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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 04.03.2010, 18:49   #1
Sedinus
Verstorbener Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Im Norden
Beiträge: 29
Standard Das Alter

Das Alter

Ach, der Jugend Kräfte wichen,
Falten zeichnen das Gesicht,
auch das Haupthaar ist verblichen,
Sorgen macht das Gleichgewicht.

Hörgerät und Brillen schließen
wirkungsvoll die Lücken nicht,
die geschwächt mir hinterließen
Hörkraft und das Augenlicht.

Unerwünscht sind die Gebresten,
die uns treffen voller Wucht,
denn an allzu hohen Ästen
hängt nun manche süße Frucht.

Doch so ist es hier auf Erden:
älter werden heißt Verzicht.
Alle möchten alt einst werden,
aber alt .s e i n. wolln sie nicht.

(Sedinus)
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Alt 05.03.2010, 10:11   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Beiträge: 9.908
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Hallo Sedinus,

das hast du aber schön und mit einer gehörigen Portion Selbstironie verdichtet.
Wer sich zu etwas bekennt, der darf auch meckern.
Vor allen Dingen, wenn es nicht mit dem erhobenen Zeigefinger geschieht, denn dein Lyrisches Ich geht ja durchaus kritisch mit sich selbst zu Werke.

Solche Gedichte gefallen mir, vor allem, wenn sie dann zum Ende hin noch eine kleine Weisheit enthalten.

Das bringst du gezielt auf den Punkt und ich finde, du hast hier einen sehr schönen Text verfasst, sozusagen eine kleine Philsophie der Erkenntnis, gewürzt mit einem Schuss Humor.

Gelungen.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 06.03.2010, 17:47   #3
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.001
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Lieber Sedinus,

stilistisch gekonnt beschreibst du im Kreuzreim das Altwerden und die dementsprechenden Wehwehchen.
Zitat:
Gebresten,
ist wohl dein altes Wort für Gebrechen.
Hier hast du es gewählt, damit es 'reimtechnisch' passt

Dein Text gefällt mir recht gut und ließ mich doch ein wenig schmunzeln,
da du eine kleine Lebensweisheit ins Spiel gebracht hast,
die auch auf andere Lebensbereiche passt.

Lieben Gruß,
Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 16.03.2010, 10:01   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, sedinus!

Ich weiß ja nicht, wie alt DU bist (Ich bringe es mal auf schlappe 46, allerdings gefühlte 10 Jahre mehr...), aber dein Werk ist sowohl sprachlich, wie auch inhaltlich einfach nur...Toll! Großes Tennis! Lyrische Vollendung!

Das leicht verschmitzte Augenzwinkern abgeklärter Weisheit in Verbindung mit universeller Lebenswahrheit in der Conclusio, all dies verpackt in wunderbar gerundete und metrisch perfekte Phrasen - herrliches Kopfkino vom Allerfeinsten!

Besondere Freude machst du mir mit dem Terminus "Gebresten" - ich schätze jene hoch, die sich des alten Sprachguts befleißigen, auf dass es nicht verkomme und den kommenden Generationen gänzlich verloren geht.
Mir fällt nämlich auf, wie häufig mich Kollegen hier nach Begriffen fragen, die für mich normaler Sprachschatz sind, welche sie aber offenbar noch nie gehört haben. Verarmende Sprache! Die Ersetzung durch flapsige Anglizismen gibt allem, was ich am Deutschen schätze, endlich den Gnadenstoß! Ich sage dies als Englischlehrer, wohlgemerkt.

Ich freue mich jedenfalls, dies gelesen zu haben und hoffe auf weitere Großtaten aus deiner Feder.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 17.03.2010, 17:00   #5
Sedinus
Verstorbener Eiland-Dichter
 
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Ort: Im Norden
Beiträge: 29
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Lieber Falderwald, Du hast es erfasst. Mein Gedicht sollte eine
selbstironische Zustandsbeschreibung werden, sowohl es das
Haupthaar, das Gleichgewicht , das Gehör,als auch das Sehen
betrifft. Es sollte auch einen Schuss Fatalismus enthalten, auf
keinen Fall aber Mitleid erheischend wirken. Deinen Worten nach
zu urteilen, ist mir das wohl gelungen.

Liebe Chavali, in der Tat, das Wort Gebresten ist aus der Mode,
In meinem Duden von 1957steht es noch drin; erhalten hat sich
auch noch das Eigenschaftswort bresthaft. Wie Richard verwende
ich gerne solche heute ungebräuchlichen Wörter, um sie der
Nachwelt zu erhalten. Das Reimpaar Gebresten – Ästen habe ich
mal irgendwo gelesen und es skrupellos verwendet, weil
es so gut hierher passt. Die Wiederverwendung von Reimpaaren
ist ja nicht selten, am bekanntesten ist Herz – Schmerz!

Lieber Erich, Deiner Wissenslücke hinsichtlich meines Alters
ist schnell abzuhelfen: Ich bin Geburtsjahrgang 1924 und somit
befugt, kompetent über Gebresten des Alters sprechen zu dürfen.
Wie ich zu unserer Muttersprache stehe, hast Du schon meiner
Antwort an Chavali entnehmen können. Also mindestens auf
diesem Feld sind wir gleichen Geistes!

Euch allen dankt für die so freundlichen Kommentare
Euer schon etwas bresthafte Sedinus!


.
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Alt 18.03.2010, 16:48   #6
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Lieber Sedinus,

wenn man selbst keine 20 mehr ist, gefällt dein Gedicht ohnehin.

Formal gibt es eh nichts zu mäkeln, dem Inhalt kann man sich nur anschließen oder ihn als "Warnschuss" annehmen und weniger auf später verlegen.
Das Leben findet jetzt statt (noch) - so lautet meine Devise.

Weil wir uns persönlich kennen, freue ich mich besonders über Erich Kykals Kommentar für dich. Er hat genau das erkannt, was viele an dir schätzen:
Ein Pfleger des alten Sprachguts und der deutschen Sprache überhaupt.
Ich kann es nur bestätigen und immer wieder loben.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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