gelten lassen und stattdessen eigene Sonette verfassen nach dem jeweiligen Verständnis. Wäre viel kreativer und produktiver. Das hier hat sich doch rettungslos festgefahren.

Als neutraler Beobachter
Wodziwob
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Alt 20.08.2016, 11:39   #38
Kokochanel
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Guten Morgen, Wodziwob,

ich kann deinen Worten etwas abgewinnen. Also, ich bin raus aus der Diskussion.
Grüße von Koko
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