19.11.2011, 19:36 | #1 |
Gast
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Blumen der Hoffnung
Genau zwischen Kleißler- und Polenstein
da nisteten sich so Gefühle ein von Liebe und Freundschaft und Vaterland und Schnitzeln bis über den Tellerrand. Es konnte nicht ewig dauern. Die Polen erschossen, der Kleißler tot. Die Mitte markiert mit Marderkot. Die Schnitzel von brasilianischem Schwein. Die Freundschaft hat einen scheinheiligen Schein. Die Liebe weicht bloßem Bedauern. Doch steht noch der Stein, wo der Kleißler gern saß, und dass man die Opfer noch nicht vergaß, bezeugen die Blumen beim andern Stein. Ganz vorsichtig stellt sich die Hoffnung ein: Das Gute wird doch überdauern. Geändert von wolo von thurland (24.11.2011 um 09:47 Uhr) |
21.11.2011, 20:26 | #2 | ||||
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, wolo,
nachdem ich googelte, weiß ich mit dem Polenstein etwas anzufangen. (Sofern ich den "richtigen" Stein erwischt habe: Es geht um einen Stein, der in der Gemeinde "Polenhenke" tituliert wurde? Falls ich mich irre, sag mir Bescheid.) Die drei Polen wurden von einem Standgericht verurteilt und erschossen. Allerdings musst du mich über Kleißler aufklären, denn im Web fand ich nur eine Menge Links zu Autohändlern, die wohl eher nicht gemeint sind ... Ja, der deutsche Spießbürger. Mir gefällt deine Metapher ausgesprochen gut: Zitat:
Dann kam die "künstlerische Verschönerung", in den 60er Jahren. Ach, das ist ja alles sooo lange her (damals wurde schon so gedacht). Und heute? Den Marderkot verstehe ich als: .... drauf. Ja, kosmopolitisch, wie der Deutsche nun mal isst, kommt das Schweinefleisch aus Brasilien. Zitat:
Zitat:
Zitat:
Was das Formale betrifft, ich weiß nicht genau, was Absicht ist und was nicht; also "vermute" ich einfach mal. Auf jeden Fall hat das Gedicht einen Rhythmus, der in den meisten Versen am Ende, wo die daktylischen Versfüße zu trochäischen wechseln, "beschleunigt". Ich mag solche "Tempo-Effekte", habe ich auch schon gemacht. Allerdings ist das Metrum nicht einheitlich, manchmal sind es zwei Trochäen, eine Zeile ist sogar komplett trochäisch (mit Auftakt; oder jambisch, das nennt dieser so und jener so ) und es sind auch zwei durchgehend daktylische Verse dabei. Wobei der Rhythmus "funktioniert", jedenfalls bei mir (ich habe aber auch Übung im "Zurechtbetonen" ). Die Paarreime sind in Ordnung, denn die Endkehrreime (Refrain) machen das "wett"; auch schön gemacht finde ich die identischen Reime, die von Strophe 1 aus zu Strophe 3 "führen": "Stein - ein", in Verbindung mit "Schwein - Schein" in Strophe 2 (wobei das in Strophe 2 und 3 einen Binnenkehrreim ergibt, ich bin aber überfragt, ob das auch auf Strophe 1 zutrifft, da die Reime hier an anderer Stelle sind). Noch zu erwähnen wären die männlichen Kadenzen, weibliche treten nur im Endkehrreim auf. Dann haben wir noch die "Bedeutung": dauern - bedauern - überdauern. (Das wirkt wie eine "Steigerung", was bezüglich der Silbenzahl auch zutrifft.) Was gibt's noch? Strophe 2 und die Versanfänge: Die Polen Die Mitte Die Schnitzel Die Freundschaft Die Liebe Dazu noch einen schönen Wechsel zwischen dumpfen und hellen Vokalen in den Endreimen (inklusive Diphthongen in den Endkehrreimen). Und Alliterationen, wie z. B. "noch/nicht", "Mitte/Marderkot", "scheinheiliger/Schein" oder "bloßem/Bedauern" etc. (Jetzt langt's aber, sonst bin ich erst Weihnachten fertig. ) wolo, ich bin beeindruckt, im Ernst. Da steckt, abgesehen vom sinnvollen und wichtigen Inhalt, auch noch eine ganze Menge "technische Feinarbeit" drin. Dickes Lob für die Ausarbeitung! Sehr gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (21.11.2011 um 20:39 Uhr) Grund: Etwas vergessen und nachgetragen. |
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22.11.2011, 09:49 | #3 |
Gast
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guten morgen günter und stimme der zeit
danke fürs lesen und kommentieren. dass so eine "inszenierung" beim leser nicht abwehr erzeugt, ist für mich interessant und überraschend. G.'s fragezeichen hinter hoffnung verstehe ich als zweifel daran, dass sie berechtigt ist, zumindest gesellschaftlich-politisch gerichtet. (es gibt ja in allen gedichten eine innere haut, und da wirst du mir die hoffnung nicht nehmen wollen ;-) ) ein grosses dankeschön für die umfassende interpretation und kritik von sdz. absicht war, das (nicht vorhandene?) metrum durch betonungs- und längenmässig eindeutige zeilen abzusichern. es müsste sich im drei/viertel-takt lesen lassen (also daktylen mit varianten). eine stelle (mit "stellt") passte da nicht so ganz rein ("stellt" ist keine länge, oder?), darum habe ich noch ein wörtlein eingefügt. war das vielleicht die "komplett trochäische zeile", die du meintest? (anderswo ein "so" aus gleichem grund) die blumenzeile habe ich aus andern gründen geändert. was leider gar nicht passt, ist der "scheinheilige schein", aber ich mag halt solche sachen, vor allem, wenn noch ein stabreim dazukommt. absicht sind auch die verkürzten zeilen. anderes war ungeplant. der kommentar gibt mehr zurück, als ich ins schreiben gesteckt habe. wilhelm kleissler war eine lokalgrösse in der stadt wehr, förderer der schwarzwaldvereins. gruss an beide wolo Geändert von wolo von thurland (22.11.2011 um 10:05 Uhr) |
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