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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 08.07.2015, 20:11   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Standard Ein Wiegenlied

.
.


Für eine Feier gab es keinen Grund,
nicht jenen, sich mit Gästen zu umgeben;
sie kamen aber, in der Schar recht bunt,
nur um die eignen Seiten auszuleben.

Die liebe Angst, als Gast oft unterschätzt,
trat stets herein mit drohenden Gebärden;
sie hat sich immer neben Trost gesetzt,
der seine Formel sprach: "Das wird schon werden!"

Die Schuld mit ihren Gaben, schwer bepackt,
verstummte neben Neugiers scharfen Blicken,
was aber Klatsch erfasste, ganz exakt,
um jedes Fünkchen Hoffnung zu ersticken.

Dann kam der Schlaf und hat sie übermannt,
gerad als Leid und Kummer sich vermählten.
Im Albtraum hat man keinen mehr erkannt,
darin agierten Fratzen nur und quälten.

.
.
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 09.07.2015, 13:08   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Dana!

Gern gelesen, die Schar der Gäste könnte kaum delikater sein!

S3Z3 - hängt mir inhaltlich in der Luft. Bezieht sich das "was aber" auf das Verstummen der Schuld, oder beginnt hier eine neue Sineinheit? Wenn letzteres - wo ist dann der abschließende Satzteil? ("was aber..., das wird, muss, sollte usw. ...")

Wenn es bedeuten soll, dass Klatsch die "Lage" erfasste, so ist der folgende Satzteil falsch konzipiert. Seine Intention mag durchaus sein, jede Hoffnung ersticken, allerdings trägt das simple "Erfassen" einer Situation nichts dazu bei! Da fehlt mir noch die Erklärung, WIE er NACH dem Erfassen die Hoffnung zu tilgen gedenkt.


Sonst nix zu mosern!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 14.07.2015, 20:38   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Liebe Dana,

so ist das Leben mit all seinen Gefühlen und Erfahrungen, die letztlich jeden von uns immer wieder als Gäste besuchen.

Das beschreibt dein Text eindringlich und zeigt auch auf, dass im Traum alles nur undefinierbar durcheinander wirbelt, in einer surrealistischen Welt, auf die der Träumer keinen Einfluss hat und wo alles verschwommen und nicht mehr erkennbar ist.

Erichs Kritik an der dritten Strophe kann ich gut nachvollziehen und ich muss noch einen drauf setzen, denn die Form "Neugiers" gibt es nicht.
Egal in welchem Fall, es ist und bleibt "Neugier", auch im Genitiv.

Deshalb erlaube ich mir, dir einen Vorschlag für die problematischen Zeilen zu hinterlassen:

Die Schuld, mit ihren Gaben schwer bepackt,
verstummte an der Neugier scharfen Blicken,
der Klatsch jedoch erfasste diesen Akt,
um jedes Fünkchen Hoffnung zu ersticken.

Ich weiß nicht, ob du damit etwas anfangen kannst, aber so ähnlich könnte eine Lösung aussehen.

Das durchaus melancholische und traurige Wiegenlied hat mir in diesem Sinne gut gefallen. .. .


Gern gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 14.07.2015, 20:55   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Faldi!

Für einen Fall muss ich dir widersprechen, nämlich, wenn Eigenschaften personifiziert (allegorische Figur) werden. Ich hatte dies hier für die Neugier angenommen, deshalb habe ich das nicht angesprochen.
Wird die "Neugier" also quasi zu einer Person dieses Namens (ich denke da immer gleich an Ferdinand Raimund und Johann Nestroy), dann ist ein Genitiv statthaft.

LG, eKy
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Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
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Geändert von Erich Kykal (15.07.2015 um 00:51 Uhr)
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Alt 14.07.2015, 21:39   #5
Stachel
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Hallo Dana,

mir hat das Gedicht sehr gut gefallen. Du beschreibst ein Wechselbad der Gefühle, so verstehe ich es zumindest. Es kommen ungebeten einige Gefühle vorbei und beeinflussen sich gegenseitig.
Da das Werk den Titel "Wiegenlied" trägt, könnte das Gefühlskarussell mit einer Geburt zu tun haben, aber das bleibt letztlich offen.
In der vierten Strophe weichen die Gefühle dann einem alptraumhaften Schlaf.

Die Wortwahl von S2 deutet auf ein immer wiederkehrendes Muster hin ("Angst ... trat stets ... hat sich immer neben Trost gesetzt"), während alle anderen Strophen eher eine einmalige Ausrichtung haben ("eine Feier", S1; "verstummte neben Neugiers scharfen Blicken", S2; "dann kam der Schlaf", S4). Ist dieser kleine Bruch intendiert?

Zur Form:
Du nutzt vier Strophen mit je vier Versen. Beides ist gerade, ebenmäßig. Der Rhythmus ist überwiegend jambisch mit fünf Hebungen. Für Abwechslung sorgst du mit Kreuzreim und abwechselnd betonten und unbetonten Versenden (auch hier wieder Ebenmäßigkeit).

Gelegentlich brichst du den Jambus am Versanfang durch Synkopen auf und ziehst die Hebung vor, z.B. V1, V4, V11
Die Ebenmäßigkeit wird dabei gestört, so wie auch inhaltlich die Gefühle Störungen entfalten. Beides passt gut zusammen.

Den beiden Vorschreibern möchte ich gerne argumentativ entgegentreten:
Zitat:
Zitat von Faldi
Egal in welchem Fall, es ist und bleibt "Neugier", auch im Genitiv.
Die Neugier ist hier, wie alle Gefühle, personifiziert. Daher ist die vorliegende Form absolut korrekt. Es wird in Anlehnung an einen Namen ein Genitiv-s angehängt.

Anmerkung: Das wurde während der Erstellung dieses Posts von Eky bereits ebenso beschrieben. Ich halte es auch keinesfalls für grenzwertig. Für mich passt es ohne Kneifen ins Bild.

Zitat:
Zitat von Eky
S3Z3 - hängt mir inhaltlich in der Luft. Bezieht sich das "was aber" auf das Verstummen der Schuld, oder beginnt hier eine neue Sineinheit? Wenn letzteres - wo ist dann der abschließende Satzteil? ("was aber..., das wird, muss, sollte usw. ...")
Ich verstehe den Satz so, dass "Klatsch" entweder den Blick von "Neugier" oder aber die Beladung von "Schuld" oder sogar beides erfasst und das Gesehene weitertratscht, wodurch alle Hoffnung (hier keine Person) im Keim erstickt wird. Möglicherweise gemeint ist die Hoffnung darauf, unbeschadet zu bleiben. Hier eröffnet sich einer der Interpretationsräume für den Leser. Das ist okay, denn die Gefühle bewertet auch jeder anders. Jedenfalls sehe ich keinen Fehler im Kontext.

Fazit:
Das Gedicht hat den richtigen Platz gefunden. Nach diffusen Gefühlen siegen Alpträume. Es ist kein Ausweg, keine Hoffnung auf Besserung in Sicht. Etwas unklar bleibt dabei, ob es sich um eine immer wiederkehrende Begebenheit handelt, aber S2 weist zumindest in die Richtung. Das Spiel mit der Personifizierung von Gefühlen ist gut gelungen. Nur den Bezug zum Titel konnte ich noch nicht gänzlich klären. Schlaf allein wäre vielleicht etwas wenig.

Ein sehr schönes Gedicht.

Freundliche Grüße vom
Stachel

Geändert von Stachel (14.07.2015 um 21:41 Uhr)
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Alt 15.07.2015, 19:36   #6
juli
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Liebe Dana,
ich habe dein Gedicht umkreist, und war und bin verwirrt und fasziniert zur gleichen Zeit. Der Titel hat mich durcheinander gebracht. Ein Wiegenlied sollte ja etwas Schönes sein. Doch die folgenden Worte passen 100% in diese Rubrik. Für mich liest es sich wie ein Wachtraum, es ziehen Gäste vor dem innerem Auge vorüber mit all ihrer Boshaftigkeit.
Auf jeden Fall, wächst die Angst, und Hoffnung schwindet. Ich finde dein Gedicht ist surreal, es hat seinen Platz kurz vor dem Schlafen, da kreisen gewollte und ungewollte Ideen.

Sehr gerne gelesen, ich habe bei den Anderen nur flüchtig geschaut....

Liebe Grüße sy

Geändert von juli (16.07.2015 um 12:46 Uhr)
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Alt 15.07.2015, 20:09   #7
Falderwald
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Liebe Dana, Servus Erich, Hallo Stachel,

ich stimme zu, dass bei personifizierten Begriffen das Genitiv "s" angehängt werden kann.

Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass mein Interpretationsansatz eben nicht von personifizierten Gefühlen ausgegangen war, sondern von den Begriffen als solchen. Und in diesem Zusammenhang hörte sich "Neugiers" schrecklich an. Natürlich könnte man das an dieser Stelle durch "Müllers oder Meiers" ersetzen.

So muss letztendlich die Autorin entscheiden, wie sie das handhaben möchte.
Ich gebe zu, dass ihre Version eleganter ist und wenn die o.a. Möglichkeit besteht, würde ich das auch so lassen.


Liebe Grüße

Falderwald


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Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.09.2015, 22:17   #8
Dana
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Liebe Kommentatoren,

als wäre ich eingeschlafen - doch ihr seid nicht mein "Alptraum"
Ich habe die Antworten übersehen, weil ich mich in jener Zeit wenig im Forum "bewegt" habe - ich bitte um Entschuldigung.

Herzlichen Dank für alles Mitdenken, Verstehen und Kritisieren.

Ich möchte gerne jede Strophe belassen, wie sie da steht. Der Titel "Ein Wiegenlied" soll unterstreichen, dass viele Menschen eben anders in den Schlaf "gewiegt" werden. Sorgen, Ängste, gemischte Gefühle gehören für sie zum Tagesabschluss und Albträume geben Antworten, die sie noch mehr verwirren.
Darum eben jene Rubrik.

@Stachel

Zitat:
Zitat von Stachel
Ich verstehe den Satz so, dass "Klatsch" entweder den Blick von "Neugier" oder aber die Beladung von "Schuld" oder sogar beides erfasst und das Gesehene weitertratscht, wodurch alle Hoffnung (hier keine Person) im Keim erstickt wird. Möglicherweise gemeint ist die Hoffnung darauf, unbeschadet zu bleiben. Hier eröffnet sich einer der Interpretationsräume für den Leser. Das ist okay, denn die Gefühle bewertet auch jeder anders. Jedenfalls sehe ich keinen Fehler im Kontext.

Fazit:
Das Gedicht hat den richtigen Platz gefunden. Nach diffusen Gefühlen siegen Alpträume. Es ist kein Ausweg, keine Hoffnung auf Besserung in Sicht. Etwas unklar bleibt dabei, ob es sich um eine immer wiederkehrende Begebenheit handelt, aber S2 weist zumindest in die Richtung. Das Spiel mit der Personifizierung von Gefühlen ist gut gelungen. Nur den Bezug zum Titel konnte ich noch nicht gänzlich klären. Schlaf allein wäre vielleicht etwas wenig.
Danke. Klatsch tratscht. Inhalte erfasst sie nicht.

Albträume entstehen über das Drehbuch "Gedanken". Jene sind das Wiegenlied zum Schlaf, der den Albträumen freie Hand gibt.

Herzlichen Dank Euch allen,
liebe Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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